Veröffentlicht auf Radio Free Europe/Radio Liberty am 24. März 2010
Quelle (Englisch): http://www.rferl.org/content/Nedas_Fiance_Was_Nedas_Fiance_But_He_Doesnt_Represent_The_Iranian_People/1992969.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben
Gestern berichteten wir über die durch die Israel-Reise von Nedas Verlobtem Caspian Makan und seinem Treffen mit dem israelischen Präsidenten Shimon Peres ausgelöste Kontroverse. Bei dem Treffen hatte Makan Berichten zufolge gesagt, er sei ein Botschafter des iranischen Volkes.
Heute geht die Kontroverse weiter. Immer mehr Blogger und Beobachter schalten sich ein und werfen Makan vor, Nedas Namen und seine Beziehung zu ihr zu benutzen, um sich selbst ins Rampenlicht zu rücken.
Als Reaktion auf die Reise Makans wurde eine Facebook-Gruppe gegründet. Auf dem Banner der Seite heißt es auf Persisch „Wir hassen Caspian Makan“.
Auch Nedas Familie hat die Reise verurteilt und argumentiert, Makan repräsentiere weder Nedas Familie noch das iranische Volk.
In einem heute auf der persischsprachigen Webseite von BBC veröffentlichten Interview sagte Nedas Mutter Hajar Rostami Motlagh, Makan habe ihre Tochter einige Monate vor ihrem Tod getroffen. Wenn sie nicht getötet worden wäre, hätten sie und Makan geheiratet. Sie fügte allerdings hinzu, die Tatsache, dass er Nedas Verlobter gewesen sei, gebe ihm nicht das Recht zu behaupten, dass er Neda und das iranische Volk vertrete.
Nedas Mutter wird mit den Worten zitiert, dass Makan nicht nach Israel hätte reisen sollen.
„Ich habe ihm gesagt, dass er sich damit ruinieren wird. Ich habe gesagt: Ruiniere Neda nicht und missbrauche nicht ihren Namen, lass ihre Seele in Frieden ruhen.“
Die Islamische Republik Iran erkennt Israel nicht an, und Iraner dürfen nicht nach Israel reisen.
Die Spannungen zwischen Iran und Israel haben sich verstärkt, seit Mahmoud Ahmadinejad Präsident ist. Er greift Israel oft verbal scharf an.
Makan ist eigenen Angaben zufolge im Interesse des Friedens nach Israel gereist.
– Golnaz Esfandiari
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Nachbemerkung:
Als persönliche Geste finde ich friedliche Begegnungen zwischen Iranern und Israelis wunderbar und begrüßenswert. Nur handelt es sich hier leider nicht um irgendeinen Iraner, und auch nicht um irgendeinen Israeli.
Abgesehen von der „Munition“, die das iranische Regime jetzt gegen die Opposition, die Grüne Bewegung und nicht zuletzt gegen Nedas Familie in der Hand hat – war es nicht so, dass die Opposition von Israel, Amerika und allen anderen ausländischen Feinden gesteuert wird? – bin ich sehr interessiert, welche Hintergründe dieser Geschichte wir eventuell noch erfahren werden.
Es ist nicht abwegig, dass Herr Makan in bester Absicht (dann aber leider sehr naiv) gehandelt hat. Ebenso denkbar ist aber leider auch, dass er im Dienste der Regierung unterwegs war. Oder irgendetwas dazwischen. Wenn er im Dienste der Regierung unterwegs war, hoffe ich, dass wir es erfahren. Wenn er nur naiv gehandelt hat, hoffe ich, dass sich Facebook- und andere Gruppen mit Mottos wie „Ich hasse Caspian Makan“ sehr schnell aus Mangel an Mitgliedern wieder auflösen.
Aus diesen beiden Gründen ist diese Geschichte meiner Meinung nach wichtig, wenn sie auch auf den ersten Blick nur wie eine ärgerliche Klatschgeschichte aussieht, die viel Spaltpotenzial hat.
Noch etwas anderes macht mich traurig.
Neda ist tot, aber sie wird nicht in Ruhe gelassen. Nedas Familie wird beim Trauern an ihrem Grab gefilmt und dann ins Internet gestellt. Nedas blutüberströmtes Gesicht wurde auf Geldscheine gedruckt und muss auch sonst für alle möglichen Zwecke herhalten.
Wie respektvoll gehen wir eigentlich mit dieser toten jungen Frau und ihrer Familie um? Sie ist eine Ikone der Bewegung. Aber ich wünsche mir manchmal, sie dürfte einfach in Frieden ruhen. Wir alle tragen doch dazu bei, dass der Rummel um sie nicht abebbt und somit auch ein hohes Profilierungspotenzial für Dritte behält.
Der Artikel oben enthält im Original ein Foto. Ich habe es hier nicht gepostet, weil ich finde, dass sie und ihre Familie Ruhe verdient haben. Wir wissen, wie sie aussieht. Wir werden sie nicht vergessen. Auch nicht, wenn wir ihrer – und aller anderen Opfer – still gedenken.