Veröffentlicht auf RAHANA am 28. Februar 2010
Quelle (Englisch): http://www.rhairan.org/en/?p=1261
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben
Anmerkungen in eckigen Klammern stammen von der Übersetzerin
RAHANA – Viele freigelassene Gefangene sind kontaktiert und aufgefordert worden, sich auf bevorstehende Interviews vorzubereiten. Die Interviews sollen in Evin stattfinden, wozu die ehemaligen Gefangenen dorthin bestellt werden.
Wie Jaras mitteilt, wurden Gefangene von ihren Befragern kontaktiert. Die betroffenen Gefangenen können in zwei Gruppen unterteilt werden. Die erste Gruppe hat bereits ihren Gerichtsbeschluss erhalten, die zweite Gruppe wartet auf ihr Urteil.
Bei den Interviews wurde den Gefangenen ein Skript mit dem Geständnis gegeben. Sie wurden dann vom Befrager aufgefordert, den Inhalt in eigenen Worten wiederzugeben. Den Gefangenen, die sich weigerten, wurde gedroht, dass ihre Urteile rechtskräftig werden und sie Nowrooz [das persische Neujahrsfest] im Gefängnis verbringen würden. Gefangenen, die ihren Gerichtsbeschluss noch nicht erhalten haben, wurde mit höheren Strafen gedroht. In den vorgeschriebenen Geständnissen müssen die Gefangenen ihre Unterstützung für den Führer und seine Positionen erklären.
Nach dem Interview wird der Text des Geständnisses zur Verbreitung an Nachrichtenagenturen gegeben, die dem reformorientierten Lager nahe stehen.
Früher wurden die Gefangenen unmittelbar nach ihrer Freilassung in die Nachrichtenagentur ISNA geschickt. In dem neuen Szenario wurde jetzt auch ILNA angewiesen, die erzwungenen Geständnisse zu senden. Anders als in der Vergangenheit kann das Datum des Interviews jetzt auch Tage oder sogar Monate nach dem Datum der Freilassung liegen. Darüber hinaus wird der Text des Interviews von den Behörden direkt an die Nachrichtenagenturen gegeben.
Wenn sich Direktoren von Nachrichtenagenturen weigerten, die Interviews zu veröffentlichen, wurden sie vor die Wahl gestellt, entweder zu tun, was von ihnen verlangt wird, oder von ihrem Posten zurückzutreten.
Ein freigelassener Gefangener sagte Jaras gegenüber: „Es gibt keinen Unterschied zwischen zu Hause und dem Gefängnis; das ganze Land ist ein Gefängnis geworden. Obwohl ich und andere freigelassene Gefangene seit unserer Freilassung nicht politisch aktiv waren, sind wir von unseren Befragern unter Druck gesetzt worden, damit wir in Interviews den Führer preisen.“
„den Führer preisen“
Was kommt dabei mittel- und langfristig heraus ?
»Freiheit ist allmächtig und daher in der Lage, den Ambitionen und Bestrebungen hohen Intellekts gerecht zu werden, um die Flamme des Wetteiferns und des ehrgeizigen Bemühens um die höchste Stelle lebendig zu halten. … so dass diese kreativen Kräfte auf natürliche Weise, weil in Freiheit, erstrahlen. … Aber wir von heute haben in unserer Kindheit offenbar die Lektionen eines milden Despotismus erlernt …. Daher entwickeln wir nichts als eine ausgezeichnete Begabung für Schmeicheleien. «
(Pseudo-)Longinus, „Peri hypsous“ („Über das Erhabene“)
[in der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. publiziert; eines der bedeutendsten dichtungstheoretischen Werke der Antike, auf Griechisch verfasst]
Hinzufügen muss man neben der von Longinus analysierten künstlichen Verdummung von Begabungen auch den – schon seit Jahrzehnten andauernden – „brain drain“ aus Iran nach z.B. Europa.
Ich kann nur hoffen, dass diese „Preisung“ niemand glaubt. Das kann höchstens die bildungsarme Bevölkerung interessieren. Alle Intellektuellen, und das ist ein hoher Prozentsatz, wissen genau was da läuft. Mir tun nur die armen Menschen leid, die sich zwischen Unwahrheit und neuerlichen Qualen entscheiden müssen. Erschütternd ist, dass mich das alles an die christliche Inquisition erinnert.