Persische Briefe: “Eine Regierung, die sich vor Grabsteinen fürchtet”

Veröffentlicht auf Radio Free Europe/Radio Liberty am 19. März 2010
Quelle (Englisch): http://www.rferl.org/content/A_Government_Thats_Afraid_Of_Gravestones/1988798.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Traditionell gedenken die Iraner am letzten Donnerstag des iranischen Jahres ihrer Toten. Am 18. März, dem letzten Donnerstag des auslaufenden Jahres, fanden sich die Familien der in den Zusammenstößen nach der Präsidentschaftswahl getöteten Opfer auf dem Teheraner Friedhof Behesht-e Zahra ein, um ihrer toten Angehörigen zu gedenken.

Wie berichtet wird, kamen außer den Familien selbst auch Anhänger der Opposition zum Friedhof, um den „Märtyrern der Grünen Opposition“ Ehre zu erweisen.

Ein Mann, der in den Unruhen seinen Onkel verlor, sagte Radio Farda (Sender von RFE/RL) gegenüber, dass mehr als 200 Sicherheitsagenten auf dem Friedhof präsent waren. Seinen Angaben zufolge saßen mehrere Zivilagenten an Neda Agha Soltans Grab, ließen niemanden heran und erlaubten niemandem, für ihre Seele zu beten. Er sagte, die Sicherheitskräfte hätten Nedas Grab besonders streng bewacht.

Eine andere Zeugin berichtete Radio Farda, sie habe Zusammenstöße zwischen Polizei und Oppositionsanhängern beobachtet, als letztere sich weigerten, den Friedhof zu verlassen.

Der Blogger Saze Mokhalef schreibt, jedes Mal, wenn jemand sich Nedas Grab näherte, um für sie zu beten, hätten die Sicherheitsagenten Gewalt angewandt und die Leute beleidigt, um sie zu vertreiben.

Der Blogger schreibt, die iranische Regierung habe sogar Angst vor Grabsteinen. „Stell dir vor, dein Job ist es, am Grab von Neda zu sitzen und niemanden zum Beten in die Nähe zu lassen! Wie unehrenhaft kann man sein?“

Die Webseite Tahavolesabz hat einige Fotos von den Gräbern von Neda sowie von Ashkan Sohrabi und Said Abbasi veröffentlicht, die ebenfalls in den Gewaltausbrüchen nach der Wahl ihr Leben verloren.

Viele Oppositionelle haben angekündigt, dass sie auf ihren traditionellen „Haft Sin“-Tisch zum Neuen Jahr auch die Fotos einiger der „Märtyrer“ stellen werden.

Der Opposition zufolge wurden in den gewaltsamen Niederschlagungen der Proteste nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl im letzten Jahr mehr als 72 Menschen getötet.

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Zusatz: siehe auch Remembering the Dead auf homylafayettes Blog

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