Tagesarchiv: 3. Juli 2010

Besuch des Chefs des iranischen Fernsehens in den Niederlanden abgesagt

Veröffentlicht bei Radio Zamaaneh am 3. Juli 2010
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2010/07/iran-tv-chief-visit-to-th.html

Ezatollah Zarghami

Die Einladung an den Chef des staatlichen iranischen Fernsehens zu einem Besuch beim holländischen Fernsehen ist unter heftigen Protesten iranischer Immigranten und Reaktionen des Parlaments und der niederländischen Medien abgesagt worden.

Ezatollah Zarghami war zusammen mit einer Abordnung des iranischen Senders Seda va Sima zu einem Besuch bei den holländischen Sendern NOS und NPO eingeladen worden. Radio Zamaaneh hatte am Dienstag, dem 29. Juni von einer holländischen Quelle, die anonym bleiben möchte, von dieser Einladung erfahren und die Nachricht umgehend veröffentlicht.

Die Einladung für den 5. Juli 2010 war auf halb geheime Weise vom staatlichen holländischen Fernsehen und [fehlt, vermutlich „der Botschaft“, d. Übers.] der Islamischen Republik in Den Haag ergangen und umfasste einen Besuch bei den Einrichtungen des Senders in Hilversum.

Nachdem die Nachricht von der Einladung bekannt geworden war, protestierten iranische und holländische Aktivisten und begannen mit den Vorbereitungen für eine Demonstration am Montag, dem 5. Juli. Diese Demonstration wird wegen der Absage des Besuchs von Ezatollah Zarghami nicht stattfinden.

Die Organisation „Iranian Progressive Youth Association“ veröffentlichte diese Woche ein Statement, in dem es heißt: „Der Sender der Islamischen Republik Seda va Sima hat bei der Berichterstattung über die Unterdrückung der Proteste nach der letzten Präsidentschaftswahl und über die Verhaftung und Folter von Demonstranten eine wichtige Rolle gespielt…
Das Fernsehen der Islamischen Republik hat den Demonstranten keine Sendezeit eingeräumt, und sein Leiter ist vom Obersten Führer ernannt worden, dem die größte Rolle in der gewaltsamen Unterdrückung der Menschen zukam…“

NOS hat auf die Interview-Anfrage von Radio Zamaaneh nicht reagiert, allerdings erklärte ein NOS-Sprecher der Zeitung NRC gegenüber, dass der Besuch als Lernprozess auf dem Gebiet der „unabhängigen Nachrichtenverbreitung“ organisiert gewesen sei. NRC zufolge hat NOS den Besuch aus dem Iran aus Angst vor Reaktionen des Parlaments und der iranischen Gemeinschaft in den Niederlanden abgesagt.

In den Niederlanden leben 30 000 iranische Einwanderer, von denen viele den Iran nach den sozialen und politischen Unruhen im Iran der späten 1980er Jahre verlassen haben.

Übersetzung aus dem Englischen: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Evin/Rajai Shahr: Hamed Rouhinejad und Behrouz Javid-Tehrani in kritischem Zustand

Veröffentlicht am RAHANA am 3. Juli 2010
Quelle (Englisch): http://www.rhairan.in/en/?p=5064

Die Behörden im Gefängnis Rajai Shahr haben auf Anforderung des Geheimdienstministeriums die Einzelhaft für Behrouz Javid Tehrani verlängert. Menschenrechtsaktivisten zufolge ist er seit dem 31. Mai in Einzelhaft.

Hamed Rouhinejad

RAHANA: Auf Anforderung des Geheimdienstministeriums haben die Behörden im Gefängnis Rajai Shahr die Einzelhaft für Javid Tehrani auf unbestimmte Zeit, mindestens aber bis zum Jahrestag der Studentenbewegung am 7. Juli verlängert.

Menschenrechtsorganisationen zufolge war Behrouz Javid-Tehrani, der in Abteilung 1 des Gefängnisses Rajai Shahr festgehalten wird. am 31. Juli aus unbekannten Gründen in Einzelhaft verlegt worden. Angesichts des bevorstehenden Jahrestages der Studentenaufstände vom 7. Juli 1999 haben die Behörden eine Verlängerung seiner Einzelhaft angeordnet.

Javid Tehrani lebt seit einem Monat in den schlechten Einzelhaft-Bedingungen. Die Gefängnisbehörden enthalten ihm seine Medikamente und hygienische Einrichtungen vor. Er darf ein Mal pro Woche ein Bad nehmen und ein Mal pro Tag die Toilette benutzen.

Hamed Rouhinejad, der in Abteilung 8 des Evin-Gefängnisses inhaftiert ist, ist infolge der Verschlechterung seiner Multiplen Sklerose und mangelnder medizinischer Versorgung in einem schlechten körperlichen und mentalen Zustand.

Rouhinejad hat sein Sehvermögen verloren und kann eine Hand nicht mehr benutzen. Außerdem hat er Probleme mit dem Hören. Die Gefängnisbehörden ignorieren seinen Gesundheitszustand allerdings nach wie vor. Sie haben ihn nicht ins Krankenhaus eingeliefert und mischen sich sogar in die Übergabe der Medikamente ein, die seine Familie zur Verfügung stellt. Offenbar haben die Behörden keine Ahnung von den Gefahren einer Multiple-Sklerose-Erkrankung.

Multiple Sklerose (MS) ist eine neurologische Störung, die zu Plaque- und Läsionen im Gehirn führt. MS beeinträchtigt die Fähigkeit der Nervenzellen, chemische Signale weiterzuleiten und führt schließlich zu Lähmung.

Die Krankheit muss mit Physiotherapie und einer besonderen Diät behandelt werden. Findet eine Behandlung nicht statt, verschlimmert sich die Erkrankung, und es kommt zur Lähmung.

Der Philosophiestudent Hamed Rouhinejad ist seit Mai 2009 in Haft. Er ist angeklagt, mit regimefeindlichen Gruppierungen zusammengearbeitet zu haben. Hafturlaub wurde ihm verwehrt.

Bei den Schauprozessen nach der Wahl [von 2009] war er zum Tode verurteilt worden. Das Urteil wurde später in 10 Jahre Haft und Exil in Zanjan umgewandelt.*)

Übersetzung aus dem Englischen: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

*) Anm. d. Übers.: Die Gefängnisbehörden scheinen allerdings fest entschlossen, Hamed Rouhinejad im Gefängnis sterben zu lassen. Dafür haben sie jetzt 10 Jahre Zeit, und sie können sich den Galgen sparen. Die Umwandlung des Todesurteils bedeutet für Hamed lediglich eine Verlängerung der Qualen und des Sterbens.

Ebrahim Nabavi: Die Augen und Ohren der Grünen Bewegung

Veröffentlicht bei Rooz Online am 3. Juli 2010
Quelle (Englisch): http://www.roozonline.com/english/opinion/opinion-article/article/2010/july/03//the-eyes-and-ears-of-the-green-movement.html

Von Ebrahim Nabavi
Anm. d. Übers.: Ebrahim Nabavi ist ein sehr bekannter iranischer Satiriker und Schriftsteller

Mehr als ein Jahr ist seit dem Beginn der Grünen Bewegung vergangen. Heute möchte ich Ihnen Dinge über die Grüne Bewegung verraten, die Ihnen vielleicht weniger bekannt sind.

Erstens: Die Grüne Bewegung ist keine religiöse Bewegung, aber sie kann auch nicht als säkulare Bewegung bezeichnet werden, eher als nichtreligiöse Bewegung mit religiösen Führern. Dies ist einer der Wege, wie Demokratie in der islamischen Welt wächst. Die Grüne Bewegung findet in einer religiösen Gesellschaft statt – nicht etwa, weil wir die Religion lieben, nein – wir mögen eine religiöse Gesellschaft eigentlich überhaupt nicht – sondern weil wir in der Realität leben, und wer auch immer Ihnen erzählen mag, dass die Zukunft Irans eine weltliche Gesellschaft sein wird: Nehmen Sie solche Äußerungen in den nächsten 50 Jahren nicht ernst. Selbst in 50 Jahren wird nur Henry Kissinger in der Lage sein vorherzusagen, was Morgen sein wird.

Zweitens: Die Grüne Bewegung hat eine ausgeprägte Führung. Mir Hossein Moussavi ist der Führer dieser Bewegung, aber er und andere Führer der Bewegung wie Khatami und Karroubi haben niemals den Anspruch erhoben, Führer der Bewegung zu sein, denn die Führer der Bewegung haben eine absolut wechselseitige Beziehung mit ihren Unterstützern. Fünfzig Prozent des Inhalts von Mir Hossein Moussavis Gedanken, Forderungen, Sprache und Wortwahl hat sich im Verlauf des letzten Jahres verändert – nicht, weil er nicht strukturiert denken kann, sondern weil er Interaktion und Dialog mit den Unterstützern und insbesondere mit der mittleren Führungsschicht der Bewegung aufrecht erhalten hat.

Drittens: Die Grüne Bewegung ist friedlich. Im letzten Jahr wurden tausende Iraner eingesperrt, verletzt, verbannt, gefoltert, mehr als 100 Menschen wurden auf den Straßen getötet – all das geschah, weil das Regime Angst vor einer Ausbreitung der Bewegung hat und mit großer Gewalt gegen die Menschen vorgeht. Am 12. Juni dieses Jahres wollten die Leute anlässlich des Jahrestages des Putsches auf die Straße gehen, aber trotz Artikel 27 der Verfassung hat die Regierung keine Genehmigung erteilt. Das Ziel der Grünen Bewegung ist es nicht, eine zehntausend Köpfe starke Menge auf die Straße zu bringen und damit Dutzende von Opfern und hunderte von Gefangenen hervorzubringen. Wenn drei Millionen Menschen auf die Straße gehen, ist nicht einmal eine große Armee in der Lage, sie zu kontrollieren. Wenn aber 5000 Menschen auf die Straße gehen, können sie von 500 Menschen kontrolliert werden. [Anm. d. Übers.: Nabavi möchte damit m. E. sagen, dass die Regierung gewusst hat, dass im Falle einer Demonstrationserlaubnis so viele Menschen auf die Straße gekommen wären, dass eine Kontrolle unmöglich gewesen wäre. Wäre sich das Regime seiner stabilen Position tatsächlich so sicher, wie es nach außen vorgibt, hätte es von einer genehmigten Demonstration nichts zu befürchten gehabt].

Viertens: Das Regime sieht sich gegenwärtig einer Vielzahl von Konflikten ausgesetzt. Nach dem Jahrestag von Ayatollah Khomeinis Tod, der in eine Auseinandersetzung zwischen Khomeinis Enkel und Ahmadinejad gipfelte, waren im regierungstreuen Lager dramatische Verluste zu verzeichnen. Eine große Zahl Parlamentarier wird zum Volk zurückkehren, und eine beträchtliche Anzahl Diplomaten wird wahrscheinlich nicht in den Iran zurückkehren. Jetzt gerade verliert das Regime 2 bis 5 der wichtigsten Berater des Führers, während andererseits die Grüne Bewegung zu größerem Zusammenhalt findet und sich von einem chaotischen Haufen zu einer profilierten Organisation wandelt. Seit einem Monat ist die Atmosphäre im Iran für Aktivitäten offener geworden, vor allem in den Städten: Es gibt eine Chance für die Grüne Bewegung, Informationen zu verbreiten, insbesondere mittels Graffiti an den Wänden und der Verteilung von Flugblättern. All dies ist möglich, weil es unter den Konservativen selbst intensive Auseinandersetzungen gibt. Wir beten, dass ihre Streitigkeiten weitergehen.

Fünftens: All dies habe ich gesagt, um die Diskussion auf die Medien zu lenken. Im Iran sind sieben Fernsehkanäle, dutzende Radiosender, hunderte von Zeitungen und tausende von Webseiten unter der Aufsicht der Regierung, der Konservativen, des Führers und Ahmadinejads damit beschäftigt, pro Minute dutzende Lügen zu verbreiten. Dazu kommt, dass persischsprachige Fernsehsender in Los Angeles das Denken der Menschen mit der Ausstrahlung von Wiederholungen alter Filme bremsen.
Andererseits filtert die Regierung das Internet, bildet eine Internet Cyber Army und verhindert mit Störsignalen, dass Fernsehbilder und Radiowellen die iranische Bevölkerung erreichen, während unabhängige Zeitungen längst geschlossen sind.
Unser Hauptanliegen ist, dass es einen Sender geben muss, der den Atem der Freiheit ins Land bläst. Schon länger reden die Amerikaner davon, im Iran eine zensurfreie Internetumgebung schaffen zu wollen. Herr McCain gibt sich diesbezüglich große Mühe, und jedes Mal, wenn er das Thema anspricht, werden ein paar weitere iranische Journalisten verhaftet, und natürlich geschieht nichts nennenswertes.

Sechstens: Ein großes Hindernis bei der Errichtung unabhängiger Medien im Ausland ist, dass wir von außerhalb Irans kein Geld bekommen können. Wenn man hier im Iran ausländisches Geld verwendet, ist es so, als wenn man eine Gazelle auf ein freies Feld mit tausenden von Jägern entlässt, von denen einige die Gazelle sogar mit Panzern jagen. Finanzielle Hilfe aus Europa oder den Vereinigten Staaten zu empfangen bedeutet, unseren Kollegen im Iran eine Kugel in den Kopf zu jagen.
Meine persönliche bittere Erfahrung mit BBC, VOA [Voice of America], Radio Zamaaneh und Deutsche Welle zeigen, dass alle persischsprachigen Medien Rücksicht auf ihre Regierungen nehmen. Manchmal ist der Schaden, den ein Fernsehsender wie BBC anrichtet, tausend Mal größer als sein Nutzen. Sie haben uns 200 unserer besten Autoren, die hunderte von Lesern hatten, weggenommen und sie zu Mitarbeitern einer Organisation gemacht, die seit vielen Jahren von den Iranern, die die Engländer [„the English“] für alles Schlimme, was im Iran passiert, verantwortlich machen, misstrauisch beäugt wird. Außerdem führt die andauernde Einmischung der Europäer in die Angelegenheiten von Medien, die mit europäischem Geld betrieben werden, praktisch zur Zerstörung dieser Medien. Ein Beispiel dafür ist Radio Zamaaneh, das zusammengebrochen ist. Nach monatelangen Anstrengungen ist Euronews noch immer nicht weitergekommen, und es sieht aus, als müssten sie noch Persisch-Übersetzer für ihre Mitarbeiter finden [Anm. d. Übers.: Euronews hatte im vergangenen Sommer die Einrichtung einer persischsprachigen Nachrichtensendung angekündigt]

Siebtens: Leider beschädigen viele westliche Regierungen die derzeitige Demokratiebewegung, anstatt ihr zu helfen, denn sie greifen auf iranische Berater aus vergangenen Jahrhunderten zurück. Vor drei oder vier Jahren hatten wir Probleme, weil wir 1000 Euro von Frankreich nach Belgien transferierten, denn wir arbeiteten für eine oppositionelle Webseite. Gleichzeitig wurden in Europa Millionen von Euro aus finanziellen Mitteln des iranischen Regimes und der Revolutionsgarden für verschiedene Zwecke eingesetzt, die gegen rechtswirksame Verträge der UN verstießen.
Jahrelang haben wir erklärt, dass wir keine Terroristen und sogar gegen den Terrorismus sind, aber der Mitarbeiter der Bank hatte sich auf das Wort „Iran“ eingschossen, weshalb wir dann das Wort „Iran“ aus dem Namen unserer Firma strichen. Während wir hier sprechen werden in Kanada und den Vereinigten Staaten tausende von Dollars im Namen der „Hilfe für iranische Journalisten“ an Personen verteilt, die nicht nur nichts für die Freiheitsbewegung im Iran tun, sondern vielmehr juristische Dossiers gegen Journalisten im Land [im Iran] verfassen. Einige rechtsgerichtete Zeitungen im Iran werden von Geld unterstützt, dass Sie zur Verfügung stellen.

Achtens: Der iranische Staat verhindert jede politische Aktivität mit drei Mitteln: Zensur, Zerstörung des Vertrauens und Behinderung bei der Gründung von Organisationen. Dies sind die drei wichtigsten Maßnahmen des Geheimdienstministeriums. Aber unsere riesige Chance ist das Internet. In der Praxis, vor allem aber unter den richtigen Bedingungen, kompensiert das Internet diese drei Einschränkungen bei der Information und dient uns als Organisation; es überwindet Zensur und ebnet den Weg für gegenseitiges Vertrauen. Aber die Gefahr des Internet und unser großes Problem sind die eindringenden Geheimdienstelemente, die auf unsere Daten zugreifen und von unseren Plänen erfahren.
Leichter ist es mit sozialen Netzwerken, schwieriger ist es mit E-Mail und privaten Webseiten. Einige der wirksamsten Waffen, die der Grünen Bewegung zur Verfügung stehen, sind die Webseite Balatarin sowie Facebook und Twitter. Obwohl Balatarin auch von radikalen Regierungsanhängern und Befürwortern eines Militärschlags gegen den Iran genutzt wurde, war es eine effektive Quelle für die schnelle Verbreitung von Informationen und Nachrichten im ganzen Land. Im letzten Jahr haben die Webseiten Balatarin, Rooz Online, Jaras sowie Facebook als Nachrichtenseiten fungiert und konnten den Mangel an Organisation kompensieren und die Atmosphäre der Zensur durchbrechen. Wenn wir auf die Straße gingen, hatten wir uns vorher schon auf Facebook ausgetauscht.

Neuntens: Trotz aller Probleme, die wir zur Zeit haben, wird unsere Arbeit im Iran aufmerksam verfolgt, weil wir wandelbare Medien verwenden. Viele unserer Fernseh- und Internetbotschaften werden per Flugblatt oder Video-CD an diejenigen weitergegeben, die keinen Internetzugang haben. Nach Ahmadinejads Putsch vom 12. Juni haben wir versucht, mit den Medien zu sprechen, die ihr Ohr nah am Volk hatten, und darum sind wir heute in gewissem Maße erfolgreich.

Zehntens: Es könnte helfen, zur Kenntnis zu nehmen, dass die Überzeugungen einer beträchtlichen Anzahl unserer Freunde im Westen auf den Überzeugungen beruhen, die hinter der Propaganda der Islamischen Republik stehen. Im Gegensatz zu dem, was die Propaganda des iranischen Regimes behauptet, stimmt es nicht, dass alle Landbewohner Ahmadinejad unterstützen – die Hälfte von ihnen tut es, und unsere ländlichen Gebiete machen weniger als 20 Prozent der iranischen Bevölkerung aus.
Entgegen vorherrschender Meinungen ist die iranische Freiheitsbewegung keine Bewegung der Mittelklasse, sondern eine sehr weitverzweigte Bewegung. Die meisten der Opfer und Gefangenen der Bewegung stammen aus armen Familien, und die meisten Armeebefehlshaber sind Millionäre und Milliardäre.
Hauptsächlich wegen des derzeitigen Regimes im Land werden die meisten Gebildeten von anderen als relativ arm angesehen, und die Reichen des Landes gehören zur Klasse der Herrschenden, der Militärs und der Geistlichen.
Entgegen vorherrschender Propaganda sind die wichtigsten Gruppen, die das Regime bekämpfen und sich für eine Trennung von Religion und Politik einsetzen, gemäßigte religiöse und islamo-demokratische Gruppen, wohingegen ein Teil der Verbindungen von Regimeanhängern zum Staat durch ihre Abhängigkeit vom Geld der Regierung bedingt ist und sie keine religiösen Neigungen haben.

Elftens: Auf der Grundlage des Gesagten möchten wir die Europäer, die glauben, dass sie uns helfen wollen, bitten: „Denkt mehr an euch“. Wenn die Bombe, die unser Leben als Iraner bedroht, explodiert, wird sie den gesamten Planeten bedrohen.
Das größte Problem für Iraner heute ist Information. Wir müssen präzise Nachrichten innerhalb Irans reflektieren. Damit wären wir in der Lage, diese Nachrichten auch an den Rest der Welt weiterzugeben. Wir wollen kein Geld von euch – aber versucht, es möglich zu machen, dass wir uns von der Tyrannei befreien. Euch als Europäer bitten wir darum, einen Fernsehsender haben zu dürfen. Wir wünschen uns, dass ihr etwas schneller auf uns eingeht. Wir wollen nicht, dass ihr ein schlechtes Gewissen habt, weil ihr erst fragt „Was braucht ihr?“, um uns dann in einer Wolke der Ungewissheit sitzen zu lassen. Das Wichtigste, was die Freiheitsbewegung im Iran braucht, ist Aufmerksamkeit, insbesondere ein Fernsehsender, um Nachrichten präzise und vollständig verbreiten zu können.

Ihr habt im zweiten Weltkrieg den bitteren Geschmack des Faschismus erfahren. Ihr wisst, was Gefahr ist. Wir sind in derselben Lage wie ihr. Im Iran ist das Lebensgefühl lebendiger, alles ist dynamischer, und Millionen von Menschen wollen sich des Satans entledigen. Das allein – sich des Satans entledigen – wird genügen. Dann werden sie selbst wählen, ob sie in die Hölle oder in den Himmel wollen.

Übersetzung aus dem Englischen: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Nachrichten von Gefangenen: Hamzeh Karami in Krankenstation eingliefert

Veröffentlicht bei Green Voice of Freedom am 3. Juli 2010
Quelle (Englisch): http://en.irangreenvoice.com/article/2010/jul/03/2136

GVF – Hamzeh Karami, einer der Gefangenen der Unruhen nach der Präsidentschaftswahl, ist in die Krankenstation eingeliefert worden, nachdem er im Evin-Gefängnis Herz- und Atemwegsprobleme entwickelt hatte.

Der Webseite Kalemeh zufolge wurde Karami am 2. Juli in die Krankenstation des Evin-Gefängnisses verlegt.

Seit Wochen bittet Karamis Ehefrau Houriyeh Danaei bei der Teheraner Staatsanwaltschaft darum, dass ihr Ehemann vorübergehend freigelassen wird, was aber stets abgewiesen wurde. Die Staatsanwaltschaft teilte Karamis Familie mit, sie müsse noch warten, da das Geheimdienstministerium einen Hafturlaub noch nicht genehmigt habe.

Ein Jahr nach seiner Verhaftung hat Karami noch keinen ärztlichen Spezialisten aufsuchen können und wurde nur ein Mal von einem Allgemeinarzt untersucht, obwohl er herzkrank ist. Im Verlauf des letzten Jahres hatte Karami mehrere Herzinfarkte erlitten und mehrfach das Bewusstsein verloren, weshalb seine Familie äußerst besorgt ist. Vor Kurzem wurde er aus Abteilung 7 in Abteilung 350 von Evin verlegt, in der keine angemessenen hygienischen und anderen grundlegenden Einrichtungen vorhanden sind.

Hamzeh Karami ist der Leiter der reformorientierten Webseite Jomhouriat und ein hoher Offizieller an der Islamischen Freien Universität (Azad-Universität). Er war kurz nach der gefälschten Präsidentschaftswahl vom Juni 2009 verhaftet worden und hatte bislang nur einen fünftägigen Hafturlaub.

Seine Familie hat die Behörden dringend gebeten, einer vorübergehenden Freilassung zuzustimmen, damit er sich außerhalb des Gefängnisses medizinisch behandeln lassen kann. Nach den auf die Wahl folgenden Unruhen war Karami von Richter Salavati zunächst zu 16 Jahren Haft verurteilt worden. Das Urteil wurde vom Berufungsgericht später in 11 Jahre Haft umgewandelt.

Karami hatte früher Positionen wie die des Gouverneurs der Stadt Varamin und des politischen Generaldirektors des Präsidenten unter den Regierungen Hashemi Rafsanjani und Mohammad Khatami inne.

Übersetzung aus dem Englischen: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Iranischer Ex-Parlamentarier kritisiert Untersuchungen zu Misshandlungen im Gefängnis Kahrizak

Veröffentlicht bei Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) am 3. Juli 2010
Quelle (Englisch): http://www.rferl.org/content/ExIranian_Deputy_Criticizes_Prison_Abuse_Investigation/2089712.html

Das Evin-Gefängnis

Ein früherer iranischer Parlamentsabgeordneter hat die Regierung aufgefordert, ihre Untersuchungen der Misshandlungsfälle in einem Teheraner Gefängnis zu überprüfen. Dies berichtet Radio Farda von RFE/RL.

Ali Akbar Mosavi Khoeni sprach am 1. Juli mit Radio Farda über den Fall des Gefängnisses Kahrizak, wo es nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl vom Juni 2009 zu Misshandlungen an hunderten von Demonstranten gekommen war, die in den Ereignissen nach der Wahl verhaftet wurden.

Alle bis auf einen der wegen der vermuteten Misshandlungen angeklagten Gefängnismitarbeiter waren am 30. Juni verurteilt worden, zwei von ihnen erhielten die Todesstrafen.

Menschenrechtsanwälte sagen jedoch, dass die meisten Angeklagten gemessen an der Schwere der Misshandlungen milde Strafen erhalten haben. Neun der Verurteilten werden mit kurzen Haftstrafen, Geldstrafen, Auspeitschung und vorübergehender Suspendierung vom Arbeitsplatz bestraft werden.

Khoeni, ein früherer Parlamentsabgeordneter, fordert, dass die iranische Expertenversammlung und das iranische Parlament sich mit der Durchführung der Kahrizak-Untersuchungen befassen. Einige der vermutlich in den Fall Kahrizak verwickelten Regierungsstellen haben ihm zufolge Verbindungen zum Obersten Führer Ayatollah Khamenei.

Khoeni hält eine gründliche Untersuchung des Falls Kahrizak für essentiell wichtig, um weitere Fälle von Misshandlungen in Gefängnissen zu verhindern. Ähnliche Beschwerden seien aus dem Teheraner Evin-Gefängnis eingegangen.

„Viele in Evin haben sich schriftlich über die von ihnen erlittene schwere Folter beschwert und die Behörden inständig gebeten, tätig zu werden.“

Khoeni merkte an, dass die Behörden das Problem der Misshandlung von Häftlingen sowohl im Evin-Gefängnis als auch im Fall Kahrizak noch nicht voll erfasst hätten und sich damit befassen müssten. „Das Muster (bei Misshandlungen in Evin) wird genau so fortgesetzt [wie in Kahrizak]“, so Khoeni.

Als Parlamentsabgeordneter war Khoeni an Untersuchungen über Fälle von Misshandlungen an Häftlingen beteiligt. Er selbst war im Jahr 2006 mehrere Monate in Evin inhaftiert.

Übersetzung aus dem Englischen: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben