Tagesarchiv: 12. März 2010

Konservativer Geistlicher rät zu Schweigen über Fehler im iranischen System

Veröffentlicht auf Radio Zamaaneh am 12. März 2010
Quelle (Englisch) http://www.zamaaneh.com/enzam/2010/03/conservative-cleric-advis.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Emami Kashani

Der Teheraner Freitagsprediger Emami Kashani hat heute den Gläubigen empfohlen: „Wenn es in der islamischen Gesellschaft Mängel gibt, sollte darüber geschwiegen werden. Man sollte sie nicht öffentlich machen und nicht darüber sprechen.“

Wie die Nachrichtenagentur ISNA berichtet, rief der konservative Geistliche die Bevölkerung auf, nicht über die Fehler des Systems zu sprechen, denn gemäß seiner Interpretation bestimmter schiitischer Prinzipen sei es „unsere Pflicht, nicht gegen die Führer unseres Landes zu arbeiten“.

Emami Kashani, Mitglied in der Expertenversammlung und im Expertenrat – zwei wichten Regierungsorganen – erklärte: „Wenn wir unsere Fehler preisgeben und der Feind dies bemerkt, dann haben wir Landesverrat begangen.“

Er fügte hinzu, dies sei ein Prinzp, das von jedem Einzelnen und jeder Gruppe in der Gesellschaft befolgt werden müsse.

Die Themen Zensur und Redefreiheit werden in Iran kontrovers gesehen. Auf internationaler Ebene bezeichnen Menschenrechtsgruppen Iran als „Gefängnis für Journalisten“.

Die Äußerungen Emami Kashanis kommen zu einem Zeitpunkt, da die iranischen Behörden bestreiten, dass es in Iran Zensur und Medienbeschränkungen gibt.

Letztes Jahr war Mahmoud Ahmadinejad mit den Worten zitiert worden: „Was diese Regierung betrifft, genießen alle nahezu vollkommene Freiheit und sagen fast alles, was sie möchten.“

Iran: Neue Freilassungen, neue Verhaftungen

Veröffentlicht auf Rooz Online am 11. März 2010
Quelle (Englisch): http://www.roozonline.com/english/news/newsitem/article/2010/march/11//new-releases-new-arrests-in-iran.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

von Leyla Tayeri
Die Gefangenen Ahmad Jalali Farahani, Yashar Darolshafai und Keyvan Farzin wurden diese Woche freigelassen, wohingegen der Journalist und Forscher Ali Moazami verhaftet und hinter Gitter gebracht wurde.

Keyvan Farzin, Musikkritiker und Mitarbeiter des Monatsmagazins für Kultur und Musik „Farhang va Ahang“, war nach den Ereignissen am religiösen Feiertag Ashura zusammen mit Chefredakteur Behrang Tonkaboni in den Büroräumen des Magazins verhaftet worden. Für ihn wurde eine Kaution von 70.000 Dollar festgesetzt – nach iranischen Maßstäben eine sehr hohe Summe, was aber heutzutage in Iran keine Seltenheit ist. Tonkaboni war letzte Woche zusammen mit Arvin Sedaghat-Kish, einem weiteren Redaktionsmitarbeiter des Magazins, freigelassen worden.

Ahmad Jalali Farahani, Journalist für die halbamtliche Nachrichtenagentur Mehr News, war von der Nachrichtenagentur entlassen und einen Tag später, am 6. Februar, verhaftet worden. Er wurde diese Woche aus dem Evin-Gefängnis in Teheran freigelassen.

Yashar Darolshafai ist einer von sieben verhafteten Mitgliedern der Familie Darolshafai. Er wurde gegen eine Kaution in Höhe von 70.000 Dollar freigelassen. Von der Familie Darolshafai befindet sich zur Zeit nur noch Abolhassan Darolshafai in Haft.

Ali Moazami verhaftet
Am vergangenen Sonntag fand sich Moazami in einem Büro des Teheraner Geheimdienstministeriums ein und wurde auf der Stelle verhaftet. Gründe für seine Verhaftung wurden nicht angegeben. Seine Familie stellte bei dem Büro Nachforschungen über seine Verhaftung an, erhielt aber keine Antwort. Moazami ist ein altgedienter Journalist, der für die Zeitung Shargh gearbeitet hatte. Vor seiner Verhaftung hatte er bei der renommierten Gesellschaft für Wissen und Philosophie Irans (Anjomane Hekmat va Falsafe Iran) an seiner Dissertation in Philosophie gearbeitet.

Ahmad Ghabel in Ketten
Der Religionsgelehrte Ahmad Ghabel hat letzte Woche Kontakt zu seiner Familie aufgenommen und berichtet, dass er dem Revolutionsgericht in Ketten vorgeführt wurde. Wie die Webseite Kalameh mitteilt, sagte Ghabel zu seinen Befragern und den Gefängnisbeamten: „Sie wollen mich demütigen, aber ich sehe nichts als Schönheit“. Ghabel teilte den Beamten mit, dass an Geistlichen Sondergerichten in Teheran und Mashhad bereits andere Verfahren gegen ihn laufen. Ihm wurde gesagt, dass das Gericht in Mashhad seine religiöse Befähigung und seinen Stellenwert nicht anerkenne (d. h. es wird nicht anerkannt, dass er ein Geistlicher ist). Sein Pass und sein Haus wurden vom Geistlichen Gericht beschlagnahmt. Ghabel war nach 70 Tagen Haft in die Quarantäne-Abteilung des Gefängnisses Vakilabad in Mashhad verlegt worden.

Keine Nachricht von Farzaneh Ghasemi
Einen Monat nach der Verhaftung von Farzaneh Ghasemi befindet sich ihr Fall immer noch in der Schwebe. Frau Ghasemi war am 10. Februar von Sicherheitsagenten in ihrem Haus festgenommen worden. Bei der Verhaftung wurden persönliche Dinge wie ihr PC beschlagnahmt. Wie Neday-e Sabz-e Azadi mitteilt, hatte Ghasemi bei den Nationalen Aufnahmeprüfungen für Universitätsstudenten, an denen jährlich Millionen zukünftige Studenten teilnehmen, den 4. Platz erreicht. Sie hatte an der British Columbia Universität Vancouver Architektur studiert und hatte sich aktiv für Bildungs- und Sozialprojekte engagiert. Nach dem schrecklichen Erdbeben in Bam/Iran im Jahre 2003 kehrte sie nach Iran zurück und arbeitete monatelang in Hilfs- und Wiederaufbauprojekten mit.

Drei weibliche Gefangene in schlimmer Verfassung

Veröffentlicht auf Green Voice of Freedom am 10. März 2010
Quelle (Englisch): http://en.irangreenvoice.com/article/2010/mar/09/1437
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

GVF – Der körperliche Zustand von Mahdieh Golro, Pakshan Azizi und Zahra Jabbari in Evin ist Berichten zufolge schlecht.

Diesem [unspezifiziert, d. Ü.] Bericht zufolge ist der Mangel an ärztlicher Versorgung in ihrem Trakt ein großes Problem. Die kurdische Gefangene Pakhshan Azizi leidet seit längerer Zeit an einer Kiefer- und Zahnfleischentzündung sowie an Muskelverhärtung [? „muscle strain“]. Ihre Bitte um medizinische Behandlung ist von den Gefängnisbeamten unbeantwortet geblieben.

Wie die Nachrichtenagentur „Reporters and Human Rights Activists“ mitteilt, leidet Mahdieh Golroo seit ihrer Verlegung in Trakt 209 von Evin unter Magen- und Darmproblemen. Sie ist mittlerweile seit drei Monaten im Gefängnis, und es heißt, dass das Essen in Evin zu einer Verschlechterung ihrer Gesundheit geführt hat.

Vahid Lalapour, Mahdieh Golroos Ehemann, berichtet, er habe vom Evin-Gefängnis die Information erhalten, dass der Fall seiner Frau an das Revolutionsgericht übermittelt wurde. Das Gericht reagiere jedoch nicht auf Fragen zum Fall, da die für den Fall verantwortliche Abteilung geschlossen sei.

„Wir wissen nicht, wo sich Mahdiehs Fall zur Zeit befindet und wer für sie verantwortlich ist. Die Beamten geben uns keine klaren Antworten“, sagt Lalapour.

Der Zustand einer Gefangenen, die nach der Wahl inhaftiert wurde und die an Rheuma im fortgeschrittenen Stadium, Osteoporose und schweren Herzproblemen leidet, ist ebenfalls besorgniserregend. Sie benötigt medizinische Versorgung. Fünf Monate nach ihrer Verhaftung hat Zahra Jabbari ihre Medikamente noch immer nicht erhalten, und ihr Zustand verschlechtert sich täglich.

Es ist traurige Ironie, dass an dem Tag, der als Internationaler Tag der Frau bekannt ist, Frauen im Gefängnis sitzen und systematisch und auf brutalste Weise strafrechtlich verfolgt und gefoltert werden.