Veröffentlicht auf The Tech Herald am 16. März 2010
Referenziert von Human Rights Activists in Iran (HRAI)
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben
Anmerkungen in eckigen Klammern stammen von der Übersetzerin

Die Islamischen Revolutionsgarden (IRGC) haben bekannt gegeben, dass sie mit Hilfe ihrer Internet-Teams 29 Webseiten gehackt haben, die in Verbindung mit US-amerikanischer Spionage stehen. Zusätzlich seien 30 Personen verhaftet worden, denen vorgeworfen wird, mit Unterstützung der USA einen online-Krieg zu führen.
Diese Äußerungen des IRGC wurden von den staatlichen Nachrichtenagenturen IRNA und Fars gestützt, die bericheten, dass die deaktivierten Seiten Verbindungen zu der Organisation Mojaheddin-e Khalgh und anderen US-gestützten Kriegsnetzwerken gehabt hätten.
Wir haben daraufhin die Liste der vom IRGC geschlossenen Domänen geprüft und sind im Zuge der Recherchen auf GoDaddy, IX Webhosting und die Kontaktinformationen auf einer der Domänen mit der größten Präsenz – hra-iran.org – gestoßen. Aufgrund dieses Kontaktes ergab sich unser Kontakt mit Ahmad Batebi, der uns seine Sichtweise der Geschichte eröffnete.
Was wir bei unserer Recherche herausfinden wollten, war, ob die iranische Regierung tatsächlich mit Hilfe des IRGC diese Domäne vom Netz genommen hatte, und wenn ja, ob sie – wie behauptet – gehackt wurde. Was Ahmad Batebi uns lieferte, war genau die Bestätigung, die wir gesucht hatten – und noch mehr.
Wie Ahmad Batebi uns erklärte, wurden die 30 Personen, die im Zuge der Operation des IRGC verhaftet wurden, gefoltert, damit sie die Zugänge zu den verschiedenen Webseiten preisgeben. Somit wurden die Seiten mittels physischer Gewalt deaktiviert, nicht mittels Hacking.
„Sie haben 30 Mitglieder unserer Gruppe als Geiseln genommen, darunter die Schwester eines unserer Mitglieder, die überhaupt nichts mit dieser Sache zu tun hatte. Alle Geiseln sind Menschenrechtsaktivisten, nichts weiter“, betont Batebi.
Offiziellen iranischen Stellen zufolge standen die Verhafteten in Verbindung mit Maßnahmen gegen die Filterung [des Internets] im Land und hatten sichere Telefon- und Datenkommunikation herzustellen versucht, um Interviews mit Radio Farda, Radio Zamaaneh, Voice of America und anderen westlichen Medien zu ermöglichen. Dies sind nur einige der Vorwürfe; es wurde ihnen u. a. auch vorgeworfen, sichere Bedingungen für Internet-User hergestellt zu haben.
Unser Gespräch mit Ahmad Batebi sowie ein Bericht der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ lassen schließen, dass die Verhafteten auf Grund dieser Vorwürfe als Dissidenten und „Mohareb“ (Feinde Gottes) gelten und dass ihnen die Todesstrafe drohen könnte.
Die Revolutionsgarden sind eine militärische Gruppe, die kurz nach der Revolution von 1979 gegründet wurde. Die Gruppe umfasst Geheimdiensteinheiten, Marine, Armee und Luftwaffe sowie die paramilitärischen Basij-Milizen. Die Basij-Milizen sollen für die physischen Bestrafungen gegen die Demonstranten seit der Wahl im letzten Sommer verantwortlich sein.
Kürzlich hatte ein hochrangiger IRGC-Befehlshaber betont, die Revolutionsgarden seien bereit und entschlossen, gegen alle Arten feindlicher Bedrohungen gegen die iranische Nation vorzugehen. Die unausgesprochene Botschaft hinter dieser Äußerung ist, dass man bereit ist, dafür auch zu extremen Mitteln zu greifen.
„Die Revolutionsgarden sind im erfoderlichen Maße für das gleichzeitige Vorgehen gegen sanfte und harte Bedrohungen vorbereitet. Wo immer die Revolution es erfordert, sind IRGC und Basijis bereit zur Verteidigung dieses göttlichen Geschenks (der Islamischen Revolution)“, sagte General Abdullah Araghi, Brigadegeneral der Bodenstreitkräfte des IRGC.
Araghi fügte hinzu, die iranischen bewaffneten Streitkräfte müssten „entsprechendes Training durchlaufen, um sich auf die Anforderungen künftiger Kämpfe vorzubereiten und in der Lage zu sein, die Feinde in Form kleiner Gruppen zu bekämpfen. Diese Kräfte müssen auch auf Kämpfe unter mühsamen Bedingungen vorbereitet sein.“
Wenn Ahmad Batebis Geschichte stimmt, dann wird der IRGC alles tun, was nötig ist, um Feinde der Islamischen Revolution zu bekämpfen – das schließt auch die Folter von Mitgliedern [von Gruppen, die im Internet aktiv sind] ein, um deren Zugänge zu den Internet-Seiten zu erhalten und die Webseiten zu schließen.
Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ meint: „Das Regime hat auch falsche Internetseiten erstellt, die scheinbar von politischen Organisationen oder ausländischen Medien betrieben wurden und die Internetnutzer aufforderten, E-Mails, Videos und Nachrichten über Kundgebungen einzusenden. Dieses Vorgehen ermöglicht es den Behörden, Internetnutzer der Spionage im Auftrag ausländischer Organisationen anzuklagen“.
In Anbetracht dessen, dass hra-iran.org eine der größten Organisationen ist, die staatlich zensierte Informationen nach außen verbreitet, ist es möglich, dass ihre Mitglieder auf ähnliche Weise in die Falle gelockt wurden.
„Freiheit ist der Weg zu Gott – nichts kann uns aufhalten“, sagte Ahmad Batebi am Ende unseres Gesprächs und rundete mit der Hervorhebung des ultimativen Ziels, nämlich der Verbreitung von Informationen an möglichst viele Stellen – seine Geschichte ab.
Zwar ist es Tech Herald nicht möglich, mit absoluter Sicherheit zu beweisen, dass die 30 verhafteten Personen wirklich gefoltert wurden, damit sie den Zugang zu den jeweiligen Seiten preisgeben und die Schließung ermöglichen, aber die Zufälligkeit des Zustandekommens des Gesprächs mit Ahmad Batebi und die Überzeugung, mit der er seine Geschichte erzählte, hat dazu geführt, dass dieser Bericht entstand.
Eingeflossen sind auch die Augenzeugenberichte über die Brutalität der Basijis während der Proteste des letzten Sommers, sowie das alarmierende und verstörende Videomaterial, das online verfügbar ist und das die Schüsse und die Schläge beschreibt, die die Demonstranten erlebten. Und dann ist da noch die Tatsache, dass Iran sich – entgegen seiner Zusicherung – weigert, einen UN-Folterbeauftragten ins Land zu lassen,
Nochmals: Wir haben keinen Beweis dafür, dass Ahmad Batebis Geschichte stimmt – abgesehen von seinen eigenen Worten. Sobald mehr Informationen vorliegen, werden wir diesen Artikel aktualisieren.