Tagesarchiv: 6. Mai 2010

Ahmad Zeidabadis Frau: “AIDS-Gefahr im Gefängnis Rajaee Shahr”

Veröffentlicht bei International Campaign for Human Rights in Iran/ICHRI am 6. Mai 2010
Quelle (Englisch): http://www.iranhumanrights.org/2010/05/danger-of-aids-at-prison-infirmary-says-zeidabadis-wife/

Die Ehefrau des bekannten iranischen Journalisten Ahmad Zeidabadi, der seit den Präsidentschaftswahlen im Iran im Gefängnis sitzt, äußerte sich der Organisation International Campaign for Human Rights in Iran (ICHRI) gegenüber besorgt um den Gesundheitszustand ihres Mannes. Mahdieh Mohammadi erklärte, das Gefängnis Rajaee Shahr in der Stadt Karaj, in dem ihr Mann sich befindet, bringe die Gefangenen nicht getrennt [nach der Art ihrer Vergehen] unter. Ihr Mann leiste seine Haft unter sehr schwierigen Bedingungen und zusammen mit gewöhnlichen und gewährlichen Gefangenen ab. Obwohl die geforderte Kaution in Höhe von 500.000 Dollar bereits gezahlt worden sei, sei ihr Mann weiterhin in Haft; die Kaution befinde sich im Gewahrsam der Justiz.

Für einen 15minütigen Besuch bei Zeidabadi müssten sie und ihre drei Kinder viele Stunden einkalkulieren. „Herr Zeidabadi befindet sich im Rajaee Shahr-Gefängnis im Exil. Er ist zusammen mit gewöhnlichen Häftlingen untergebracht, die schwere Verbrechen wie Mord oder Schmuggel verübt haben. Keiner der politischen Gefangenen ist in seiner Nähe. Er wurde zu sechs Jahren Haft und fünf Jahren Exil sowie einem lebenslangen sozialen und politischen Betätigungsverbot verurteilt, so Mohammadi weiter.

„Unsere Besuche bei ihm sind sehr schwierig. Ich kann ihn nur alle paar Wochen besuchen, und wenn ich die Fahrtzeit mit einrechne, dauert jeder Besuch ungefähr fünf Stunden, denn das Gefängnis ist 40 Kilometer entfernt, und wenn wir dort angekommen sind, müssen wir sehr lange auf unseren 15minütigen Besuch warten. Unsere Kinder können ihren Vater nur alle drei oder vier Monate besuchen.“

Über Ahmad Zeidabadis unzumutbare Verhör- und Haftbedingungen in Verhören während des letzten Jahres sagte Mohammadi: „In diesem Fall gibt es viele Rechtsverstöße. Angefangen vom ersten Tag, als er um 22 Uhr aus unserem Haus entführt wurde, über 141 Tage Einzelhaft, Schläge, und während der gesamten Zeit seiner illegalen Verhöre wurden seine Rechte immer wieder verletzt. Bei den Verhören wurde ihm ein Blatt Papier vorgelegt mit der Anordnung, seine eigenen Anklagepunkte aufzuschreiben. Dabei hätte er eigentlich über seine Anklagen informiert werden müssen. Sie gaben ihm dieses Blatt Papier, schlugen ihn brutal und befahlen ihm, all seine moralischen und finanziellen Verbrechen aufzuschreiben. Sie versuchten, ihm all diese Anklagepunkte aufzuzwingen, aber er akzeptierte sie nicht. Er antwortete ihnen, er sei Journalist und seine Akten seien sauber. Sie nahmen das Blatt Papier wieder weg und feuerten einen Schuss in seiner Zelle ab. Er sagte mir, er habe sich gefühlt, als ob sein Gesicht taub sei. Nach 141 Tagen wurde er in Abteilung 350 verlegt, wo er für sehr kurze Zeit mit anderen politischen Gefangenen zusammen war. Aber am 1. Februar wurde er ins Gefängnis Rajaee Shahr verlegt.“

Mahdieh Mohammadi betonte die Ungerechtigkeit im Fall ihres Mannes. In der Anklageschrift, die dem harten Urteil gegen ihren Mann zu Grunde liegt, sei Bezug auf illegale Aspekte in seinen Aktivitäten genommen worden, er habe „die Absicht gehabt, zu täuschen, indem er das Gesetz befolgt“.

„Wie die Justiz meinen Mann behandelt zeigt nur, dass alle, die die Unterstützung der Behörden haben, das Gesetz mit Füßen treten können, so wie Herr Mortazavi, dem so viele illegale Handlungen, darunter sogar Mord, vorgeworfen werden, der aber ein bequemes Leben in Freiheit führen kann.“

Mahdieh Mohammadi beschreibt die unhygienischen und nicht standardgemäßen Zustände, unter denen Zeidabadi und andere in Rajaee Shahr inhaftierte Gefangene festgehalten werden: „Die hygienischen Bedingungen im Gefängnis sind nicht gut. Das Wasser im Gefängnis war lange Zeit brackig und nicht zu benutzen. Unter diesen Bedingungen konnte er auch nicht duschen. Offenbar besteht die Abteilung, in der er ist, aus einem langen Flur mit Räumen zu beiden Seiten, die früher Einzelzellen waren. Die Türen zu diesen Zellen wurden entfernt, und jetzt leben drei Personen in jeder Zelle. Das Essen im Gefängnis ist schlecht, und im Gefängnisladen gibt es kein annehmbares Angebot an Lebensmitteln. Es gibt große Sorge wegen Krankheiten wie AIDS in der Krankenstation des Gefängnisses. Ich sage ihm immer, er soll möglichst nicht in die Krankenstation gehen, denn die meisten der drogensüchtigen Gefangenen haben AIDS, und ich befürchte, dass er sich anstecken könnte, wenn er in die Krankenstation geht.“

Ahmad Zeidabadi wird regelmäßig Zeuge von Zwischenfällen und Kämpfen unter den Gefangenen, die überführte Mörder, Schmuggler und Drogensüchtige sind. Seinen eigenen Angaben zufolge hat er miterlebt, wie ein Gefangener in einem Gruppenkampf ermordet wurde. Mahdieh Golroo ist besorgt angesichts der fehlenden Sicherheit ihres Mannes in dieser Situation der gemischten Unterbringung. Sie sagte ICHRI gegenüber: „Es gibt gefährliche Häftlinge in dieser Abteilung. Einmal haben sie zum Beispiel ein tragbares Fußballtor gestohlen und aus dem Metallrahmen Messer angefertigt. Die Gefangenen ziehen bei der kleinsten Meinungsverschiedenheit das Messer. Er hat gesehen, wie sie sich gegenseitig mit Messern verletzen, und einmal wurde jemand in dem Handgemenge getötet. In dieser Abteilung fangen viele süchtige Gefangene oft wegen Geld Streit an. Die Tatsache, dass in diesem Gefängnis furchtbare Bedingungen herrschen und menschenrechtliche Grundsätze nicht beachtet werden, ist schlimm genug. Aber Herr Zeidabadi gehört nicht in dieses Gefängnis. Nach den Vorschriften zur getrennten Unterbringung von Gefangenen dürfte er als Journalist nicht so untergebracht werden.“

Ahmad Zeidabadis Ehefrau zufolge verweigert der Richter von Abteilung 26 des Revolutionsgerichts eine Freilassung gegen Kaution oder einen kurzen Hafturlaub, obwohl die Kaution, deren Höhe schon mehrmals heraufgesetzt wurde, bereits hinterlegt wurde.

Hintergrundinformationen:
Am 2. Januar 2009 wurde Ahmad Zeidabadi, ein bekannter Journalist, zu sechs Jahren Gefängnis, fünf Jahren Exil in Gonabad und einem lebenslangen Verbot sozialer und politischer Aktivität verurteilt. Angeklagt war er „des Versuches, eine samtene Revolution durchzuführen“. Der wichtigste Beweis für diese Anklage war ein offener Brief, den Zeidabadi an den iranischen Präsidenten geschrieben hatte. Darin hatte er ihn kritisiert. Ein Berufungsgericht bestätigte das erste Urteil. Obwohl die Kaution für Zeidabadi in voller Höhe hinterlegt wurde, ist er nicht gegen Kaution freigelassen worden und durfte seit fast einem Jahr keinen Hafturlaub nehmen.

Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Afghanen demonstrieren gegen “schlechte Behandlung” durch Iran

Veröffentlicht bei Green Voice of Freedom am 6. Mai 2010
Quelle (Englisch): http://en.irangreenvoice.com/article/2010/may/06/1815

Hunderte Afghanen haben gegen die angebliche schlechte Behandlung und die Hinrichtung mehrerer afghanischer Flüchtlinge durch die iranischen Behörden demonstriert.

Der Protest folgte auf den kürzlichen Besuch einer Delegation afghanischer Parlamentarier im Iran, die Notlage von 1 Million im Land lebender Afghanen untersuchen sollte.

Mehrere Tausend wurden von den iranischen Behörden verhaftet, Berichte sprechen von Hunderten, die zum Tode verurteilt wurden.

Einige Parlamentarier sprechen von 50 in den letzten Wochen von Iran hingerichteten Afghanen.

Der Sprecher des afghanischen Außenministeriums, Zaher Fagiri, sagte am Donnerstag hingegen, lediglich sechs Afghanen seien im Iran hingerichtet worden. Allerdings befänden sich zwischen 4000 und 5000 Afghanen in iranischen Gefängnissen, bestätigte er.

Korrespondenten zufolge löst die Behandlung von Afghanen im Iran in Afghanistan große Besorgnis aus.

Eine ähnliche Demonstration fand schon vergangene Woche statt.

Während der Besetzung Afghanistans durch die Sowjetunion und später während des Bürgerkrieges kamen Millionen [afghanischer] Flüchtlinge nach Iran. In den letzten Jahren hatte Iran viele von ihnen wieder nach Afghanistan ausgewiesen.

Teheran war ein Gegner des von der Afghanistan-Invasion unter Führung der USA gestürzten Taliban-Regimes. Seither verzeichnet der Iran infolge des leicht erhältlichen Heroins, das aus Afghanistan über die Grenze ins Land gelangt, einen Anstieg des Drogenkonsums.

BBC

Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Die Freie Universität als künftiges Schlachtfeld gegen Rafsanjani

Veröffentlicht bei Rooz Online am 6. Mai 2010
Quelle (Englisch): http://www.roozonline.com/english/news/newsitem/article/2010/may/06//azad-university-coming-battleground-against-rafsanjani.html

Von Nazanin Kamdar

Nachdem kürzlich neue Regelungen für die Azad-Universität [Freie Universität] in Kraft getreten sind – demnach soll der Universitätspräsident in Zukunft alle vier Jahre gewählt werden – haben regierungsnahe Medien den derzeitigen und langjährigen Präsidenten Abdollah Jasbi verbal angegriffen. Jasbi ist auch einer der Führer der konservativen Partei „Motalefe Islami“ (Islamische Koalition) und ein enger Verbündeter von Haschemi Rafsandschani, dem Vorsitzenden des mächtigen Schlichtungsrates.

Nach längeren Bemühungen, die Kontrolle über die Azad-Universität zu übernehmen, hat Mahmoud Ahmadinejad letzte Woche die Umsetzung des neuen Statuts angeordnet. Damit werden zwei Ziele erreicht: die Präsidentschaft Jasbis wird zeitlich begrenzt, und der Name des führenden Oppositionspolitikers Mir-Hossein Mousavi verschwindet aus dem Kuratorium der Universität. Jasbis mögliche zukünftige Abwahl wird als Sieg Ahmadinejads im Kampf um ein Amt betrachtet, das bisher von
Rafsandschanis Verbündeten besetzt worden ist.

Die neuen Regeln sehen vor, dass der Präsident der privaten Universität auf Vorschlag des Kuratoriums für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt wird, wobei eine Bestätigung durch den Obersten Rat der Kulturrevolution erforderlich ist. Anschließend erfolgt die formale schriftliche Ernennung durch den Vorsitzenden des Kuratoriums.

Im Rahmen der jüngsten Medienkampagne gegen Jasbi veröffentlichte die Internetseite Jahan News, die mit dem ehemaligen Leiter der Bassiji-Studenten und regierungsnahen Abgeordneten Alireza Zakani in Verbindung gebracht wird, einen Bericht, in dem behauptet wird, die Universität habe die Kampagne Mousavis zur Präsidentschaftswahl im Juni 2009 unterstützt.

Jahan News schreibt: „Wie aus offiziellen Sitzungsprotokollen hervorgeht, fordert die Leitung der Azad-Universität ihre Lehrkräfte und Studenten sowie Hochschulorganisationen auf, Mousavi zu unterstützen. Auf einem Treffen, an dem Professoren, ein Vertreter Jasbis und einige Mitglieder studentischer Gruppen teilnahmen, wurde beschlossen, dass die Universität durch ihre Verwaltung und Professorenschaft offiziell mit Mousavis Wahlkampagne kooperieren soll.

Dem Artikel zufolge wurde auf der Sitzung auch beschlossen, Mousavi zu einem Besuch der Fakultät einzuladen, an der auch Rafsandschanis Töchter Faezeh und Fatemeh Hashemi tätig waren. Jahan News beschränkt sich aber nicht auf die Berichterstattung, sondern geht so weit, die Verfolgung Jasbis zu fordern. Weiter heißt es: „Es ist zu erwarten, dass zumindest die Leitung der Azad-Universität vor Gericht gebracht wird, wo sie sich den Vorwürfen stellen muss.“ Die Nachrichtenseite
verspricht, weitere inkriminierende Berichte über die Rolle der Hochschulleitung im Zusammenhang mit den Ereignissen nach der
Präsidentschaftswahl sowie über die Zweckentfremdung von Studiengebühren für politische Zwecke vorzulegen.

Laut der Nachrichtenagentur Fars hat ein Ahmadinejad nahestehendes geistliches Mitglied des Rates der Kulturrevolution die politischen Ziele des neuen Universitätsstatuts offengelegt. Anlässlich eines von der paramilitärischen Bassiji-Studentenorganisation veranstalteten Seminars mit dem Titel „Auf der Suche nach Gerechtigkeit“ sagte Abbas Nabavi: „Jasbi hat bekannt gegeben, dass die Universität einen anderen, echten Präsidenten hat und er nur dessen Vertreter ist. Alle Fragen sollen daher an den Präsidenten gerichtet werden.“

Nabavi setzte seine Rede mit einer Provokation gegen Jasbi fort: „Ich fordere hiermit den eigentlichen Präsidenten der Azad-Universität, Ayatollah Hashemi Rafsandschani, auf, diese Angelegenheit zu beenden, denn die bestehenden Probleme werden durch das jetzige Management nicht gelöst. Daher bin ich dafür, dem Obersten Rat der Kulturrevolution einen unabhängigen und kompetenten Kandidaten vorzuschlagen, der Herrn Jasbi ablösen soll.“

Der Name Abbas Naimis taucht im Zusammenhang mit den politischen Machtkämpfen im Iran nicht zum ersten Mal auf. Vielmehr ist er zum ernsthaften Herausforderer Hashemi Rafsandschanis geworden, welcher in den letzten Jahren der prominenteste Kritiker der Azad-Universität war. Gegenüber einem Reporter der Nachrichtenagentur Fars äußerte sich Jasbi zufrieden mit dem neuen Statut der Azad-Universität, einschließlich der Begrenzung der Amtszeit des Präsidenten: „Diese Satzung ist das Ergebnis eines langjährigen Prozesses, in dem zunehmend transparente Regeln aufgestellt wurden.“ Er fügte hinzu, dass diese Änderungen auch die obersten Stufen der Verwaltung betreffen müssten: „Es muss auch beim Kuratorium der Universität
Veränderungen geben, was bisher nicht passiert ist. Das ist ein ernstes Problem. Ich denke, der Rat der Kulturrevolution war in den letzten drei Jahrzehnten nicht in der Lage, adäquate Reformen durchzuführen. Daher sind die enormen Ressourcen der Universität von einem bestimmten politischen Lager monopolisiert worden. Die iranische Bevölkerung möchte wissen, was hinter den Kulissen der Azad-Universität geschieht, was aber bei der derzeitigen Besetzung des Kuratoriums vielleicht nicht möglich ist.“

Die Mitglieder des Kuratoriums der Azad-Universität werden von Mahmoud Ahmadinejad ernannt. Zur Zeit sind dies: Akbar Haschemi Rafsandschani, Seyed Abdol-Karim Mousavi Ardebili, Abdollah Jasbi, Ali-Akbar Velayati, Hassan Habibi, Seyed Hassan Khomeini, Mohsen Ghomi und Hamid Mirzadeh.

In den letzten Wochen haben regierungstreue Medien mehrfach zur Verhaftung von Mehdi Haschemi Rafsandschani aufgerufen, dem Sohn des Präsidenten des Nationalen Schlichtungsrats, der auch Leiter der Geschäftsstelle des Kuratoriums der Azad-Universität ist.

Jasbi selbst ist Mitglied der ältesten rechtskonservativen Gruppierung im Iran, der Islamischen Koalitionspartei. Einige Mitglieder der Partei hatten Haschemi Rafsandschani während der Präsidentschaftswahl von 2005 unterstützt und damit den Zorn der Extremisten um Ahmadinejad entfacht.

Ahmadinejads Abneigung gegenüber der Koalitionspartei ist so groß, dass er kein Mitglied der Partei in sein Kabinett berufen hat.

Deutsche Übersetzung: Elli Mee, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben