Tagesarchiv: 15. Mai 2010

Staatsanwaltschaft Teheran: 6 Todesurteile gefällt, 217 Inhaftierungen bestätigt

Veröffentlicht bei Persian2English am 15. Mai 2010
Quelle (Englisch): http://persian2english.com/?p=10730

Teheraner Staatsanwaltschaft: 217 Inhaftierungen wurden bestätigt, sechs Todesurteile gefällt, und Moussavis Unterstützung für die fünf [vor Kurzem] Hingerichteten wird als Verbrechen angesehen.

Abbas Jafari Dowlatabadi

RAHANA – Der Teheraner Staatsanwalt Abbas Jafari Dowlatabadi hat die jüngsten Proteste gegen die Hinrichtung von Farzad Kamangar, Shirin Alam Hooli, Mehdi Eslamian, Farhad Vakili und Ali Heydarian als „Atmosphäre der Arroganz der internationalen Medien“ bezeichnet. Die [diesbezüglichen] Statements von Mir Hossein Moussavi gälten als Verbrechen. „Seine Unterstützung für diese Personen stellt ein neues Verbrechen dar, und wenn der Tag des Urteils über die Opposition gekommen ist, wird man sich damit genauer beschäftigen“, so Dowlatabadi weiter.

In einem Interview mit Fars News erklärte Dowlatabadi, es seien zehn Todesurteile gegen Personen gefällt worden, die nach den Präsidentschaftswahlen [vom Juni 2009], insbesondere am Tag Ashura [27. Dezember 2009] verhaftet wurden. Die Todesurteile gegen Ahmad Daneshpour Moghaddam, Mohsen Daneshpour Moghaddam und Alireza Ghanbari seien vom Berufungsgericht bestätigt worden. Die drei Gefangenen hätten Begnadigung beantragt.

Dowlatabadi weiter: „Drei weitere Personen, Motehareh Bahrami Haghighi, Reyhane Haj Ebrahim Dabagh und Hadi Ghaemi waren vom ersten Gericht zum Tode verurteilt worden, ihre Urteile sind jedoch vom Berufungsgericht in Haftstrafen umgewandelt worden.“

Dem Teheraner Staatsanwalt zufolge wurden Arsalan Abadi und Mohammad Amin Valian von der Anklage wegen Moharebeh (Feindschaft gegen Gott) freigesprochen. „Die Urteile gegen die 217 Personen, die nach der Wahl verhaftet wurden, sind endgültig. Die Berufungsanträge wurden geprüft und die Urteile sind nunmehr endgültig bestätigt“, so Dowlatabadi weiter.

Er erklärte: „Wir haben zur Zeit drei bestätigte Todesurteile gegen Mohammad Ali Saremi, Jafar Kazemi und Mohamad Ali Haj Aghai.” Bei diesen drei Männern handele es sich um Unterstützer der Opposition.

Dowlatabadi weiter: „Die Staatsanwaltschaft hat im Zusammenhant mit den Ereignissen von Ashura zehn Personen des Vergehens der Moharebeh angeklagt. Von diesen zehn wurden Arsalan Abadi und Mohammad Amin Valian [vom Vorwurf der Moharebeh] freigesprochen. Die Anklagen gegen drei Personen wurden bestätigt, für drei weitere wurden die Anklagen reduziert, und für die letzten beiden wurden die Anklagen noch nicht erhoben, da die Gerichtsverhandlungen noch ausstehen.“

Bezüglich Mir Hossein Moussavis Drohung, künftig gegen die Justiz vorgehen zu wollen, sagte Dowlatabadi: „Dass er bisher noch nicht verhaftet wurde, liegt nicht daran, dass wir unfähig oder nicht willens sind, oder dass wir nachlässig sind oder mit ihnen übereinstimmen. Es liegt daran, dass der Zeitpunkt nicht der richtige ist. Es ist wie bei einer gereiften Frucht – sobald die Zeit gekommen ist, wird gehandelt werden.“

Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Gefangene der Zeit nach der Wahl erhalten harte Haftstrafen

Veröffentlicht bei Radio Zamaaneh am 15. Mai 2010
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2010/05/iranian-election-detainee-1.html

Das Berufungsgericht hat hohe Gefängnisstrafen für die Gefangenen der Zeit nach der iranischen Präsidentschaftswahl Massoud Bastani, Azar Mansouri, Saeed Nouri Mohammadi und Mohammad Amin Valian bestätigt.

Wie die Nachrichtenagentur ILNA heute berichtete, gab Mohammad Sharif, Anwalt des inhaftierten Journalisten Massoud Bastani heute bekannt, dass sein Klient zu einer Gefängnisstrafe von sechs Jahren verurteilt wurde. Das Berufungsgericht behielt das ursprüngliche Urteil bei.

Massoud Bastani erhielt fünf Jahre wegen „Schaffung von Chaos“ sowie ein Jahr wegen „Propaganda gegen das Regime“. Außerdem muss er 34.000 Dollar Strafe zahlen.

Azar Mansouri, langjähriges Mitglied der reformorientierten Organisation „Islamische Iranische Partizipationsfront“, wurde vom Berufungsgericht zu drei Jahren Haft verurteilt. Sie war im vergangenen September verhaftet worden und ist derzeit gegen Kaution frei.

Mohammad Mostafaei, Anwalt des Leiters der Jugendabteilung der Islamischen Iranischen Partizipationsfront Saeed Nour Mohammadi, gab bekannt, dass sein Klient zu fünf Jahren Gefängnis und einem 30jährigen politischen Betätigungsverbot verurteilt worden sei.

Das Revolutionsgericht gab außerdem bekannt, dass Mohammad Amin Valian vom Berufungsgericht zu dreieinhalb Jahren Haft und einer Geldstrafe in Höhe von 3 Millionen Rial verurteilt wurde.

Valian war in der ersten Anhörung wegen „Moharebeh“ zum Tode verurteilt worden.

Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

62jähriger politischer Gefangener Ali Saremi zum Tode verteilt

Veröffentlicht bei RAHANA am 15. Mai 2010
Quelle (Englisch): http://www.rhairan.biz/en/?p=3501

Zusatz von englishtogerman: Eine online-Petition für Ali Saremi kann man hier unterschreiben

Was ist aus einem Land geworden, in dem ein 62jähriger Mann, der mittlerweile seit zwei Jahrzehnten im Gefängnis sitzt, wegen einer rachsüchtigen Laune des Geheimdienstes und der Justiz zum Tode verurteilt wird und all seine Rechte verliert?

Am 2. September 2007 kehrte der damals 60jährige Ali Saremi heim von einer Gedenkveranstaltung zu Ehren der Opfer des 1988 begangenen Massakers an politischen Gefangenen im Iran. Bei seiner Rückkehr wurde Saremi von Agenten verhaftet, die schon in seinem Haus auf ihn warteten. Er wurde in sein altes Zuhause gebracht: das Evin-Gefängnis.
Alles, was Ali Saremi vor seiner Rückkehr nach Hause getan hatte, war, an einer Zeremonie teilzunehmen und dort auch zu sprechen, die auf dem Kharavan-Friedhof zur Erinnerung an die Menschen stattgefunden hatte, die auf unmenschlichste Art und Weise ums Leben gekommen waren. In den Augen der Geheimdienst- und Justizbehörden, die mit Bulldozern die Leichen politischer Gefangener schänden, wenn sie die Gelegenheit dazu haben, hat Saremi ein unverzeihliches Verbrechen begangen, indem er schlicht an der Zeremonie teilnahm – ein Verbrechen, für das er die nächsten 26 Monate im Gefängnis verbringen musste allein auf Grund eines vorübergehenden Haftbefehls, und war dabei jeder möglichen Misshandlung von Seiten des Gefängnispersonals ausgesetzt.
Saremi wurde zuerst in Abteilung 209 von Evin gebracht, wo er für 7 Monate gefangengehalten wurde, davon 4 Monate in Einzelhaft. Er wurde täglich gefoltert und langen, schmerzhaften Befragungen ausgesetzt. Was war einfacher für die Vernehmungsbeamten in Evin als Saremi, der an Schilddrüsenüberfunktion leidet, die notwendigen Medikamente zu verweigern? Sie stoppten seine Medikamentenversorgung zwei Mal, was verschiedene Komplikationen bei Saremi nach sich zog. Derzeit hat Saremi Sichtbeschwerden und die Gefängnisverwaltung verweigert ihm weiterhin medizinische Hilfe.
Wie auch bei anderen politischen Gefangenen hatte Ali Saremi nicht nur selbst die Qual der Haft zuu ertragen. Am 7. November 2007 wurde Saremi’s Frau Mahin auf Anordnung des Richters Haddad verhaftet und einige Wochen in Abteilung 209 des Evin-Gefängnisses in Einzelhaft festgehalten, nachdem sie darauf bestanden hatte, Informationen über ihren Mann zu bekommen. Nach ihrer Freilassung verlangten die Vernehmungsbeamten von der Familie, weitere Informationswünsche zu unterlassen und die Anweisungen des Geheimdienstes zu beachten.
Nach 7 Monaten Tortur in Abteilung 209 wurde Saremi schließlich in Abteilung 350 desselben Gefängnisses überstellt. Der Wärter Bozorgnia hatte spezielle Anweisungen für die Gefangenen. Siue mussten an allen Gebeten und allen religiösen Trauerfeierlichkeiten teilnehmen und außerdem wurden ihre Telefongespräche von den Wachen überwacht. Saremi, der zusammen mit anderen Gefangenen gegen diese Handlungsweise der Aufseher protestierte, wurde bestraft und am 24. Januar 2009 in eine Einzelzelle in Abteilung 240 verlegt, wo er die nächsten 2-3 Monate verbrachte.
Das Schicksal von Saremi, Misagh Yazdan-Nejad und Mohammad-Ali Mansouri, die zusammen mit ihm gefangen waren, nahm eine Wendung als ihre Fälle bei der 15. Spruchkammer des Revolutionsgerichts landeten: bei Richter Salavati. Salavati ist derselbe Mann, der Hamed Rouhinejad wegen seiner Rolle bei den Unruhen nach der Wahl zum Tode verurteilte. Rouhinejad war aber bereits vor der Wahl im Juni verhaftet worden.
Saremi’s Prozeß und seine gerichtlichen Anhörungen wurden mehrfach aus unbekannten Gründen verschoben. Außerdem wurde ihm jetzt nicht mehr allein die Beteiligung an der Gedächtniszeremonie vorgeworfen; die Anklage hatte sich geändert und die neuen Beschuldigungen beinhalteten Untersützung der Mojahdin Khalgh-Organisation (MEK), Feindschaft zum Regime und eine Reise in den Irak zum Besuch der MEK-Basis in Ashraf. Der Druck auf Saremi, der in Abteilung 350 von Evin saß, hielt an und schließlich wurde er am 17. Oktober 2009 aus unbekannten Gründen in eine Einzelzelle in Abteilung 2A verlegt. Saremi’s Drangsal endete am 29. Dezember 2009. Seine Tortur dauerte 26 Monate, davon 9-10 in Einzelhaft, und das auf Grund eines zeitweiligen Haftbefehls; Folter, endlose Verhöre, Beleidigungen, Todesdrohungen eines Vernehmungsbeamten namens Alavi, Verschiebungen von Gerichtshandlungen und ein übermäßig langer Ermittlungsprozess. Ein Justizbote übergab dem 62-jährigen politischen Gefangenen ein Todesurteil.
Nachdem er 20 der letzten 30 Jahre in Haft verbracht hatte, verstand Saremi, daß er den Strick zu erwarten hatte. Einen Tag nach der Übergabe des Briefs durch den Justizboten brach der alte politische Gefangene sein gewohntes Schweigen und schrieb einen Brief an seine iranischen Mitbürger, nachdem er Tausenden illegaler Akte und Verletzungen seiner Rechte ausgesetzt war, einen Brief, geschrieben von einem Mann, der zwanzig Jahre lang im Gefängnis saß und durchgehend unter Menschenrechtsverletzungen litt:
„Gleichzeitig mit der ständig wachsenden Woge der berechtigten Erhebung des iranischen Volkes für Freiheit und die Rettung unseres Landes aus den Klauen der Unterdrückung sucht das Regime, eine Reihe unschuldiger Menschen zu verhaften und sogar zu morden, um in den Herzen der menschen und der Jugend Angst und Schrecken zu verbreiten, in der Hoffnung, so ihre Wut und ihre Proteste abbiegen zu können. Aus diesem Grund gibt es Anzeichen, vielleicht schon beginnend mit dem Todesurteil gegen mich gestern, daß das Regime einen weiteren Plan für ein Massaker gefasst hat.
Dies während ich – selbst nach den Gesetzen dieses Regimes – keinerlei Verbrechen begangen habe, außer daß ich vor mehr als 2 Jahren meinen Respekt bezeugt und für die ermordeten politischen Gefangenen gebetet habe, die in den Massengräbern von Kharavan liegen.
Es ist deutlich, daß mein Todesurteil jeder rechtlichen Basis entbehrt und daß es das einzige Ziel meiner Hinrichtung ist, die Bürger und die Jugend dieses Landes zu erschrecken und sie davon abzuhalten, ihre Forderungen weiter zu verfolgen. Deshalb erachte ich es in diesen Tagen des Gedenkens an das Martyrium des Imams Hussein als angemessen, diese Worte zu wiederholen, die der Führer der freiheitsliebenden Menschen (Imam Hussein) begeistert gesprochen hat:
Wenn Mohammad’s Weg und jetzt das Schicksal unseres eigenen Landes keinen Frieden erwarten kann außer durch das Vergießen meines Blutes und des Blutes von Leuten wie mir, dann die Schlingen an den Galgen – hängt mich jetzt!
Mein Blut ist nicht anders als das Blut von Neda und der anderen jungen Menschen, deren Blut tagtäglich auf den Straßen vergossen wird. Dies wird die Berechtigung unseres Wegs nur verstärken und unsere Furchtlosigkeit und unseren Stolz, besonders in den Tagen von Moharram und ganz besonders weil unser Blut an den Händen der grausamsten aller Menschen klebt.
Am Ende möchte ich alle Menschen auf der Erde und alle Menschenfreunde darauf aufmerksam machen, daß das Regime mich, Leute wie mich, Jugendliche und Gefangene an den Galgen bringt, um das Volk mit unseren Leichen zu verängstigen und zu erschrecken, genau wie es Ibn Ziad getan hat.
Der Chefankläger von Teheran und Sprecher der Maljis, Larijani, und andere kriminelle Beamte haben diese Schamlosigkeit auch schon im Fernsehen wiederholt, um das Volk zu erschrecken. Dabei gibt es keinen Zweifel, daß solche Sätze und Drohungen auf meiner Seite und der meiner Mitkämpfer nicht das geringste Zurückweichen auf dem Weg zu einem freien Iran bewirken werden.
Und als Vater, der 23 Jahre seines Lebens in den Gefängnissen dieses Regimes und seiner Vorgänger verbracht hat, um die Freiheit seines Vaterlandes zu verteidigen, erkläre ich an die Adresse von Larijani und anderer Krimineller: Während eurer Existenz müsst ihr ein reines Leben führen. Wie verdorben wäre ich, würde ich verfehlen, meinen Glauben so fest und stark zu machen wie einen Fels. Ein höheres Vermächtnis, das den leblosen Dreck weit überragt.“

Was ist aus einem Land geworden, wenn ein 62-jähriger Mann, der 2 Jahrzehnte im Gefängnis gesessen hat, jetzt zum Tode verurteilt wird und alle Rechte verliert nur wegen einer rachsüchtigen Laune von Geheimdienst- und Justizbeamten?

Deutsche Übersetzung: Günter Haberland, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben