Tagesarchiv: 24. Februar 2010

Freigelassene Gefangene (22. – 24. Februar 2010)

Veröffentlicht auf „Iran Inside News am 24. Februar 2010
Quelle (Englisch): http://raymorrison.wordpress.com/2010/02/24/prisoners-released-22-23-24-feb-2010/
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben
Anmerkungen in eckigen Klammern stammen von der Übersetzerin

Sara Tavassoli nach 50 Tagen entlassen
RAHANA, 24. Februar 2010 – Sara Tavassoli ist die Tochter von Mohammad Tavassoli, dem Leiter des politischen Büros der „Freiheitsbewegung Iran“ [Nezhat Azadi]. Nach den Protesten an Ashura (27. Dezember 2009) waren einige Mitglieder und Partner von Nezhat Azadi verhaftet worden. Sara Tavassoli wurde zusammen mit Amir Khorram und Mohsen Mohagheghi am 13. Januar verhaftet und nach Evin gebracht.

Kalemeh zufolge befinden sich mehrere Verwandte von Sara Tavassoli, darunter ihr Ehemann Farid Taheri, ihre Schwester Leyla Tavassoli und ihr Onkel Dr. Ebrahim Yazdi noch in Haft.
Update von RAHANA: Leyla Tavassoli wurde am Dienstag, dem 23. Februar freigelassen.

Leyla Tavassoli und Mohammad Naeimpour freigelassen
RAHANA am 24. Februar 2010 – Mohammad Tavassolis Tochter Leyla Tavassoli, die am 28. Dezember 2009 im Haus ihrer Eltern verhaftet worden war, ist heute, am Dienstag, dem 23. Februar nach fast zwei Monaten im Gefängnis freigelassen worden.
Wie Mohammad Tavassolis Tochter Mizan mitteilte, war auch Dr. Sara Tavassoli am Vortag aus dem Gefängnis entlassen worden.
Mohammad Naeimpour, der am 17. Januar verhaftet worden war, nachdem er in das Untersuchungsbüro des Geheimdienstes vorgeladen worden war, ist ebenfalls wieder frei.
Naeimpour hat bereits in den 1980er Jahren als politischer Gefangener unterträgliche körperliche Folter durchleiden müssen.

Zwei Baha’is aus Yazd gegen Kaution entlassen
RAHANA – Soheil Rohanifard war am 18. Oktober verhaftet und in das Gefängnis von Yazd gebracht worden, nachdem er ins Geheimdienstministerium vorgeladen worden war. Vor seiner Verhaftung war sein Haus am 27. September 2009 von Sicherheitskräften durchsucht worden, sein Mobiltelefon und sein Computer wurden beschlagnahmt.

Behnam Rohanifard, wohnhaft in Teheran, war zur Beerdigung eines Freundes nach Yazd gekommen. Er wurde am 12. Oktober von Sicherheitskräften verhaftet, als er Yazd in Richtung Teheran verlassen wollte.

Jamshid Zarei aus dem Gefängnis in Tabriz entlassen
RAHANA Prisoners Rights Unit- Am 3. November 2008 war Jamshid Zarei von Richter Bayat, dem Chef der 2. Abteilung des Revolutionsgerichts in Tabriz, zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt worden.
Wie Savalan Sesi mitteilt, stand der azerische Bürgerrechtsaktivist vor Gericht, weil ihm vorgeworfen wurde, mittels Druck und Veröffentlichung eines Aufrufs zur Teilnahme einer Protestkundgebung am 22. Mai 2009 Propaganda gegen das Regime betrieben zu haben. Die Kundgebung sollte am Jahrestag der Veröffentlichung eines die Azeri verunglimpfenden Comics stattfinden.
Zarei war am 11. Mai 2008 zusammen mit mehreren anderen Personen verhaftet und drei Monate später gegen Kaution freigelassen worden.
Ein weiterer azerischer Aktivist, Babak Hosseini-Moghaddam, der wegen seiner Beteiligung an demselben Vorfall ebenfalls zu sechs Monaten Haft verurteilt worden war, wurde nach Absitzen seiner Haftstrafe ebenfalls entlassen.
Jamshid Zarei ist einer der azerischen Aktivisten in Tabriz, die seit 1996 wiederholt verhaftet und inhaftiert wurden.
[Anm. d. Übers.: Die Zeitangaben in diesem Artikel sind mir nicht nachvollziehbar. Ich habe mich trotzdem zur Veröffentlichung entschlossen, weil der für mich hier interessante Sachverhalt der ist, dass die Aktivisten vor den Präsidentschaftswahlen verhaftet wurden und nichts mit der „Grünen Bewegung“ zu tun haben. Der Artikel wirft ein Licht auf die „ganz normale“ menschenrechtliche Situation, die bereits bestand, bevor die internationale Gemeinschaft nach der Präsidentschaftswahl mit geschärfter Aufmerksamkeit hinsah.]

Masoud Nourmohammadi freigelassen
RAHANA Prisoners Rights Unit- Masoud Nourmohammadi war an seinem Arbeitsplatz verhaftet worden, weil er SMS verschickt hatte. Er verbrachte 16 Tage in Einzelhaft. [Zeitangabe fehlt leider]

Wie Iran Green Voice mitteilt, bleibt sein Bruder Saeed Nourmohammadi von der Jugendpartei der Partizipationsfront, der nach den Wahlen im Juni bei einer Komeil-Gebetszeremonie zum zweiten Mal verhaftet worden war, weiter in Haft.

Masoud Nourmohammadi wird vorgeworfen, illegale SMS und E-Mails verschickt zu haben. Beides hat er zurückgewiesen.

Expertenrat: Die Frist für eine Umkehr ist abgelaufen

Veröffentlicht auf Radio Zamaaneh am 5. Esfand 1388 (24. Februar 2010)
Quelle (Persisch): http://zamaaneh.com/news/2010/02/post_12313.html
Übersetzung aus dem Persischen: Na Mous, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben
Anmerkungen in eckigen Klammern stammen von der Übersetzerin

Der Expertenrat sagte in seiner heutigen Mitteilung, für die Führung der Regierungsgegner sei „die Frist für Reue und Umkehr“ abgelaufen.

Diese Mitteilung wurde heute im Abschluss der siebten offiziellen Zusammenkunft der vierten Sitzungsrunde des Expertenrats durch Ayatollah Ghorbanali Dari Najafabadi verlesen.

Die Mitglieder des Expertenrates sagten in dieser Mitteilung, dass „die wiederholten Fristen für die Führung der ‚Fetneh’ [Übel, Unheil, Intrige], zu bereuen und zur [islamischen] Revolution und den Visionen Imam Khomeinis zurückzukehren“ seit dem 9. Day [Aschura-Tag, am 27.12.2009]“ abgelaufen seien.

Sie bezeichneten die Geschehnisse nach den Wahlen als „Fetneh“ [Intrige], die durch die „weise Führung“ Ayatollah Khameneis beendet werden konnte.

Der Expertenrat fügte hinzu, dass „die Ereignisse nach den Wahlen die Islamische Republik auf nicht wieder gutzumachende Art und Weise national und international geschädigt“ hätten.

Weiter heißt es: „Die Erkenntnis der Unreinheiten und die Trennung der gerechten von ungerechten Kräften“ zählten zu den positiven Ergebnissen der jüngsten Ereignisse.

Der Expertenrat bedauerte, dass „einige wenige der Eliten nicht in der Lage gewesen sind, die innere Wahrheit zu erkennen.“

In dieser Mitteilung bedanken sich die Experten beim Volk für die Teilnahme an der Demonstration am Revolutionstag und nennen diese große Präsenz des Volkes „großartig, unvergesslich und den Feind vernichtend“.

In einem weiteren Teil der Mitteilung raten die Experten den „ausländischen Feinden und den inländischen Irregeleiteten“, sich der wohlmeinenden Führung des Obersten Führers anzuvertrauen und ihre Verantwortung gemäß den Bedürfnissen dieser Zeit wahrzunehmen.

Der Expertenrat bedankt sich außerdem für die Dienste der Sicherheitskräfte in den letzten acht Monaten während der Ereignisse nach den Wahlen.

Lob an Ayatollah Khamenei
Gleichzeitig mit der Abschlussmitteilung des Expertenrates legte auch der Untersuchungsausschuss des Expertenrats seine Ergebnisse zur Untersuchung [der Leistungen] des Obersten Führers vor.

Mohsen Mojtahed Shabestari, der Sprecher des Ausschusses, sagte: „Die Untersuchung der Kommission zeigt nicht nur, dass unser geliebter Führer während dieser über zwanzig Jahre bei keinem der in §5 und §110 der Verfassung genannten Eigenschaften und Bedingungen Anlass zur Beanstandung gegeben hat. Im Laufe der Zeit sind diese notwendigen Eigenschaften, insbesondere die Weisheit und die Führungskompetenz, auch immer deutlicher und in höchster Weise hervorgetreten.“

Shabestari fügte hinzu, dass er seine Ergebnisse „wegen der Sensibilität der letzten zehn Monate und der Ereignisse nach den Präsidentschaftswahlen“ veröffentlicht.

Diesem Mitglieds des Expertenrates zufolge hat die „exzellente Führung und die Weisheit“ Ayatollah Khameneis alle Intrigen gegen die islamische Republik neutralisiert.

Die Angriffe auf den Campus der Teheran-Universität am 15. Juni 2009

Veröffentlicht in The Guardian am 23. Februar 2010
Quelle (Englisch): http://www.guardian.co.uk/commentisfree/2010/feb/23/iran-campus-attack-film
Originaltitel: The truth about Iran’s campus attack
Deutsche Übersetzung mit freundlicher Genehmigung des Autors: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte mindestens Link zu diesem Post angeben
Anmerkungen in eckigen Klammern stammen von der Übersetzerin

Autor: Saeed Kamali Dehghan

Gestern Abend hat der persischsprachige Sender der BBC erstmals ein sehr verstörendes Video gesendet, auf dem zu sehen ist, wie Basij-Milizen und Anti-Aufruhr-Einheiten zwei Tage nach der gestohlenen Wahl den Campus der Teheran-Universität vom vergangenen Juni angreifen.

Der Angriff war eines der wegweisenden Ereignisse in den Unruhen in Iran nach der Wahl. Die Polizisten brachen erst Schlösser auf und später, als sie randalierend durch die Wohnheime zogen, brachen sie auch Knochen. Sie schafften mehr als 100 Studenten fort und töteten fünf.

Am nächsten Tag begab ich mich in die Teheran-Universität, um über die Studentenproteste zu berichten. Die Studenten demonstrierten im Innern der Universität und hinter den Eisenstäben, die sie von der Außenwelt trennten. Sie trugen ein Banner mit den Namen der in der Nacht zuvor verhafteten [Kommilitonen]. Ich sprach mit einigen von ihnen und machte ein Foto von dem Banner. Sie gaben mir auch die Namen der fünf Kommilitonen, die bei dem Angriff auf den Campus getötet worden waren.

Einen Monat später schrieb ich für den Guardian einen detaillierten, aus Interviews mit Studenten zusammengesetzten Artikel über das, was während dieser Angriffe auf dem Campus geschehen war. Das neue Video, das auf BBC gezeigt wurde, enthüllt jedoch noch mehr Einzelheiten über das, was in jener schrecklichen Nacht geschah.

Monatelang hatten die iranischen Behörden bestritten, dass ein Überfall auf den Campus stattgefunden habe. Später allerdings erklärte der oberste Führer Seyed Ali Khamenei, dass es unbekannte Personen gewesen seien – nicht die Basijis oder die Anti-Aufruhr-Polizei – die die Studenten auf dem Campus angegriffen hatten.

Überraschenderweise handelt es sich bei dem auf BBC gezeigten Video nicht um Amateuraufnahmen, sondern es ist aus polizeilichen Archiven herausgesickert (wie das Video in den Besitz von BBC kam, ist nicht bekannt, könnte aber für sich genommen eine interessante Geschichte sein). Das Video beginnt wenige Momente vor dem Angriff, bei dem Zivilbeamte Tränengas und Schusswaffen gegen Studenten einsetzten. Später durchwühlten sie die Schlafräume der Studenten und zündeten Betten an.

Azizollah Rajabzadeh, der ehemalige Polizeichef von Teheran, wird in dem Video (vom Kameramann) namentlich als die Person hinter dem Angriff auf den Campus genannt. Viele hatten Rajabzadeh bereits im Verdacht gehabt, aber vor dem Auftauchen dieses Videos gab es für diese Vermutungen keine Bestätigung. Rajabzadeh hat vor Kurzem die Teheraner Polizeidirektion verlassen und eine Stelle in der Teheraner Stadtverwaltung übernommen.

Nach iranischem Gesetz dürfen Polizei, Revolutionsgarden und andere Milizen die Universitäten nicht betreten – dies ist ein Vermächtnis der Studentenunruhen von 1999. Darum glauben viele, dass der Angriff, obgleich von Rajabzadeh angeordnet, zuvor von Khamenei und Top-Befehlshabern des Revolutionscorps gebilligt worden sein muss.

Die Anti-Aufruhr-Polizei ging derart brutal vor, dass sogar einige der Basijis versuchten, sie zu mäßigen, wie das Video zeigt. *) Studenten wurden verbal aufs Übelste beschimpft und körperlich schikaniert, während sie gezwungen wurden, sich auf den Boden zu legen. Einige bluteten stark, aber die Polizei ging weiter auf sie los. Dies war der Moment, in dem fünf Studenten starben, als man sie mit elektrischen Schlagstöcken auf den Kopf schlug.

Später in dieser Nacht wurden die Studenten gezwungen, sich mit Plastiktüten über dem Kopf vor einem der Wohnheim-Blocks aufzustellen. [In einem weiteren Artikel des Autors vom 12. Juli 2009 ist beschrieben,] dass ihre Hände mit Plastikfesseln – in Iran bekannt als „israelische Handschellen“ – zusammengebunden waren. 46 von ihnen wurden in das Untergeschoss des Innenministeriums in der nahegelegenen Fatemi-Straße gebracht. Dort, in den oberen Stockwerken dieses Gebäudes, wurde den Oppositionsanhängern zufolge gerade der Wahlbetrug vollzogen.

Weitere 87 Studenten wurden zu einem Gebäude der Sicherheitspolizei in der Hafez-Straße gebracht, wo man sie folterte und misshandelte. Diese Tortur dauerte 24 Stunden, und bevor die Studenten entlassen wurden, befahl man ihnen, frische Kleidung (ohne Blutflecke) anzuziehen, die von der Polizei zur Verfügung gestellt wurde.

Obwohl viele Nachrichten über den Angriff auf den Campus im Internet verbreitet wurden, hatten viele Iraner davon noch nichts gehört, bevor dieses Video auftauchte und unanfechtbare Beweise lieferte. Das Video zeigt auch warum das Regime, das so viel Brutalität zu verbergen hat, sich davor fürchtet, dass Journalisten aus Iran berichten.

Die sieben Minuten lange Version, die auf BBC gezeigt wurde, ist ein editierter Ausschnitt. Eine längere Version wurde auf YouTube [s. u.] veröffentlicht.

*) Ich habe auch die Version gehört, dass es die Polizisten waren, die die Basijis zu stoppen versuchten. In dem Video kann man an einigen Stellen sehen, dass es sowohl Menschen in Zivilkleidung, als auch (seltener) Uniformierte sind, die schlagen oder treten. Der Autor des Artikels war auch auf meine Nachfrage hin sicher, dass es Basijis waren, die „na zan!“ („nicht schlagen“) rufen. Ich persönlich finde es äußerst schwierig, auf dem Video zu erkennen, von wem diese Rufe kommen. Da das Video von den Sicherheitskräften selbst – vermutlich zur Dokumentation – aufgenommen wurde, halte ich den Gedanken, dass diese fortwährende Aufforderung „nicht schlagen“ vielleicht sogar nur für die Kamera bestimmt sein könnte, für gar nicht so abwegig. Aber das ist reine Spekulation. d. Übers.

Das folgende Video wurde von der Übersetzerin eingefügt.

Mehdi Karroubis Statement zu den Ereignissen des 22. Bahman

Veröffentlicht auf Khordaad88 am 23. Februar 2010
Quelle (Persisch): Saham News am 22. Februar 2010
Übersetzung ins Englische: Khordaad88
Referenziert von Persian2English
Übersetzung Englisch-Deutsch: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben.

Ich wertschätze zutiefst, dass es trotz des erdrückenden Sicherheitsaufgebotes und der von Zwängen und Einschränkungen geprägten politischen Atmosphäre eine so große Beteiligung an der Kundgebung zum 22. Bahman (11. Februar, Jahrestag der Revolution) gab. Die Feierlichkeiten in diesem Jahr fielen in eine Zeit, in der alle politischen Fraktionen, prominenten Persönlichkeiten und Großayatollahs das Volk ermutigt hatten, an den Hoffnungen auf eine Lösung der gegenwärtigen Krise teilzuhaben. Nichtsdestotrotz benutzen die brutalen totalitären Kräfte das staatliche Fernsehen und offizielle und inoffizielle Medien, um die Kundgebungen für sich zu reklamieren und sie als eine Zurschaustellung ihrer eigenen Anhänger zu präsentieren, wobei sie auf unethische Weise die Brutalität und die Gewalt, die sich am Rande ereignete, aber auch die extremen Sicherheitsvorkehrungen an jenem Tag ignorieren und damit einen Eindruck herstellen, der der Realität völlig zuwiderläuft. Die, die für diese Brutalitäten verantwortlich sind, wollen die Kundgebungen, die ohne die große Beteiligung von Anhängern sowohl der Reformer als auch der Konservativen nicht möglich gewesen wären, dazu benutzen, um ihren Rekord an (illegalen) Verhaftungen, Folterungen, Morden auf der Straße und anderen Verbrechen zu schönen. Sie wollen ihre Verbrechen, ihre Gewalt und ihre Grausamkeit mit Täuschungen und Fehlinterpretationen verbergen.

In diesem Jahr haben Polizei und Streitkräfte die Straßen Teherans am 22. Bahman in eine Militärbasis verwandelt. Sie griffen jeden, der auch nur das geringste Anzeichen von Non-Konformität zeigte, heftig an und brachten ihn zum Schweigen. Interessanterweise wurde nicht eine einzige Szene, in der die Präsenz all dieser Kräfte, ihre Übergriffe mit Tränengas oder mit Schlägen zu sehen waren, in den inländischen Medien gezeigt. Es war, als ob ihre Augen mit einem Schleier (ihrer) Verbrechen bedeckt waren. Wie anders ist es möglich, dass sie glauben, das kollektive Gedächtnis des Volkes ausgelöscht und sich diesen nationalen und religiösen Feiertag zu ihrem eigenen Vorteil angeeignet zu haben, und jetzt das Volk weiterhin „seiner essentiellsten Rechte berauben“ zu können?

Und dies alles ungeachtet der Tatsache, dass der 22. Bahman nichts als eine begeisterungslose Kundgebung bewaffneter und paramilitärischer Kräfte gewesen wäre, wenn nicht diverse politische Gruppen zur Teilnahme aufgerufen hätte und die Bevölkerung diesen Aufrufen zur (aktiven) Teilnahme gefolgt wäre. Darüber hinaus hätten sie dann nicht die Möglichkeit gehabt, das Ereignis auf diese Weise politisch auszubeuten.

Wir alle wissen, dass unsere Teilnahme an der Kundgebung zum 22. Bahman nicht als Unterstützung der repressiven Politik gemeint war, die so viele politische Gefangene genommen hat, sondern als Demonstration unserer Liebe zu Iran, zur Islamischen Revolution und zu Imam Khomeini. Ihr guten Menschen des Iran habt euch nicht der Kundgebung zur Feier des Jahrestages der Islamischen Revolution angeschlossen, um denen, die das Volk schlagen, Gefolgschaft zu schwören. Meine gläubigen Landsleute – ihr wisst besser als irgendjemand sonst, dass es gegen unsere Religion und unsere Moral verstößt, das Blut Unschuldiger zu vergießen. Hat Ali – Friede sei mit ihm – seine Gefängnisse gefüllt, um seine Regierung zu stärken? Ihr, die ihr Märtyrer hervorgebracht habt, (könnt nicht) zufrieden sein mit der Heimlichkeit um die Verbrechen in Kahrizak, im Sobhan-Komplex und in Studentenwohnheimen, und auch nicht mit der Respektlosigkeit gegenüber führenden religiösen Persönlichkeiten. Euer Erscheinen am 22. Bahman ist kein (Beweis) eurer Unterstützung für solche Schurkereien.

Diejenigen, die bis zum Äußersten gegangen sind, um die Kundgebung zu organisieren [„engineer“ könnte man hier auch mit „manipulieren“ übersetzen“], indem sie Hunderte von Zügen und Bussen mobilisiert haben, um die Regierungsanhänger heranzukarren, müssen allerdings erklären, warum der Azadi-Platz während [Ahmadinejads] Rede so leer war – obwohl so viele Ressourcen aufgewendet und so viel Polizei und Militär eingesetzt wurde. Kann man wirklich glauben, dass das intelligente iranische Volk den Grund hinter der Präsenz Zehntausender Polizisten und Militärs nicht kennt? Glauben sie, dass das Volk blind ist gegenüber dem Druck, den die Polizei und die Zivilbeamten mit Dolchen, Knüppeln und Pfeffergas auf die Diener des Iran und der Islamischen Republik ausübten, um sie daran zu hindern, in der Menschenmenge zusammenzufinden? Glauben sie, dass die Menschen nicht mitbekommen haben, wie schwach und ängstlich sie sind?

Liebe Nation – euer Erscheinen bei den Kundgebungen am 11. Februar kann nicht analysiert werden, es sei denn, es wird aus der Perspektive der beiden gegeneinanderlaufenden Strömungen untersucht. Wir haben in unserer Gesellschaft zwei politische Neigungen. Die eine fürchtet sich davor, das Recht auf friedliche Demonstrationen und Kundgebungen gemäß Artikel 27 der Verfassung zu gewähren. Diese Angst ist (die Wurzel der) Motivation dafür, Teheran an nationalen Feiertagen in militärische Stützpunkte zu verwandeln. Diese (bestimmte) Gruppe toleriert bei Demonstrationen nur (die Anwesenheit) ihrer eigenen Anhänger und betrachtet die Nation als einen Verbund verschiedener Einheiten, die Fürsprecher und Unterstützer ihrer Befehle sind. Die verbleibende Bevölkerung (selbst wenn diese in der Mehrheit ist) betrachtet sie als „Schmutz und Staub“.

Auf der anderen Seite befindet sich die Gruppe, die eure Verschiedenheit, eure bunte Palette an Überzeugungen anerkennt und sich weigert, einem Geschlecht, einer Klasse, Kultur oder Rasse den Vorzug zu geben. Diese Gruppe ermutigt die Bevölkerung nicht nur, sich an den Kundgebungen auf dem Freiheits-Platz [= Azadi Square] zu beteiligen, sondern auch dazu, sich an einem Tisch zusammenzusetzen und die Freiheit miteinander zu teilen.

Daher möchte ich, basierend auf den Lehren des Imam Khomeini, zwei Vorschläge machen, um den Schleier der Unwissenheit zu beseitigen, der die Sicht der totalitären Strömung blendet. Zunächst schlage ich das vor, was Imam Khomeini einst forderte: „Die Regierung soll auf einem der großen Plätze in Teheran eine große Versammlung organisieren und uns gestatten, ein Treffen in der Wüste bei Qom zu organisieren.“ Ich bitte um Erlaubnis, auf der Grundlage von Artikel 27 der Verfassung eine Kundgebung auf einem der Plätze in Teheran organisieren zu dürfen, damit sowohl die Minderheit als auch die Mehrheit sichtbar wird. Für die Sicherheit können wir selbst sorgen, und wir garantieren, dass die Kundgebung ohne Parolen gegen das Regime verlaufen wird. Ein für alle Mal – (wir brauchen) eine Demonstration, die frei von Drohungen und Repression ist, um das Gewicht jeder der [beiden] Gruppen zu beweisen.

Da die (Obrigkeit) die Kundgebungen am 22. Bahman in ein Referendum verwandelt hat, mit dem ihre gewalttätige und öffentlichkeitsfeindliche Politik indossiert werden sollte, schlage ich zweitens vor, ein wirkliches Referendum gemäß Artikel 59 der Verfassung durchzuführen, um diese Krise und das Regiment des Wächterrats zu beenden [„solve“], der sich im Namen einer Überwachung der Zustimmung in die Herrschaft des Volkes einmischt, und zwar in einem Ausmaß, das (seine eigene Definition) von der Überwachung der Zustimmung übersteigt.

Diese Einmischungen behindern freie Präsidentschaftswahlen genauso wie die Bildung eines unabhängigen Wächterrats und Parlaments. In welchem unabhängigen Parlament werden die Abgeordneten gezwungen – aus Angst vor dem Wächterrat – jedes Statement zu unterschreiben, dass sich gegen diejenigen wendet, denen dieses Land am Herzen liegt? Unsere Erfahrungen aus der 10. Präsidentschaftswahl zeigen, dass nur ein Referendum uns aus diesen Schwierigkeiten befreien kann. (Nur) unter einem (wirklich) unabhängigen Parlament können die Interessen des Volkes und ihre fundamentalen Rechte (wie Pressefreiheit, das Recht auf faire Gerichtsverfahren etc.) erhalten werden.

Es ist ein solches Parlament – frei von der Gängelung des Wächterrats – das das Gewicht der verschiedenen politischen Gruppen ermitteln wird, ohne Millionen von Dollar für die Vorbereitung und Konstruktion einer (regierungstreuen) Atmosphäre auszugeben, wie wir sie am diesjährigen 22. Bahman gesehen haben.