Veröffentlicht bei Radio Free Europe/Radio Liberty am 13. April 2010
Quelle (Englisch): http://www.rferl.org/content/Iranian_Bloggers_Publicize_Cases_of_Lesser_Known_Prisoners/2011441.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben
von Golnaz Esfandiari
Iranische Blogger, die die Oppositionsbewegung unterstützen, haben eine neue Kampagne gestartet, mit der die Notlage der weniger bekannten Gefangenen öffentlich gemacht werden soll, die bei den Unruhen nach der Wahl inhaftiert wurden.
Unter den weniger bekannten Gefangenen sind Bürger, die nicht politisch aktiv waren und keine Verbindungen zu politischen Parteien oder Gruppierungen haben. Sie sind normale Menschen, die nach den umstrittenen Präsidentschaftswahlen des vergangenen Jahres auf die Straße gingen, um gegen die Wiederwahl von Präsident Mahmoud Ahmadinejad zu protestieren. Viele von ihnen wurden verhaftet und zu Gefängnisstrafen verurteilt.
Angaben von Menschenrechts- und anderen Gruppen zufolge wurden zwischen mehreren Hundert und 2000 Menschen in den Unruhen nach der Wahl verhaftet, viele von ihnen sind noch im Gefängnis. Während viele der bekannten Gefangenen der Nachwahl-Zeit, darunter auch diejenigen mit Verbindungen zu reformorientierten Parteien, gegen Kaution freigelassen wurden oder zum iranischen Neuen Jahr Hafturlaub antreten durften, wurde dies den weniger bekannten Gefangenen nicht zugestanden. Berichten zufolge leben sie im Gefängnis unter sehr schwierigen Bedingungen.
Auf der Webseite des Oppositionsführers Mir Hossein Moussavi „Kalemeh“ wurde ein von Bloggern verfasstes Statement veröffentlicht, in dem andere Blogger aufgefordert werden, über die „unbekannten Gefangenen“ zu schreiben, um „sie aus ihren kalten und bitteren Zellen im Gefängnis herauszuholen“.
Jeder Blogger soll über mindestens einen Gefangenen schreiben, der nicht in den Medien erwähnt wird und keine Unterstützung hat.
„Als Mitglieder der Grünen Bewegung müssen wir zeigen, dass wir nicht nur gegen die Inhaftierung bekannter Menschen sind, sondern gegen die Inhaftierung eines Jeden, der verhaftet wurde, weil er seine Meinung gesagt hat“, heißt es in dem Statement.
Einige Blogger haben bereits damit begonnen, über diese wenig bekannten Gefangenen zu schreiben, darunter der Blogger Green Bell, der über den Gefangenen Amir Aslani schreibt. Aslani ist Inhaber einer Software-Firma und wurde angeblich im August inhaftiert. Er soll 135 Tage in Einzelhaft verbracht haben. Aslani wurde Berichten zufolge wegen Sicherheitsvergehen wie der Teilnahme an „illegalen“ Versammlungen und Versuchen der Unterbrechung des Elektrizitätssystems im Land zu 5 Jahren Gefängnis verurteilt.
Die Bloggerin „Fresh Air“ hat über Shahin Fazli berichtet, einen Studenten, der seit Februar in einem Gefängnis in Tabriz einsitzt. Berichten zufolge ist er angeklagt, mit Oppositionsgruppen außerhalb Irans kollaboriert und die öffentliche Ordnung gestört zu haben. Wie berichtet wird, hat er die Vorwürfe bestritten.
Die Bloggerin (Sheida Jahanbin) sagte mir, die Kampagne habe zum Ziel, etwas von dem Druck zu nehmen, der auf den weniger bekannten Gefangenen lastet, und zu verhindern, dass das Establishment in Iran „nach Belieben Anklagen gegen sie zu formulieren und sie zu unmenschlichen Strafen zu verurteilen kann.“
Anfang des Monats hatte die oppositionelle Nachrichtenseite „Iran Green Voice“ eine Liste mit etwa 20 „unbekannten Gefangenen“ veröffentlicht, die Berichten zufolge in Abteilung 350 des Evin-Gefängnisses festgehalten werden. Berichten zufolge wurden diese Gefangenen zu Haftstrafen zwischen sechs Monaten und sieben Jahren verurteilt. Auf der Webseite heißt es, die iranischen Behörden müssten wissen, dass die Freilassung aller politischen Gefangenen eine „nationale Forderung“ sei und dass Oppositionelle jede sich bietende Gelegenheit nutzen werden, um ihre Freilassung zu fordern.
Auch eine Facebook-Seite mit dem Titel „Unbekannte Gefangene“ wurde ins Leben gerufen, auf der Informationen über die Gefangenen verbreitet werden. Die Seite hat bis jetzt ca. 2.000 Mitglieder.