Tagesarchiv: 1. September 2009

Die Geschichten von Mohsen und Saeedeh

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Iran: Bestätigungen für Misshandlungen im Überfluss – die Geschichten von Mohsen und Saeedeh

Quelle (Englisch): http://iranquest.com/?p=13348
Übersetzung: Julia


Nachtrag 7. September 2009: Im Fall Saeedeh scheint es Unstimmigkeiten in den Berichten zu geben (s.
http://www.qlineorientalist.com/IranRises/saideh1/). Möglicherweise hat sich ihrer Geschichte anders zugetragen.

Die Liste wird länger.

In dieser Woche erreichen uns zwei weitere offizielle Berichte aus Iran, die das Ausmaß der Gewalt in Irans Haftanstalten und Gefängnissen gegen Mitglieder der Öffentlichkeit bestätigen, die sich entschlossen hatten, ihren Protest gegen die iranische Regierung öffentlich kundzutun.

Der erste Bericht bestätigt eine Geschichte, die bereits vor Wochen aus dem Iran kam – der Sohn eines engen Beraters des Präsidentschaftskandidaten Mohsen Rezai verlor sein Leben nach Misshandlungen in einer Haftanstalt, nachdem er nach den Wahlen bei einem Protest verhaftet worden war.
Es schien ein Fehler vorzuliegen, denn das unregulierte Vorgehen, mit dem iranische Protestteilnehmer aufgegriffen und in die Haftanstalten verbracht wurden, schloss keine Hintergrunduntersuchungen über die Häftlinge ein, mit denen man hätte feststellen können, ob diese „Staatsfeinde“ eventuell verwandt sein könnten mit den Mächtigen im Staat.
Auf diese Weise starb der 25-jährige Mohsen Ruholamini, der Sohn von Rezais Kampagnenberater Abdolhossein Ruholamini, nach seiner Haft in Kahrizak und später Evin an „physischem Stress, unzähligen Schlägen sowie einem Schlag mit einem harten Gegenstand“, wie ein offizieller medizinischer Bericht feststellt. Sein Tod war ursprünglich als Folge eines gefängnisweiten Meningitis-Ausbruchs heruntergespielt worden.

Der Oberste Führer des Iran – der alleinige mächtigste Mann im Land – hat der Familie Ruholamini nun sein Beileid ausgesprochen und erklärt, dass Gerechtigkeit angestrebt werde. Er war derjenige gewesen, der die Schließung von Kahrizak wegen „seiner nicht standardgemäßen Bedingungen“ gefordert hatte.

Mohsens Tod war nicht vergebens, und seine mächtigen Verbindungen haben sichergestellt, dass die Realität von Misshandlungen politischer Gefangener im Iran nicht nur bestätigt, sondern auch von der Spitze der Regierung selbst anerkannt wurde.

Die zweite Geschichte ist die von Saeedeh Pouraghayi und ähnelt der von Taraneh Mousavi. Die einzige Tochter einer Familie wurde verhaftet, in Verwahrung genommen und später hastig begraben, als ihre Familie sich fragte, warum ihr Körper mit Säure verätzt worden war.

Mir Hossein Mousavi, einer der beiden führenden Oppositionskandidaten in der Präsidentschaftswahl, wohnte zusammen mit ihrer Mutter und einigen Anderen einer Gedenkfeier für Saeedeh bei. Die eigentliche Beerdigung hatte bereits im Geheimen stattgefunden, nachdem ihre Mutter eine kurze Gelegenheit gehabt hatte, die verätzte Leiche ihrer Tochter im Leichenschauhaus des Gefängnisses zu sehen.

Über Saeedehs Geschichte wurde ebenfalls von offiziellen Stellen, nämlich der iranischen Agentur Parleman News sowie von BBC, berichtet. Auch bei ihr wird vermutet, dass sie vor ihrem Tod von mehreren Tätern vergewaltigt und verätzt wurde – wobei die Verätzung offenbar verdächtigerweise auf die Körperregion zwischen Knien und Brust beschränkt war. Anders als Taraneh hatte Saeedeh nicht an Straßendemonstrationen teilgenommen, sondern hatte sich an den nächtlichen „Dächerprotesten“ mit „Allah-o Akbar“-Rufen beteiligt, als sie verhaftet wurde.

“Saeedehs Vater Abbas war ein Opfer von Angriffen mit chemischen Waffen auf den Iran durch Saddams Truppen … und starb vor zwei Jahren“, sagt der iranisch-britische Blogger Potkin Azarmehr, ein Mitglied der öffentlich entstandenen Nachrichtenmaschinerie, die Nachrichten über Nachrichten aus dem Iran herausbringt. Nachdem sie verschollen war, wandte sich ihre Mutter hilfesuchend an einen Freund der Familie, einen Kriegsveteranen, der mit ihrem Mann zusammen im Iran-Irak-Krieg gekämpft hatte, und bat ihn um Hilfe bei der Suche nach ihrer Tochter. Auf diese Weise stand sie schließlich in einem sardkhaneh (wörtlich „Kältehaus“) vor der Leiche ihrer Tochter.

“Vielleicht ist es besser, dass er nicht lang genug gelebt hat, um zu sehen, was diese Mörder mit seiner einzigen geliebten Tochter gemacht haben“, sagt Azarmehr.

Von Shirin Sadeghi – Huffington Post

Shirin Sadeghi ist Expertin für den Mittleren Osten und war Journalistin für BBC und Al-Jazeera

Iran: „Abtrünnige“ wieder im Gefängnis

Iran: ‘Abrünnige’ wieder im Gefängnis

Quelle: http://www.inspiremagazine.org.uk/news.aspx?action=view&id=3695
Übersetzung: Julia

Ein Richter hat zwei junge Christinnen ins Gefängnis zurück geschickt, um sich über ihre Lage klarzuwerden, nachdem sie es abgelehnt hatten, Christus zu verleugnen.

Maryam Rostampoor, 27, und Marzieh Amirizadeh Esmaeilabad, 30, wurden gefragt, ob sie ihrem Glauben abschwören und zum Islam zurückkehren würden – sie weigerten sich. Die Frage, ob sie bereuen würden, Christinnen geworden zu sein, verneinten sie. Der Richter schickte sie in ihre Zellen im berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnis zurück, damit sie „darüber nachdenken“.

Die Frauen werden seit ihrer Verhaftung am 5. März ohne Anklage festgehalten, allerdings gibt es einzelne Berichte, dass ihnen mit Klagen wegen Apostasie gedroht wurde, teilt Release International mit.

Wie berichtet wird, geht es beiden Frauen nicht gut. Sie haben in der Haft viel Gewicht verloren. Marzieh soll wegen ihrer Rückenschmerzen, einer Zahninfektion und heftigen Kopfschmerzen ärztliche Hilfe benötigen, hat aber bis heute keinerlei medizinische Behandlung erhalten.

Der Rechtsfall wird vor dem Hintergrund der gewaltsamen Unterdrückung von Präsident Ahmadinejads politischen Gengnern – und von Christen – ausgetragen. Mehr als 30 Christen wurden innerhalb von 14 Tagen nahe Teheran und in der nordiranischen Stadt Rasht verhaftet.

Am 31. Juli gab es während eines Treffens für Christen mit muslimischem Hintergrund in einer Privatwohnung in Amameh nördlich von Teheran eine Razzia der Polizei, bei der 24 Personen verhaftet wurden. Die meisten der verhafteten Christen wurden im Laufe des Tages freigelassen, 7 blieben jedoch in Haft. Dann, am 7. August, verhaftete die Polizei einige Mitglieder der Gruppe erneut, um sie zu befragen. Auch in der Stadt Rasht wurden bei zwei Razzien am 29. und 30. Juli acht Christen verhaftet. Einer von ihnen befindet sich noch im Gefängnis.

(Sources: Christian Solidarity Worldwide, Compass Direct, The Voice of the Martyrs Australia)

Ali Khamenei fürchtet die Geisteswissenschaften

Quelle (persisch): http://www.radiofarda.com/content/f4_Khamenei_criticize_human_science/1810881.html Übersetzung Persisch-Englisch: Ardeshir Papadan auf: http://www.facebook.com/topic.php?uid=249669090695&topic=9699#/topic.php?uid=249669090695&topic=9699 Übersetzung Englisch-Deutsch: Julia

Ali Khamenei, der oberste Führer der Islamischen Republik, äußert sich besorgt über die mehr als 2 Millionen Studenten geistewissenschaftlicher Fächer im Iran


Ali Khamenei ist beunruhigt darüber, dass 2 Millionen Studenten an Universitäten geisteswissenschaftliche Fächer studieren. „Das Lehren von Geisteswissenschaften an Universitäten wird dazu führen, dass Zweifel bezüglich der Fundamente von Religion und Glaube wachsen“, sagte er.
Der Führer der Islamischen Republik Iran unterstrich am Sonntag, dass ungefähr 2 Millionen der 3,5 Millionen Studenten im Iran ein geisteswissenschaftliches Hauptfach belegen und sagte: „Dies gibt Anlass zur Besorgnis, denn die Kapazitäten unserer wissenschaftlichen Zentren und Universitäten auf den Gebieten lokaler Studiengänge und Islamforschung in den Geisteswissenschaften sowie die Zahl der Universitätsprofessoren, die an die islamische Ideologie glauben und auf Geisteswissenschaften spezialisiert sind, stehen in keinem ausgeglichenen Verhältnis zur Ausbildung einer solchen Zahl an Studenten.“

Während seiner Rede vor Universitätsprofessoren und -administratoren fügte er hinzu, dass viele geisteswissenschaftliche Fächer auf Philosophien basierten, die sich mit Materialismus und der Ablehnung von Monotheismus und islamischer Lehre befassen. Eine Ausbildung von Studenten auf diesen Gebieten führe verbreitet zu Unglaube und Zweifel an den Grundfesten von Religion und Glauben.

Er forderte die Regierung Ahmadinejad, das Islamische Parlament und den Hohen Kulturrevolutionären Rat auf, sich diesem Problem ernsthaft zu widmen.

Der Führer der Islamischen Republik ist ein strenger und unnachgiebiger Befürworter der Islamisierung von Universitäten, Forschung und Wissenschaft. Er befürwortet eine Überarbeitung aller geisteswissenschaftlichen Curricula und beklagt, dass der Lehrstoff westlichen Theorien entnommen sei und den Säkularismus fördere.

Seit 18 Jahren fordert er immer wieder die Islamisierung von Universitäten und wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen.

Im Juli letzten Jahres hatte Mohammad Mehdi Zahedi, Minister für Wissenschaft, Technologie und Forschung erklärt, dass die Islamisierung auf der Agenda stehe und dass viele Bildungs- und Forschungseinrichtungen – darunter das von Mohammad Taghi Mesbah Yazdi geleitete „Imam Khomenini Research Institute“ – daran arbeiteten.

Im selben Zug hat Zahedi den „Rat für die Islamisierung der Universitäten“ gegründet und Hojatol-Eslam Rouhallah Shateri zum Vorsitzenden ernannt. Später bildete er am Ministerium für Wissenschaft eine Arbeitsgruppe zur Umsetzung der Anordnungen des Obersten Führers an das Wissenschaftsministerium zur Islamisierung von Universitäten.

Diese Arbeitsgruppe erstellte eine Sammlung von Vorschlägen, die dem Hohen Kulturrevolutionären Rat vorgelegt und von diesem gebilligt wurden. Die Umsetzung der Vorschläge auf den drei Gebieten „Dozenten“, „Textbücher“ und „Studenten“ begann.

Mesbah Yazdi, einer der hochrangigsten konservativen Geistlichen der Islamischen Republik und ein großer Befürworter von Ahmadinejads Regierung, hatte bei einem Treffen mit Wissenschaftsminister Zahedi im November 2005 von der Administration eine zügige Umsetzung des Islamisierungsprojekts an Universitäten gefordert.

Zahedi hatte zugesagt, dass die Universitäten des Landes innerhalb der nächsten fünf Jahre islamisch werden „in einem Maße, dass wir mit organisierten und koordinierten Anstrengungen erreichen, dass wir beim Betreten jeder beliebigen Universität spüren, dass es sich um eine islamische Universität handelt.“

Die Aktivitäten der Regierung Ahmadinejad zur Islamisierung der Universitäten fallen in eine Zeit, wo innerhalb der letzten vier Jahre Dutzende Professoren aus verschiedenen Gebieten der Geisteswissenschaften entlassen oder in den Ruhestand gezwungen wurden. Kritiker beklagen, dass das eigentliche Ziel der letzten wie auch der jetzigen Regierung sei, eine neue Kulturrevolution zu initiieren und Universitäten von Dissidenten – Studenten wie Lehrkräften – zu säubern.

„Studentische Religiosität“
Der Führer der Islamischen Republik hat in seiner Rede am Sonntag eine Ausweitung der spirituellen Atmosphäre gefordert und sagte: „Je religiöser die Studenten sind, desto mehr sind ihre Handlungen, ihr Verhalten und ihr Denken vor Schäden gefeit.“

Ayatollah Khamenei sagte, „Freiheit im islamischen Regime“ sei die „wahre Freiheit“. Seiner Meinung nach verweigert sich die Islamische Republik vollständig den irrealen Freiheiten der westlichen Länder. Die Islamische Republik werde keine moralischen Hemmungen haben, sich dem Westen hinsichtlich dieser „irrealen Freiheit“ zu widersetzen.

Es ist erwähnenswert, dass auch Abdolhossein Rouholamini bei dieser Veranstaltung anwesend war. Rouholamini ist der Vater von Mohsen Rouholamini, der nach den auf die Verkündung der Wahlergebnisse folgenden Protesten im Gefängnis Kahrizak sein Leben verlor. Khamenei verwies auf die jüngsten Ereignisse, die auf die Präsidentschaftswahl gefolgt waren und sagte: „Alle, die während dieser Ereignisse verletzt wurden, sollen wissen, dass die Regierung nicht beabsichtigt, gleichgültig zu bleiben.“ Er fügte hinzu: „Ebenso wie denen, die ausdrücklich gegen das Regime sind, mit Mitteln von Recht und Gesetz begegnet wird, so wird die Regierung mit den Ausführenden dieser Handlungen, die dabei ein Verbrechen begehen, ebenfalls nach Recht und Gesetz verfahren.“

Obwohl seit der Niederschlagung der Straßenproteste gegen den Wahlausgang, bei denen Dutzende ihr Leben verloren, bereits zwei Monate vergangen sind, stehen Maßnahmen der Regierung der Islamischen Republik gegen die Verantwortlichen für diese Todesfälle noch immer aus.

Während offizielle Angaben der Regierung von mindestens 30 Toten bei den Protesten sprechen, berichtet die Opposition von 69 Toten und vielen Vermissten infolge der unangemessenen Reaktion seitens der Bereitschaftspolizei und der Basiji.

Quelle: http://www.radiofarda.com/content/f4_Khamenei_criticize_human_science/1810881.html