Veröffentlicht bei RAHANA am 28. April 2010
Quelle (Englisch): http://www.rhairan.biz/en/?p=3058
Dieses Jahr haben die Behörden alle Versammlungen der unabhängigen Gewerkschaften verboten und ihnen mit strenger Bestrafung gedroht.
Obwohl der Maifeiertag, der internationale Tag der Arbeit, im Iran nie ein offizieller Feiertag war, haben die Arbeitnehmer ihn trotzdem seit Jahren begangen, oftmals entgegen heftigem politischem Druck. Dieses Jahr haben die Behörden alle Versammlungen der unabhängigen Gewerkschaften verboten und sie mit strenger Bestrafung bedroht.
Dagegen haben die alten regimetreuen Gewerkschaften eine „Arbeitnehmerwoche“ angekündigt. die grünen Unterstützer der Arbeitnehmer haben zu Kundgebungen und Märschen in Teheran und anderen Städten aufgerufen, und, was einen höchst ereignisreichen Tag verspricht, mehr und mehr Arbeitnehmer- und Unterstützergruppen kommen mit neuen Stellungnahmen und Aktionsplänen zu dieser Gelegenheit heraus.
Letztes Jahr – 2009 – veranstalteten die unabhängigen Gewerkschaften am Maifeiertag eine gemeinsame Versammlung im Laleh-Park in Teheran. Diese Versammlung wurde von der Polizei gewaltsam aufgelöst, mindestens 120 Personen wurden verhaftet. Am selben Tag wurden fünf Mitglieder des Arbeitersyndikats der Haft Tapeh Zuckerfabrik verhaftet und zu Gefängnisstrafen verurteilt, während gleichzeitig eine Reihe von Verfahren gegen das Syndikat der Vahed-Busfahrer eröffnet wurde. Daneben wurden mehrere Arbeiteraktivisten in Geheimdienst- und Justizzentren einbestellt und dort mit Anzeigen konfrontiert.
Für dieses Jahr haben die Erfahrungen mit dem brutalen harten Durchgreifen – zusammen mit den unglückseligen internen Streitigkeiten, die dadurch entstanden – und die zugegebenermaßen starke Polizeipräsenz im Land die meisten unabhängigen Arbeitnehmerorganisationen dazu veranlasst, die Versammlungen am Maifeiertag abzusagen. Stattdessen ermutigen sie Arbeitnehmer, den Anlass in kleinen Gruppen in den Fabriken und Geschäften zu feiern. Das Geheimdienstministerium, die reguläre Strafvollzugsbehörde und die Basij-Milizen am Arbeitsplatz haben die Anweisung bekommen, wachsam zu sein und auf der Hut vor jeder ungewöhnlichen Aktivität.
Die regierungsnahen Arbeitergruppen indessen haben eine Feierwoche angekündigt, die mit einer Versammlung an Ayatollah Khomeini’s Grab beginnt und mit einem inszenierten Treffen mit Ahmadinejad endet. Erste Berichte über den ersten Tag der „Arbeitnehmerwoche“ zeigen, daß ungefähr dreitausend Arbeiter sich am Grab versammelt haben, aber einen stillen Protest mit den Abzeichen ausdrückten, die sie trugen. Die angesprochenen Angelegenheiten reichten von fehlender Arbeitslosenversicherung über Pensionskürzungen bis zu mangelnder Jobsicherheit. Obwohl die Versammlung eigentlich innerhalb des Grabmals stattfinden sollte, wurde sie trotz des regnerischen Wetters außerhalb desselben durchgeführt. Die Polizeipräsenz war extrem stark. Jafar Azimzadeh, Führer der „Freien Versammlung der Arbeitnehmer im Iran“, sagte in einem Interview, daß die unabhängigen Gewerkschaften die „Arbeitnehmerwoche“ nicht als legitimiert ansähen und nur den Maifeiertag selbst als Tag für Aktivitäten in Betracht zögen. Er führte die „Arbeitnehmerwoche“ auf die Versuche der Regierung und regierungsnaher Organisationen zurück, eine Show zu veranstalten und ein verfälschtes Bild vorgeblicher Unterstützung bei dieser Gelegenheit vorzuspiegeln.
Die grünen Unterstützer der Arbeitnehmer andererseits haben zu einem Marsch zum Arbeitsministerium in Teheran aufgerufen sowie zu Versammlungen vor dem „Arbeiter-Haus“ in anderen Städten. Das „Organisationsbüro für den Maifeiertag 2010“ gab gestern ein Kommunique heraus, das die Forderungen der Arbeitnehmer auflistet und hat zu einer Versammlung auf den Stufen vor dem Arbeitsministerium um 17. Uhr aufgerufen, danach zu einem Marsch zum Platz der Revolution, der ungefähr einen Kilometer entfernt liegt. In den Provinzen hat das Organisationsbüro ebenfalls zu Versammlungen vor den Arbeitsverwaltungen aufgerufen. Nach Angaben des „Centers für Solidarität mit den Familien der Inhaftierten und der Gefallenen“ haben insgesamt 10 Arbeiter ihr Leben bei den Protesten der Grünen Bewegung nach der verfälschten Präsidentenwahl verloren. Das Center hat dazu aufgerufen, an den Gräbern dieser Märtyrer der Arbeiterbewegung Blumen niederzulegen.
Das „Netzwerk der iranischen Gewerkschaften NILU, das den „Iran Labor Report“ herausgibt, hat in einem Statement kürzlich dazu aufgerufen, dem Internationalen Tag der Arbeit größtmögliche Beachtung zu schenken, um ihn in einen größeren Antrieb zur Organisation zu verwandeln und die Einigkeit zwischen den Demokratie- und den Arbeitnehmerbewegungen zu zeigen. Iran Labor Report wird weiterhin täglich über diese Entwicklungen berichten und diesem möglicherweise historischen Maifeiertag im Iran auf den Fersen bleiben.
Deutsche Übersetzung: Günter Haberland, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben