Tagesarchiv: 27. Mai 2010

Politische Gefangene in Evin treten aus Solidarität mit Majid Tavakoli in den Hungerstreik

Veröffentlicht bei Persian2English am 27. Mai 2010
Quelle (Englisch): http://persian2english.com/?p=11136

Auf Persisch veröffentlicht bei RAHANA am 26. Mai 2010
Mehrere politische Gefangene in Evin haben sich mit Majid Tavakoli solidarisch erklärt und sind ebenfalls in den Hungerstreik getreten.

RAHANA zufolge gab einer der im Hungerstreik befindlichen Gefangenen die Nachricht bekannt und kritisierte gleichzeitig das illegale Vorgehen der Gefängnisbeamten. Er forderte sie auf, mit ihren Kritikern toleranter umzugehen.

Majid Tavakoli ist Student an der Amir-Kabir-Universität. Er hatte gegen die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl vom vergangenen Jahr protestiert. Sicherheitskräfte hatten ihn [vor wenigen Tagen] für eine vorgesehene Dauer von 20 Tagen in Einzelhaft verlegt, weil er dagegen protestiert hatte, dass Gefangene mit verbundenen Augen einem Vertreter der Staatsanwaltschaft vorgeführt wurden, als dieser am Sonntag das Gefängnis besuchte.

Medienberichten zufolge war Majid Tavakolis Verlegung in Einzelhaft vom Teheraner Staatsanwalt Abbas Jafari Dowlatabadi angeordnet worden. Dieselben Quellen berichten, dass Majid Tavakoli Ende letzter Woche einen Brief über die gegenwärtige Situation im Iran geschrieben hatte, der seitens der Sicherheitskräfte heftige Reaktionen auslöste. Als das Geheimdienstministerium von dem Brief erfuhr, drohten Agenten des Ministeriums damit, Tavakoli zu töten.

Ein anderer Gefangener, der sich im Hungerstreik befindet, äußerte sich besorgt über Majids körperlichen Zustand. „Leider reagieren Sicherheits- und Geheimdienstkräfte auf junge Menschen wie Majid, die ihre Kritik zivilisiert und friedlich äußern, sehr hastig, anstatt tolerant und verständnisvoll zu sein“, sagte er und fügte hinzu: „Heute, am 26. Mai 2010, ist der vierte Tag von Majids Hungerstreik (ohne Wasser, d. h. „trocken“). In ein oder zwei Tagen wird Majids Zustand sich dramatisch verschlechtern.“

Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Bundestagsnewsletter: Zahl der Hinrichtungen im Iran 2009 Schätzungen zufolge deutlich gestiegen

Quelle: Bundestagsnewsletter vom 27. Mai 2010

Zahl der Hinrichtungen im Iran 2009 Schätzungen zufolge deutlich gestiegen

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO/ELA) Die Zahl der Hinrichtungen im Iran ist laut Bundesregierung ”nach plausiblen Schätzungen“ 2009 im Vergleich zum Vorjahr je nach Quelle um 10 bis 16 Prozent gestiegen. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/1722) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/1505) ausführt, gibt es im Iran keine offiziellen Statistiken zur Anzahl der vollstreckten Todesstrafen. Zwischen einigen EU-Botschaften in Teheran abgestimmten Statistiken zufolge seien 2009 mindestens 370 Menschen hingerichtet worden (2008: 318). Die französische Nachrichtenagentur AFP habe 2009 insgesamt 270 Hinrichtungen gezählt (2008: 246); Amnesty International nenne mindestens 388 (2008: 346). Die Zahlen bedeuteten ”eine Vervierfachung der Vollstreckung von Todesurteilen seit dem Amtsantritt von Präsident Ahmadinedschad“ im Jahr 2005, heißt es in der Vorlage weiter.

Die Todesstrafe kann der Antwort zufolge nach iranischem Recht für eine große Zahl von Delikten verhängt werden, darunter neben Mord, Hoch- und Landesverrat sowie Rauschgiftschmuggel auch ”Teilnahme an einem Umsturzversuch“, ”Beleidigung oder Entweihung von heiligen Institutionen des Islams oder heiligen Personen“ sowie Vergewaltigung und andere Sexualstraftaten (unter anderem ”homosexuelle Handlungen, Ehebruch, Geschlechtsverkehr eines Nichtmuslimen mit einer Muslimin“). Nach offiziellen Angaben werde die Todesstrafe überwiegend für Drogendelikte verhängt.

In ihrer Kleinen Anfrage verweist die Linksfraktion darauf, dass es im Zusammenhang mit der Parlamentswahl vom Juni vergangenen Jahres im Iran zu einer breiten Protestbewegung gekommen sei, auf die das Regime mit Repression und Zensur ”in unterschiedlichsten Formen reagiert“ habe. Für einzelne Unterstützer der Proteste im Iran sei die Situation so bedrohlich geworden, dass sie sich zur Flucht aus ihren Land entschieden hätten. Diese Flüchtlinge versuchten unter anderem, über die Türkei in die EU zu gelangen, um dort Asyl zu beantragen.

Laut Bundesregierung hat das Bundesinnenministerium im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt entschieden, ”in einer Reihe von begründeten Einzelfällen“ auf Grundlage des Paragrafen 22 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes schutzsuchende Iraner aus dem Ausland aufzunehmen. Dieser Gesetzespassage zufolge ist einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, ”wenn das Bundesministerium des Innern oder die von ihm bestimmte Stelle zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland die Aufnahme erklärt hat“. Wie es in der Antwort der Bundesregierung weiter heißt, kommen für eine Aufnahme ”insbesondere solche Personen in Frage, die sich im besonderen Maße für Menschenrechte und Demokratie im Iran eingesetzt haben und die deswegen persönlicher Verfolgung ausgesetzt waren oder sind, darunter Menschenrechtsverteidiger und Journalisten“. Die Flüchtlinge würden in erster Linie aus der Türkei aufgenommen.

Danke an Günter Haberland für den Hinweis auf diese Information

“Wie denken Sie über die Ermordung von Menschen auf der Straße?”

Veröffentlicht bei Radio Free Europe/Radio Liberty am 27. Mai 2010
Quelle (Englisch): http://www.rferl.org/content/Whats_Your_View_Of_Killing_People_In_The_Streets_/2054677.html

von Golnaz Esfandiari

Kulturminister Hossein Safar Harandi

Ein kurzes Amateur-Video macht die Runde, auf dem offenbar eine Fragestunde mit dem ehemaligen iranischen Kulturminister Hossein Safar Harandi zu sehen ist, bei der ein Student an der Universität Semnan ihm eine sehr kritische Frage stellt.

„Wenn Sie von Gerechtigkeit (unter) der Regierung Ahmadinejad sprechen, was meinen Sie mit ultimativer Gerechtigkeit: Menschen auf den Straßen zu töten?“ fragt der Student unter dem Beifall der Zuhörer.

Der Student schlägt dann vor, dass der ehemalige Minister die Haftanstalt Kahrizak besuchen sollte, wo nach den Wahlen verhaftete Gefangene Berichten zufolge gefoltert wurden und drei an offenkundigen Folgen der Folter starben.

Leider ist Safar Harandis Antwort auf dem Video nicht enthalten.

Vor der Fragerunde hatte Safar Harandi in der Universität eine Rede gehalten, in der er die reformorientierte Vorgängerregierung des ehemaligen Präsidenten Mohammad Khatami scharf kritisierte und Ahmadinejad pries, weil er sich auf die Probleme des iranischen Volkes konzentriere.

Die konservative Webseite studentnewsnetwork berichtet, dass während Safar Harandis Rede „ein paar Unruhestifter, die zu ein paar Nichtstudenten zu gehören schienen“, versucht hätten, Safar Harandi mit Pfiffen, Klatschen und anderem Lärm zu unterbrechen. Der Webseite zufolge sei es ihnen jedoch nicht gelungen zu erreichen, dass Safar Harandi seine Rede abbrechen musste.

Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Acht Hinrichtungen in vier Tagen

Veröffentlicht bei RAHANA am 27. Mai 2010
Quelle (Englisch): http://www.rhairan.biz/en/?p=3890

Im Zuge einer neuen Hinrichtungswelle im Iran sind am Montag, dem 24. Mai fünf Gefangene, unter ihnen eine Frau, im Gefängnis von Rasht gehängt worden.

RAHANA – HRDI zufolge gibt es noch keine Informationen über die Identität oder die Anklagen der fünf Hingerichteten. Die Nachricht von den Hinrichtungen hat sich in der ganzen Stadt verbreitet.

In den letzten Tagen wurden in Isfahan und Zahedan drei weitere Bürger gehängt.

Am 21. Mai wurde eine Person in der südiranischen Stadt Ahvaz öffentlich gehängt. Die Hinrichtung fant an der Koot-Abdollah-Straße in der Nähe des Busterminals statt. Das Revolutionsgericht Ahvaz gab bekannt, dass der Mann wegen Drogenhandels angeklagt gewesen sei. Das Todesurteil gegen ihn sei vom Obersten Gerichtshof bestätigt worden.

Zwei Tage später, am 23. Mai, wurde eine weitere Person in Ahvaz wegen Drogenhandels öffentlich gehängt.

Am 25. Mai wurde ein Mann, der als Jamshid Mir identifiziert wurde, im Zentralgefängnis von Zahedan gehängt. Mir war im März 2010 verhaftet und zum Tode verurteilt worden, nachdem er der Vergewaltigung für schuldig befunden worden war.

Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Majid Tavakoli und Kouhyar Goodarzi in Gefängnisklinik eingeliefert

Veröffentlicht bei Radio Zamaaneh am 27. Mai 2010
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2010/05/detained-activists-on-hun.html

Die beiden politischen Gefangenen Kouhyar Goodarzi und Majid Tavakoli sind Tage nach Beginn ihres Hungerstreiks ins Krankenhaus eingeliefert worden.

Kouhyar Goodarzi, Majid Tavakoli

Goodarzis Mutter sagte Zamaaneh gegenüber, ihr Sohn habe infolge des langen Hungerstreiks im Gefängnis das Bewusstsein verloren und sei daraufhin ins Krankenhaus gebracht worden.

Sie berichtet: „Als ich Kouhyar heute besuchen wollte, sagten mir die Beamten, dass er keinen Besuch bekommen könne, weil er in Einzelhaft verlegt wurde. Aber einer der Gefangenen erzählte mir am Telefon, dass er in die Gefängnisklinik von Evin eingeliefert wurde.“

Majid Tavakolis Bruder sagte Radio Zamaaneh, er habe einen Anruf von einem Freund Majids aus dem Gefängnis erhalten, der ihm erzählte, dass Majid nicht mehr sprechen könne und in die Krankenstation gebracht wurde.

Kouhyar Goodarzi ist Mitglied der Organisation Committee for Human Rights Reporters und war im vergangenen Dezember verhaftet worden. Berichten zufolge soll er am 20. Mai aus Protest gegen seine Verlegung in Einzelhaft in den Hungerstreik getreten sein.

Majid Tavakoli, auch er ein bekannter studentischer Aktivist, war im vergangenen Dezember bei den Studentenprotesten verhaftet worden und war in den Hungerstreik getreten, um gegen seine Einzelhaft zu protestieren.

Tavakoli war vor vier Tagen zurück in Einzelhaft verlegt worden, weil er gegen die „nicht standardgemäßen Bedingungen im Gefängnis und die illegalen Einschränkungen der Rechte der Gefangenen“ protestiert hatte.

Wie sein Bruder gegenüber Radio Zamaaneh mitteilte, durfte seine Familie ihn während der sechs Monate Haft nur zwei Mal jeweils etwa zehn Minuten lang sehen.

Majid Tavakolis Mutter hatte erklärt, sie werde so lange in den Hungerstreik treten, bis ihr Sohn in die allgemeine Abteilung des Gefängnisses verlegt, ärztlich versorgt wird und Zugang zu Medikamenten, Telefon, einem Anwalt und seiner Familie erhält.

Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi hat die UN-Sonderberichterstatter für willkürliche Verhaftungen im Iran aufgerufen, die Situation Majid Tavakolis zu untersuchen, da dem iranischen Anwalt zufolge die Bemühungen seiner Familie und Freunde, etwas über seine Situation in Erfahrung zu bringen, vereitelt wurden.

Der Menschenrechtsaktivist Hossein Ronaghi-Maleki (auch bekannt unter dem Namen Babak Khorramdin) ist aus Protest gegen seinen „schlechten körperlichen Zustand und die mangelnde Aufmerksamkeit für seine Gerichtsakte“ ebenfalls in den Hungerstreik getreten.

Dieser politische Gefangene, der seit dem vergangenen Dezember im Gefängnis sitzt, leidet an Nierenproblemen, Gefängnisbeamte sollen ihm eine angemessene medizinische Versorgung verweigern.

Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben