Tagesarchiv: 20. April 2010

Gefangene fordern: Geistlichkeit soll “Folter” in Evin prüfen

Veröffentlicht bei Radio Zamaaneh am 20. April 2010
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2010/04/iranian-clergy-urged-to-p.html

Eine Gruppe iranischer politischer Gefangener hat iranische Schiitenführer aufgerufen, die von den Gefangenen während ihrer Haft erlittene „körperliche, sexuelle und psychologische Folter“ zu untersuchen und zu verurteilen.

Der Brief, der auf der Webseite Jaras veröffentlicht wurde, richtet sich an die bekannten Ayatollahs Sanei, Bayat Zanjani, Dastgheib, Sobhani, Mousavi Ardebili, Makarem Shirazi, Safi Golpayegani und Shabiri Zanjani. Sie werden darüber in Kenntnis gesetzt, dass „fast alle Gefangene in Abteilung 350 des Evin-Gefängnisses mehrfach von ihren Befragern, Mitarbeitern des Geheimdienstministeriums und den Revolutionsgarden zu hören bekamen, dass die Justiz alles andere als unabhängig ist.“

Die Gefangenen erklären, sie hätten den Wahrheitsgehalt dieser Behauptungen zu spüren bekommen, als viele von ihnen genau die Strafmaße erhielten, die ihnen in den Verhören angekündigt wurden, bevor sie überhaupt vom Gericht ausgestellt worden waren.

Dem Brief zufolge setzen die Verhörbeamten Gefangene mit Anspielungen auf ihr Privatleben und ihre persönlichen Angelegenheiten unter Druck.

„Einmal hat der Befrager die Ehefrau eines Angeschuldigten innerhalb von 20 Tagen sechs Mal angerufen und sie aufgefordert, die Scheidung einzureichen. Sie sollte ihn regelmäßig kontaktieren, um sich über den Verlauf des Falls ihres Mannes zu erkundigen“, heißt es in dem Brief.

In manchen Fällen seien den Angeschuldigten private Fotos gezeigt worden, verbunden mit dem Vorwurf unmoralischer Handlungen. Damit sollten Geständnisse erzwungen werden.

In dem Brief heißt es weiter, dass Befrager in Abteilung 350 von Evin Gefangene gewzungen hätten, sich nackt auszuziehen, und ihnen dann gedroht hätten, sie mit Schlagstöcken sexuell zu misshandeln.

Einige Gefangene wurden gezwungen, vorgefertigte Geständnisse zu unterschreiben. Wenn sie sich weigerten, wurden sie „mehrfach mit Schlagstöcken und Elektroschockgeräten gefoltert“.

Mindestens fünf Gefangene seien zum Verhör in Folterkammern gebracht worden, die mit verschiedenen Folterinstrumenten ausgestattet sind.

Die Gefangenen drängen die führenden Geistlichen, diese Aussagen zu „untersuchen“ und ihren Wahrheitsgehalt festzustellen, um zu wissen, dass „in den Gefängnissen und Haftanstalten die Ungerechtigkeit regiert“.

Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Die neue Anklage: Treffen mit Moussavi und Karroubi

Veröffentlicht bei Rooz Online am 20. April 2010
Quelle (Englisch): http://www.roozonline.com/english/news/newsitem/article/2010/april/20//the-new-charge-meeting-with-mousavi-and-karoubi.html
Anmerkungen in eckigen Klammern stammen von der Übersetzerin

von Leyla Tayeri
Während iranische politische, zivile und Medienaktivisten, die in den Massenverhaftungen nach den Präsidentschaftswahlen im letzten Jahr verhaftet wurden, wegen Anklagen wie Schürung von Zweifeln an den Wahlergebnissen und Äußerung verschiedener Vorwürfe gegen den Staat weiterhin in den Sicherheitsabteilungen von Evin und anderen Gefängnissen festgehalten werden, haben die Sicherheitsbehörden des Landes nun eine neue Anklage gegen sie entdeckt: Treffen mit den Reformführern Mir Hossein Moussavi, Mehdi Karroubi und Seyed Mohammad Khatami. Anklageschriften, die nach dem 21. März von der Justiz erstellt wurden, enthalten diesen neuen Anklagepunkt gegen Aktivisten im politischen und im Medienbereich.

Seit dem 13. Juni 2009 wurden viele Personen verhaftet, die Mir Hossein Moussavi besucht hatten. Sie wurden allerdings kurze Zeit später wieder freigelassen. Ein Beispiel dafür sind die 70 Universitätsprofessoren, die Mitglieder in den landesweit existierenden Islamischen Gesellschaften sind und die nach einem Treffen mit Moussavi im Juli 2009 verhaftet wurden.

Seit dem 21. März – dem Beginn des persischen neuen Jahres – droht den meisten der Personen, die Moussavi oder Karroubi getroffen haben, die Verhaftung.

Ein politischer Aktivist, der telefonisch von einem Sicherheitsagenten eine solche Drohung erhielt, sagte Rooz gegenüber, dieser Anruf sei gekommen, kurz nachdem er und seine politische Gruppierung ein Treffen mit Mehdi Karroubi hatten. Ihm sei in dem Anruf mitgeteilt worden, dass für alle Mitglieder dieser Gruppe Haftbefehle ausgestellt seien; sollten sie Karroubi [oder die anderen Oppositionsführer] noch einmal treffen, würden sie alle verhaftet werden.

Fatemeh Adinevand, die Ehefrau des zu acht Jahren Gefängnis verurteilten studentischen Aktivisten und Sprechers der studentischen Gruppe Danesh-Amookhtegan Abdollah Momeni, hatte zuvor ebenfalls erwähnt, dass sie vor einem Besuch Moussavis in ihrem Haus einen Anruf vom Teheraner Geheimdienstbüro erhielt, in dem ihr gedroht wurde, dass ein Besuch Moussavis in ihrem Haus schlecht für Momeni sein würde. Als er diese Warnung nicht beherzigte, wurde Momeni in die berüchtigte Abteilung 209 von Evin zurückgebracht.

Der Organisation Committee of Human Rights Reporters zufolge wurden in den letzten Tagen mehrere Mitglieder einer religiös-nationalen Gruppe und studentischer Gruppen kontaktiert, die sich mit Mehdi Karroubi getroffen hatten. Ihnen wurde gedroht, dass „diese Besuche schlimme Folgen haben“ und die Betroffenen „schließlich im Evin-Gefängnis landen“ würden.

Die Moussavi nahestehende Webseite Kalemeh berichtet, dass seit Mitte März – als die Besuche und Treffen im Rahmen der Besuchstradition zum Jahreswechsel zunahmen – seitens der Sicherheitsbehörden verstärkte Bemühungen unternommen wurden, um die Öffentlichkeit daran zu hindern, mit Moussavi und Karroubi zusammenzutreffen. Agenten kontaktierten und bedrohten Personen, von denen sie wussten, dass sie solche Besuche planten. „Persönliche Konfrontation dieser Personen und offene Drohungen gegen sie würden für die Regierung teuer werden und viel Kritik auslösen. Darum greifen die Agenten auf Methoden der Einschüchterung und Verhaftung sozialer und politischer Aktivisten zurück. Als offiziellen Grund dafür nannten sie Treffen und Gespräche mit den Führern der Grünen Bewegung.“

Amtsenthebungen, Inhaftierungen und Entbehrungen
Inhaftierung, oft ergänzt durch das Verbot politischer oder sozialer Aktivitäten, sind die Früchte des Putsches bei der umstrittenen 12. Präsidentschaftswahl vom letzten Juni. Viele Medienaktivisten und politische Aktivisten wurden seitdem zu ungewöhnlich hohen Gefängnisstrafen verurteilt. Zuletzt hatte das Büro für Öffentlichkeitsarbeit des Allgemeinen und Revolutionsgerichtes in Teheran die Haftstrafen für Mohsen Mirdamadi, Davoud Soleymani und Mostafa Tajzadeh bekannt gegeben.

Demnach hatte Abteilung 15 des Revolutionsgerichts die drei politischen Aktivisten angeklagt, gegen die nationale Sicherheit agiert und staatsfeindliche Propaganda betrieben zu haben. Alle drei wurden zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt und erhielten ein zehnjähriges Betätigungsverbot in den Bereichen Politik und Medien.

Auch Soheil Mahmudi ist ein solcher Aktivist. Er war nach der Präsidentschaftswahl verhaftet und von einem Gericht in der Provinz Teheran zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Davor war er zu vier Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt worden.

Der Geistliche Seyed Ahmad-Reza Ahmadpour, ein Blogger, der 2009 verurteilt und seines Amtes enthoben worden war, wurde bei der Justiz vorstellig. Ihm wird vorgeworfen, in Interviews mit ausländischen Medien gegen die nationale Sicherheit agiert und mit Propaganda gegen den Staat dem Ruf der Geistlichkeit Schaden zugefügt zu haben. Ahmadpour wies diese Vorwürfe zurück, stellte jedoch das Gerichtsurteil nicht offiziell in Frage. Ahmadpour ist Mitglied der Partizipationsfront (Jebhe Mosharekat) und Lehrer und religiöser Unterweiser.

Unklare Situation für zwei Gefangene
Der seit dem 8. Juni inhaftierte Ehsan Mehrabi, Reporter für die Zeitung Farhikhtegan, erzählte seiner Frau bei einem Besuch am letzten Donnerstag, dass er noch immer in Einzelhaft gehalten wird und sein Status ungeklärt ist. Seiner Frau zufolge war er guter Dinge und wiederholte immer wieder, er habe sich kein Verbrechen zuschulden kommen lassen, sei aber besorgt um seine Frau und seine Mutter. Berichten zufolge hatte Mehrabis Befrager ihm bei seinem letzten Verhör vorgeworfen, dass er – Mehrabi – noch immer nicht eingelenkt habe. Der Journalist hatte daraufhin gefragt, wie man von ihm erwarten könne, die Verantwortung für etwas zu übernehmen, was er nicht getan hat.

Ein anderer Gefangener, Yaser Maasoomi, der ehemals für die Zeitung Shargh verantwortlich war, ist seit mehr als 45 Tagen inhaftiert und über seinen Status im Unklaren. Webseiten, die sich für Gefangene der Grünen Bewegung einsetzen, berichten, dass Massoumi von der Internetabteilung der Pasdaran-Revolutionsgarden (IRGC) verhaftet wurde, als er einer Vorladung des Geheimdienstministeriums nachkam. Er wird noch immer ohne Anklage in einer Einzelzelle in Abteilung 209 des Evin-Gefängnisses festgehalten. Sein Vater ist ein bekanntes Mitglied der religiös-nationalen Bewegung in Arak, ist jedoch nicht politisch aktiv. Familienmitglieder, die Maasoomi besucht haben, berichten, dass er viel Gewicht verloren hat. Sie machen sich Sorgen um seinen körperlichen und psychischen Zustand.

Moussavis Telefonate mit Zeidabadi
Mir Hossein Moussavi und seine Ehefrau Zahra Rahnavard konnten mit dem inhaftierten Ahmad Zeidabadi am Telefon sprechen, als sie die Familie des Journalisten zu Hause besuchten. Der studentischen Nachrichtenagentur Advar zufolge sagte seine Ehefrau: „Trotz aller Probleme ist Ahmad sehr guter Dinge und leistet Widerstand, und er hat gesagt, wir sollen nicht erwähnen, dass er mit nichtpolitischen Angeklagten zusammen untergebracht ist, denn auch sie sind Opfer der unfairen Bedingungen in der Gesellschaft.“

Zusätzlich zu den Treffen im Gefängnis konnte Zeidabadi sich aus dem Gefängnis Rajai-Shahr kurz zu Hause melden und mit Moussavi und Rahnavard sprechen.

Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Enthüller der Kahrizak-Verbrechen in Handschellen ins Krankenhaus gebracht

Veröffentlicht bei Green Voice of Freedom am 20. April 2010
Quelle (Englisch): http://en.irangreenvoice.com/article/2010/apr/20/1715

GVF – Mahdi Mahmoudian, inhaftiertes Mitglied der Islamischen Iranischen Partizipationsfront, ist am Montag wegen seines sich verschlechternden Gesundheitszustands in das Imam-Khomeini-Krankenhaus in Teheran eingeliefert.

Augenzeugen sahen, wie der mit Handschellen gefesselte Mahmoudian ins Krankenhaus gebracht wurde. Berichten zufolge hat sich eine Lungenentzündung, die zunächst nur in einer von Mahmoudians Lungen vermutet wurde, auf die zweite Lunge ausgedehnt. Die Ärzte im Krankenhaus sind angesichts des besorgniserregenden Gesundheitszustandes des Menschenrechts-Journalisten beunruhigt.

Der reformorientierten Webseite Norooz zufolge wurde der Journalist, der die Misshandlungen im Gefängnis von Kahrizak enthüllt hatte, im Krankenhaus gesehen, wo er laut um Hilfe und Gehör für seine Proteste rief.

Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben