Erschienen auf Shahrzad News am 16. Januar 2010
Quelle (Englisch) http://www.1oo1nights.org/index.php?page=2&articleId=2106
Deutsche Übersetzung: Julia
„Im Krankenhaus war ich schockiert, als ich meine Mutter und mehrere andere ältere Frauen sah, die am Tropf lagen. Als ich sie fragte, was passiert sei, flüsterte sie: „Sei still, sag nichts, ich bin verhaftet worden.“
Ein Augenzeugenbericht vom Weblog Aghaze Payan
Shahrzad News: Am Samstag, dem 9. Januar attackierten und verhafteten mehr als 100 Zivilpolizisten und Sicherheitskräfte viele der „Trauernden Mütter“, die sich jede Woche im Laleh-Park im Norden Teherans treffen, um ihren Protest gegen die Ermordung ihrer Kinder durch Agenten des Regimes zu äußern.
Die Polizei attackierte und verhaftete auch andere Frauen, die zufällig gleichzeitig mit den Müttern im Park waren, es spielte keine Rolle, ob sie Trauernde Mütter waren oder nicht. Die meisten der verhafteten Frauen wurden in Polizeitransporter ohne Nummernschilder geworfen, ein Hinweis darauf, dass sie zu einer der Spezialeinheiten gehören, die das Regime zur Zeit gegen die Straßenproteste einsetzt.
Als Passanten in den angrenzenden Straßen sich empörten, griffen die Sicherheitskräfte sie an und setzten ihre Schlagstöcke ein, um Frauen zu schlagen, die Parolen in Unterstützung der Verhafteten riefen.
Der Ehemann einer 60jährigen Frau sagte: „Meine Frau war in der Nachbarschaft einkaufen gegangen, sie wollte Speiseöl kaufen. Sie beschloss dann, einen Spaziergang durch den Park zu machen. Als sie sich ein paar Minuten auf einer Bank ausruhte, forderten Sicherheitskräfte sie auf, sich in den Polizeitransporter zu setzen. Als sie fragte, was sie getan hätte und warum sie verhaftet werden sollte, begannen sie, meine Frau zu beschimpfen. Sie sagten ihr, sie solle „sich einfach ins Auto setzen und still sein, wir bringen Sie später zurück“. Ich glaube, meine Frau wollte mit ihrem Spaziergang durch den Park die demonstrierenden Mütter unterstützen.“
Eine 20jährige junge Frau, die den Zwischenfall beobachtete, erzählt:
„Unsere Wohnung ist direkt gegenüber vom Laleh-Park. Meine Mutter geht dort jeden Tag eine Stunde spazieren, und wir wissen, wann sie zurückkommt. Aber am Samstag blieb sie länger weg als sonst, und wir machten uns ziemliche Sorgen. Sie hat manchmal Schwindelanfälle, und einmal ist sie gefallen und musste ins Krankenhaus.
Gegen 20 Uhr ging ich in den Park, um nach ihr zu suchen. Ich fand sie nicht, also eilte ich zur Notaufnahme im Firozgar-Krankenhaus, das in der Nähe unserer Wohnung ist. Als ich dort ankam, war ich schockiert, meine Mutter und einige andere ältere Frauen zu sehen, die im Bett am Tropf lagen. Als ich sie fragte, was passiert sei, flüsterte sie: „Sei still, sag nichts.“ Ich sagte zu ihr, dass ich warten würde, bis der Tropf leer ist, und sie dann mit nach Hause nehmen würde. Aber sie sagte: „Ich kann nicht mit dir nach Hause kommen.“ Als ich fragte, warum, erzählte sie mir, dass sie von den Sicherheitskräften verhaftet worden war. Dann kam eine Frau in den Raum und schrie: „Wer hat Sie hereingelassen? Verlassen Sie sofort den Raum!“
Ich sagte, ich sei allein ins Krankenhaus gekommen.“
Ich sah einen Mann in den Achtzigern, der nach seiner Frau suchte, die ebenfalls mit den Trauernden Müttern zusammen verhaftet worden war. Er erzählte mir, dass sie jeden Tag im Park spazieren geht und offenbar von Sicherheitskräften gejagt und geschlagen worden war, die sie für eine der Demonstrantinnen hielten.
Ein Sicherheitsmann, der die Frauen im Krankenhaus verhörte, sagte zu ihnen, er könne nicht glauben, dass sie einander nicht kennen, weil sie so vertraut wirkten, wenn sie miteinander sprachen.
Eine Frau sagte ihm: „Wir haben einen Tag und eine Nacht zusammen unter unerträglichsten Bedingungen verbracht. Das hat uns näher zusammenrücken lassen, und wir werden uns mit Sicherheit wieder treffen.“