Tagesarchiv: 16. März 2010

Hohes Sicherheitsaufgebot in ganz Teheran

Veröffentlicht auf Radio Zamaaneh am 16. März 2010
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2010/03/widespread-deployment-of.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Sicherheitsbehörden in Teheran haben mitgeteilt, dass in ganz Teheran Polizeikräfte stationiert wurden, um die Sicherheit in der Stadt zu gewährleisten. Die Zahl der Einsatzkräfte werde in den nächsten Stunden erhöht, hieß es weiter.

Die hohen Sicherheitsvorkehrungen seien eine „präventive Maßnahme angesichts der zu erwartenden Störungen des öffentlichen Friedens und öffentlicher Ordnung am Vorabend des letzten Mittwoch des Jahres“, so die Behörden.

Gestern hatte die Polizei öffentlich gewarnt, dass man gegen „Straftäter“ hart vorgehen werde.

Der stellvertretende Befehlshaber der Polizei erklärte: „Die Polizei hat kein Problem mit den Ereignissen am letzten Dienstag Abend des Jahres.“ Es werde nur gegen diejenigen vorgegangen, die Störungen verursachen.

Die Behörden riefen die Menschen dazu auf, nur mit ihrer eigenen Familie und nur vor ihrer eigenen Haustür zu feiern.

Am Vorabend des letzten Mittwoch des iranischen Jahres, das am 21. März beginnt, gehen die Menschen üblicherweise bei Sonnenuntergang nach draußen, entzünden Feuer in ihrem Viertel und springen darüber. Dabei werden in Gesängen und Sprechchören Krankheiten und schlechte Omen des ablaufenden Jahres beschworen, damit sie im Feuer verbrennen und die Kraft und Gesundheit des Feuers in das neue Jahr einfließt.

Es gab Berichte, nach denen die Protestbewegung gegen die jüngsten Präsidentschaftswahlen den Anlass für neue Proteste gegen die Regierung nutzen wolle. Die Protestbewegung vertritt die Ansicht, dass die Regierung sich durch Wahlbetrug an der Macht gehalten hat.

Polizei, Revolutionsgarden und Basij-Milizen haben anlässlich der möglichen Unruhen einen gemeinsamen Stützpunkt eingerichtet.

Mitteilungen der Teheraner Polizeibehörde zufolge wurde der Motorradverkehr in der Stadt heute eingeschränkt.

Der Oberste Führer Irans, Ayatollah Khamenei, hatte zuvor erklärt, die Ereignisse zum letzten Mittwoch des Jahres seien Ursache „großer Schäden und Verderbnis“.

Das Fest Chaharshanbeh Souri geht auf die heidnische Geschichte lange vor der Islamisierung Irans zurück. Über tausende von Jahren haben Iraner die Traditionen dieses Festes gepflegt.

Außer in Teheran gab es heute auch in Isfahan, Mashhada, Shiraz und anderen Großstädten ein hohes Sicherheitsaufgebot.

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Zusatz: Videos, Fotos, und Berichte von Charshanbesuri 1 (Dustandtrash)

Wächterrat billigt Haushaltsplan der iranischen Regierung

Veröffentlicht auf Radio Free Europe/Radio Liberty am 16. März 2010
Quelle (Englisch): http://www.rferl.org/content/Iran_Guardians_Council_Approves_Government_Budget/1985109.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben
Anmerkungen in eckigen Klammern stammen von der Übersetzerin

Irans Präsident Mahmoud Ahmadinejad am 24. Januar 2010 bei der Vorstellung seines Haushaltsvorschlags im Parlament

TEHRAN (Reuters) – Der iranische Wächterrat hat Nachrichtenagenturen zufolge den Haushalt der Regierung für das kommende Jahr gebilligt. Damit ist die letzte Hürde für die geplanten Ausgaben genommen. Dies schließt Einschnitte bei staatlichen Subventionen ein.

„Der Wächterrat hat seine Prüfung des vom Parlament nach notwendigen Anpassungen gebilligten Haushaltsentwurfes für das kommende Jahr abgeschlossen“, berichtet die Nachrichtenagentur Fars News unter Verweis auf Äußerungen des Sprechers des obersten gesetzgeberischen Kontrollorgans Abbas Ali Kadkhodai.

„Der Entwurf wurde vom Rat gebilligt und zwecks Vorlage bei der Regierung und Umsetzung wieder an das Parlament gegeben“.

Das iranische neue Jahr beginnt am 21. März.

Zwar enthält der Haushalt nicht die radikalen Einschnitte bei den Subventionen, die von Präsident Mahmoud Ahmadinejad angestrebt worden waren, er könnte aber dennoch die Inflation schüren und Unruhen auslösen in dem Land, das nach den Straßenprotesten der Gegner Ahmadinejads im letzten Jahr bereits von Spannungen geplagt ist.

Die Regierung hatte vorgeschlagen, durch eine Reform des teuren Subventionssystems der Islamischen Republik 40 Milliarden Dollar einzusparen. Das Parlament hatte letzte Woche jedoch nur die Hälfte dieser Summe gebilligt.

