Tagesarchiv: 2. Februar 2010

Keine Informationen über inhaftierte Künstlerin Mehraneh Atashi

Veröffentlicht auf International Campaign for Human Rights in Iran am 2. Februar 2010
Quelle (Englisch): http://www.iranhumanrights.org/2010/02/mehraneh-atashi/
Referenziert von Persian2English
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Madjid Ghaffari und Mehraneh Atashi

Der Fall dieser gefeierten Fotografin ist nur einer von hunderten, deren Spuren sich im System der Gefängnisse verloren haben.

(1. Februar 2010) Die international anerkannte Fotografin Mehraneh Atashi ist gemeinsam mit ihrem Eheman Majid Ghaffari am 12. Januar 2010 in ihrem Haus in Teheran verhaftet und offenbar in Trakt 209 von Evin in Einzelhaft genommen worden. Die Behörden haben keine Informationen über die ihnen zur Last gelegten Anklagen herausgegeben. Dies berichtete die Organisation International Campaign for Human Rights in Iran heute. Atashi und ihr Ehemann hatten keinen Zugang zu einem Anwalt. Sie durften keinen Familienbesuch empfangen, sondern lediglich einen kurzen Telefonanruf tätigen, bei dem sie ihre Angehörigen über ihre Verhaftung informierten.

„Die Verhaftung und Inhaftierung von Mehraneh Atashi und ihrem Ehemann sind leider typisch für hunderte anderer Fälle, in denen iranische Bürger von den Behörden ergriffen und ohne weitere Erklärungen festgehalten werden. Das sind Praktiken eines Terror-Staates“, sagte Aaron Rhodes, Sprecher der Kampagne.

Mehraneh Atashi (30) ist eine bekannte und international anerkannte Fotokünstlerin, deren Werke in großen Ausstellungen weltweit gezeigt wurden. Sie arbeitete für eine Reihe von Zeitungen, Magazinen und Fernsehprogrammen. In den letzten Jahren hatte sie sich vermehrt von der journalistischen Tätigkeit abgewandt und sich auf künstlerische Fotografie konzentriert.

Wie schon zuvor von der Kampagne berichtet wurde, wird von iranischen Sicherheitsagenten ein feststehender Blanko-Haftbefehl verwendet, um iranische Bürger in großer Zahl und ohne Vorliegen von Beweisen für kriminelle Handlungen und Untersuchung besonderer Fälle durch unabhängige juristische Behörden in großer Zahl zu inhaftieren.

„Mehraneh Atashi und all die anderen, die willkürlich verhaftet wurden, werden ihrer Grundrechte auf Freiheit beraubt, die durch Artikel 9 der Internationalen Konvention über Zivile und Politische Rechte geschützt sind, in der Iran Mitglied ist“, sagte Rhodes.

Die UN-Generalversammlung hatte im Dezember 2009 eine Resolution verabschiedet, in der die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen aufgerufen wird, bezüglich verhafteter Personen in der Islamischen Republik tätig zu werden.

Die Kampagne fordert die sofortige Freilassung von Mehraneh Atashi, ihrem Eheman Majid Ghaffari und allen, die willkürlich inhaftiert wurden.

Der Versammlungsruf der 14. Punkte von Moussavi (2. Februar 2010)

Veröffentlicht auf Enduring America am 2. Februar 2010
Quelle (Englisch): http://enduringamerica.com/2010/02/02/iran-document-the-rallying-call-of-mousavis-14-points-2-february/
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Wir warten auf die vollständige Übersetzung von Mir Hossein Moussavis heutigem Statement in Kalemeh. Khordaad88 arbeitet daran, und Pedestrian hat die englische Übersetzung der Antworten auf 2 von 10 Fragen veröffentlicht. Wegen der Wichtigkeit der Antworten, die Moussavi in dem Interview gegeben hat, hat ein EA-Korrespondent die 14 Hauptpunkte zusammengestellt:

1) Die Verfassung ist keine unveränderliche Offenbarung. Sie wurde im Jahre 1989 geändert, und wir können auf der Grundlage der Bedürfnisse und Forderungen des Volkes und unserer eigenen nationalen Erfahrungen Teile davon ändern.

2) Wer die Medien einschränkt und die Sender der Islamischen Republik für seine eigenen Ziele monopolisiert, schwächt die Basis der Islamischen Republik.

3) Wegen der Einschränkung des freien Informationsflusses in Iran sind die ausländischen Medien wichtiger geworden als die iranischen, aber das iranische Volk wird seine nationalen Interessen und seine religiösen und historischen Werte nicht für ausländische Propaganda aufgeben.

4) Die Verfassung außer Kraft zu setzen ist problematisch. Das erste Problem ist, dass die Mehrheit des Volkes so etwas nicht unterstützen wird.

5) Das zweite Problem ist, dass wir im Ansehen der religiösen Überzeugungen der Menschen fallen würden, da die Menschen für die Verfassung der Islamischen Republik gestimmt haben.

6) Ich glaube, das iranische Volk hegt keine Groll gegen die Polizei und die Basij-Miliz, denn sie kennen sie selbst (d. h. sie wissen, dass sie dem Regime dienen müssen).

7) Ich rate der Polizei und den Basijis, den Menschen gegenüber freundlich und respektvoll zu sein und schlage vor, dass die Grüne Bewegung den nationalen und religiösen Überzeugungen von Menschen ebenfalls Respekt entgegenbringt.

8) In der Grünen Bewegung sind alle Menschen die Medien.

9) Gerechtigkeit, insbesondere wirtschaftliche Gerechtigkeit, ist heute an Freiheit gebunden.

10) Wir müssen Menschen unterstützen, die weniger Glück hatten. Nicht nur in unseren Wahlkämpfen, sondern mit dem Ziel, ihr Leben zu verbessern. Das ist ein Handlungsprinzip für uns.

11) Obwohl der Bericht über den Skandal von Kahrizak an das Parlament übersandt wurde, ist klar, dass das Parlament in manchen Fällen verpflichtet ist und die Regierung nicht kontrollieren kann.

13) Der Jahrestag der Islamischen Revolution wird jedes Jahr begangen, um zu zeigen, dass wir, die iranische Nation, gegen die Diktatur sind und Freiheit und Demokratie unterstützen.

14) Wir sind sehr enttäuscht von der Justiz, die Alireza Beheshti (den Sohn des ersten Justizchefs Ayatollah Mohammad Beheshti) in einem Pyjama vor Gericht gestellt hat.

15) Unsere Gefängnisse sind heute mit lauter gebildeten Menschen gefüllt, und es tut mir Leid, dass ich nicht bei (ihnen) meinen Freunden sein kann.

Eine teilweise Übersetzung des Interviews findet sich hier

Irans Oppositionsführer verurteilen Hinrichtungen

Veröffentlicht auf Radio Zamaaneh am 2. Februar 2010
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2010/02/iranian-opposition-leader-4.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Ayatollah Bayat Zanjani

Iranische Oppositionsführer haben die jüngsten gegen einige Präsidentschaftswahl-Demonstranten erhobenen Anklagen wegen „Moharebeh“ (Feindschaft gegen Gott) kritisiert, die zu einer Serie von Todesurteilen durch die Justiz geführt haben.

Ayatollah Bayat Zanjani erklärte, die „wahren Feinde Gottes“ seien die, die „menschliches Blut vergossen haben“.

Straßenproteste gegen die Wahlen am Tag von Ashura waren in Gewalt ausgeartet, als Sicherheitskräfte und regierungstreue Kräfte gegen Demonstranten vorgingen und den Tod von mindestens sieben Menschen verursachten.

Der schiitische Geistliche erklärte in einer Rede bei einem Treffen der Islamischen Vereinigung der Juristischen Fakultät der Teheran-Universität, man könne „Menschen, die sich mit leeren Händen lediglich über eine Handlungsweise beschweren“, nicht als Feinde Gottes bezeichnen.

Die iranische Justiz hat 16 der bei den Protesten an Ashura festgenommenen Personen angeklagt, „Mohareb“ (Feinde Gottes) zu sein; die Todesurteile gegen 11 von ihnen sind bereits ergangen.

Zwei dieser Urteile waren am vergangenen Donnerstag vollstreckt worden; sie wurden von zahlreichen Menschenrechtsgruppen verurteilt.

Der frühere Präsident Mohammad Khatami sprach sich ebenfalls gegen das gewaltsame Vorgehen der Regierung gegen Demonstranten aus und verurteilte die Hinrichtungen als falsches Mittel im Umgang mit zivilen Protesten.

Er erklärte, man können niemanden als „staatsgefährdend“ bezeichnen, nur weil er gegen etwas protestiert und Kritik geäußert habe.

Die iranische Justiz gab jedoch heute bekannt, dass neun weitere im Zusammenhang mit der Wahl Inhaftierte bald hingerichtet werden.

Justizvertreter Ebrahim Reisi

Ebrahim Reisi, ein Justizbeamter, erklärte: „Jede einzelne dieser Personen hatte Verbindungen zu anti-revolutionären Bewegungen und hatte sich an den jüngsten Unruhen beteiligt, um Spaltungen zu verursachen und das System zu stürzen.“

Er dementierte zudem Berichte darüber, dass die Anklagen gegen die beiden am Donnerstag hingerichteten Regimekritiker nicht mit den Protesten gegen die Wahlen im Zusammenhang gestanden hätten. Die Anwälte der beiden Männer hatten erklärt, dass ihre Klienten vor den Wahlen verhaftet worden seien, dass die Urteile der Justiz jedoch auf „Feindschaft gegen Gott durch Teilnahme an den Unruhen nach den Wahlen“ beruhten.

Reisi verteidigte die Entscheidung der Justiz, die beiden Männer hinrichten zu lassen und erklärte, die Justiz werde jede Anstrengung unternehmen, um gegen „Aufständische“ vorzugehen und die „Wurzeln des Umsturzes“ auszumerzen.

Hinrichtungen haben nichts mit den Ereignissen nach der Wahl zu tun

Veröffentlicht auf Rooz Online am 2. Februar 2010
Quelle (Englisch) http://www.roozonline.com/english/news/newsitem/article/2010/february/02//executions-not-related-to-post-election-events.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben
Kommentare in eckigen Klammern stammen von der Übersetzerin

von Fereshteh Ghazi

Die Justiz hat gestern einen Bericht mit Details der Fälle von Arash Rahmanipour und Mohammad Reza Ali Zamani veröffentlicht. In dem Bericht wird das genaue Datum ihrer Verhaftung nicht genannt, und in den aufgeführten Anklagepunkten wird kein Bezug zu einer „Teilnahme an Protesten“ hergestellt.

Arash Rahmanipour und Mohammad Reza Alizamani waren am Donnerstag [28. Januar 2010, d. Übers.] wegen „Moharebeh“ (bewaffneter Kampf gegen den Staat) hingerichtet worden. Ihre Anwälte und Angehörigen erklärten, die Hinrichtungen seien im Geheimen und ohne Einhaltung des vorgeschriebenen Prozesses erfolgt.

Die Justiz in Teheran gab gestern bekannt, dass die beiden jungen Männer verhaftet wurden, weil sie Mitglieder im „Iranischen Monarchierat“ gewesen seien. Gemäß dem [genannten] Bericht wurden Arash Rahmanipour folgende Anklagepunkte zur Last gelegt: „Verschwörung mit dem Ziel, zwei heilige Stätten anzuzünden, Verschwörung mit dem Ziel eines Sprengstoffanschlags auf Hosseiniye Ershad und die Moschee Narmak Al-Nabi in Teheran, Entgegennahme von Anweisungen zur Herstellung von Sprengstoff von Mitgliedern des Monarchierats über E-Mail und Chat, Besitz und Testen von Sprengstoff, Propaganda gegen das Regime und die Religion, Verbreitung von Artikeln des Führers des Monarchierats an Freunde und Verwandte.“
Weiter heiß es im Bericht: „Er wurde wegen Moharebeh angeklagt und vor Gericht gestellt, weil er Mitglied im Iranischen Monarchierat war und aktiv mit der Gruppe zusammengearbeitet hat, sowie wegen Verschwörung mit dem Ziel, Verbrechen gegen die nationale Sicherheit zu begehen.“

Mohammad Reza Alizamani wurden folgende Punkte zur Last gelegt:
„Verschwörung mit dem Ziel, abweichende und ketzerische Ansichten zu fördern, Aufbau eines Fernseh-Netzwerkes gegen das iranische Regime mit Hilfe eines im Irak angesiedelten amerikanischen Budgets, Instruierung von Personen in Iran über die Herstellung von Molotov-Cocktails mit dem Ziel, Explosionen und Terrorismus in Regierungsgebäuden herbeizuführen, Propaganda gegen Regime und Religion in Interviews mit Satellitennetzwerken“. Seine Anklageschrift beinhaltete Punkte wie „Moharabeh, Beleidigung heiliger Überzeugungen, Propaganda gegen das Regime, Verschwörung mit dem Ziel, gegen die nationale Sicherheit zu agieren, illegale Ausreise aus dem Land“.

