Tagesarchiv: 24. Mai 2010

“Niemand weint über Majids Hungerstreik”

Veröffentlicht bei RAHANA am 24. Mai 2010
Quelle (Englisch): http://www.rhairan.biz/en/?p=3793

„Mein Sohn ist weder Politiker, noch ist er Künstler. Die Welt weiß nichts von ihm, und niemand weint darüber, dass er im Hungerstreik ist.“

RAHANA – Majid Tavakoli ist aus Protest gegen seine Verlegung in Einzelhaft in den Hungerstreik getreten. Seine Mutter sagte der oppositionellen Webseite Jaras gegenüber, es sei für sie als Mutter unerträglich mitanzusehen, wie ihr Sohn leide, obgleich sie sein Durchhaltevermögen kennt. „Mein Sohn ist weder Politiker, noch ist er Künstler. Die Welt kennt ihn nicht, und niemand weint darüber, dass er im Hungerstreik ist. Niemand sieht unsere Tränen, und ich glaube nicht, dass irgendein Politiker von seinem Hungerstreik gehört hat.“

Mit Bezug auf die Hungerstreiks der [inhaftierten iranischen Filmemacher] Panahi und Nourizad und die darauf folgende internationale Unterstützung, die sehr bald zu Reaktionen seitens der Teheraner Staatsanwaltschaft geführt hatten, sagte Frau Tavakoli, ihr Sohn sei ein gewöhnlicher Student, und offenbar sei kein Politiker willens, sich bei der Staatsanwaltschaft für ihn einzusetzen. Auch die Justiz habe kein Interesse daran, eine Mutter anzuhören, die seit Monaten gewartet habe, ohne mit den Medien zu sprechen. „Ich habe keine andere Wahl, als die Menschen um Hilfe zu bitten.“

Frau Tavakoli sagte, ihr Sohn sei zwar kein Künstler, aber er kenne die Kunst, sich zu behaupten, wenn er nichts illegales getan habe. Er zahle den Preis für seine Beharrlichkeit.

Frau Tavakoli, die selbst nichts mehr gegessen hat, seit sie von Majids Hungerstreik erfuhr, sagte, sie werde ihren eigenen Hungerstreik zu Hause fortsetzen.

Mit Blick auf den Besuch der Mütter der drei inhaftierten amerikanischen Kletterer sagte Frau Tavakoli, das Glück dieser Mütter sei wie ihr eigenes. „Ich wünsche keiner Mutter, dass sie von ihrem Kind getrennt wird. Ich bin glücklich zu sehen, dass sie ihre Kinder in einem Hotel besuchen konnten. Doch eben dieses Recht wurde den Müttern iranischer Gefangener vorenthalten.“

Frau Tavakoli macht sich Sorgen um Majid, der an Lungenproblemen leidet. Da er das Trinken verweigert, könne er gefährliche nervöse Anfälle bekommen. „Majid ist wegen seines Zustandes mehrfach in der Gefängnisklinik gewesen, und die Ärzte in Evin wissen genau, dass er in einem schlechten körperlichen Zustand ist.“

Sie erwähnte den Anruf Mehdi Karroubis und sagte, Karroubi sei der einzige gewesen, der sie angerufen habe. Sie hoffe, dass andere Politiker Karroubis Beispiel folgen.

Am Ende des Interviews sagte Frau Tavakoli mit gebrochener Stimme, sie habe sich bis gestern um die Freilassung ihres Sohnes gefleht, aber die Antwort auf ihr Flehen sei die Verlegung ihres Sohnes in Einzelhaft gewesen. „Sie haben einen wehrlosen Studenten in Einzelhaft genommen, weil Sie wissen, dass Majid keine politische oder internationale Unterstützung hat, die seinem Protest und seinem Hungerstreik eine Stimme verleiht. Bitte, lassen Sie ihn ins Gefängnis zurückkehren, tun Sie etwas, damit er wenigstens seinen Hungerstreik beendet. Jetzt, wo ich weiß, dass Ihre Gerechtigkeit sich nicht auf iranische Mütter erstreckt, werde ich nicht mehr um seine Freilassung bitten. Geben Sie ihm nur seine Gesundheit zurück.“

Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Aktion: Weltweiter Hungerstreik für Majid Tavakoli am 26. Mai 2010
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Schreiben Sie Briefe an den iranischen Justizchef und die europäischen Außenminister:
Hintergrund, Brieftexte und Adressen

Menschenrechtsaktivist Kaveh Ghasemi Kermanshahi gegen Kaution freigelassen

Veröffentlicht bei Green Voice of Freedom am 24. Mai 2010
Quelle (Englisch): http://en.irangreenvoice.com/article/2010/may/23/1941

GVF – Kaveh Ghasemi Kermanshahi ist gegen eine Kaution von mehr als 100.000 Dollar freigelassen worden.

Wie Advar News berichtet, wurde der politische Aktivist heute nach mehr als 100 Tagen Haft entlassen. Er verbrachte 80 Tage in einem Gefängnis in Dizel Abad in Kermanshah in Einzelhaft.

Während seiner Zeit im Gefängnis war Kermanshahi in einen Hungerstreik getreten, um gegen die Unsicherheit in seinem Fall zu protestieren. Seine Freilassung war für Sonntag, den 9. Mai festgesetzt, von den Behörden aber verschoben worden.

Kaveh Ghasemi Kermanshahi ist Menschenrechtsaktivist und Mitglied der „Eine Million Unterschriften-Kampagne“ gegen frauendiskriminierende Gesetze im Iran. Er war am 3. Februar 2010 verhaftet worden.

Kaveh Kaveh Ghasemi Kermanshahi bei seiner Freilassung

Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Iranischer Filmemacher Nourizad soll im Gefängnis geschlagen worden sein

Veröffentlicht bei Radio Free Europe/Radio Liberty am 23. Mai 2010
Quelle (Englisch): http://www.rferl.org/content/Iranian_Filmmaker_Reportedly_Beaten_In_Prison/2050574.html

Mohammad Nourizad

Der bekannte iranische Filmemacher Mohammad Nourizad ist während seines Hungerstreiks im Gefängnis geschlagen worden. Dies berichtet Radio Farda von RFE/RL.

Am 21. Mai berichtete Nourizads Ehefrau Fatemeh Maliki, sie sei in der Nacht des 20. Mai über die Angriffe auf ihren Mann informiert worden. Sie werde ihn im Gefängnis treffen und sich ein Bild von seinem Zustand machen.

Maliki zufolge befand sich Nourizad vergangene Woche auf einem Spaziergang in Teherans berüchtigtem Evin-Gefängnis, als er von fünf Männern angegriffen wurde. Er wurde in die Gefängnisklinik gebracht, wo die Ärzte Kopfverletzungen feststellten. Er soll infolge des Überfalls Augenprobleme haben und schlecht sehen können.

Der Überfall ereignete sich am dritten Tag von Nourizads Überfall. Angaben seiner Frau zufolge wurde er von Gefängnisbeamten zur Aufnahme von Flüssigkeit gezwungen.

„Wir haben (bei den Behörden) darauf bestanden, ihn seinen Hungerstreik nicht fortsetzen zu lassen, da er ernste Folgen für ihn haben könnte“, sagte Maliki.

Nourizad war im Frühjahr vom Revolutionsgericht wegen „Beleidigung von Regierungsoffiziellen“ und „Propaganda gegen die Regierung“ der Prozess gemacht worden.

Die Anklagen waren auf einen Brief zurückzuführen, den Nourizad an den Obersten Führer Ayatollah Ali Khamenei geschrieben hatte. Nourizad hatte Khamenei für das Blutvergießen bei der Niederschlagung der oppositionellen Aktivisten nach der umstrittenen iranischen Präsidentschaftswahl vom vergangenen Juni verantwortlich gemacht.

Khamenei hatte die Protestteilnehmer der Opposition gewarnt, sie seien verantwortlich für jede Art von Gewalt infolge der Proteste. In seinem Brief schrieb Nourizad an Khamenei: „Früher haben wir unseren Feinden gedroht. Sind wir jetzt an einem Punkt angelangt, wo wir unserem eigenen Volk drohen?“

Nourizad war zu dreieinhalb Jahren Gefängnis und 50 Peitschenhieben verurteilt worden.

Nourizad ist nicht nur Filmemacher, sondern auch ein wichtiger Journalist.

Nourizad hatte bis 2007 für die Tageszeitung „Keyhan“ gearbeitet, eine Zeitung, die bekannt für ihre enge Verbindung zu Khamenei ist. Er war als Kritiker der iranischen Reformer bekannt.

Nourizad hatte sich später allerdings gegen die Regierung gewandt, besonders nach der umstrittenen Wahl vom vergangenen Juni.

Im September hatte er Radio Farda gegenüber gesagt: „Als jemand, der einen großen Teil seiner Jugend für die Stabilität dieser Nation gearbeite hat, fordere ich die hohen Offiziellen dieser Regierung auf, den Menschen dieses Landes Rede und Antwort zu stehen.“

Eigenen Angaben zufolge war er damals bereit für die Konsequenzen seiner oppositionellen Aktivitäten.

Auch der bekannte iranische Filmemacher Jafar Panahi wird zur Zeit wegen sicherheitsrelevanter Anklagen im Evin-Gefängnis festgehalten.

Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Demonstrationsaufruf der iranischen Oppositionsführer hängt von Genehmigung der Regierung ab

Veröffentlicht bei Radio Zamaaneh am 24. Mai 2010
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2010/05/iranian-leaders-rally-cal.html

Mir Hossein Moussavi, Mehdi Karroubi

Die iranischen Oppositionsführer Mir Hossein Moussavi und Mehdi Karroubi haben erklärt, sie würden die Bevölkerung für den 12. Juni zu großangelegten Demonstrationen aufrufen, sollte die Regierung für diesen Tag friedliche Demonstrationen genehmigen.

Die beiden Oppositionsführer, die sich am gestrigen Sonntag trafen, forderten die Klärung der Ereignisse des vergangenen Jahres und die „Förderung der Grünen Bewegung“.

Wie die Webseite Kalemeh berichtet, kündigten die beiden Führer an, die Bewegung werde mit Hilfe von sozialen Netzwerken friedlich ihre Arbeit fortsetzen und Informationen verbreiten, sollte keine Demonstrationsgenehmigung für den 12. Juni ergehen.

Viele friedliche Demonstrationen, die die Gegner der Wahlen im vergangenen Jahr veranstalteten, wurden von den Sicherheitskräften der Islamischen Republik gewaltsam niedergeschlagen. Dabei kamen Dutzende Menschen ums Leben.

Moussavi und Karroubi betonten, die gewaltsamen Reaktionen auf die Grüne Bewegung seien „uneffektiv“. Sie erklärten, die Verbreitung „grüner Informationswellen“ mache trotz aller Einschränkungen deutlich, dass „Gewalt und Macht“ gegen die rechtmäßigen Forderungen des Volkes keine Wirkung zeitigten.

Sie wiederholten, die Forderungen der Bevölkerung seien ihre von der Verfassung geforderten Menschenrechte, freie Wahlen, Pressefreiheit und die Freilassung aller politischen Gefangenen.

Moussavi und Karroubi verurteilten die Angriffe gegen die Bevölkerung durch Zivilkräfte und die Misshandlung von Gefangenen wie dem iranischen Filmemacher Mohammad Nourizad. Sie fügten hinzu: „Um solche illegalen und unislamischen Methoden zu verhindern, müssen wir alle Gruppen und Personen unabhängig von ihren Ansichten und Anklagen schützen.“

Die beiden Führer sprachen außerdem über den „Niedergang“ der iranischen Industrien, den Anstieg der Arbeitslosigkeit und die schwere Lage der Angestellten, Arbeiter und Lehrer als „die wichtigsten wirtschaftlichen Probleme des Landes.“

Sie kritisierten die Wirtschaftspolitik der Regierung mit den Worten: „Die Regierung sollte aufhören, nach Entschuldigungen zu suchen und anfangen, die Arbeitslosigkeit und die Inflation zu kontrollieren und die nationale Wirtschaft zu unterstützen.“

Sie riefen den nationalen Sender Seda va Sima auf, seine „einseitige und monopolistische Politik“ aufzugeben, um eine größere Einheit innerhalb der Gesellschaft möglich zu machen.

Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Arbeitslose protestieren während Ahmadinejads Rede

Veröffentlicht bei Radio Zamaaneh am 24. Mai 2010
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2010/05/ahamdienjad-speech-disrup.html

Proteste in Khoramshahr von heute

Die Bevölkerung der Stadt Khoramshahr im Südwesten Irans haben Mahmoud Ahmadinejads Rede mit Sprechchören unterbrochen. Sie riefen „Arbeitslosigkeit! Arbeitslosigkeit!“

Ahmadinejad war heute anlässlich des Jahrestages der Befreiung der Stadt während des Iran-Irak-Krieges nach Khoramshahr gereist.

Die Nachrichtenagentur ISNA berichtet, dass auch die Reden der Offiziellen der Provinz von den Demonstranten mit „Wir sind arbeitslos“-Rufen unterbrochen wurden.

Wie ISNA weiter berichtet, reagierte Ahmadinejad auf die Parolen mit den Worten: „Die Regierung steht zu euren Diensten, und mit Gottes Gnade werden wir durch umfassende Planung die Wurzeln der Arbeitslosigkeit in der Provinz Khuzestan zerstören.“

Sprechchöre der Bevölkerung während Ahmadinejads Rede – „Bikari!“ („Arbeitslosigkeit!“):

Weiter sagte Ahmadinejad: „Die Regierung wird sich unermüdlich an der Seite der Bevölkerung von Khuzestan dafür einsetzen, dass die Provinz ihr volles Potenzial erreicht.“

Die Provinz Khuzestan hat mit einer Arbeitslosenquote von 25 Prozent und steigender Inflation zu kämpfen.

Die steigende Arbeitslosigkeit infolge der Schließung kleinerer Produktionseinheiten und einiger großer Fabriken hat unter Arbeitern und einer Reihe von Offiziellen der Islamischen Republik Besorgnis ausgelöst.

Alireza Mahjoub, Generalsekretär des House of Workers, hatte im April erklärt, dass 2000 Produktionseinheiten von einer finanziellen Krise bedroht seien und jedes Jahr im Durchschnitt „200.000 Arbeiter“ entlassen werden.

Er fügte hinzu, die Pläne der Regierung, die Subventionen zu streichen, würden zu einer Verschärfung dieser Situation führen.

Der iranische Arbeitsminister gab bekannt, dass die Arbeitslosenquote in Iran bei 11,3% liegt. Das Magazin „Economist“ hingegen gibt die Arbeitslosigkeit im Iran mit 13,2% an.

Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Anm. d. Übers.: Man beachte, dass Ahmadinejad bei seiner Rede einen grünen Schal trägt.