Bevor der Plan rechtswirksam wird, muss der Wächterrat ihn abzeichnen.

Analysten zufolge werden die Einschnitte bei den Subventionen Iran im Falle von UN-Sanktionen für Benzinimporte weniger angreifbar machen und es Ahmadinejad ermöglichen, Teile des eingesparten Geldes direkt an Wähler [„constituents“] zu kanalisieren, die ihn unterstützen.

Die Regierung plant für das Haushaltsjahr 2010/11 Einnahmen in Höhe von 596 Billionen [„trillion“] Rial (etwa 59,6 Milliarden Dollar) ein, was zu einem Defizit in Höhe von 6 Milliarden Dollar führen wird, so ein führender Offizieller.

Darin enthalten sind Pläne, die Subventionen für Nahrungsmittel und Energie im Haushaltsjahr 2010/11 – das am 21. März beginnt – abzubauen. Die Regierung hat bereits erklärt, dies werde die durchschnittliche Inflationsprognose von 10 Prozent in 2010/11 um zusätzliche 15 Prozentpunkte erhöhen.

Analysten schätzen, dass die Einschnitte die Inflation zurück auf den Stand von 30 Prozent oder höher treiben könnten.

Zur Zeit beträgt die Inflation 8,9 Prozent, ist aber wieder im Steigen begriffen, nachdem sie von 30 Prozent Ende 2008 gesenkt werden konnte.

Iran ist weltweit der fünftgrößte Rohölexporteur [„crude“ hier wahrscheinlich „Rohöl“]. Während die Ölpreise stiegen, hat sich die Entwicklung der iranischen Wirtschaft infolge des weltweiten wirtschaftlichen Abschwungs, der politischen Isolation und den Sanktionen wegen seines Atomprogramms verlangsamt. Analysten rechnen mit einem Wachstum von 0,5 Prozent bis Ende März 2010.

Verbot der Tageszeitung Etemad aufgehoben

Veröffentlicht auf Persian2English am 16. März 2010
Artikel auf Persisch: RAHANA
Übersetzung Persisch-Englisch: Siavosh J., Persian2English
Quelle (Englisch): http://persian2english.com/?p=8471
Übersetzung Englisch-Deutsch: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Die Tageszeitung Etemad war am 1. März 2010 auf Anordnung der Medien-Kontrollkommission verboten worden. Wie Aftab mitteilt, wurde das Verbot heute Morgen nach Revision eines Prozesses über diesen Fall vom Gericht aufgehoben und verurteilte die Tageszeitung zur Zahlung einer Geldstrafe in Höhe von 100.000 Dollar.

Im vergangenen Jahr wurden mehr als 30 Journale, Zeitungen und Veröffentlichungen geschlossen, nachdem sie die Regierung Mahmoud Ahmadinejad kritisiert hatten.

Nicht Hacking, sondern Folter Grund für Deaktivierung der Webseite hra-iran.org

Veröffentlicht auf The Tech Herald am 16. März 2010
Referenziert von Human Rights Activists in Iran (HRAI)
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben
Anmerkungen in eckigen Klammern stammen von der Übersetzerin

Die Islamischen Revolutionsgarden (IRGC) haben bekannt gegeben, dass sie mit Hilfe ihrer Internet-Teams 29 Webseiten gehackt haben, die in Verbindung mit US-amerikanischer Spionage stehen. Zusätzlich seien 30 Personen verhaftet worden, denen vorgeworfen wird, mit Unterstützung der USA einen online-Krieg zu führen.

Diese Äußerungen des IRGC wurden von den staatlichen Nachrichtenagenturen IRNA und Fars gestützt, die bericheten, dass die deaktivierten Seiten Verbindungen zu der Organisation Mojaheddin-e Khalgh und anderen US-gestützten Kriegsnetzwerken gehabt hätten.

Wir haben daraufhin die Liste der vom IRGC geschlossenen Domänen geprüft und sind im Zuge der Recherchen auf GoDaddy, IX Webhosting und die Kontaktinformationen auf einer der Domänen mit der größten Präsenz – hra-iran.org – gestoßen. Aufgrund dieses Kontaktes ergab sich unser Kontakt mit Ahmad Batebi, der uns seine Sichtweise der Geschichte eröffnete.

Was wir bei unserer Recherche herausfinden wollten, war, ob die iranische Regierung tatsächlich mit Hilfe des IRGC diese Domäne vom Netz genommen hatte, und wenn ja, ob sie – wie behauptet – gehackt wurde. Was Ahmad Batebi uns lieferte, war genau die Bestätigung, die wir gesucht hatten – und noch mehr.

Wie Ahmad Batebi uns erklärte, wurden die 30 Personen, die im Zuge der Operation des IRGC verhaftet wurden, gefoltert, damit sie die Zugänge zu den verschiedenen Webseiten preisgeben. Somit wurden die Seiten mittels physischer Gewalt deaktiviert, nicht mittels Hacking.

„Sie haben 30 Mitglieder unserer Gruppe als Geiseln genommen, darunter die Schwester eines unserer Mitglieder, die überhaupt nichts mit dieser Sache zu tun hatte. Alle Geiseln sind Menschenrechtsaktivisten, nichts weiter“, betont Batebi.

Offiziellen iranischen Stellen zufolge standen die Verhafteten in Verbindung mit Maßnahmen gegen die Filterung [des Internets] im Land und hatten sichere Telefon- und Datenkommunikation herzustellen versucht, um Interviews mit Radio Farda, Radio Zamaaneh, Voice of America und anderen westlichen Medien zu ermöglichen. Dies sind nur einige der Vorwürfe; es wurde ihnen u. a. auch vorgeworfen, sichere Bedingungen für Internet-User hergestellt zu haben.

Unser Gespräch mit Ahmad Batebi sowie ein Bericht der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ lassen schließen, dass die Verhafteten auf Grund dieser Vorwürfe als Dissidenten und „Mohareb“ (Feinde Gottes) gelten und dass ihnen die Todesstrafe drohen könnte.

Die Revolutionsgarden sind eine militärische Gruppe, die kurz nach der Revolution von 1979 gegründet wurde. Die Gruppe umfasst Geheimdiensteinheiten, Marine, Armee und Luftwaffe sowie die paramilitärischen Basij-Milizen. Die Basij-Milizen sollen für die physischen Bestrafungen gegen die Demonstranten seit der Wahl im letzten Sommer verantwortlich sein.

Kürzlich hatte ein hochrangiger IRGC-Befehlshaber betont, die Revolutionsgarden seien bereit und entschlossen, gegen alle Arten feindlicher Bedrohungen gegen die iranische Nation vorzugehen. Die unausgesprochene Botschaft hinter dieser Äußerung ist, dass man bereit ist, dafür auch zu extremen Mitteln zu greifen.

„Die Revolutionsgarden sind im erfoderlichen Maße für das gleichzeitige Vorgehen gegen sanfte und harte Bedrohungen vorbereitet. Wo immer die Revolution es erfordert, sind IRGC und Basijis bereit zur Verteidigung dieses göttlichen Geschenks (der Islamischen Revolution)“, sagte General Abdullah Araghi, Brigadegeneral der Bodenstreitkräfte des IRGC.

Araghi fügte hinzu, die iranischen bewaffneten Streitkräfte müssten „entsprechendes Training durchlaufen, um sich auf die Anforderungen künftiger Kämpfe vorzubereiten und in der Lage zu sein, die Feinde in Form kleiner Gruppen zu bekämpfen. Diese Kräfte müssen auch auf Kämpfe unter mühsamen Bedingungen vorbereitet sein.“

Wenn Ahmad Batebis Geschichte stimmt, dann wird der IRGC alles tun, was nötig ist, um Feinde der Islamischen Revolution zu bekämpfen – das schließt auch die Folter von Mitgliedern [von Gruppen, die im Internet aktiv sind] ein, um deren Zugänge zu den Internet-Seiten zu erhalten und die Webseiten zu schließen.

Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ meint: „Das Regime hat auch falsche Internetseiten erstellt, die scheinbar von politischen Organisationen oder ausländischen Medien betrieben wurden und die Internetnutzer aufforderten, E-Mails, Videos und Nachrichten über Kundgebungen einzusenden. Dieses Vorgehen ermöglicht es den Behörden, Internetnutzer der Spionage im Auftrag ausländischer Organisationen anzuklagen“.

In Anbetracht dessen, dass hra-iran.org eine der größten Organisationen ist, die staatlich zensierte Informationen nach außen verbreitet, ist es möglich, dass ihre Mitglieder auf ähnliche Weise in die Falle gelockt wurden.

„Freiheit ist der Weg zu Gott – nichts kann uns aufhalten“, sagte Ahmad Batebi am Ende unseres Gesprächs und rundete mit der Hervorhebung des ultimativen Ziels, nämlich der Verbreitung von Informationen an möglichst viele Stellen – seine Geschichte ab.

Zwar ist es Tech Herald nicht möglich, mit absoluter Sicherheit zu beweisen, dass die 30 verhafteten Personen wirklich gefoltert wurden, damit sie den Zugang zu den jeweiligen Seiten preisgeben und die Schließung ermöglichen, aber die Zufälligkeit des Zustandekommens des Gesprächs mit Ahmad Batebi und die Überzeugung, mit der er seine Geschichte erzählte, hat dazu geführt, dass dieser Bericht entstand.

Eingeflossen sind auch die Augenzeugenberichte über die Brutalität der Basijis während der Proteste des letzten Sommers, sowie das alarmierende und verstörende Videomaterial, das online verfügbar ist und das die Schüsse und die Schläge beschreibt, die die Demonstranten erlebten. Und dann ist da noch die Tatsache, dass Iran sich – entgegen seiner Zusicherung – weigert, einen UN-Folterbeauftragten ins Land zu lassen,

Nochmals: Wir haben keinen Beweis dafür, dass Ahmad Batebis Geschichte stimmt – abgesehen von seinen eigenen Worten. Sobald mehr Informationen vorliegen, werden wir diesen Artikel aktualisieren.