Tagesarchiv: 28. April 2010

Iran erhöht Druck auf Lehrer

Veröffentlicht bei Radio Free Europe/Radio Liberty am 28. April 2010
Quelle (Englisch): http://www.rferl.org/content/Iran_Increases_Pressure_On_Teachers_Ahead_of_Teachers_Day/2027446.html

von Golnaz Esfandiari

Lehrer protestieren vor dem Parlamentsgebäude in Teheran (März 2007)

Kurz vor dem iranischen Tag der Lehrer am 2. Mai hat Iran im Zusammenhang mit ihren Aktivitäten und ihrer Gewerkschaft den Druck auf die Lehrer erhöht. Offenbar erhofft sich die Regierung, Proteste auf diese Weise zu verhindern.

Zwei führende Mitglieder der iranischen Lehrergewerkschaft wurden Berichten zufolge am 28. April verhaftet. Wie berichtet wird, wurden Gewerkschaftsführer Ali Akbar Baghani und Gewerkschaftssprecher Mohammad Beheshti Langeroodi verhaftet, nachdem sie vom Geheimdienstministerium einbestellt worden waren.

Wie Roozbeh Bolhari, Reporter für Arbeiter- und Gewerkschaftsthemen bei Radio Farda von RFE/RL, berichtet, wurden Lehrerrechtsaktivisten in mehreren Städten, darunter Teheran und Tabriz, in den letzten Tagen von den Behörden unter Druck gesetzt. Sie wurden davor gewarnt, sich an Demonstrationen zu beteiligen.

In den vergangenen Tagen waren zwei Lehrer mit Geldstrafen belegt worden, weil sie in Kermanshah Proteste veranstaltet hatten. Aus Hamedan wird von drei verhafteten Lehrern berichtet.

Ein Aktivist aus Teheran erzählte mir, dass Blogs und Webseiten, die sich mit Problemen und Themen der Lehrer befassen, blockiert wurden.

Anfang dieser Woche hatte der Koordinationsrat der Lehrer- und Arbeitergewerkschaften zu einem Hungerstreik anlässlich der Woche der Lehrer (2.-8. Mai) aufgerufen, um gegen die Gefängnisstrafen und Todesurteile zu protestieren, die gegen Lehrer verhängt wurden.

Berichten zufolge wurden vier Lehrer in den letzten Monaten inhaftiert. Mindestens einer von ihnen, der kurdische Lehrer Farzad Kamangar, muss wegen angeblicher Mitgledschaft in einer bewaffneten Oppositionsgruppe mit der Todesstrafe rechnen.

Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Korruption “verdirbt Irans Justiz”

Veröffentlicht bei Radio Free Europe/Radio Liberty am 28. April 2010
Quelle (Englisch): http://www.rferl.org/content/Corruption_Taints_Irans_Judiciary/2027454.html

von Golnaz Esfandiari

Ali Motahari

Der konservative iranische Parlamentarier Ali Motahari hat die iranische Justiz wegen ihrer mangelnden Unabhängigkeit und ihrer Vetternwirtschaft kritisiert.

Kritik an der iranischen Justiz seitens der Reformer hatte internationale Aufmerksamkeit erregt. Konservative Elemente in Iran sind jedoch ebenfalls unzufrieden mit der Arbeit der Gerichte im Land.

Die Äußerungen Motaharis vom 24. April, über die die halbamtliche Nachrichtenagentur ISNA berichtete, waren besonders bemerkenswert. Motahari zufolge würden Staatsanwälte in Korruptionsfällen, die Verwandte von Top-Offiziellen betreffen, vor der Einleitung von Untersuchungen zunächst die Erlaubnis der Offiziellen selbst einholen.

Der neueste Finanzskandal betrifft Präsident Mahmoud Ahmadinejads ersten Vizepräsidenten Mohammad Reza Rahimi. Ein konservativer Parlamentarier, Elias Naderan, hatte Rahimi kürzlich beschuldigt, einen, wie er sagte „Korruptionszirkel“ anzuführen.

Ahmad Alavi, ein iranischstämmiger Professor an der Universität Stockholm, sagte Radio Farda von RFE/RL gegenüber, die iranische Justiz sei zutiefst korrupt und erschwere es den Behörden, die Korruption außerhalb der Gerichte zu bekämpfen.

Alavi sagte, die iranische Justiz könne die Korruption bestenfalls an die Öffentlichkeit bringen, habe aber wenig Möglichkeiten, sie tatsächlich einzudämmen.

Alavi berief sich auf den Korruptionsindex von Transparency International, worin Iran von Platz 78 in 2003 auf Platz 168 in 2009 gefallen ist.

„Um die Korruption in Iran einzudämmen muss die Macht des iranischen Obersten Führers Ayatollah Khamenei beschränkt werden“, sagte Alavi.

Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Frauenrechtsaktivistinnen verurteilen Irans Kandidatur für UN-Kommission

Veröffentlicht bei Radio Zamaaneh am 28. April 2010
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2010/04/womens-rights-activists-s.html

Eine Gruppe iranischer Frauenrechtsaktivistinnen hat in einem Brief an die Vereinten Nationen gegen Irans Versuche protestiert, Mitglied der Kommission für den Status von Frauen (CSW/Commission on the Status of Women) zu werden.

In dem Brief wird der Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen aufgefordert, Irans Kandidatur für die Kommission abzulehnen.

CSW ist eine funktionale Kommission des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen und setzt sich „für Geschlechtergleichheit und Förderung von Frauen“ ein.

In dem Brief rufen die Frauen den Rat auf, Irans Mitgliedschaft im CSW zu verhindern oder zumindest die Kandidatur Irans nur unter der Bedingung anzunehmen, dass Iran sich zur Einhaltung internationaler Übereinkünfte zur Gleichberechtigung verpflichtet.

Vergangene Woche hatte Iran bekannt gegeben, dass es seine Kandidatur für eine Mitgliedschaft im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zurückgezogen habe und stattdessen für den CWS kandidieren wolle.

Die iranischen Frauenrechtlerinnen schreiben, eine Mitgliedschaft der Islamischen Republik in dieser Kommission sei „eine ernsthafte Bedrohung für die Ziele und Ideale der Kommission und stehe im Widerspruch zu ihrem Wesen, da sie zudem eine Bedrohung für Frieden, Gleichheit und globale Sicherheit darstelle“.

Der Brief ist von mehr als 250 Frauenrechtsaktivist/innen unterzeichnet.

Frauenrechtlerinnen und Menschenrechtsaktivisten haben Iran wiederholt vorgeworfen, die Rechte von Frauen und ethnischen und religiösen Minderheiten zu verletzen und internationale Menschenrechtsabkommen zu ignorieren.

Die CSW-Mitglieder werden am Mittwoch gewählt. Rooz Online berichtet, dass Pakistan und Thailand ihre Kandidatur um den freien Sitz in dieser Kommission zugunsten Irans zurückgezogen und die Mitgliedschaft Irans im CSW damit endgültig gemacht hätten.

Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Maifeiertag im Iran

Veröffentlicht bei RAHANA am 28. April 2010
Quelle (Englisch): http://www.rhairan.biz/en/?p=3058

Dieses Jahr haben die Behörden alle Versammlungen der unabhängigen Gewerkschaften verboten und ihnen mit strenger Bestrafung gedroht.

Obwohl der Maifeiertag, der internationale Tag der Arbeit, im Iran nie ein offizieller Feiertag war, haben die Arbeitnehmer ihn trotzdem seit Jahren begangen, oftmals entgegen heftigem politischem Druck. Dieses Jahr haben die Behörden alle Versammlungen der unabhängigen Gewerkschaften verboten und sie mit strenger Bestrafung bedroht.

Dagegen haben die alten regimetreuen Gewerkschaften eine „Arbeitnehmerwoche“ angekündigt. die grünen Unterstützer der Arbeitnehmer haben zu Kundgebungen und Märschen in Teheran und anderen Städten aufgerufen, und, was einen höchst ereignisreichen Tag verspricht, mehr und mehr Arbeitnehmer- und Unterstützergruppen kommen mit neuen Stellungnahmen und Aktionsplänen zu dieser Gelegenheit heraus.

Letztes Jahr – 2009 – veranstalteten die unabhängigen Gewerkschaften am Maifeiertag eine gemeinsame Versammlung im Laleh-Park in Teheran. Diese Versammlung wurde von der Polizei gewaltsam aufgelöst, mindestens 120 Personen wurden verhaftet. Am selben Tag wurden fünf Mitglieder des Arbeitersyndikats der Haft Tapeh Zuckerfabrik verhaftet und zu Gefängnisstrafen verurteilt, während gleichzeitig eine Reihe von Verfahren gegen das Syndikat der Vahed-Busfahrer eröffnet wurde. Daneben wurden mehrere Arbeiteraktivisten in Geheimdienst- und Justizzentren einbestellt und dort mit Anzeigen konfrontiert.

Für dieses Jahr haben die Erfahrungen mit dem brutalen harten Durchgreifen – zusammen mit den unglückseligen internen Streitigkeiten, die dadurch entstanden – und die zugegebenermaßen starke Polizeipräsenz im Land die meisten unabhängigen Arbeitnehmerorganisationen dazu veranlasst, die Versammlungen am Maifeiertag abzusagen. Stattdessen ermutigen sie Arbeitnehmer, den Anlass in kleinen Gruppen in den Fabriken und Geschäften zu feiern. Das Geheimdienstministerium, die reguläre Strafvollzugsbehörde und die Basij-Milizen am Arbeitsplatz haben die Anweisung bekommen, wachsam zu sein und auf der Hut vor jeder ungewöhnlichen Aktivität.

Die regierungsnahen Arbeitergruppen indessen haben eine Feierwoche angekündigt, die mit einer Versammlung an Ayatollah Khomeini’s Grab beginnt und mit einem inszenierten Treffen mit Ahmadinejad endet. Erste Berichte über den ersten Tag der „Arbeitnehmerwoche“ zeigen, daß ungefähr dreitausend Arbeiter sich am Grab versammelt haben, aber einen stillen Protest mit den Abzeichen ausdrückten, die sie trugen. Die angesprochenen Angelegenheiten reichten von fehlender Arbeitslosenversicherung über Pensionskürzungen bis zu mangelnder Jobsicherheit. Obwohl die Versammlung eigentlich innerhalb des Grabmals stattfinden sollte, wurde sie trotz des regnerischen Wetters außerhalb desselben durchgeführt. Die Polizeipräsenz war extrem stark. Jafar Azimzadeh, Führer der „Freien Versammlung der Arbeitnehmer im Iran“, sagte in einem Interview, daß die unabhängigen Gewerkschaften die „Arbeitnehmerwoche“ nicht als legitimiert ansähen und nur den Maifeiertag selbst als Tag für Aktivitäten in Betracht zögen. Er führte die „Arbeitnehmerwoche“ auf die Versuche der Regierung und regierungsnaher Organisationen zurück, eine Show zu veranstalten und ein verfälschtes Bild vorgeblicher Unterstützung bei dieser Gelegenheit vorzuspiegeln.

Die grünen Unterstützer der Arbeitnehmer andererseits haben zu einem Marsch zum Arbeitsministerium in Teheran aufgerufen sowie zu Versammlungen vor dem „Arbeiter-Haus“ in anderen Städten. Das „Organisationsbüro für den Maifeiertag 2010“ gab gestern ein Kommunique heraus, das die Forderungen der Arbeitnehmer auflistet und hat zu einer Versammlung auf den Stufen vor dem Arbeitsministerium um 17. Uhr aufgerufen, danach zu einem Marsch zum Platz der Revolution, der ungefähr einen Kilometer entfernt liegt. In den Provinzen hat das Organisationsbüro ebenfalls zu Versammlungen vor den Arbeitsverwaltungen aufgerufen. Nach Angaben des „Centers für Solidarität mit den Familien der Inhaftierten und der Gefallenen“ haben insgesamt 10 Arbeiter ihr Leben bei den Protesten der Grünen Bewegung nach der verfälschten Präsidentenwahl verloren. Das Center hat dazu aufgerufen, an den Gräbern dieser Märtyrer der Arbeiterbewegung Blumen niederzulegen.

Das „Netzwerk der iranischen Gewerkschaften NILU, das den „Iran Labor Report“ herausgibt, hat in einem Statement kürzlich dazu aufgerufen, dem Internationalen Tag der Arbeit größtmögliche Beachtung zu schenken, um ihn in einen größeren Antrieb zur Organisation zu verwandeln und die Einigkeit zwischen den Demokratie- und den Arbeitnehmerbewegungen zu zeigen. Iran Labor Report wird weiterhin täglich über diese Entwicklungen berichten und diesem möglicherweise historischen Maifeiertag im Iran auf den Fersen bleiben.

Deutsche Übersetzung: Günter Haberland, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben