Tagesarchiv: 15. April 2010

Politische Gefangene in Iran in schlechtem gesundheitlichem Zustand

Veröffentlicht bei Radio Zamaaneh am 15. April 2010
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2010/04/iranian-political-detaine.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Medienberichten zufolge haben viele politische Gefangene in Iran im Gefängnis große gesundheitliche Probleme. Es wird von Gefangenen berichtet, die vorübergehend freigelassen wurden und die Zeit in Freiheit im Krankenhaus verbringen mussten. Auch viele der in weiterhin in Haft verbliebenen Gefangenen müssten in Krankenhäusern behandelt werden.

Die Webseite Jaras berichtet, dass Mostafa Tajzadeh von der reformorientierten Gruppierung „Islamische Iranische Partiziaptionsfront“ heute wegen „heftiger Rückenschmerzen“ in ein Krankenhaus eingeliefert wurde. Wie seine Ehefrau mitteilte, benötigt er wahrscheinlich eine Operation.

Mostafa Tajzadeh leidet seit Langem an Rückenproblemen, die sich während der neun Monate, die er im Gefängnis verbracht hat, verschlimmert haben.

Javad Emam, Mitglied der reformorientierten Mojahedin der Islamischen Revolution, befindet sich nach einer Herzattacke auf der Intensivstation.

Emam war verantwortlich für die Teheraner Wahlkampfzentrale Mir Hossein Moussavis und wurde am 16. Juni 2009 verhaftet – zu Beginn der Protestbewegung gegen den vermuteten Wahlbetrug, der Mahmoud Ahmadinejad eine zweite Amtszeit als Präsident verschaffte.

Vor einiger Zeit war Emam gegen eine Kaution von 200.000 Dollar freigelassen worden.

Behzad Navavi, ein weiteres inhaftiertes Mitglied der Mojahedin der Islamischen Revolution, wurde vor wenigen Tagen in ein Krankenhaus eingeliefert.

Berichte aus dem Evin-Gefängnis deuten darauf hin, dass der soziale Aktivist Ali Bikas sofortige medizinische Behandlung benötigt. Er leidet an einer Zahnwurzelerkrankung, die dazu führte, dass er sämtliche Zähne verlor. Er kann derzeit keine Nahrung zu sich nehmen. Er ist seit Juni letzten Jahres im Gefängnis.

Der iranische Arbeiteraktivist und Chef der Gewerkschaft der Teheraner Busbetriebe Mansour Osanloo ist Berichten zufolge an Händen und Füßen gefesselt in ein Krankenhaus gebracht worden. Er wurde mehr als neun Stunden lang ärztlich untersucht, ohne dass ihm dabei seine Fesseln abgenommen wurden.

Osanloo war im Juli 2007 verhaftet worden, damit er seine Gewerkschaftsarbeit einstellt. Er wurde zu fünf Jahren Haft verurteilt. Er ist herzkrank und leidet an Erkrankungen des Auges und des Rückens.

Jaras berichtet außerdem, dass Mehdi Mahmoudian noch immer an einer Lungeninfektion leidet. Issa Saharkhiz und Emadeddin Baghi haben im Gefängnis ebenfalls mit schweren gesundheitlichen Problemen zu kämpfen.

In den letzten zehn Monaten haben sich die iranischen Gefängnisse mit tausenden politischen Gefangenen gefüllt. Damit sollten die Volksproteste gegen den vermuteten Betrug bei den Präsidentschaftswahlen unterdrückt werden. Die Gefangenen siechen Berichten zufolge in den Gefängnissen unter schlimmsten Bedingungen dahin, was im Fall von kranken Gefangenen dazu führt, dass sich ihre gesundheitliche Situation noch veschärft.

Alarmierende Berichte über den Einfluss der Verhörbeamten in Evin

Veröffentlicht bei Rooz Online am 15. April 2010
Quelle (Englisch): http://www.roozonline.com/english/news/newsitem/article/2010/april/15//alarming-report-about-influence-of-interrogators-in-evin.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

von Leyla Tayeri

Abdollah Momeni – der Sprecher der größten studentischen Almuni-Gruppe Irans, der Mitte März gegen 800.000 Dollar Kaution freigelassen worden war, ist am Ende seiner vorläufigen Haftentlassung wieder ins Gefängnis zurückgekehrt. Momeni fand sich gestern wieder im Gefängnis ein, nachdem er durch den iranischen Sicherheitsapparat unter extremen Druck gesetzt worden war.

Fatemeh Adinevand, seine Ehefrau, sagte Rooz gegenüber gestern: „Jede Woche haben sie etwas von ihm gewollt, und es war absolut nicht möglich für Abdollah, sie zufriedenzustellen.“

Unterdessen veröffentlichte die reformorientierte Webseite Kalemeh einen Bericht über die Situation der politischen Gefangenen und die Verhörpraktiken, die in Irans Gefängnissen hinter verschlossenen Türen angewendet werden.

Momeni, der auch Mehdi Karroubis Kampagne „Free Citizen“ leitete, war im vergangenen Juni in der ersten großen Verhaftungswelle gegen Journalisten, bürgerliche und politische Aktivisten verhaftet worden. Er wurde zu sechs Jahren Gefängnis und zwei Jahren Bewährungsstrafe verurteilt und wurde im März für eine begrenzte Zeit aus der Haft entlassen.

Wie Kalemeh berichtet, wurde Momeni während dieses Hafturlaubs wiederholt ins Geheimdienstministerium vorgeladen und aufgefordert, mit dem Ministerium zu kooperieren. Er sollte Reden gegen die iranische Studentenorganisation Tahkim Vahdat und die beiden führenden Gegner des Regimes – Mehdi Karroubi und Mir Hossein Moussavi – halten. Sicherheitsagenten verlangten sogar von ihm, an von ihnen organisierten Studentenversammlungen teilzunehmen und die ihm diktierten Stellungnahmen als seine eigenen zu präsentieren. Die Zusammenkünfte sollten in mehreren Städten in ganz Iran stattfinden. Die Freilassung des Sprechers von Tahkim Vahdat wurde davon abhängig gemacht, dass er diesen Forderungen nachkommt.

Abdollah Momenis Ehefrau sagte unterdessen, die vorübergehende Freilassung des studentischen Aktivisten sei mehrmals um jeweils einen Tag, einmal um 16 Tage verlängert worden. Jedes Mal jedoch seien dafür Forderungen an Momeni gestellt worden, die er einfach nicht erfüllen konnte.

Sie habe nicht erwartet, dass ihr Mann ins Gefängnis zurückkehren müsse. „Die Herren riefen an und sagten, wir sollten Herrn Moussavi nicht in unser Haus lassen. Ich persönlich würde mir niemals erlauben, irgendjemandem zu sagen, er dürfe unser Haus nicht betreten, und zweitens ist Herr Moussavi meiner Ansicht nach der Stolz eines jeden Iraners.“

„Es macht keinen großen Unterschied, ob er in dem kleinen Gefängnis namens Evin oder in dem größeren (namens Iran) sitzt. Evin ist kleiner. Das hier ist größer, aber es ist immer noch ein Gefängnis“.

Folter und zusätzlicher Druck
In einem Bericht mit Einzelheiten über die vom Sicherheitsapparat praktizierten Verhöre und Folterungen von Journalisten und politischen Gefangenen schreibt Kalemeh: „Der Verhörbeamte Abdollah Momenis und mehrerer anderer Gefangener ist ein Mensch, der sich selbst als „Seyyed“ vorstellt, was bedeutet, dass er ein Nachfahre des ersten schiitischen Imams ist. Er brüstet sich stolz damit, eine Vergangenheit beim SAVAK (Geheimdienstorganisation des Schah-Regimes) zu haben. In allen Phasen seiner Verhöre wendet er körperliche Misshandlungen und Beleidigungen an. Selbst Offizielle der Abteilung 209 haben mehrfach gegen seine Foltermethoden Einspruch erhoben. Die Wachleute haben Gefangene sogar dazu aufgefordert, nicht zuzulassen, dass er sie derart behandelt. Dieser Seyyed ist derart gefürchtet, dass einige Befrager, die mit ihren Gefangenen nicht weiterkommen, ihnen drohen, sie zu Seyyed zu bringen und von ihm verhören zu lassen.“

Weiter heißt es in dem Bericht: „Eine Untersuchung der Erfahrungen von Gefangenen, die zur Zeit in der Abteilung des Geheimdienstministeriums von Evin festgehalten werden, zeigt, dass die Befrager, die sich selbst als Experten für Gefangene bezeichnen, das Schicksal dieser Gefangenen endgültig besiegeln. In vielen Fällen haben sie mehr Macht als die Staatsanwälte der Justiz, die Gerichte und selbst mehr als die Richter.“

Tochter einer Aktivistin der Schule verwiesen

Veröffentlicht bei RAHANA am 15. April 2010
Quelle (Englisch): http://www.rhairan.info/en/?p=2586
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Am Samstag, dem 10. April hat der Direktor der Schule Nourlhoda in der südiranischen Stadt Bandar Abbas die Schüler und Schülerinnen aufgefordert, den Kontakt mit der 14jährigen Tochter der inhaftierten Menschenrechtsaktivisten Sama Bahmani abzubrechen.

RAHANA – Bei einer Schulversammlung diffamierte Schulleiter Dabiri Familie Bahmani vor allen Schülern und brachte eine Reihe von Anschuldigungen gegen sie vor.

Die Familie rief daraufhin den Schulleiter an und forderte eine Erklärung. Dabiri antwortete, die Anweisung sei von höheren Stellen erfolgt. Er fügte hinzu, dass Atena auf seine Intervention hin gestattet wurde, an ihren Abschlussprüfungen teilzunehmen. Allerdings darf das Mädchen nicht am Unterricht teilnehmen und wir am Ende des laufenden Schuljahres der Schule verwiesen werden, obwohl die in den letzten drei Jahren zu den Besten gehörte.

Der Direktor begründete sein unethisches und unmenschliches Verhalten sowohl mit den Aktivitäten Sama Bahmanis als auch mit den Anordnungen seiner Vorgesetzten.

Sama Bahmani war am 31. Januar auf dem Rückweg von Mahabad verhaftet worden, wo sie einige persönliche Dinge zu erledigen hatte. Sie ist zu einem Jahr Gefängnis verurteilt.

Ehemaliger Präsident erhält Ausreiseverbot

Veröffentlicht bei http://Radio Zamaaneh am 15. April 2010
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2010/04/former-iranian-president.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Iranische Behörden haben dem früheren iranischen Präsidenten Mohammad Khatami Ausreiseverbot erteilt. Dies teilte eine „informierte Quelle“ Parleman News gegenüber mit.

Mohammad Khatami

Berichten zufolge sollte der Oppositionsführer heute Abend das Land verlassen, um an der Jahresversammlung für Nukleare Abrüstung in Hiroshima teilzunehmen.

Bei diesem Treffen werden die Dimensionen der amerikanischen Angriffe auf Hiroshima untersucht und Wege zu einer globalen Kooperation beim Erreichen einer nuklearen Abrüstung gesucht.

Das Ausreiseverbot gegen Mhoammad Khatami war schon zuvor in den Medien erwähnt worden, allerdings wurden die Gerüchte dementiert.

Die neuesten Informationen zum Ausreiseverbot gegen Khatami sind von seinem Büro noch nicht bestätigt worden.

Mohammad Khatami ist einer der Oppositionsführer, der Mahmoud Ahmadinejads Gegner Mir Hossein Moussavi bei den Präsidentschaftswahlen im Juni unterstützt hatte. Er hatte sich zudem den Betrugsvorwürfen angeschlossen, die nach der Wiederwahl Ahmadinejads laut wurden.

In den letzten Monaten ist eine Reihe regimekritischer politischer und sozialer Aktivisten mit einem Ausreiseverbot belegt worden.

Die iranische Pass-Polizei hat Reisende angewiesen, sich an das Passamt zu wenden, um sicherzugehen, dass sie nicht von offiziellen Reiseeinschränkungen betroffen sind. In einigen Fällen waren Reisende erst kurz vor Besteigen des Flugzeugs über ihr Reiseverbot in Kenntnis gesetzt worden.

Einige iranische Anwälte erklären, dass die Regierung die Betroffenen formal über die Einschränkungen in Kenntnis setzen muss, damit diese in Kraft treten können.

Iranische Anwälte bezeichnen Sondergericht im Gefängnis als “verfassungswidrig”

Veröffentlicht bei Radio Zamaaneh am 15. April 2010
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2010/04/iranian-lawyers-claim-new.html
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Die Organisation International Campaign for Human Rights in Iran (ICRHI) fordert die Einstellung der Arbeit eines „vor Kurzem etablierten ‚Sondergerichts‘ im Evin-Gefängnis“.

ICHRI zufolge setzt dieses Gericht Richter und richterliche Beamte innerhalb der Grenzen des Gefängnisses ein und schränkt den Zugang der Rechtsanwälte und Familienangehörigen der Inhaftierten zu den Verfahren ein.

ICHRI-Sprecher Hadi Ghaemi erklärt: „Das kürzlich etablierte Gericht im Evin-Gefängnis vergrößert den Einfluss des Geheimdienstministeriums auf die Prozesse und erlaubt den Verhörbeamten und Sicherheitskräften Manipulationen in dieser Institution, die für sich genommen bereits ein Rechtsverstoß ist.“

Die Anwältin Nasrin Sotoudeh sagt, dass Verteidigungsarbeit durch das neu etablierte Gericht „ummöglich“ geworden ist. „Die Richter befinden sich in einem Raum, der vom Geheimdienstministerium streng kontrolliert wird. In der Phase des Beginns der Untersuchungen, die die schwierigste Zeit der gesamten Haft ist, bekommen die zuständigen Richter ihre Informationen nur über die Geheimdienstbeamten, und weder die Anwälte noch die Familienangehörigen haben die Möglichkeit, den Richter mit Informationen zu versorgen.“

Farideh Gheyrat, ebenfalls Anwältin, informierte ICHRI, dass sie äußerst beunruhigt darüber sei, dass sie keinen Zugriff auf die Akten ihres Klienten hat. Es sei mittlerweile sogar unmöglich, die alten „einfachen und unvollständigen“ Informationen über den Fall zu bekommen.

Teherans Generalstaatsanwalt Abbas Jafari Dowlatabadi hatte die Etablierung des Gerichts in Evin Anfang März bekanntgegeben. Wie er erklärte, sei das neue Gericht nötig geworden, um die durch die jüngsten Unruhen entstandenen „Kosten“ zu „reduzieren“ und die Untersuchungen und Lösung der Probleme zu beschleunigen.

In diesem Gericht befinden sich die Akten unzähliger politischer Aktivisten und unbekannten Gefangenen, die nach der Wahl verhaftet wurden und die sich in einem rechtlichen Schwebezustand befinden.

Die iranische Gerichtsanwältin Mina Jafari sagte ICHRI gegenüber, die Etablierung solcher Gerichte sei „illegal und verfassungswidrig“.

Dem ICHRI-Bericht zufolge erinnert die „Einrichtung eines Gerichts innerhalb des Evin-Gefängnisses für politische Gefangene, wo die Beschuldigten festgehalten, über ihre Anklagen informiert, vor Gericht gestellt und verurteilt werden, an die Gerichte der 1980er Jahre, als tausende politische Gefangene ohne faire Ermittlungen vor Gericht gestellt wurden und ihre Angehörigen und Anwälte keinerlei Einfluss auf die Fälle nehmen durften.“

In den 1980er Jahren waren dem ICHRI-Bericht zufolge hunderte in solchen juristischen Verfahren verurteilte politische Dissidenten hingerichtet worden.

ICHRI äußert sich „zutiefst besorgt“ über die „Aushöhlung der Standards für Rechtsprozesse“ in Iran. Diese mache „faire Gerichtsprozesse unmöglich.“