Tagesarchiv: 20. April 2010

Gott verhängt eigene Sanktionen gegen die EU-Staaten

Veröffentlicht bei Radio Free Europe/Radio Liberty am 20. April 2010
Quelle (Englisch): http://www.rferl.org/content/Gods_Own_Sanction_Against_EU_Countries/2019511.html

von Golnaz Esfandiari

Eine Strafe Gottes?

Die Hardliner-Webseite Raja News vertritt die Ansicht, der jüngste Ausbruch des isländischen Vulkans und das wegen der Aschewolke entstandene Reise-Chaos sei Gottes Antwort auf Versuche der Europäischen Union – angeführt „von den USA, Großbritannien und der zionistischen Lobby“ – strenge wirtschaftliche Sanktionen gegen die Islamische Republik zu verhängen.

In einem Artikel mit dem Titel „Es gibt kein Heilmittel gegen Gottes Wirtschaftssanktionen“ schreibt Raja News, dass der Vulkan kurz nach Aufkommen der „Gerüchte“ über Sanktionen gegen iranische Flüge als Bestandteil eines UN-Resolutionsentwurfs ausbrach und eine Aschewolke produzierte, die zur Schließung der Flughäfen in ganz Europa führte, was wiederum wirtschaftliche Verluste für die EU-Länder zur Folge hatte. (Die Webseite nennt keine Einzelheiten über die Quelle der Gerüchte, behauptet aber, sie habe mehrere Nachrichtenagenturen angeregt, zu berichten, dass das Verbot an Flughäfen kommuniziert wurde).

„Es ist nicht wichtig, ob sie es als „Naturkatastrophe“ oder „Zorn der Natur“ oder sonst etwas bezeichnen“, so Raja News. „Wichtig ist, dass das Unheil aus einer Richtung kam, aus der sie es nicht erwartet hatten.“

Die Ahmadinejad-treue Webseite erklärt außerdem, die durch den Vulkanausbruch entstandenen Probleme seien gleichsam Sanktionen Gottes gegen die EU-Länder.

„Wir wissen, dass alle Macht in Gottes Hand liegt und dass niemand außer Gott eine Sanktion aufheben kann, die sie verhängt hat“, heißt es.

Irans Präsident Mahmoud Ahmadinejad hat in der Vergangenheit durchblicken lassen, dass er glaubt, göttliche Unterstützung und Inspiration zu empfangen. Seine Anhänger scheinen diese Behauptungen für bare Münze zu nehmen.

Kritiker sagen, dass Ahmadinejads Regierung den Aberglauben fördert.

Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

1500 Arbeiter in der Lederindustrie werden arbeitslos

Veröffentlicht bei Green Voice of Freedom am 20. April 2010
Quelle (Englisch): http://en.irangreenvoice.com/article/2010/apr/20/1716

GVF – 1500 Arbeiter haben durch die anhaltenden Schließungen von Lederfabriken in der Stadt Mashhad ihre Arbeitsplätze verloren.

Die Webseite Safir News berichtet, dass seit 2003 45 Produktionsstätten für Leder geschlossen wurden. Gründe dafür sind u. a. die Instabilität des Währungskurses für Produzenten und Importe billiger Produkte aus China und Thailand.

Ein Mitglied der Ledersyndikate sagte, wegen der unrealistischen Einschätzungen der Offiziellen hinsichtlich der Lederindustrie sei nichts ernsthaftes unternommen worden, um die Probleme der Produzenten zu lösen.

Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Menschenrechtsorganisation protestiert gegen “Säuberungen” an iranischen Universitäten

Veröffentlicht bei Radio Zamaaneh am 20. April 2010
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2010/04/human-rights-group-protes.html

Saba Vasefi - Morteza Mardiha

Die Organisation International Campaign for Human Rights in Iran (ICHRI) erklärt, die politisch motivierte Entlassung bekannter Universitätsprofessoren durch die Islamische Republik stelle einen Verstoß gegen die Menschenrechte der Betroffenen dar.

Die vier Professor/innen Morteza Mardiha, Aliasghar Beheshti, Mohammad Shahri und Saba Vasefi sind in den letzten Monaten entlassen worden. ICHRI zufolge sind diese Entlassungen Teil einer laufenden Kampagne zur Säuberung der Universitäten von Lehrkräften, die [von der offiziellen Linie abweichende] Meinungen haben oder die während der Proteste Studenten unterstützt haben.

Nach einem durch den iranischen Minister für Wissenschaft und Technologie ergangenen Aufruf zur Säuberung iranischer Universitäten von Professoren, die sich nicht dem „Prinzip des Velayat-e Faghih (Herrschaft eines geistlichen Experten)“ verschrieben haben, wurden unzählige Lehrkräfte entlassen oder in den vorzeitigen Ruhestand versetzt.

ICHRI-Sprecher Aaron Rhodes sagte: „Die Säuberungen, mit denen Iran Professoren aus dem Verkehr zieht, die unabhängige Ansichten vertreten, ist ein Verstoß gegen ihre grundlegenden Menschenrechte und gegen die akademische Freiheit. Diese Politik wird die iranischen Universitäten, die so lange eine Quelle des nationalen Stolzes und der Bewunderung von Gelehrten auf der ganzen Welt waren, weiter politisieren und entwerten.“

ICHRI fordert eine sofortige Prüfung aller Entlassungen von Universitätsprofessoren der letzten Zeit.

Außerdem fordert ICHRI alle Universitätsprofessoren und -mitarbeiter der internationalen Gemeinschaft auf, sich mit ihren iranischen Kollegen solidarisch zu erklären und diese ungerechtfertigten Entlassungen zu verurteilen.

Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Artikel von ICHRI (Englisch)

Majid Tavakolis Bruder im Interview mit Voice of America

Veröffentlicht bei Persian2English am 20. April 2010
Artikel auf Persisch: Daneshjoo News
Englische Quelle dieser Übersetzung: Persian2English

Majid Tavakoli ist Mitglied der Islamischen Studentenunion an der Polytechnischen Amir-Kabir-Universität in Teheran. Er wurde verhaftet, nachdem er am Studententag am 7. Dezember 2009 an der Universität eine Rede gehalten hatte. Seitdem ist er in Einzelhaft. Er wurde zu acht Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt, davon zwei Jahre für Beleidigung des Obersten Führers und sechs Monate für Beleidigung des Präsidenten.

VOA-Korrespondentin Negar Mortazavi interviewte Ali Tavakoli zu der Situation seines Bruders im Gefängnis und den gegen den studentischen Aktivisten erhobenen Anklagen.

VOA: Können Sie die akutelle Situation von Majid beschreiben?

Ali Tavakoli: Er ist sehr guter Dinge, aber körperlich sehr geschwächt. Er hat die gesamten vier Monate seit seiner Verhaftung in Einzelhaft verbracht. Er ist der einzige Gefangene in Abteilung 240, die anderen Gefangenen sind vorübergehend freigelassen. Majid darf keinen Besuch erhalten und keinen Kontakt zu Personen außerhalb des Gefängnisses haben. Wenn der Generalstaatsanwalt zustimmt, werden wir Majid einmalig besuchen können.

VOA: Was ist der Grund für die achteinhalbjährige Haftstrafe? Das ist eines der härtesten Urteile der letzten Zeit gegen einen politischen Gefangenen.

Ali Tavakoli: Wie Majid selbst sagt, ist sein einziges Verbrechen, dass er eine Rede gehalten hat. Es gibt keine weiteren Anklagen gegen ihn. Die Verhördokumente sind in seiner Akte nicht enthalten, also können sie ihn nicht wegen etwas verurteilen, was während der Verhöre untersucht oder gesagt wurde. Das ist wahrscheinlich einer der Gründe dafür, dass sein Anwalt die Akte nicht einsehen darf. Sie werfen Majid außerdem Verschwörung (gegen die nationale Sicherheit) vor, weil er all die Studenten am Studententag auf dem Campus versammelt hat, um eine Rede zu halten. Das zeigt einen gewissen Grad an Verachtung (der Regime-Offiziellen) gegenüber der Studentenbewegung, und auch die Rache, die sie an Majid nehmen.

Majids öffentliche Kritik an der Regierung nach der Wahl (im Juni 2009) (ist der Grund für seine Inhaftierung), denn (das herrschende Establishment) ist der Meinung, dass es keine Kritik geben darf. Da Majid nicht gesagt hat, was sie (vor Gericht) von ihm hören wollten, liefen der Prozess und die Verurteilung so ab. Jetzt warten wir darauf, was das Berufungsgericht sagt. Die Anklagen gegen Majid sind falsch, und es gibt keine Beweise, um diese Anklagen zu stützen. Wir hoffen darauf, dass sein Urteil abgemildert oder er vielleicht sogar freigesprochen wird.

Meiner Meinung nach hat Majid nichts getan, wofür er verdient, ins Gefängnis zu kommen. Er hat nur seine Meinung gesagt, und zwar im Rahmen des Gesetzes. Außerdem ist Kritik kein Verbrechen. Es war legal. Und der 7. Dezember ist ein Tag, der den Studenten gehört.

Rede von Majid Tavakoli am 7. Dezember 2009 (Englisch)

Ali Tavakoli: Die Studenten haben das Recht, an diesem Tag ihre kritischen Ansichten zu äußern. Majids Verhaftung war absolut illegal, und er wurde dabei geschlagen.

VOA: Vor Kurzem sind viele politische Gefangene über die iranischen Neujahrsfeiertage freigelassen worden, damit sie die Feiertage mit ihren Familien verbringen können. Warum wurde Majid nicht freigelassen?

Ali Tavakoli: Wir werden vom Geheimdienstministerium und von der Regierung unter Druck gesetzt. Sie haben uns gesagt, wenn wir den Mund halten (und keine Interviews geben), wird Majid innerhalb der nächsten zwei bis sieben Tage Kontakt mit seiner Familie aufnehmen. Aber es ist drei Monate her, seit er sich zum letzten Mal zu Hause gemeldet hat. Sie halten ihre Versprechen nicht, aber sie erwarten von uns, dass wir ihnen glauben. Für unseren letzten Besuch mussten wir uns eine ganze Woche lang um eine Erlaubnis bemühen. Wir leben in Shiraz (im Südwesten Irans), und wir müssen zum Gericht 14 Stunden mit dem Bus fahren. Meine Mutter ist sehr krank, und diese Fahrten sind für sie sehr schwierig. Wir hoffen, dass sie Majid nach viermonatiger Kontaktsperre nur einmal fünf Minuten mit seiner Mutter sprechen lassen. Wir haben keine hohen Erwartungen, und wir fordern nicht viel. Unsere Situation ist wirklich schwer (auszuhalten). Wir machen wirklich harte Zeiten durch.

Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Majid Tavakoli ist nicht mehr in Einzelhaft

Veröffentlicht bei Persian2English und RAHANA am 20. April 2010
Quelle (Englisch): http://persian2english.com/?p=9663

Anm. d. Übers.: Unbestätigten Informationen zufolge soll Majid Tavakoli inzwischen wieder in die Einzelzelle zurück verlegt worden sein. Ein Artikel bei Radio Free Europevom 22. April besagt, dass Majid Tavakoli weiterhin in Einzelhaft ist, nimmt aber keinen Bezug auf eine eventuelle Unterbrechung

Nachtrag: Später am 22. April berichtet RFE/RL wie zuvor schon RAHANA und andere, dass Majid Tavakoli sich nicht mehr in Einzelhaft befindet http://www.rferl.org/content/Jailed_Iranian_Student_Activist_Moved_Out_Of_Solitary/2021787.html

Am 20. April 2010 ist Majid Tavakoli, Student an der Amir Kabir-Universität, nach 125 Tagen Einzelhaft in die allgemeine Abteilung des Teheraner Evin-Gefängnisses verlegt worden.

Die Verlegung erfolgte, nachdem Richter Salavati gestern bei einem Treffen mit Tavakolis Anwalt Alizadeh Tabatabaei die Genehmigung dazu erteilt hatte.

Majid Tavakoli, ein Mitglied der Islamischen Studentenvereinigung der Amir Kabir-Universität, ist zu achteinhalb Jahren Gefängnis und einem fünfjährigen politischen Betätigungs- und Ausreiseverbot verurteilt worden.

70 Tage nach dem ersten Gerichtsprozess wurde Tavakoli illegal in Einzelhaft gehalten, seine Rechte als Gefangener wurden ihm verwehrt.

Während der Einzelhaft hatte Majid Tavakoli, der vor mehr als vier Monaten verhaftet wurde, weder Zugang zu Zeitungen, noch zu Büchern oder zu Papier und Bleistift. Er durfte seine Mutter nicht anrufen.

Der studentische Aktivist war innerhalb weniger Jahre zwei Mal verhaftet und inhaftiert worden. Im Jahre 2007 war er eineinhalb Jahre lang im Gefängnis. Im Februar 2009 wurde er bei einer Gedenkveranstaltung für den ersten Ministerpräsidenten Irans nach der Revolution, Mehdi Bazargan, verhaftet und saß vier Monate lang im Gefängnis. Am 7. Dezember 2009 wurde er nach seiner Rede in der Amir Kabir-Universität am Tag der Studenten erneut verhaftet. Er wurde nach Evin gebracht und in Einzelhaft genommen.

Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben