Veröffentlicht bei Rooz Online am 13. Juli 2010
Quelle (Englisch): http://www.roozonline.com/english/news/newsitem/article/2010/july/13//authorities-absent-supervisors-acquitted.html
Anwälte und Familien der Opfer der Gräueltaten im Gefängnis Kahrizak haben nach Ende der unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindenden Verhandlung gegen das Urteil des Gerichts im Fall Kahrizak Berufung eingelegt. Das Urteil des Gerichts wurde den Anwälten der Kahrizak-Opfer sechs Tage nach ersten Berichten der Medien mitgeteilt.
Saleh Nikbakht, Anwalt der Familie von Amir Javadifar, sagte in einem Exklusiv-Interview mit Rooz, dass die Familien gegen die Urteile Berufung eingelegt hätten. Unter Verweis auf mehrere im Urteil enthaltene Widersprüche erklärte er: „Die Anwälte und die Familien hatten beantragt, dass das Gericht Mortazavi [zum Zeitpunkt der Verbrechen von Kahrizak Teheraner Generalstaatsanwalt, d. Übers.] zumindest als Zeugen lädt, auch wenn es über ihn keine Rechtssprechungskompetenz hat. Das Gericht hat diesen Antrag ignoriert.“
Dem Exklusivreport von Rooz zufolge ist der Hauptangeklagte in diesem Fall Oberstleutnant Faraj Karimkhani, der Leiter der Haftanstalt Kahrizak. Ihm werden Nachlässigkeit, Fahrlässigkeit und Nichteinhaltung von Regierungsvorschriften vorgeworfen, die zu körperlichen Verletzungen und Todesfällen führten. Weiterhin wird ihm vorgeworfen, den Gefangenen verfassungsmäßige Rechte entzogen und negative Einstellungen gegenüber der Rechtssprechung gefördert zu haben, sowie an der Erstellung gefälschter Berichte für die Haftanstalt beteiligt gewesen zu sein, in denen als Ursache für den Tod der Opfer Meningitis angegeben war.
Karimkhani wurde zu 35 Monaten Haft und einer Geldstrafe von 7 Millionen Rial [ca. 700$, d. Übers.] verurteilt. Außerdem darf er für die Dauer von 6 Monaten keine Regierungsämter bekleiden.
Ein weiterer Angeklagter in diesem Fall ist der Leiter des Aufsichtsgremiums über den Gesetzesvollzug, Ravanbakhsh Fallah.
Der dritte Angeklagte in diesem Fall ist Oberst Mohammad Amerian, der mit Ausnahme der gefälschten Berichte in denselben Punkten für schuldig befunden wurde.
General Azizollah Rajabzadeh, der im Jahre 1388 [2009, d. Übers.] Chef der Teheraner Polizei war, war ebenfalls angeklagt und wurde in allen Anklagepunkten freigesprochen.
Dem Rooz-Bericht zufolge wurden zwei weitere Angeklagte, Ebrahim Mohammadian und Mohammad Khamisabadi, zum Tode verurteilt. Die beiden arbeiteten als Wachmann bzw. Offizier [„warrant officer“] in Kahrizak.
Der einzige Angeklagte aus dem zivilen Bereich war Mohammad Reza Karami, der als krimineller Häftling in Kahrizak bezeichnet wurde. Er wurde wegen Belästigung und Tätlichkeiten gegen die Gefangenen zu einer Haftstrafe und Zahlung einer Geldstrafe verurteilt.
Der Wachmann Leutnant Seyyed Kazem Ganjbakhsh war ebenfalls angeklagt, weil er für die Verlegung von Häftlingen von Evin in andere Gefängnisse zuständig war. Er wurde zu vier Monaten Haft, einer Geldstrafe in Höhe von 2 Millionen Rial [ca. 400$, d. Übers.] und Peitschenhieben verurteilt und mit einer dreimonatigen Sperre für Regierungsämter belegt. Laut Anklageschrift wurde er angeklagt, weil er sich geweigert hatte, die Häftlinge mit Wasser zu versorgen.
Der Soldat Akbar Rahsepar, der für die interne Versorgung der Haftanstalt Kahrizak verantwortlich war, wurde ebenfalls angeklagt. Die Soldaten Hamid Zandi und Majid Varvaei – beides Wachmänner und Mitarbeiter im Gefängnis Kahrizak – sowie der Gefreite Mehdi Hosseinfar, ebenfalls Kahrizak-Mitarbeiter, waren weitere Angeklagte in diesem Fall, die zu Haftstrafen und Peitschenhieben verurteilt und von Regierungsämtern gesperrt wurden.
Übersetzung aus dem Englischen: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben