Tagesarchiv: 1. April 2010

Irans Justizchef soll Verzögerungen bei gerichtlichen Anhörungen beseitigen

Veröffentlicht auf Radio Zamaaneh am 1. April 2010
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2010/04/irans-head-of-judiciary-u.html
Deutsche Übersetzung: @en2ge, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Der iranische Schiitenführer Ayatollah Safi Golpayegani hat dem Justizchef Irans mitgeteilt, es sei im Islam nicht akzeptabel, wenn es bei der Freilassung von Gefangenen auch nur zu einem Tag Verzögerung kommt.

Sadegh Larijani (2. v. l.) bei einem Treffen mit Ayatollah Safi Golpayegani (1. v. l.)

Wie die Nachrichtenagentur ILNA berichtet, hat Ayatollah Golpayegani sich Sadegh Larijanai gegenüber besorgt über die Einmischung externer Stellen in die Justiz geäußert.

„Wenn externe Kräfte sich in die Justiz einmischen und die Richter beeinflussen, so dass diese in ihren Urteilen der Wahrheit nicht gerecht werden, steht die Unabhängigkeit der Justiz auf dem Spiel“, so Safi Golpayegani.

Er erklärte, die jüngsten Versuche, die Probleme der Justiz zu lösen und mit den Regelungen des Islam abzustimmen, seien inakzeptabel: „Alle Urteile und Inhaftierungen müssen den Grundgesetzen des Islam folgen“.

Er sprach sich außerdem gegen Verzögerungen bei der Bearbeitung von Fällen aus und erklärte, die Justiz müsse ihr Äußerstes geben, damit solche Verzögerungen verhindert werden.

Der iranische Justizchef Ayatollah Sadegh Larijani hat heute mehrere schiitische Führer in Qom besucht. Neben Ayatollah Safi Golpayegani traf er auch Ayatollah Makarem Shirazi und Shabiri Zanjani.

In den vergangenen zehn Monaten waren tausende Menschen im Zusammenhang mit den Protesten gegen Mahmoud Ahmadinejads umstrittenen Wahlsieg im vergangenen Juni verhaftet worden.

Die Fälle vieler dieser Verhafteten sind in der Schwebe. Viele Gefangene werden in den Haftanstalten des Geheimdienstministeriums und der Revolutionsgarden festgehalten; ihre Familien erhalten keine Informationen über die jeweiligen Fälle.

Iranischer Geistlicher: Führung durch die Geistlichkeit offen für Referendum

Veröffentlicht auf Radio Zamaaneh am 1. April 2010
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2010/04/iranian-cleric-claims-lea.html
Deutsche Übersetzung: @en2ge, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Ayatollah Mousavi Tabrizi

Ayatollah Mousavi Tabrizi, Generalsekretär der Gelehrten und Lehrer des Geistlichenseminars in Qom, hat erklärt, die Frage der als „Velayat Faghih“ bezeichnete Führerschaft durch einen führenden Geistlichen, die Bestandteil der Verfassung der Islamischen Republik ist, könne sehr wohl in einem Referendum entschieden werden. Selbst der verstorbene Führer der Revolution von 1979, Ayatollah Khomeini, wäre mit einem solchen Referendum einverstanden gewesen.

Er unterstrich, der Islam könne nicht auf einer Diktatur errichtet werden und müsse auf dem Willen des Volkes aufbauen.

Der Nachrichtenagentur ILNA gegenüber sagte Ayatollah Moussavi Tabrizi, auch wenn der verstorbene Gründer der Islamischen Republik aus theologischer Sicht an das Prinzip der „Velayat Faghih“ geglaubt habe, sei er politisch auf dem Standpunkt gewesen, dass das Volk darüber entscheiden müsse.

„Wenn der Imam heute noch am Leben wäre und man ihm sagen würde, dass die Mehrheit der Bevölkerung aufgrund von generationenbedingten Entwicklungen nach der Revolution möglicherweise die „Velayat Faghih“ nicht mehr befürwortet, und dass wir die Unterstützung des Volkes zum jetzigen Zeitpunkt auf den Prüfstand stellen möchten, hätte er sich mit einem Referendum einverstanden erklärt“, so Moussavi Tabrizi weiter.

Zuvor hatte Mehdi Karroubi, einer der Präsidentschaftskandidaten der Wahlen vom vergangenen Juni, vorgeschlagen, ein solches Referendum abzuhalten.

Ayatollah Moussavi, der die Proteste gegen die Wahl in den letzten zehn Monaten unterstützt hatte, sagte außerdem, man dürfe nicht jeden, der ein solches Referendum vorschlägt, des Verrats beschuldigen.

Der Verfassung der Islamischen Republik zufolge steht die oberste Führerschaft des Landes einem geistlichen Experten zu, der das letzte Wort in der Interpretation des göttlichen Willens in verschiedenen Zusammenhängen hat. Nach der Gründung der Islamischen Republik war Ayatollah Khomeini der erste Oberste Führer. Nach seinem Tode wurde Ayatollah Khamenei sein Nachfolger.

Hardliner der Islamischen Republik stellen das Prinzip der „Velayat Faghih“ nicht in Frage, und Meinungsverschiedenheiten in dieser Frage verursachen Spaltungen innerhalb des Establishments der Islamischen Republik.

Badrossadat Mofidi: Berichte über grobe Behandlung im Gefängnis

Veröffentlicht auf International Campaign for Human Rights in Iran am 1. April 2010
Quelle (Englisch): http://www.iranhumanrights.org/2010/04/three-months-after-mofidis-imprisonment-tales-of-rough-treatment-in-prison/
Deutsche Übersetzung: @en2ge, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Die Töchter der bekannten iranischen Journalistin und Sekretärin der verbotenen iranischen Journalistenvereinigung Badrossadat Mofidi haben nach einem Besuch bei ihrer Mutter im Gefängnis vor Kurzem einen Brief veröffentlicht. Sie beschreiben darin den immensen psychologischen und körperlichen Druck, fortgesetzte und mit Gewalt einhergehende Verhöre, Einzelhaft, Verbot von Telefonaten mit der Familie, wiederholte Verlegung in andere Gefängniszellen und einen uneindeutigen juristischen Fall gegen ihre Mutter.

Badrossadat Mofidi berichtete, ihre Verhöre seien nicht auf ihre beruflichen Aktivitäten beschränkt, sondern bezögen sich auf die letzten 30 Jahre. ICHRI fordert die iranischen Justizbehörden auf, die illegale und unmenschliche Behandlung dieser Journalistin einzustellen und sie so bald wie möglich gegen Kaution freizulassen. Die Tatsache, dass auch drei Monate nach ihrer Inhaftierung noch keine Anklage gegen sie erhoben wurde und dass ihr Privatleben der letzten Jahre Thema der Verhöre ist, verstößt gegen das Bürgerrecht. Eine Fortsetzung dieses illegalen Vorgehens wird zu einem weiteren Glaubwürdigkeitsverlust der iranischen Justiz führen.

Angesichts der Herzprobleme, an denen Badrossadat Mofidi leidet, und der fortgesetzten Verhöre, die von ihr selbst als „gewaltsam“ beschrieben werden, macht ICHRI das iranische Informationsministerium und die Justiz für alle negativen Folgen verantwortlich, die sich für Frau Mofidis Gesundheit ergeben. Eine Fortsetzung dieser illegalen Inhaftierung verstößt gegen alle gesetzlichen und menschlichen Prinzipien.

Die Webseite Kalemeh hat den Brief veröffentlicht, den die beiden Töchter Mofidis geschrieben haben. Darin schreiben sie, ihre Mutter habe während ihres Besuchs immer wieder Koranverse erwähnt, in denen Menschen vom Tode bedroht sind. Ihre Mutter stehe psychologisch und körperlich so unter Druck, dass sie keinen Ausweg aus ihrer Situation sehe.

Badrossadat Mofidis Ehemann, Massoud Aghaee, ein politischer Aktivist der national-religiösen Richtung, war am 28. Dezember 2009 zusammen mit Frau Mofidi verhaftet worden. Nach 52 Tagen in Einzelhaft in der dem Informationsministerium zugeordneten Abteilung 240 war er gegen 500.000 Dollar Kaution freigelassen worden.

Badrossadat Mofidi, eine bekannte Journalistin, die früher als Parlamentsreporterin für Zeitungen wie Hayat-e No und Sharq arbeitete, war auch Sekretärin der iranischen Journalistenvereinigung. Diese war auf Anordnung der iranischen Behörden im vergangenen Jahr geschlossen worden. Die Vereinigung war die größte Journalistenorganisation Irans und vertrat kritische Positionen gegenüber der Politik der Regierung im Umgang mit Presse und Journalisten. Quellen aus dem nahen Umkreis Mofidis berichteten ICHRI, dass Mofidi in den Protesten nach der Wahl nicht aktiv war und nicht an Versammlungen teilgenommen hat. Ihre Verhaftung im Zusammenhang mit den Ereignissen vom Ashura-Tag sei unbegründet. Während der Kampagne gegen die iranische Journalistenvereinigung habe Badrossadat Mofidi die Entscheidung der Regierungsbehörden kritisiert und als illegal bezeichnet. Bis zum letzten Moment der Existenz der Vereinigung habe sie sich bei den Behörden für die Rechte der Presse eingesetzt und die Probleme thematisiert, der die Presse ausgesetzt ist. Die Quellen glauben, dass Mofidis Kritik, die sie in ihrer Eigenschaft als Sekretärin der Vereinigung übte, der Grund für ihre Verhaftung war.

Am Tag nach Ashura, am 28. Dezember 2010 um 22 Uhr, kamen fünf Agenten des Informationsministeriums mit einem von der Teheraner Staatsanwaltschaft ausgestellten allgemeinen Haftbefehl gegen alle Teilnehmer am Begräbnis Ayatollah Montazeris zu Mofidis Haus, durchsuchten es, konfiszierten persönliche Dinge von Massoud Aghaee, Badrossadat Mofidi und ihren beiden Töchtern, und verhafteten sie.

Der erste Besuch im Gefängnis fand am 30. Januar 2010 in einer Besucherkabine statt, obwohl ihrer Familie in einem Brief von der Teheraner Staatsanwaltschaft ein persönlicher Besuch zugestanden worden war. Während des Besuchs erzählte Frau Mofidi ihrer Familie, dass sie noch nicht mit Beamten der Staatsanwaltschaft zusammengetroffen sei und nicht wisse, wegen welcher Vergehen und unter welchen Vorgaben sie inhaftiert ist. Ihr Widerspruch war nicht angenommen worden, und ihre Verhöre hatten innerhalb der ersten 20 Tage ihrer Haft stattgefunden. Seitdem wurde sie bis zum 6. März ohne weitere Verhöre oder Angaben von Begründungen in verschiedene Einzelzellen und allgemeine Zellen verlegt.

Ihre beiden Töchter schreiben: „Über eine/n freigelassene/n Gefangene/n haben wir erfahren, dass unsere Mutter am 6. März 2010 nach dem Ende der Verhöre wieder in Abteilung 209 zurückgebracht wurde und dass sie 52 Tage in einem Zustand der Ungewissheit verbrachte. An diesem Tag endeten die Telefonate, und sie durfte keinen Besuch mehr empfangen, nicht einmal über eine Besucherkabine. Der Teheraner Staatsanwalt, Herr Jafari, teilte unserem Vater am Mittwoch, dem 10. März 2010 mit, dass Beamte des Informationsministeriums sich wegen ihrer mangelnden Kooperation mit ihnen gegen die Freilassung unserer Mutter ausgesprochen hätten. Er sagte: ‚Sie können sie morgen in einer Besucherkabine sehen, ich werde für nächste Woche einen persönlichen Besuch anordnen. Ich habe den für ihren Fall zuständigen Richter beauftragt, die Prüfung ihres Falls zu beschleunigen.'“

Weiter schreiben sie: „Am nächsten Tag ließen sie uns nicht zu ihr (Gefängnisbeamte sagten, gemäß den Anordnungen der Justiz darf sie keinen Besuch empfangen). Nach mehreren Tagen Hin und Her ordnete Herr Jafari am 17. März schriftlich einen persönlichen Besuch für den 21. März 2010 an. Am Morgen des iranischen Neujahrs rief unsere Mutter uns an und bat uns in dem zweiminütigen Telefonat, für sie zu beten. Ihre Stimme zitterte sehr. Wir sagten, wir werden dich mit einer Besuchsanordnung besuchen kommen.“

Frau Mofidis Töchter beschreiben das Treffen ihrer Mutter: „Als wir zur Gefängnistür kamen, kam gerade eine Familie eines Gefangenen von Abteilung 209 heraus. Sie sagten uns, dass sie von einem Besuch kämen. Aber als die Beamten unseren Brief sahen, sagten sie, es gebe für die nächsten zwei Wochen eine Besuchssperre. Wir sollten nach dem 4. April wiederkommen. Es half nichts, dass wir darauf bestanden, hineingelassen zu werden. Ohne Hoffnung fanden wir uns am Donnerstag, dem 25. März in der Besucherhalle des Gefängnisses ein. Es waren sehr viele Leute dort. Offenbar gab es wieder Besuche. Um unseren Brief haben sie sich wieder nicht gekümmert, aber sie sagten, wir könnten unsere Mutter durch die Kabine sehen. Als wir sie sahen, konnten wir es nicht glauben. Der Druck der 25 Tage Einzelhaft hat sie sehr geschwächt. [1] Sie sah so beunruhigt aus.“
[1: Es ist mir nicht gelungen, den hier stehenden Satzteil „She wasn’t chipper as usual“ zu verstehen, d. Ü.]

Der besagte Besuch fand in Anwesenheit von Sicherheitsbeamten statt. Zum nächsten Besuch im Gefängnis kamen ihre beiden Töchter und ihr Mann. Als sie im Hof des Evin-Gefängnisses ankamen, sahen sie ihre Mutter, die in einem Auto saß und offenbar nicht wusste, warum sie aus dem Gefängnis gebracht worden war.

Mofidis Töchter schreiben: „Wir stiegen ins Auto und fuhren zu einem mehrstöckigen Gebäude in der Nähe. Sie brachten uns in ein Zimmer, und dieser Beamte blieb im Türrahmen stehen. Wir waren eine halbe Stunde lang mit ihr zusammen. Sie war sehr angespannt, so, als ob sie unter immensem Druck steht. Sie hatte Tintenflecke an der Hand. Sie war gerade vom Verhör gekommen. Offenbar ist sie während all dieser Zeit fast täglich intensiv verhört worden. Sie beklagte sich über die Gewalt des Befragers und sagte, sie hätten Dinge gefragt, die 30 Jahre zurückreichen. Mehrmals sagte sie, sie dürfe nicht über die Verhöre sprechen.“

Bezüglich der Herzerkrankung ihrer Mutter schreiben sie: „Sie sagt, sie geben ihr jeden Abend eine Tablette (ein starkes Beruhigungsmittel) wegen ihrer Herzbeschwerden. Morgens kann sie nur mit Mühe aufstehen, und sie fühlt sich die meiste Zeit über desorientiert. Sie sagte, einmal sei sie so orientierungslos gewesen, dass der Befrager Mitleid hatte und das Verhör abbrach.“

Frau Mofidis Anwalt hat seine Klientin während der gesamten Zeit kein einziges Mal treffen können. Er weiß nichts über die Anklagen und konnte ihre Akte nicht einsehen.

Am Ende des Briefes fordern Badrossadat Mofidis Töchter eine Überprüfung der Situation ihrer Mutter und dass die Verhöre unter normalen Bedingungen stattfinden. „Unsere Mutter ist Journalistin, und die Art ihrer Arbeit erfordert Öffentlichkeit. Was hat sie zu verbergen, das eine solche Behandlung nötig macht?“

Haushaltsgesetz: Referendumsvorschlag fallengelassen

Veröffentlicht bei Rooz Online am 1. April 2010
Quelle (Englisch): http://www.roozonline.com/english/news/newsitem/article/2010/april/01//referendum-proposal-dropped-off.html
Deutsche Übersetzung: @en2ge, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben
Anmerkungen in eckigen Klammern stammen von der Übersetzerin

von Ardalan Sayami

Mahmoud Ahmadinejad hat gestern das Haushaltsgesetz für das iranische Jahr 1389 (21. März 2010 bis 20. März 2011) zur Prüfung an das Präsidialamt für Planung und strategische Führung weitergeleitet. Unterdessen lassen Berichte vermuten, dass die Regierung Änderungen im Haushaltsgesetz anstrebt, um das Gesetz in der vom Parlament verabschiedeten Form nicht umsetzen zu müssen. Kurz vor dem iranischen Neujahr (21. März 2010) hatte Ahmadinejad ein Referendum gefordert – an sich ein beispielloser Vorgang – um die zwischen Regierung und Parlament bestehenden Differenzen bezüglich des Jahreshaushalts zu lösen. Die Webseite Alef hatte daraufhin die Äußerungen des Präsidenten als kontrovers und spannungsfördernd bezeichnet.

Eine andere rechtsgerichtete Webseite berichtet, die Differenzen zwischen Parlament und Regierung bezüglich der 20 Milliarden Toman (ca. 20 Millionen Dollar) würden „nicht so bald abebben“. Asre Iran zufolge ist die 10. Regierung verärgert über die Weigerung des Parlaments, 40 Milliarden Toman (40 Millionen Dollar) zu vergeben, und wird versuchen, ihre Ziele über die Vorlage einen ergänzenden Haushaltsentwurf zu erreichen. Mahmoud Ahmadinejad hatte offen verkündet, er werde das Subventionsreformgesetz [in der jetzigen Form] nicht umsetzen.

Daraufhin hatte der Vorsitzende des parlamentarischen Wirtschaftsausschusses sich auf die Seite der Regierung gestellt und erklärt, die Zuweisung von 20 Milliarden Toman reiche nicht aus, um den Subventionsreformplan im Jahr 1389 umzusetzen. Einem Korrespondenten von Asre Iran gegenüber sagte er: „Die Regierung wird dem Parlament in Kürze ihren ergänzenden Haushaltsgesetzentwurf vorlegen.“ Das Haushaltsjahr 1389 ist erst wenige Tage alt, und es wäre in der Geschichte das erste Mal, dass eine Regierung nur wenige Wochen nach Beginn des neuen Haushaltsjahres eine Vorlage zur Änderung des Haushalts einreicht.

Die Auseinandersetzungen [über dieses Thema] sind allerdings nicht auf die Reihen führender Offizieller begrenzt. Auch der Oberste Führer Irans hat die Regierung aufgerufen, sich an das vom Parlament verabschiedete Gesetz zu halten. Im Lichte dieser Anordnung scheint die Regierung nun den Weg über ein Haushaltsergänzungsgesetz einschlagen zu wollen.

Spaltungen im Parlament nehmen zu
Die Entscheidung der Regierung, zum ersten Male überhaupt einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Haushalts vorzulegen, kommt zu einem Zeitpunkt, da Ahmadinejads Vorschlag eines Referendums eher zu einem politischen Witz denn zu einer Realität geworden ist, denn weder im Parlament noch in anderen Bereichen der Regierung wurde diesem Vorschlag viel Beachtung geschenkt. Selbst Ayatollah Khamenei, der seine Unterstützung für die Regierung immer wieder deutlich gemacht hatte, hatte gesagt, die Regierung müsse sich an das vom Parlament verabschiedete Gesetz halten, und hatte damit den Vorschlag eines Referendums letztlich als bedeutungslos hingestellt.

Allerdings spricht vieles dafür, dass die Regierung nicht vorhat, ihre Forderungen nach zusätzlichen 20 Milliarden Toman fallen zu lassen. Die Debatte geht weiter, während viele Wirtschaftsexperten davon ausgehen, dass 1389 für die iranische Wirtschaft ein schwieriges Jahr wird. In einem vom staatlichen Expertenrat vorgelegten Bericht wird für das Jahr 1389 mit einem Wirtschaftswachstum von nahe Null gerechnet, die Inflation wird auf etwa 25 Prozent geschätzt – im besten Fall. Unterdessen belasten und bedrohen wachsende Arbeitslosigkeit und zunehmende Stagnation viele Industrien und Firmen.

Viele in Evin inhaftierte Journalisten sind ernsthaft krank

Veröffentlicht bei Reporters Without Borders am 1. April 2010
Quelle (Englisch): http://www.rsf.org/Several-journalists-held-in-Evin.html
Deutsche Übersetzung: @en2ge, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ ist äußerste besorgt angesichts der erschreckenden Bedingungen, unter denen iranische politische Gefangene, darunter auch viele Journalisten, festgehalten werden. Die Behörden inhaftieren sie auch dann willkürlich weiter, wenn sie krank und in einem sehr schlechtem körperlichen oder psychologischen Zustand sind.

„Das Leben vieler Journalisten ist im Moment in Gefahr“, heißt es bei „Reporter ohne Grenzen“. „Emadoldin Baghi, Badrolsadat Mofidi, Mehdi Mahmoudian und Mohammad Sadegh Kaboyand sind ernsthaft krank. Wir fordern ihre bedingungslose und endgültige Freilassung. Wir appellieren an die iranischen Behörden, zu handeln, damit das Leben dieser Menschen nicht länger in Gefahr ist. Wir werden sie für jeden Unglücksfall zur Verantwortung ziehen.“

Nach einem Besuch bei ihrem Eheman Emadoldin Baghi im Teheraner Evin-Gefängnis am 30. März berichtete Fatemeh Kamali Ahmad Sarai, er sei am 18. März mit einer Atemwegserkrankung in ein Teheraner Krankenhaus eingeliefert worden und später am Tag wieder nach Evin zurückgekehrt.

Der 46jährige Journalist und engagierte Gegner der Todesstrafe wird seit seiner Verhaftung in Teheran am 28. Dezember festgehalten. Seit dem Jahr 2000 war er mehrmals im Gefängnis, während seines letzten Gefängnisaufenthaltes war er mehrmals ins Krankenhaus eingeliefert worden. Trotz Zahlung einer hohen Kaution durfte er das persische Neujahr am 21. März nicht zu Hause mit seiner Familie verbringen.

Die Familie der Leiterin der Journalisten-Vereinigung Badrolsadat Mofidi, die für mehrere reformorientierte Zeitungen schreibt, beschreibt ihren Zustand als kritisch. „Sie hat Herzprobleme“, sagte eine ihrer Töchter nach einem Besuch im Gefängnis. „Sie hat sehr starke Beruhigungsmittel bekommen, weil die Verhöre bei ihr hohen Stress verursacht haben.“ Mofidi wird seit ihrer Verhaftung am 28. Dezember in Abteilung 209 von Evin festgehalten.

Mehdi Mahmoudian, der Journalist, der die unmenschliche Behandlung von Gefangenen in der Haftanstalt Kahrizak aufgedeckt hatte, teilte seiner Familie telefonisch mit, dass er an akutem Asthma leidet. Er hatte auch andere Anfälle, einmal verlor er in der Zelle das Bewusstsein. Er wird seit mehreren Monaten festgehalten.

Mohammad Sadegh Kabovand, Journalist und Leiter der Kurdistan Human Rights Organisation, ist seit Juli 2007 in Haft. Er erlitt in seiner Zelle mehrere nicht diagnostizierte Anfälle. Sein Gesundheitszustand ist besorgniserregend, aber ihm wird keine ärztliche Behandlung zuteil. Hafturlaub aus medizinischen Gründen wird ihm von den Gefängnisbehörden systematisch verweigert.

Auch andere inhaftierte Journalisten haben gesundheitliche Probleme, darunter Henghameh Shahidi, Issa Saharkhiz, Nader Karimi und Mojtaba Lotfi, ein Geistlicher und Herausgeber einer Webseite, der wegen regierungsfeindlicher Propaganda und Verbreitung der Ansichten des regimekritischen Ayatollah Hossein Ali Montazeri zu vier Jahren Gefängnis und einer darauffolgenden fünfjährigen Verbannung verurteilt wurde.