Veröffentlicht auf Enduring America am 12. Februar 2010
Quelle (Englisch) http://enduringamerica.com/2010/02/12/iran-the-events-of-22-bahman-seen-from-inside-tehran/
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben
EA-Korrespondent Azadi, der am Donnerstag [11. Februar/22. Bahman] ständig mit Quellen in Teheran in Verbindung stand, schreibt die folgende Zusammenfassung:
Um 22:00 Uhr eröffnete das iranische Fernsehen seine Nachrichtensendung mit Auszügen aus der Erklärung des Obersten Führers: „Iran wird so lange sicher sein, wie wir der Velayat-e Faghih (der höchsten Autorität der Geistlichen Rechtsgelehrtheit) folgen.“
Es folgten Bilder von der Kundgebung auf dem Azadi-Platz, vom Kommentator mit den Worten begleitet, dass dieser Tag hauptsächlich dazu gedient habe, „unsere“ Unterstützung für den Obersten Führer und die Niederlage der ausländischen Feinde und aller, die „uns“ täuschen wollen, zu verdeutlichen.
Es war ein symbolisches Ende des 22. Bahman, mit all dem Lärm, den das Regime veranstaltete: Viele Anhänger der Grünen Bewegung glaubten, dass es ihnen nicht gelungen war, ihre Präsenz zu zeigen, obwohl sie „zahllos“ waren.
Was geschehen war:
Seit den frühen Morgenstunden waren Sicherheitskräfte in Zivil und Basij-Milizen in vielen Straßen stationiert, die somit von verdeckten und uniformierten Sicherheitskräften kontrolliert und überwacht wurden.
Auch die Zufahrtswege in der Umgebung Teherans sowie die Busterminals wurden kontrolliert. Busse der Regierung hatten Bassijis und Polizisten in Zivil aus verschiedenen Teilen der Stadt zu den Demonstrationsrouten gebracht.
Zwischen Imam-Hussein-Platz und Ferdowsi-Platz gab es weniger Sicherheitsaufgebot. Aber hinter dem Ferdowsi-Platz standen Motorräder der Anti-Aufruhr-Polizei und mit Schlagstöcken und Tränengas beladene Lastwagen in Bereitschaft – auf dem Keshavarz-Boulevard, vom Aria-Krankenhaus bis zur Palestine-Avenue, und vor allem im Umkreis der Teheran-Universität.
Die Sicherheitskräfte verhinderten, dass die Menschen den Enghelab-Platz und den Haft-e Tir-Platz erreichen konnten, denn eine große Gruppe bewegte sich entlang der Straßen, die zum Enghelab-Platz führten. Zwischen Enghelab und Azadi gab es nur wenig Polizei, dafür aber vermehrt Zivilkräfte, die man an ihren Walkie-Talkies unschwer erkennen konnte.
Da damit gerechnet wurde, dass Studenten am Gebäude des (staatlichen Rundfunk- und Fernsehsenders) IRIB protestieren würden, war das Gelände von einer großen Zahl Militär und Basijis umstellt – auf der Jam-e Jam-Straße und in der Gegend um Karegar und North Amirabad.
Der Teheraner Sadeghieh-Platz war einer der zentralen Punkte für die Proteste. Mehdi Karroubi hatte angekündigt, dass dieser Platz der Ausgangspunkt der Demonstration sein sollte, und Tausende Unterstützer der grünen Bewegung hatten sich dort versammelt. Große Gruppen grüngekleideter Demonstranten bewegten sich von Apadana, wo der [im Sommer] getötete Demonstrant Sohrab Arabi wohnte, in Richtung Azadi-Platz und Mohammad Ali Jenah-Straße. Eine andere große Gruppe bewegte sich vom Sadeghieh-Platz Richtung Azadi-Platz, und trotz der strengen Sicherheitsvorkehrungen dort waren Parolen wie „Nieder mit dem Diktator“ zu hören.
In der Asharafi Esfehani-Straße riefen die Menschen Parolen wie „Nieder mit dem Diktator“ und zerrissen Fotos von Khamenei. [? „sound of car“] war zu hören, was zu schweren Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Regierungskräften führte. Erste Verhaftungen wurden vom Azadi-Platz und vom Sadeghieh-Platz gemeldet.
Gegen 10:30 Uhr wurde Mehdi Karroubi in der Asharafi Esfehani-Straße von Zivilpolizisten angegriffen. Seine Leibwächter und andere Personen, die sich in seiner Nähe befanden, wurden mit Schlagstöcken geschlagen und mit Farbmunition beschossen, die Fensterscheiben seines Autos wurden eingeschlagen. Karroubi verließ den Schauplatz in einem fremden Auto, dessen Fensterscheiben ebenfalls zu Bruch gingen. Zwei von Karroubis engen Freunden, die auch seine Leibwächter sind, wurden von Geheimdienstlern verhaftet und nach Evin gebracht (beide, Askarian und Anbar Nejad, verloren im Iran-Irak-Krieg einen Arm oder ein Bein).
Gegen 11 Uhr traf Mohammad Khatami an der Kreuzung Zanjan-Straße/Azadi-Straße ein und wollte sich den Protesten anschließen. Er musste jedoch sofort wieder umkehren, weil Zivilpolizisten sein Auto attackierten. Gegen 12 Uhr stießen Mir Hossein Moussavi und Zahra Rahnavard zu den Demonstranten, wurden aber von den Zivilkräften grob angegriffen und mussten die Demonstration sofort wieder verlassen.
Auf der Ostseite des Azadi-Platzes riefen die Menschen „Nieder mit dem Diktator!“ und „Mutige Iraner, unterstützt uns, unterstützt uns!“ Die Lautsprecher dort waren jedoch sehr laut und schienen extra zu dem Zweck angebracht worden zu sein, die Parolen der Regierungsgegner zu übertönen. Hubschrauber der Regierung wurden gesichtet, sie flogen direkt über den Demonstranten. Es gab Gerüchte, dass von den Hubschraubern aus Videoaufnahmen von den Demonstranten gemacht würden.
Während Ahmadinejads Ansprache war zeitweise zu hören, wie Menschen „Lügner, Lügner“ riefen, möglicherweise verlor Ahmadinejad deshalb an manchen Stellen den Faden. Nach seiner Rede verließ er den Schauplatz aus Sicherheitsgründen per Hubschrauber.
Der offizielle Marsch der Regierungstreuen zum 22. Bahman war zu Ende, aber es gab noch vereinzelte Zusammenstöße in verschiedenen Teilen der Stadt. Zusätzliche Anti-Aufruhr-Einheiten wurden gerufen, um die Proteste zu unterdrücken, und Augenzeugen sprachen von bewaffneten Einheiten, die auf Motorrädern ins Zentrum der Stadt unterwegs waren. Es gab Berichte über eine große Zahl Militärs, die um die Residenz des Obersten Führers, das IRIB-Gebäude und die North Amirabad-Straße herum stationiert waren. Bis 11:30 Uhr Ortszeit waren in Shahrak Gharb und auf dem Vanak-Platz nahe der Teheran-Universität Sirenen und Parolen zu hören.
Die, die an den Ereignissen des Tages beteiligt waren, kamen zu der Einschätzung, dass die Grüne Bewegung sich nicht in dem Umfang zeigen konnte, wie sie es sich gewünscht hatte, obwohl viele Leute auf den Straßen waren.
1. Die Stadt glich einer Militärbasis, die Kontrolle durch die Polizei war umfassend.
2. Die Oppositionsführer wurden an der Teilnahme an den Kundgebungen gehindert, um die Formierung einer „Grünen Welle“ zu unterbinden.
3. Alle, die grüne Symbole bei sich hatten, wurden sofort verhaftet.
4. Die Anweisung der Grünen Bewegung, die grünen Symbole bis zur Ankunft auf dem Azadi-Platz zu verstecken, war ein Fehler. Grüne Demonstranten waren dadurch verunsichert, es war schwer, festzustellen, wer auf ihrer Seite war und wer nicht.
5. Die Menschen schienen darauf zu warten, dass andere den ersten Schritt machen, um dann zu folgen.
Zusammenfassend sagen alle Beteiligten, dass die Regierung den Tag zwar für ihre Propaganda genutzt hat, der 22. Bahman aber dennoch eine wichtige Erfahrung für die Grüne Bewegung und ihren weiteren Weg ist.