Tagesarchiv: 20. Februar 2010

Sorge um Gesundheit des früheren Kanzlers der Teheran-Universität

Veröffentlicht auf Radio Free Europe/Radio Liberty am 20. Februar 2010
Quelle (Englisch): http://www.rferl.org/content/Family_Concerned_About_Health_Of_Former_Tehran_University_Chancellor_In_Prison/1963841.html
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von Golnaz Esfandiari

Mohmmad Maleki

Die Familie des inhaftierten früheren Kanzlers der Teheran-Universität, Mohammad Maleki, hat sich tief besorgt über seine Gesundheit geäußert.

Der 76jährige Maleki war vor etwa sechs Monaten verhaftet worden, als er sich wegen Prostatakrebs in Behandlung befand. Malekis Familie zufolge war er bereits zum Zeitpunkt seiner Verhaftung im August bei schlechter Gesundheit.

Sein Sohn, Amar Maleki, sagte RFE/RL gegenüber, dass Gefängnisbeamte die Familie kürzlich um chemotherapeutische Medikamente gebeten hätten, die sie an das Gefängnis lieferten. Malekis Sohn sagte, die Familie habe Mohammad Maleki seit mehr als 20 Tagen nicht mehr im Gefängnis besuchen können, was die Sorge der Familie um seinen Gesundheitszustand vergrößere.

Von kürzlich entlassenen Gefangenen hatte Malekis Familie erfahren, dass er ohne Hilfe nicht mehr gehen könne.

Sein Sohn sagt, Maleki habe in Telefongesprächen aus dem Teheraner Evin-Gefängnis, wo er festgehalten wird, über seine schlechte Gesundheit geklagt. Malekis Familie erbittet Unterstützung von Menschenrechtsgruppen in der ganzen Welt, damit das „Leben von Mohammad Maleki“ gerettet werden kann.

Maleki, ein offener Kritiker am iranischen Establishment, war in den letzten Jahren mehrere Male verhaftet worden, Berichten zufolge hat er insgesamt mehrere Monate in Einzelhaft verbracht.

Vor seiner Verhaftung hatte er die Durchführung der Präsidentschaftswahl in Iran im letzten Jahr kritisiert. Nach den umstrittenen Wahlen, die zu massiven Straßenprotesten geführt hatten, wurden mehr als 2000 politische Aktivisten, Studenten und Menschenrechtsverteidiger in Iran verhaftet.

Irans Polizeichef lobt die Oganisation der Ereignisse vom 11. Februar

Veröffentlicht auf Radio Zamaaneh am 20. Februar 2010
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2010/02/iran-police-chief-extols.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Der iranische Polizeichef Esmail Ahmadi Moghaddam

Der Chef der iranischen staatlichen Polizei hat erklärt, die Feierlichkeiten zum 11. Februar hätten unter Aufsicht einer „einzigen Kommandoeinheit“stattgefunden, was zu einer Demonstration unter Beteiligung von „überwältigenden 50 Millionen Menschen“ geführt habe.
Esmail Ahmadi Moghaddam äußerte sich zufrieden mit den „koordinierten Anstrengungen“ der Einheit.

Am 11. Februar, dem Jahrestag der Revolution von 1979, die die Monarchie verdrängt und die Islamische Republik hervorgebracht hatte, war die iranische Bevölkerung wie gewöhnlich zu Demonstrationen auf die Straße gegangen. In diesem Jahr hatten Oppositionelle, die seit acht Monaten gegen die Präsidentschaftswahl [vom Juni 2009] protestieren, angekündigt, an diesem Tag ihre eigenen Demonstrationen abhalten zu wollen. Es war ihnen angesichts wegen des aggressiven Vorgehens von Polizei und Sicherheitskräften nicht gelungen sich zu versammeln.

Satellitenbilder, die an diesem Tag aufgenommen wurden, hatten enthüllt, dass Hunderte von Bussen entlang den Straßen in der Gegend um den Azadi-Platz geparkt waren, wo Mahmoud Ahmadinejad seine Rede hielt. Die Opposition behauptet, dass mit diesen Bussen regierungstreue Unterstützer aus der Provinz nach Teheran gebracht wurden.

Befehlshaber Ahmadi Moghaddam geißelte Oppositionsführer Mehdi Karroubi, der den Protestteilnehmern Ort und Zeit seiner Ankunft bei den Demonstrationen am 11. Februar mitgeteilt hatte. Ohne ihn direkt beim Namen zu nennen, machte er die Ankündigung des oppositionellen Präsidentschaftskandidaten lächerlich: „Er dachte wohl, wir würden einfach daneben stehen und zusehen.“

Mehdi Karroubis Konvoi war von Sicherheitskräften und Zivileinheiten angegriffen worden. Seine Leibwache und er selbst wurden mit Tränengasbomben angegriffen. Mehdi Karroubis Sohn Ali Karroubi wurde sogar für kurze Zeit verhaftet und von einer nicht identifizierten Gruppe misshandelt. Der Oppositionsführer war gezwungen, den Schauplatz wieder zu verlassen.

Der Polizeibefehlshaber erklärte, am 11. Februar seien die „Demonstranten nicht auf die Straße gegangen, weil diejenigen, die der Politik kritisch gegenüberstehen, dies nicht mit Protesten gegen das eigentliche System vermischen“ wollten.

Esmail Ahmadi Moghaddam warnte zudem vor einer Zusammenarbeit mit „ausländischen“ Medien. All diese „Kollaborateure“ stünden unter Beobachtung, ihre Aktionen würden dokumentiert, so Moghaddam. „Zu gegebener Zeit werden wir uns mit ihnen befassen. Natürlich hoffen wir, dass sie sich ändern werden und ein polizeiliches Eingreifen nicht mehr nötig sein wird.“

Er behauptete, BBC und VOA (Voice of America) seien Medien der Geheimdienste Großbritanniens und der USA, und eine Zusammenarbeit mit ihnen sei gleichbedeutend einer Zusammenarbeit mit dem „Feind“.

Teheraner Polizeichef scheidet aus dem Dienst

Veröffentlicht auf Radio Zamaaneh am 20. Februar 2010
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2010/02/tehran-police-chief-retir.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben
Originaltitel: Tehran Police chief retires. Ich habe den Titel geändert, weil „retire“ sowohl „zurücktreten“ als auch „in den Ruhestand gehen“ heißen kann. Der Artikel unten legt nahe, dass Rajabzadeh zurückgetreten ist, allerdings gibt es in persischen Quellen auch die Version mit dem „Ruhestand“. d. Ü.

Brigadegeneral Azizollah Rajabzadeh

Iranische Medien berichten, dass der Teheraner Polizeichef Brigadegeneral Azizollah Rajabzadeh nach nur sechs Monaten im Dienst aus dem Amt scheidet. Er soll Berichten zufolge 36 Jahre im Polizeidienst gestanden haben. Seine Abschiedszeremonie soll am morgigen Sonntag stattfinden.

Rajabzadeh hatte das Amt im September 2009 von Ahmad Reza Radan übernommen. Davor war er Leiter der Spezialeinheiten der Polizei.

Während der Proteste gegen die Präsidentschaftswahlen im Juni war er für das Vorgehen der Polizei gegen die Demonstrationen verantwortlich. Die reformorientierte Webseite Norooz berichtet, dass Rajabzadeh nach den Protesten von Ashura am 27. Dezember [2009] von der Justiz vorgeladen und länger als zwei Stunden verhört wurde.

An Ashura waren acht Menschen getötet worden. Ein im Internet kursierendes Video zeigte, wie ein Polizeiauto Menschen um- und überfuhr.

Die Polizeidirektion hatte die Vorwürfe zunächst zurückgewiesen und behauptet, es gäbe keinerlei derartige Beweise. Nachdem das Video im Internet aufgetaucht war, erklärten sie es als gefälscht.

Ungewissheit über den Tod eines aus Kahrizak entlassenen Insassen

Veröffentlicht auf Mehr News am 20. Februar 2010
Zitiert von Enduring America
Quelle (Englisch): http://www.mehrnews.com/en/NewsDetail.aspx?NewsID=1037060

Anm. d. Übers.: Mehr News ist als regierungstreue Nachrichtenagentur einzustufen. Radio Zamaaneh hatte bereits am 23. Januar 2010 darüber berichtet

TEHERAN, 19. Februar (MNA) – Der Parlamentsabgeordnete Parviz Sorouri teilte am Freitag mit, dass die Ursache des Todes von Ramin Aghazadeh Ghahremani, der in der Haftanstalt Kahrizak festgehalten worden war, noch nicht bekannt ist.

Zuvor hatte Sorouri gesagt, er habe gehört, dass eine vierte Person nach ihrer Entlassung aus der Haftanstalt Kahrizak gestorben sei.

Die forensische Untersuchung wird feststellen, ob Ghahremani an den Folgen von Misshandlungen in Kahrizak gestorben sei oder nicht, sagte Sorouri der Nachrichtenagentur Mehr gegenüber.

Sorouri zufolge werden Mitglieder der parlamentarischen Untersuchungskommission in Kürze mit der Familie von Ghahremani zusammentreffen.

Die Ergebnisse der Untersuchungen der Kommission sollen zur weiteren Verfolgung des Falles der Justiz zur Verfügung gestellt werden, so Sorouri.

Die südlich von Teheran gelegene Haftanstalt Kahrizak war auf Anordnung des Obersten Führers der Islamischen Revolution, Ayatollah Seyyed Ali Khamenei, geschlossen worden, weil sie nicht den Standards entsprach.

Die Haftanstalt war in die Schlagzeilen geraten, nachdem bekannt geworden war, dass drei Insassen dort zu Tode geprügelt wurden. Bei den drei zu Tode gekommenen Männern handelt es sich um Mohsen Rouholamini, Mohammad Kamrani und Amir Javadifar.

AA/PA
END
MNA

Mohammad Pour-Abdollahs Familie bittet Ban Ki-Moon um Hilfe

Veröffentlicht auf RAHANA am 20. Februar 2010
Artikel auf Persisch: http://www.rhairan.net/archives/4398
Quelle (Englisch): http://www.rhairan.net/en/?p=904
Deutsche Übersetzung aus dem Englischen. Bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Wir machen uns Sorgen. Wir machen uns Sorgen um seine Gesundheit, sein psychisches Wohlergehen, aber vor allem machen wir uns Sorgen um sein Leben in einem Gefängnis, das für gewalttätige Häftlinge vorgesehen ist.

RAHANA – Mohammad Pour-Abdollahs Familie hat sich an Ban Ki Moon und alle Menschenrechtsorganisationen gewandt und um Hilfe gebeten, um den inhaftierten Studenten aus den gefährlichen Bedingungen des Gefängnisses Ghezel-Hesar herauszuholen, wo er eine sechsjährige Haftstrafe absitzt.

Das Gefängnis Ghezel-Hesar ist für gefährliche Häftlinge reserviert, die wegen Drogenschmuggels und Mordes einsitzen. Irans eigene Gesetze fordern die getrennte Unterbringung von Häftlingen je nach Schwere und Art ihrer Verbrechen.

Es folgt [die deutsche Übersetzung des] englischen Wortlauts des Briefes von Pour-Abdollahs Familie:

An den Generalsekretär der Vereinten Nationen, Herrn Ban Ki-Moon, sowie an alle internationalen Menschenrechtsorganisationen,

Grüße,

wir möchten Ihnen zur Aufmerksamkeit bringen, dass unser Sohn Mohammad Pour-Abdollah, ein Student der technischen Chemie an der Teheran-Universität, am 14. Januar 2008 zu Hause verhaftet wurde, weil er an den Demonstrationen zum Studententag teilgenommen hatte, die wenige Monate zuvor stattgefunden hatten. Er wurde ins Evin-Gefängnis gebracht und nach 41 Tagen im Gefängnis am 24. Februar gegen eine Kaution von 80.000 Dollar freigelassen. Für unsere Familie jedoch war Mohammads Entlassung gegen Kaution der Beginn einer langen Zeit voller Angst und Unruhe. Er wurde ständig verhört und am telefon bedroht; nach einiger Zeit wurden die Drohanrufe immer bedrohlicher und richteten sich schließlich auch gegen andere Mitglieder unserer Familie.

Mohammads Mutter bekam Angstzustände, noch jetzt ist sie in Behandlung. Im Winter 2009 nahmen die telefonischen Verhöre zu, und Mohammad wurde bedroht, weil er in von ihm verfassten Artikeln seine eigene Wahrnehmung sozialer Probleme wiedergegeben hatte.

Schließlich, am 12. Februar 2009 um 19 Uhr, kamen Geheimdienstagenten in sein Haus, die vorgaben, Postboten zu sein. Sie durchsuchten sein Haus und nahmen dann ihn, seinen Computer, Bücher und andere Gegenstände mit.

Als wir davon erfuhren, machten wir uns sofort von Rasht, wo wir wohnen, nach Teheran auf den Weg. Der Zustand, in dem sein Zimmer sich befand, wies für uns darauf hin, dass er verhaftet worden war. Die nächsten Tage verbrachten wir in absoluter Unkenntnis über seine Situation. Die albtraumhafte Möglichkeit, dass sie ihre telefonischen Drohungen wahr machen könnten, quälten uns pausenlos. Endlich rief Mohammad an, um uns zu berichten, dass er in Evin in Einzelhaft sei.

Die nächsten 30 Tage verbrachte er in Einzelhaft und wurde langen Verhörsitzungen unterzogen, die mit Folter einhergingen. Während dieser Zeit durfte Mohammads Mutter ihn nur ein Mal in Anwesenheit seines Befragers sehen. Der Anblick von Mohammads rasiertem Schädel verstörte Mohammads Mutter völlig, und wir machten uns wegen seiner Behandlung im Gefängnis daraufhin mehr Sorgen als je zuvor.

Am 18. März 2009, zwei Tage vor dem persischen Neujahrsfest, nur wenige Tage nach Beendigung seiner Verhöre und seiner Verlegung in den öffentlichen Trakt, als wir alles nur Mögliche unternahmen, damit er vor Norooz [dem persischen Neujahrsfest, d. Ü.] freigelassen wird, klingelte das Telefon, und Mohammad informierte uns über seine Verlegung nach Ghezel-Hesar. An diesem Tag hatte der Befrager, ohne ihm seinen Namen auf der Entlassungsliste zu zeigen, ihn aufgefordert, sich anzuziehen und für die Freilassung bereit zu machen. Als Mohammad fertig war und glücklich auf seine Freilassung wartete, wurde er von Gefängniswärtern angegriffen, die ihm die Augen verbanden, ihn schlugen und verletzten, und ihn dann nach Ghezel-Hesar brachten.

Mohammad verbrachte die nächsten 48 Stunden zusammen mit 150 anderen Gefangenen in der Quarantäne-Station (Aufnahmestation) von Ghezel-Hesar, während die Sonnenwende vorüberging.

Am 12. April 2009, nachdem er auf der Grundlage eines temporären Haftbefehls zwei Monate lang festgehalten worden war, wurde Mohammad zur Staatsanwaltschaft des Revolutionsgerichts [? „Revolutionary Prosecutor’s office“] gebracht, wo er aufgefordert wurde, eine Anklageschrift zu unterschreiben, die unbegründete Anklagen enthielt.

Als er sich weigerte, wurde seine Inhaftierung verlängert. Daraufhin wurde Mohammad in eine Einzelzelle in Evin gebracht, wo man noch mehr Druck auf ihn ausübte, damit der die Anklageschrift unterschreibt. Nachdem er zehn Tage lang Widerstand geleistet und sich geweigert hatte, wurde er nach Ghezel-Hesar zurückgebracht, wo er im Ungewissen [?“in limbo“] gelassen wurde. Trotz der Bemühungen seines Anwalts weigerte sich der Richter, ihn gegen Kaution freizulassen und verlegte sogar den Termin der gerichtlichen Anhörung, die für den 1. Juni angesetzt worden war, ohne einen neuen Termin festzusetzen.

Schließlich, nach 8 Monaten der Ungewissheit in Ghezel Hesar, am 12. Oktober 2009, wurde Mohammad unter Richter Salavati in der 15. Abteilung des Revolutionsgerichts in Teheran der Prozess gemacht. Zwei endlose Monate später, zwei Tage nach dem Studententag 2009, wurde er am 9. Dezember 2009 vom Revolutionsgericht zu 6 Jahren Haft *) verurteilt – der zulässigen Höchststrafe nach Artikel 500 und 610 des Strafgesetzbuches – weil er im Jahre 2007 an den Demonstrationen zum Studententag teilgenommen hatte. Wir wissen immer noch nicht, warum er (während er auf Kaution frei war) ein zweites Mal verhaftet wurde.

Fast ein Jahr nach seiner zweiten Verhaftung verbringt Mohammad seine Tage in Ghezel Hesar und wartet auf die Entscheidung des Berufungsgerichts, von der abhängt, wie er die besten Jahre seines Lebens verbringen wird.

Wir machen uns Sorgen. Wir machen uns Sorgen um seine Gesundheit, sein psychisches Wohlergehen, und vor allem um sein Leben in einem Gefängnis, das für gewalttätige Häftlinge vorgesehen ist.

Wir bitten Eure Exzellenz als den Generalsekretär der Vereinten Nationen sowie alle Menschenrechtsorganisationen weltweit dringend um Hilfe, um unsen Sohn aus dieser gefährlichen Situation zu befreien und ihn vor der sechsjährigen Haftstrafe, die die besten Jahre seines Lebens zerstören wird, zu bewahren.

(Grußformel)

die Eltern von Mohammad Pour-Abdollah, Lotfollah Pour-Abdollah und Sima Salno

*) Anm. d. Ü.: Im persischen Text ist hier offenbar von einer „Bewährungsstrafe“ oder einer „ausgesetzten Strafe“ von 6 Jahren die Rede. Allerdings ist auch der persischen Quelle eindeutig zu enthnehmen, dass Mohammad Pour-Abdollah immer noch inhaftiert ist.