Der Justizbericht enthält Widersprüche zu einem Bericht vom Donnerstag, der von derselben Behörde herausgegeben wurde. Dort heißt es: „Nach den Aufständen und konterrevolutionären Aktionen der letzten Monate, insbesondere am Tag Ashura, haben mehrere Kammern des Teheraner Revolutionsgerichts die gegen die Angeklagten erhobenen Vorwürfe untersucht und 11 Personen zum Tode verurteilt. In diesem Kontext wurden die Urteile gegen die beiden [Angeklagten] Mohammad Reza Ali Zamani und Arash Rahmanipour nach Bestätigung durch das Berufungsgericht heute morgen, Donnerstag, vollstreckt, die Angeklagten starben durch den Strick.“

Mit anderen Worten: Die Erklärung der Justiz vom Donnerstag stellt Arash Rahmanipour und Mohammad Reza Ali Zamani als Personen dar, die in die Ereignisse nach der Wahl verwickelt waren – die gestrige Erklärung der Justiz hingegen stellt keinen Bezug zu diesem Vorwurf her.

Allerdings gibt die Teheraner Justiz keine Antwort auf die Frage, warum die beiden Männer, die nicht im Zusammenhang mit den Ereignissen nach der Wahl verhaftet wurden, dennoch in dem Schauprozess gegen Verhaftete aus den Wahlprotesten, Journalisten und Reformaktivisten vor Gericht standen.

Andererseits haben die Anwälte der beiden jungen Männer erklärt, dass ihre Klienten im April bzw. Mai 2009 verhaftet wurden und während der Wahl und den darauffolgenden Ereignissen hinter Gittern saßen. In der gestrigen Erklärung der Justiz heißt es lediglich, dass die beiden Männer in 2009 verhaftet wurden; ein genaues Datum wird nicht genannt.

Moussavis Interview mit Kalemeh (Teilübersetzung), 2. Februar 2010

Veröffentlicht auf Pedestrians Blog am 2. Februar 2010
Quelle (Englisch): http://www.sidewalklyrics.com/?p=3491
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben
Anm. d. Übers.:
Moussavi hat der Webseite Kalemeh ein Interview gegeben. Die Übersetzung des ersten Teils (Frage 1+2 von insgesamt 10 Fragen) wurden auf Pedestrians Blog bisher in voller Länge übersetzt. In runde Klammern gesetzte Anmerkungen stammen vom Übersetzer der englischen Version.

Die hier fehlenden Teile des Interviews sind hier nachzulesen

Kalemeh: Kann man sagen, dass der Fall des Pahlavi-Regimes unvermeidlich war?

Das Regime hatte seine Legitimität vollständig verloren. Natürlich hatte dies auch viel damit zu tun, dass Bürger (von den Kräften des Regimes) auf den Straßen getötet wurden. Die Morde vom 17. Shahrivar (8. September) waren ein entscheidendes Moment. Wenn wir zurück blicken, sehen wir, dass wenn das Pahlavi-Regime die Errungenschaften der Konstitutionellen Revolution (die die Einrichtung des Parlaments zur Folge hatte) nicht aufgegeben hätte, die Monarchie hätte überleben und in der Rolle, die die Verfassung für sie vorsah, weiter regieren können, und zwar mit der Rückendeckung der Stimmen des Volkes. Die Pahlavis waren diesbezüglich (ihrer Missachtung der Verfassung) von Anfang an oft gewarnt worden, und der verstorbene Modares opferte sogar sein Leben für dieses Ziel. Aber alle Warnungen und Hinweise waren vergeblich, und nur wenige Jahre nach der Konstitutionellen Revolution hatte das despotische Regime wieder die Oberhand, wenn auch dieses Mal mit einer modernen Fassade.

Die vergleichsweise lange Regierungszeit der Pahlavis zeigt, dass die Wurzeln des Despotismus in der Konstitutionellen Revolution nicht vollständig zerstört worden waren. Diese Wurzeln lebten innerhalb kultureller, sozialer und politischer Strukturen weiter. Ich weiß noch, dass in jenen Jahren eines der Bilder, die der Schah ständig für Werbezwecke benutzte, einen Bauern zeigte, der dem Schah die Füße küsste. Der Schah war der Meinung, dieses Foto zeige die tiefe Liebe des Volkes zu ihm, aber natürlich sahen weise Männer viel mehr in diesem Foto.

Kalemeh: Die Elemente, von denen Sie sagen, dass sie despotische Regimes wiederbeleben – wurden diese Elemente in der Islamischen Revolution beseitigt?
In den ersten Jahren der Revolution waren die Menschen überzeugt davon, dass die Revolution all diese Strukturen, durch die Despotismus und Diktatur wieder erstarken könnten, vollständig zerstört hatte. Und ich war einer von denen, die das glaubten. Heute jedoch glaube ich das nicht mehr. Heute können wir eben diese Strukturen, die zum Despotismus führten, erkennen, und wir können auch den Widerstand erkennen, den Menschen dagegen zeigten, eine Rückkehr zur Diktatur zu erlauben. Dieser Widerstand ist ein wertvolles Erbe der Islamischen Revolution. Dass die Menschen die Täuschungen, Lügen und Korruption, die wir heute sehen, nicht tolerieren, lässt dieses Erbe deutlich zutage treten. Ebenso wie die strikte Kontrolle über Zeitungen und Medien, die überfüllten Gefängnisse, die brutale Ermordung unschuldiger Menschen, die auf den Straßen friedlich ihre Rechte einfordern… all das zeigt die Wurzeln des Despotismus, die noch übrig sind. Den Menschen geht es um Gerechtigkeit und Freiheit, und sie wissen, dass all die Verhaftungen und Hinrichtungen politisch motiviert und verfassungswidrig sind. Sie verachten die Monarchie, aber sie wissen auch, dass Menschen auf der Grundlage unseriöser Anklagen und ohne einen gesetzmäßigen Prozess zum Tode verurteilt werden können.

(Das Volk weiß, dass diese Hinrichtungen nur vollzogen werden,] damit ein unbarmherziger, brutaler Freitagsgebetsleiter, der immer schon Korruption, Gewalt und Täuschung das Wort geredet hat, ihnen applaudieren kann. Ihn (den Freitagsgebetsleiter) interessiert es überhaupt nicht, ob erzwungene Geständnisse weit verbreitete Praxis sind, und es ist ihm egal, dass diese Personen (die hingerichtet wurden) nichts mit der Wahl zu tun haben. Was für ihn zählt, ist, wie viel Angst durch die Hinrichtungen erregt werden kann. Er kennt nicht die Macht unschuldig vergossenen Blutes, er weiß nicht, dass es das Blut von Märtyrern war, das den Fall des Pahlavi-Regimes herbeiführte. Seit der Revolution haben die Menschen an Freiheit, Unabhängigkeit und die Islamische Republik geglaubt. Die Stärke und der mutige Widerstand des Volkes und unserer Soldaten während des achtjährigen Krieges war ein Zeichen der äußerst fundamentalen Veränderungen, die sich in unserer Gesellschaft zugetragen hatten. Wir sollten uns daran erinnern, dass Teile unseres Landes in Zeiten der Schahs (Könige) durch Kriege, Krise und politische Spiele verloren gingen, und der mutige Widerstand unseres Volkes während des achtjährigen Krieges endete in diesem teuflischen Kreislauf.

Und jetzt, in den mutigen, beständigen grünen Linien der Menschen, die ihre Rechte einfordern, sehen wir ein Kontinuum desselben Widerstandes, den wir während des Krieges und in der Revolution von 1979 gesehen haben.

(Ab hier Übersetzung von Khordaad88)
Wenn wir heute andererseits sehen, dass die Regierung, das nationale Fernsehen und ihre angegliederten Zeitungen ohne Schwierigkeiten lügen, wenn unser Volk sieht, dass die Sicherheitskräfte und das Militär in Wirklichkeit das Justizsystem kontrollieren und das Justizsystem zu einem Instrument der Sicherheitskräfte geworden ist, können wir daraus schließen, dass wir am Anfang der (Islamischen) Revolution zu optimistisch waren.

Ich glaube, dass das Märtyrertum von Männern wie Beheshti, Motahari und anderer Märtyrer der Islamischen Revolution durch die Ausdehnung dieser sehr despotischen Wurzeln des Vorgängerregimes bedingt war, die nicht vollständig zerstört worden waren. Darum glaube ich nicht, dass die Islamische Revolution ihre Ziele erreicht hat.

Das jährlich stattfindende Fajr-Festival ist eigentlich dazu da, dass (das Volk) wachsam wird und dazu, sie dafür zu stärken, die verbliebenen Wurzeln des Despotismus zu beseitigen. Heute beteiligen sich die Menschen aktiv, weil sie Gerechtigkeit und Freiheit wollen, und weil sie die Herren ihres eigenen Schicksals sein möchten. Wir solllten daran denken, dass unsere Nation auf dieser Suche hunderttausende Märtyrer zu beklagen hatte.

Die Islamische Revolution ist das Ergebnis der Anstrengungen und Opfer unserer großen Nation. Doch (selbst) der kleinste Anflug von Unwissenheit, Ignoranz und Rückzug wird uns in eine noch finsterere Diktatur zurückführen als (die, die wir) vor der Revolution (hatten). Denn Diktaturen im Namen der Religion sind die schlimmsten Diktaturen. Andererseits werden uns Wissen und Beständigkeit in den wichtigsten Vermächtnissen und Zielen der Islamischen Revolution, (nämlich) ernsthafte Forderungen nach Freiheit und Gerechtigkeit, aus einer dunklen Vergangenheit in eine helle Zukunft führen. Sie werden die Überreste der Diktatur zerstören und einen Kontext für ein Leben in Freiheit schaffen, wo Diversität, Pluralismus, Freiheit der Rede und menschliche Würde geachtet werden. Ich glaube, die Interpretation des Islam, die Menschen als Ziegen, Dreck und Staub bezeichnet und eine Spaltung des Volkes bewirkt, (eigentlich) von einer prä-revolutionären diktatorischen Kultur beeinflusst ist. Die Justiz hätte gut daran getan, sich mit diesen Wurzeln und (Einflüssen) zu beschäftigen, anstatt junge Männer und Teenager hinzurichten, während ernsthafte und viele Gerüchte kursieren, dass sie zu Geständnissen gezwungen wurden.

Doch wie ich schon sagte, wir haben jede Hoffnung in die Justiz verloren. Ein Justizsystem, dass einen intellektuellen, religiösen und der Freiheit verpflichteten Mann wie den Sohn des Märtyrers Beheshti und andere freiheitsliebende Männer wie ihn ins Gefängnis steckt, eine Justiz, die ihn in den Fluren der Gerichte unter ein Foto seines Vaters setzt, hat sich weit von den Idealen der Revolution entfernt.

Heute sind die Zellen in den Gefängnissen mit den aufrichtigsten und engagiertesten Söhnen dieser Nation gefüllt: Studenten, Professoren und andere. Sie (die Sicherheitskräfte) versuchen, sie mit finanziellen, sexuellen oder spionagebezogenen Anklagen zu verfolgen, die auf ungültig gewordenen Formeln beruhen. Während die wahren Kriminellen und Diebe, die öffentliche Gelder stehlen, draußen frei herumlaufen. Anstatt die wirklichen Spione zu suchen, beschuldigen sie lieber anständige religiöse Menschen der Spionage.

Ich sollte diese Gelegenheit nutzen, um zu sagen, wie sehr ich bedaure, dass all meine Berater, die anständige, ehrliche und gebildete Menschen sind, verhaftet wurden und ich nicht bei ihnen bin. Es vergeht keine einzige Nacht, in der ich nicht an den Imam (Khomeini), Ayatollah Beheshti und andere teure Märtyrer denke und mir der Gedanke kommt, dass das, was erreicht wurde, weit von dem entfernt ist, was sie wollten.
Ich habe keinen meiner Berater genannt, weil ich allen politischen Gefangenen meinen Respekt zollen möchte. Iran wird ihre Namen und ihre Opfer nicht vergessen.

Eine Zusammenfassung der 15 zentralen Punkte des Interviews ist auf Enduring America erschienen. Die deutsche Übersetzung davon findet sich hier