Tagesarchiv: 15. Juli 2010

Iran trauert um Amir Javadifar

Veröffentlicht bei http://persian2english.com/ am 15. Juli 2010
Quelle (Englisch): http://persian2english.com/?p=12787
Quelle (Persisch): Rooz Online

Trotz seiner Verletzungen wandte sich Amir Javadifar freiwillig an die Polizei, um den Gesetzen seines Landes Genüge zu tun und seine Situation aufzuklären.

Am 10. Juli 2009 dachte Amirs Familie, er würde angesichts seines Gesundheitszustandes nicht noch einmal verhaftet werden.

Am 9. Juli 2009 war Amir von 8 bis 12 Personen heftig geschlagen worden. Danach wurde er verhaftet.

Am 9. Juli 2009 um 9 Uhr rief ein Agent die Familie von Amirs Mobiltelefon aus an und forderte sie auf, ins Krankenhaus Firoozgar zu fahren.

Die ersten veröffentlichten Fotos von Amir wurden in dieser Nacht im Firoozgar-Krankenhaus aufgenommen.

Die Krankenhäuser waren angewiesen, verletzte Demonstranten nicht aufzunehmen. Amir war verletzt, aber er schwebte nicht in Lebensgefahr.

Er wurde ins Laleh-Krankenhaus verlegt, wo seine Verletzungen behandelt wurden. Ein Agent des Regimes setzte durch, dass er das Krankenhaus verließ.

Amir: „Ich wollte nur friedlich demonstrieren. Ich war nicht bewaffnet. Ich habe niemanden beleidigt. Ich habe nur schweigend dagestanden.“

Amir: „Ich habe nichts getan, wovor man sich fürchten muss. Ich werde (freiwillig zur Polizei) gehen und zurückkommen.“

Amirs Bruder: „Brauchst du einen Rollstuhl?“ Amir: „Nein, ich kann stehen. Liebhaber sterben im Stehen.“

Nach Verlassen des Krankenhauses brachte die Familie Amir zur Präventionspolizei am Enghelab-Platz. Dort wurde er abrupt von seiner Familie getrennt.

Seine Familie musste die Polizeistation verlassen, ohne sich von Amir verabschieden oder letzte Worte mit ihm wechseln zu können.

Wenige Stunden später kehrte sein Bruder zur Polizeistation zurück. Ihm wurde mitgeteilt, dass drei Busse die Station verlassen hatten, einer davon war nach Evin gefahren, die anderen beiden nach Kahrizak. Es war der 10. Juli, 20:00 Uhr.

Am folgenden Tag wurde den Familien der am 9. Juli Verhafteten mitgeteilt, sie sollten „10 Tage warten“.

Am 14. Juli 2009 traf ein Bus mit 130 Gefangenen aus Kahrizak in Evin ein. Ein Agent verlas die Namen. Amir war nicht dabei.

Amirs Familie kam jeden Tag mit einem Foto von Amir nach Evin. Keiner der freigelassenen Gefangenen erkannte ihn.

Am 25. Juli erfuhr die Familie, dass Amir getötet worden war. Er starb am 14. Juli, nach vier Tagen im Gefängnis Kahrizak, während eines Transports mit dem Bus.

Schließlich erkannte einer der aus Kahrizak freigelassenen Gefangenen am 24. Juli Amir auf dem Foto und informierte die Familie, dass Amir tot ist.

Am 25. Juli wurde die Familie aufgefordert, zur „rechtsmedizinischen Abteilung“ von Kahrizak zu kommen, um die Leiche zu identifizieren. Es war Amirs Bruder, der ihn identifizierte.

Seine Familie durfte den Leichnam nicht sehen. Stattdessen erhielten sie drei Fotos. An Amirs Leiche wurde eine Autopsie vorgenommen.

Andere Gefangene aus Kahrizak erzählten, dass Amir an seinem letzten Tag wegen Augenverletzungen und Infektionen nichts mehr hatte sehen können.

Am letzten Tag soll Amir laut seine verstorbene Mutter angerufen haben: „Mutter, gib mir meine Augen zurück!“

Zwei Tage nach der Identifizierung wurde seine Leiche seiner Familie übergeben. Die Familie füllte ein Formular aus. In einem Feld hieß es: „Haben Sie vor, jemanden zu verklagen?“. Sie ließen das Feld leer.

Amirs Bruder: „Amir war überhaupt nicht politisch. Er war ein Künstler. Sein Blick auf die Welt war der Blick eines Künstlers. Er liebte Gedichte, Filme und Bücher, und er war sozial engagiert. Wenn er auf die Straße ging, war er aufmerksam. Er nahm an friedlichen Demonstrationen teil und glaubte (an das, was er tat).“

Sein Bruder erinnert sich, wie Amir von der „großen Schweigedemonstration“ am 15. Juni 2009 zurückkam.

Amir: „Es war wunderbar. Heute war einer der besten Tage meines Lebens. Wir haben gesagt, dass wir ruhig bleiben und schweigen müssen.“

Amirs Bruder: „(An diesem Tag) waren Amirs Augen vollkommen friedlich. Er glaubte nicht an Gewalt.“

Übersetzung aus dem Englischen: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Dieses Foto von Amir Javadifar entstand im Krankenhaus. Foto eingefügt von der Übersetzerin.

Basarhändler in Teheran und Tabriz streiken weiter

Veröffentlicht bei Radio Zamaaneh am 15. Juli 2010
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2010/07/tehran-bazaar-traders-con.html

Nachrichtenseiten berichten, dass Geschäfte im Teheraner Basar weiter geschlossen bleiben. Der Präsident des iranischen Handelsrats hatte mitgeteilt, dass der Betrieb im Basar wieder zur Normalität zurückgekehrt ist.

Die Webseite Jaras berichtet, dass der Streik der Händler sich sogar bis auf den Basar in Tabriz ausgeweitet hat.

Jaras zufolge hat sich der Streik, der bei den Teppich-, Schuh- und Goldhändlern von Tabriz begonnen hatte, sich jetzt auch auf den übrigen Teil des Basars von Tabriz ausgedehnt.

Der Chef des Handelsrats sagte der [staatlichen] Nachrichtenagentur Fars News, die Auseinandersetzungen um die Steuern seien mittlerweile gelöst worden. Er erklärte, die Basarvertreter hätten ihm in der Nacht zuvor versprochen, ihre Geschäfte heute wieder öffnen zu wollen. Nachrichtenseiten berichten jedoch, dass der Basar weiterhin geschlossen ist, die Goldhändler hätten ihre Geschäfte heute nicht geöffnet.

Teheraner Händler waren aus Protest gegen die neue Steuerpolitik der Regierung in den Streik getreten. Der Streik hatte bei den Gold- und Tuchhändlern des Teheraner Basars begonnen und soll dann auf Basare in den Großstädten Tabriz und Isfahan übergegriffen haben.

Auch Offizielle der Islamischen Republik hatten bekanntgegeben, dass die Differenzen mit den Basarhändlern beigelegt wären.

Übersetzung aus dem Englischen: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Tabriz: Schwangere 25jährige zum Tod durch Steinigung verurteilt

Auf Englisch veröffentlicht bei Persian2English
Auf Persisch veröffentlicht bei Pars Daily News am 15. Juli 2010
Originaltitel der englischen Übersetzung: Stoning is a crime against humanity and must be banned everywhere

In dem Gefängnis, in dem Sakineh Mohammadi Ashtiani einsitzt, sind zwei weitere Frauen zum Tod durch Steinigung verurteilt. Eine von ihnen ist Maryam Ghorbanzadeh. Sie ist 25 Jahre alt und wegen „einer außerehelichen Beziehung“ zum Tod durch Steinigung verurteilt. Maryam ist schwanger und hofft, dass die Weltöffentlichkeit ihr helfen wird.

Maryams Anwalt hält es für möglich, dass das Urteil von Tod durch Steinigung auf Tod durch Hinrichtung (am Galgen) umgewandelt wird. Dann könne man versuchen, das Urteil auf eine Bestrafung durch Auspeitschung abzumildern.

In den letzten Jahren hatte die Islamische Republik auf internationale Proteste hin Steinigungsurteile gegen 13 Frauen aufgehoben. In einigen Fällen wurden Angeklagte freigelassen, nachdem sie ersatzweise 100 Peitschenhiebe erhalten hatten. Eine dieser Frauen war Kobra Babaei, deren Urteil aufgehoben wurde – sie wurde nach 100 Peitschenhieben freigelassen. Berichten vom Internationalen Komitee gegen Hinrichtungen (International Committee against Executions) zufolge hat Kobra durch die Auspeitschung Schäden am Rückgrat zurückbehalten und kann jetzt nicht mehr richtig gehen. Ihre Kinder sagen, dass die unerträglichen Schmerzen und die Folgen der Auspeitschung das Leben für ihre Mutter extrem schwer machen.

Im Gefängnis von Tabriz kämpft zur Zeit eine schwangere Frau gegen Steinigung und Hinrichtung. Die barbarische Bestrafung von Maryam Ghorbanzadeh muss weltweit verurteilt werden.

Das islamische Regime ist frauenfeindlich und unmenschlich, und es sollte überall gegen seine Rohheit protestiert werden.

Steinigung ist eine mittelalterliche und brutale Form der Bestrafung und wird [vorwiegend] gegen Frauen eingesetzt, manchmal aber auch gegen Männer, die außerehelicher Beziehungen oder homosexueller Neigungen überführt wurden.

Das Internationale Komitee gegen Hinrichtungen ruft alle dazu auf, nachdrücklich gegen die Steinigung von Maryam Ghorbanzadeh zu protestieren. Wir fordern eine umgehende Aufhebung aller Steinigungsurteile im Iran. Steinigungen müssen im Iran und weltweit abgeschafft werden.

Bitte schließen Sie sich der Bewegung gegen Steinigungen an.

Das Internationale Komitee gegen Hinrichtungen
International Committee against Executions

Übersetzung aus dem Englischen: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Linkangeben

Antwort des ZDF auf Proteste gegen Besuch von IRIB-Chef Zarghami bei deutschen Medien

(Datiert vom 15. Juli 2010)

vielen Dank für Ihre E-Mail an das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF).

IRIB hatte das ZDF darum gebeten, im Rahmen einer Europareise einige
Produktionseinrichtungen, vor allem das neue Nachrichtenstudio, besichtigen zu
dürfen. Im Rahmen der Besichtigung einiger Studios und eines Arbeitessens wurde
unter anderem über die Arbeitsmöglichkeiten ausländischer Journalisten im Iran
gesprochen.

Das ZDF hat seinen Wunsch zum Ausdruck gebracht, in Teheran wieder ein ständiges
Büro (kein Studio) einrichten zu können. Intendant Schächter betonte in diesem
Zusammenhang die Notwendigkeit einer ungehinderten und unabhängigen
Berichterstattung aus dem Iran. Es wurden keine Vereinbarungen getroffen oder
Verträge abgeschlossen. Eine Kontaktebene zwischen ZDF und IRIB besteht auch
über die jeweiligen Mitgliedschaften in den Rundfunkunionen Europas (EBU) und
Asiens (ABU). Das ZDF hat stets unabhängig und kritisch aus dem Iran berichtet
und wird dies auch in Zukunft tun. Ein ständiges Korrespondentenbüro und die
damit verbundene Präsenz in Teheran ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dies
auch weiterhin gewährleisten zu können.

Mit freundlichen Grüßen
Tanja Heimbach
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ZDF
Tanja Heimbach
Business-to-Business
55100 Mainz

E-Mail: b2b@zdf.de