Tagesarchiv: 29. April 2010

Politische Gefangene solidarisieren sich mit iranischen Arbeitern

Veröffentlicht bei Radio Zamaaneh am 29. April 2010
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2010/04/political-prisoners-expre.html

Eine Gruppe von iranischen politischen Gefangenen hat angekündigt, anlässlich des internationalen Tags der Arbeit am 1. Mai und des darauffolgenden Nationalen Tags der Lehrer aus Solidarität mit iranischen Arbeitern und Lehrern in den Hungerstreik treten zu wollen.

Die Webseite Jaras veröffentlichte die Ankündigung mit dem Kommentar: „Die derzeitige herrschende Klasse blickt dem nahenden Tag der Arbeit in einer Situation entgegen, in der die unteren Klassen wegen der falschen, ineffizienten und repressiven Politik immer größerem wirtschaftlichem Druck ausgesetzt sind.“

Letzte Woche hatte eine Gruppe politischer Gefangener in Abteilung 350 des Evin-Gefängnisses einen „politischen Streik“ angekündigt, mit dem sie gegen die harten Bedingungen in den Gefängnissen, die Verhörmethoden und die Verhängung unfairer Urteile protestieren wollen. Sie kündigten an, jede Woche bis zum Jahrestag der umstrittenen Präsidentschaftswahlen wöchentlich an mehreren Tagen in den Hungerstreik zu treten, wobei sich die Anzahl der Streiktage allmählich erhöhen soll.

Die Unterzeichner der Ankündigung schreiben: „Während die Mehrheit der Menschen unterhalb der Armutsgrenze lebt, wird der Reichtum des Landes für eine Politik ausgegeben, die nach Unterdrückung und Krieg strebt, und für internationale Bestechungen, um in den Vereinten Nationen Stimmen zu kaufen.“

Sie verurteilen die systematischen Versuche der Regierung, die unteren Klassen in die Armut zu treiben und durch Almosen der Regierung von sozialen Bewegungen zu entfremden. „Unter solchen Bedingungen ist es ebenso lächerlich, von Arbeiterrechten zu sprechen, wie es lächerlich ist, von Menschenrechten in iranischen Gefängnissen zu reden.“

Im letzten Jahr waren tausende politischer Dissidenten verhaftet worden, gegen viele von ihnen wurden langjährige Haftstrafen erlassen, um so die Proteste gegen die umstrittene Wiederwahl Mahmoud Ahmadinejads zu unterdrücken.

Berichten zufolge planen mehrere der Grünen Bewegung nahestehende Arbeitergewerkschaften, sich am 1. Mai vor dem Arbeitsministerium zu versammeln.

Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Moussavis richtet Botschaft an iranische Arbeiter und Lehrer

Veröffentlicht bei http://www.zamaaneh.com/enzam/ am 29. April 2010
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2010/04/mousavi-issues-message-to.html

Der Präsidentschaftskandidat der Wahlen vom vergangenen Sommer, Mir Hossein Moussavi, hat nochmals erklärt, dass es ohne „Wahlen unter Wettbewerbsbedingungen“, die Freilassung aller politischen Gefangenen und ohne die Freiheit aller nationalen und Arbeiterorganisationen nicht gelingen wird, die politischen Probleme Irans zu lösen.

Der frühere Ministerpräsident kritisierte die Regierung für ihre Versuche, die Probleme des Landes durch „Almosen, leere Versprechen und Serien von Werbemaßnahmen“ lösen zu wollen.

In einer Videobotschaft anlässlich des internationalen Tages der Arbeit (1. Mai) und des nationalen Tages der Lehrer (2. Mai) sagte der Oppositionsführer, Iran leide unter einer umfassenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Krise, die das Leben der Arbeiter und Lehrer des Landes direkt in Mitleidenschaft ziehe.

Die Verbote von Zeitungen, die Beschränkungen der Aktivitäten von Arbeiterorganisationen und politischen Gruppen sowie die fortgesetzten Verhaftungen politischer Aktivisten hätten ebenfalls Einfluss auf das Schicksal der Arbeiter und Lehrer, so Moussavi weiter.

Während der Proteste gegen die von der Opposition als gefälscht bezeichnete Wiederwahl Mahmoud Ahmadinejads im vergangenen Jahr waren tausende Menschen verhaftet worden. Sicherheitskräfte haben außerdem die Handlungsfreiheit für politische Organisationen und Gewerkschaften eingeschränkt bzw. deren Arbeit verboten.

Moussavi betonte: „Es ist unerlässlich, dass Lehrer und Arbeiter sich darüber klar werden, dass ihre Probleme im täglichen Leben eine direkte Folge der Probleme des Landes sind.“

Die Grüne Bewegung werde über eine „Rückkehr zur Verfassung“ weitermachen, so Moussavi. „Wenn es in der Verfassung Bestandteile gibt, die wir für veränderungswürdig halten, können wir diese Veränderungen durch eben dieses Gesetz vornehmen, denn das Gesetz ist nicht absolut.“

Er hob die Teile der Verfassung besonders hervor, die sich auf die Rechte des Volkes beziehen und erklärte: „Wenn diese in Vergessenheit geratenen Grundsätze [wieder aktiviert werden], können die Probleme des Landes nach und nach gelöst werden, und gleichzeitig wird sich die Situation und Position von Lehrern und Arbeitern verbessern.“

Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Regierung muss sich nun auch Vorwürfen der politischen Korruption stellen

Veröffentlicht bei Rooz Online am 28. April 2010
Quelle (Englisch): http://www.roozonline.com/english/news/newsitem/article/2010/april/28//political-corruption-added-to-administrations-economic-charges.html

von Bahram Rafiee
Während die Fälle „wirtschaftlicher Korruption“, in die mehrere Offizielle der Regierung Ahmadinejad verwickelt sind, von der Justiz untersucht werden, warnen mehrere bekannte Prinziplisten [1] im 8. Parlament, darunter auch Ahmad Tavakoli, vor der wachsenden „politischen Korruption“ in Regierung und Bürokratie. Diese sei „wesentlich schlimmer als die Wirtschaftskorruption“, so Tavakoli.

Ahmad Tavakkoli, der das Strategische Forschungszentrum des Parlaments leitet, sagte kürzlich: „Wir haben ein Stadium erreicht, in dem politische Korruption dramatisch ansteigt und es sogar Fälle gibt, in denen Entscheidungsträger bestochen werden. Diese Art Korruption ist viel schlimmer als die Wirtschaftskorruption, in der es um materielle Interessen Einzelner geht. Politische Korruption hingegen kann dazu führen, dass gesetzliche Entscheidungen getroffen werden, die die korrupten Interessen einzelner Personen bedienen. Außerdem kann es zu einer Einmischung Einzelner in die Verteilung der enormen Öleinnahmen führen.“

Zum Thema „politische Korruption“ sagte er: „Politische Korruption bedeutet, dass Politiker sich an wirtschaftlicher Korruption beteiligen, indem sie Gesetze und Vorschriften kaufen und verkaufen. Es ist viel schwerwiegender, dass es Versuche gibt, das Parlament mittels Bestechung, Drohungen oder Versprechungen zu infiltrieren. Leider haben wir keine umfassenden Gesetze, die sich mit politischer Korruption befassen.“

Tavakoli erklärte weiter: „Wenn dieses Problem nicht heute angegangen wird, wird es morgen zu spät sein. Die Justiz wird einem schwierigen Test unterzogen, denn sie befasst sich mit der Untersuchung zweier wichtiger Fälle. In dem einen Fall geht es um einen Regierungsmitarbeiter, in dem anderen um einen Verwandten eines führenden Regime-Offiziellen. Wenn die Justiz in diesen Fällen versagt, wird es meiner Ansicht nach in der öffentlichen Meinung den Test nicht bestehen und nicht mehr in der Position sein, um die Korruption zu bekämpfen.“

Der bekannte Parlamentarier fügte hinzu: „Personen, die selbst der Korruption bezichtigt werden, sollten nicht mit der Bekämpfung der Wirtschaftskorruption beauftragt werden, denn wenn sich die Vorwürfe gegen sie bewahrheiten, trifft das zu, was der Oberste Führer sagt: Man kann Glas nicht mit einem schmutzigen Tuch reinigen.“

Mit diesen Äußerungen bezog sich Ahmad Tavakoli auf Mahmoud Ahmadinejads Vizepräsidenten Mohammadreza Rahimi, der die Regierung in der Arbeitsgruppe zur Bekämpfung von Wirtschaftskorruption vertritt, obwohl die Justiz im Zusammenhang mit einem Fall von Wirtschaftskorruption gegen ihn ermittelt.

Im Land wird eine hitzige Debatte über „politische Korruption“ und „Wirtschaftskorruption“ geführt, nachdem die Justiz vor zwei Tagen keine Entscheidung über die erwähnten Fälle getroffen hatte. Ali Motahari, ebenfalls ein Parlamentsabgeordneter der Prinziplisten, ging sogar so weit zu sagen, dass „die Justiz in unserem Land nicht unabhängig genug“ sei.

„Wenn ein Fall von Wirtschaftskorruption eröffnet wird, werden Leute verhaftet und verhört und geben viele Dinge zu. Wenn der Fall aber hochrangige Regierungsbeamte einschließt, werden führende Offizielle erst einmal um Erlaubnis gebeten, bevor Ermittlungen gegen sie eingeleitet werden. Das ist eine verdrehte Methode.“

[1] Der Begriff „Prinziplisten“ ist ein Oberbegriff für konservative Kreise und Parteien. Die Fraktion der Prinziplisten im Parlament gehört seit langem zu den Kritikern Mahmoud Ahmadinejads (d. Übers.)

Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben