Tagesarchiv: 22. Juli 2010

Ahmadinejads Berater für religiöse Angelegenheiten will zurücktreten

Veröffentlicht bei Uskowi on Iran am 22. Juli 2010
Quelle (Englisch): http://uskowioniran.blogspot.com/2010/07/ahmadinejads-advisor-on-religious.html
Referenziert von Enduring America

Hojatoleslam Nasser Saghay Biria (Foto: Aftab News)

Hojatoleslam Mohammad Nasser Saghay Biria, Präsident Ahmadinejads Berater für religiöse Angelegenheiten, hat seinen Rücktritt eingereicht – nach Meinung enger Vertrauter aus Protest gegen Ahmadinejads angeblich unislamische Ansichten über die Verschleierungspflicht für Frauen und ihre Einhaltung strenger islamischer Kleidervorschriften. Ahmadinejad hat Saghays Rücktritt noch nicht angenommen.

Saghay Biria ist ein Schüler Ayatollah Mesbah Yazdis. Seinem Rücktritt war ein ausgedehntes Treffen mit Mesbah letzte Woche in Qom vorausgegangen. Ahmadinejad selbst ist als Anhänger Mesbahs bekannt. Saghays Rücktritt und die Argumentation dahinter könnten Fragen zu Mesbahs Rolle als religiöser Ratgeber und Führer des iranischen Präsidenten aufwerfen.

Jahan News berichtet unterdessen diese Woche, dass Esfandiar Rahim Mashaie, der Stabschef des Präsidenten, gesagt haben soll, dass Ahmadinejad das Gefühl habe, der einflussreiche Herausgeber der ultrakonservativen Tageszeitung Kayhan, Hossein Shariatmadari, sei sein Feind und werde ihn innerhalb des nächsten Jahres als unislamisch und als Ungläubigen hinstellen.

„Aus der Sicht Shariatmadaris bin ich nicht eimal Moslem. Er denkt, ich sei ein Spion, ein Monafegh [„Spalter“, d. Übers.] und Teil des Grünen Staatsstreichs“, wurde Ahmadinejad von Mashaie zitiert (Aftab, 22. Juli).

Übersetzung aus dem Englischen: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Mahdieh Golroos Ehemann: „Wir können ihr keine Medikamente bringen“

Veröffentlicht bei International Campaign for Human Rights in Iran (ICRHI) am 22. Juli 2010
Quelle (Englisch): http://www.iranhumanrights.org/2010/07/lalipoor-golroo-medicine/

Der Ehemann der studentischen Aktivistin Mahdieh Golroo, Vahid Laleipour, teilte ICHRI mit, dass er bei seinem letzten Besuch bei seiner Frau festgestellt habe, dass sie an sehr schmerzhaften Darmbeschwerden leidet. „Seit Mahdieh in Abteilung 209 in Einzelhaft im Hungerstreik war, leidet sie an ernsten und anhaltenden Darmbeschwerden. Wir haben Schwierigkeiten, ihr ihre Medikamente zukommen zu lassen.“

„Laut Gesetz darf jeder Gefangene pro Monat einen persönlichen Besuch empfangen, aber wir haben dieses Recht nicht. Uns wurde gesagt, dass Mahdiehs Akte an Abteilung 54 des Berufungsgerichts übergeben wurde. Wir sind dorthin gegangen, um eine Reduzierung ihrer 500.000-Dollar-Kaution zu erwirken, aber man sagte uns dort, dass man über ihren Fall nichts wisse. Wir warten auf ihr endgültiges Urteil. Mahdiehs Aktivitäten waren nicht illegal. Sie war im Rat zum Schutz des Rechts auf Bildung aktiv, Sie hat sich für das Recht aller Bürger auf Bildung eingesetzt. Die Anklage gegen sie und zwei ihrer Zellengenossinnen haben auch damit etwas zu tun.“

Mahdieh Golroo, eine studentische Aktivistin, ist seit dem 3. November 2009 inhaftiert. Das erste Gericht hatte sie zu zwei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt. Sie teilt sich zur Zeit eine Zelle mit Shiva Nazar Ahari, Mahboubeh Karami und Shabnam Madadzadeh.

Vahid Laleipours Blog für seine Frau (Persisch)

Übersetzung aus dem Englischen: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Studentischer Aktivist nach drei Monaten Haft mit Herzinfarkt im Krankenhaus

Veröffentlicht bei International Campaign for Human Rights in Iran (ICHRI) am 22. Juli 2010
Quelle (Englisch): http://www.iranhumanrights.org/2010/07/arabshahi-hospitalized/

Mehdi Arabshahi, Sekretär der Organisation zur Konsolidierung der Einheit (Daftar-e Tahkim-e Vahdat) ist heute nachmittag mit Herzproblemen ins Shahid-Lavasani-Krankenhaus eingeliefert worden. Ein naher Verwandter Arabshahis teilte ICHRI mit, dass Arabshahi während seiner temporären Inhaftierung im Evin-Gefängnis einen schweren Herzinfarkt erlitten habe. Der Herzinfarkt trat infolge des Drucks ein, dem Arabshahi bei den Verhören und in der Einzelhaft ausgesetzt war. Der 30jährige Arabshahi hatte bisher noch nie Probleme mit dem Herzen.

Arabshahi war letztes Jahr am schiitischen Feiertag Ashura (27. Dezember) verhaftet und drei Monate lang in Abteilung 240 des Evin-Gefängnisses in Einzelhaft gehalten worden. Zum ersten Mal war er am 23. November 2009 wegen „Störung der öffentlichen Ordung mittels illegaler Versammlung“ von Abteilung 1053 des allgemeinen Gerichts in Teheran vorgeladen worden. Während seiner Inhaftierung in Evin erlitt Arabshahi infolge des physischen und psychologischen Drucks bei den Verhören einen schweren Herzinfarkt. Gefängnisbeamte verlegten ihn [daraufhin] in das Qamar Bani Hashem-Krankenhaus. Nach seiner Entlassung kam er in die Behandlung von ärztlichen Spezialisten, die seine Einweisung in ein Krankenhaus forderten, damit er behandelt werden kann.

Der sich verschlechternde Gesundheitszustand mehrerer Gefängnisinsassen in den letzten Wochen hat die Situation in den Fokus rücken lassen. Vor einiger Zeit berichtete ICHRI, dass die Gefängnisse Gewissensgefangene foltern, indem sie sie gefährlichen hygienischen Bedingungen, unangemessener Unterbringung und unhygienischen Zuständen aussetzen und ihnen ärztliche Behandlung vorenthalten. „Gewissensgefangene im Iran sind in überbelegten Gefängnissen untergebracht, krank, die Unterbringung ist unangemessen, die Bedingungen sind unhygienisch, und es fehlt der Zugang zu medizinischer Behandlung“, so ICHRI-Sprecher Hadi Ghaemi.

Dafter-e Tahkim-e Vahdat ist eine landesweit aktive Studentenorganisation, deren Mitglieder nach der Präsidentschaftswahl im letzten Jahr im großen Stil verhaftet und inhaftiert worden waren. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Technologie erklärte die Studentenorganisation für illegal. Sicherheitsbeamte forderten die inhaftierten Mitglieder der Organisation auf, als Gegenleistung für ihre Freilassung ihre Mitgliedschaft zu annullieren und die Aktionen und politischen Statements der Organisation zu verurteilen. Die Gefangenen gingen nicht darauf ein. Unter den Mitgliedern des Zentralrats der Organisation, die nach der Präsidentschaftswahl 2009 bedroht und eingesperrt wurden, sind Bahareh Hedayat, Milad Asadi, Abbas Hakimzadeh, Morteza Samyari und Mehdi Arabshahi.

Übersetzung aus dem Englischen: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Die Fatwa des Obersten Führers über sich selbst: „Ihr müsst mir gehorchen“

Veröffentlicht bei Rooz Online am 22. Juli 2010
Quelle (Englisch): http://www.roozonline.com/english/news/newsitem/article/2010/july/22//khamenei-you-must-obey-me.html
Anmerkungen in eckigen Klammern stammen von der Übersetzerin

Von Nazanin Kamdar

Das Büro des obersten Führers der Islamischen Republik hat eine der wichtigsten Anordnungen herausgegeben, die der zweite Führer [nach Ayatollah Khomeini] erlassen hat. Zusammengefasst besteht die Anordnung in der Aussage, dass jeder Herrn Khamenei zu gehorchen hat.

Die von Khamenei selbst herausgegebene Anordnung folgt auf zahllose Briefe politischer Aktivisten an Ayatollah Khamenei, in denen seine Referenzen und Qualifikationen für das Amt des Obersten Führers in Frage gestellt werden. Der bekannteste unter ihnen, der inhaftierte Journalist Isa Saharkhiz, hatte vor Gericht diverse Anklagepunkte gegen Khamenei erhoben.

Dem auf Ayatollah Khameneis Webseite veröffentlichten Wortlaut zufolge antwortet Khamenei auf die Frage, wie man dem Führer zu gehorchen habe, mit der Aussage, er sei ein „Arm der Vormundschaft [„guardianship“] des Propheten Muhammad und des unfehlbaren Imam“, der „Stellvertreter des Verborgenen Imam“ und stellte sich auf eine Ebene mit dem islamischen Propheten Muhammad. Er schreibt: „Die Vormundschaft der Faghih (des religiösen Rechtsgelehrten) besteht in der Herrschaft des qualifizierten Faghih in Abwesenheit des unfehlbaren Imams. Sie ist ein Zweig der Vormundschaft und der Herrschaft des Propheten Muhammad und des unfehlbaren Imams. Man kann seine Ergebenheit gegenüber dem Vormund-Faghih sicherstellen, indem man seinen administrativen Regeln gehorcht.“

Normalerweise müssen alle inländischen Medien den vollen Wortlaut eines auf Ayatollah Khameneis Webseite herausgegebenen Textes veröffentlichen. Viele allerdings sind der Meinung, dass Ayatollah Khamenei weder eine „Quelle der Nachahmung“ ist, noch keine Abhandlung verfasst hat und keine Antworten gemäß der schiitischen Rechtssprechung geben kann.“

Ein politischer Experte sagte Rooz gegenüber: „Mit diesem Schritt hat Ayatollah Khamenei, der sich zuvor um unpolitische Fragen gekümmert hat, die auf einer Ebene vergleichbar mit der sanitären Infrastruktur der Stadt Qom angesiedelt waren, das Gebiet des politischen Diskurses betreten. Diese sogenannte Fatwa kann als sein nächster Schritt in Richtung einer persönlichen Diktatur gewertet werden.“

„Da er keine Abhandlung geschrieben hat und nicht als Quelle der Nachahmung gilt, hat Ayatollah Khamenei bisher solche Themen gescheut. Selbst wenn er sich [in einer solchen Weise] geäußert hat, wurden seine Einlassungen iemals als religiöse Fatwa veröffentlicht. Darum ist dieser neue Schritt ohne Beispiel.“

Bei seinem letzten Treffen mit Parlamentsabgeordneten hatte Ayatollah Khamenei Anmerkungen über seine Position gemacht, die von einigen Abgeordneten so interpretiert wurden, dass er die Disqualifizierung potenzieller reformorientierter Kandidaten für die bevorstehenden Parlamentswahlen autorisiert.

[Die Nachrichtenseite] Raja News berichtet, dass er gesagt haben soll: „Eine Verletzung des Gehorsams gegenüber dem Faghih und dem Obersten Führer ist eine Verletzung des Regimes der Islamischen Republik selbst, und ich werde so etwas weder von einer Person, noch von einer Gruppe tolerieren. Glücklicherweise sind alle Personen und Gruppen, die der Linie des Imam folgen, mit Gottes Segen im Gehorsam gegenüber der Faghih und dem Obersten Führer ergeben. Wir hoffen, dass es niemals Situationen geben wird, in denen sie ungehorsam sind.“

In den letzten Monaten hatten unzählige Geistliche und Politiker aus dem Lager der Hardliner den obersten Führer in Wort und Schrift in einem Ausmaß angepriesen, dass die Veröffentlichung eines Artikels in der Zeitung Kayhan, der voll des Lobes für den Führer war, von seinem Büro getadelt wurde.

Die neue Fatwa Ayatollah Khameneis ist von Hardlinern in den Islamischen Pasdaran-Revolutionsgarden (IRGC) begrüßt worden. Die dem IRGC nahestehende Webseite Javan Online schreibt: „Gemäß den in regierungseigenen Firmen und Vereinigungen, aber auch in Bildungseinrichtungen geltenden Einstellungsbestimmungen ist ‚Gehorsam gegenüber dem obersten Führer“ ein zentrales Kriterium für eine Einstellung. Dieses Element muss ab jetzt noch sorgfältiger geprüft werden.“

Übersetzung aus dem Englischen: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben.

Enduring America hat eine interessante Analyse dazu veröffentlicht (auf Englisch)

Nachtrag 22:30 Uhr: Enduring America meldet, dass die angebliche Fatwa Khameneis von staatlichen Webseiten verschwindet. Die Fatwa wurde offenbar auch nicht auf Khameneis Webseite eingestellt, sondern lediglich dort verlinkt. Enduring America kündigt eine weitere Analyse dieser merkwürdigen Geschichte für morgen an.

Todesurteil für jugendlichen Straftäter aufgehoben

Veröffentlicht bei Radio Zamaaneh am 22. Juli 2010
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2010/07/execution-of-juvenile-off.html

Ali Mahintorabi

Ali Mahintorabi, ein des Mordes angeklagter jugendlicher iranischer Straftäter, ist gestern nach acht Jahren im Gefängnis freigelassen worden.

Mahintorabis Anwalt Mohammad Mostafayi gab die Nachricht auf seinem Weblog bekannt. Das Gericht habe den Fall seines Klienten nochmals geprüft und die Anklage in Totschlag umgewandelt. Das Gericht habe die Freilassung nach Zahlung des Blutgeldes angeordnet.

Mahintorabi war vor acht Jahren in eine Auseinandersetzung verwickelt gewesen, bei der sein Schulkamerad Madzak Khodadian ums Leben kam. Im Zuge der Auseinandersetzung hatte Mahintorabi mit einem Messer auf Khodadian eingestochen. Vor Gericht sagte er, er habe nicht die Absicht gehabt, Khodadian zu töten; er habe sich durch die umstehende Menge unter Druck gesetzt gefühlt und deshalb zugestochen.

Mahintorabi war von einem Gericht in Karaj zum Tode verurteilt worden. Das Urteil erging, obwohl die Mutter des Opfers auf ihr Recht verzichtet hatte, eine Strafe nach dem Prinzip „Auge um Auge“ [„Gleiches mit Gleichem“, d. Übers.] zu fordern. Lediglich der Vater des Opfers hatte dies gefordert.

Viele iranische und internationale Menschenrechtsaktivisten hatten gegen das Urteil protestiert. Aufgrund der Proteste und der beharrlichen Bemühungen seines Anwalts wurde Mahintorabis Fall einer juristischen Überprüfung unterzogen.

Mohammad Mostafayi führt die Freilassung seines Klienten auf die nicht nachlassenden Bemühungen sozialer Aktivisten, Künstler und Journalisten zurück.

Iran hat weltweit eine der höchsten Hinrichtungsraten zu verzeichnen. Amnesty International zufolge wurden in der Islamischen Republik zwischen 1990und 2009 42 jugendliche Straftäter hingerichtet.

Derselben Quelle zufolge war Iran in den Jahren 2008 und 2009 das einzige Land, in dem Straftäter hingerichtet wurden, die als Minderjährige straffällig geworden waren.

Obwohl Iran Mitunterzeichner der Kinderrechtskonvention ist, die die Hinrichtung Minderjähriger verurteilt, ist dies Praxis im Iran weiterhin verbreitet.

Derzeit sind 130 minderjährige Straftäter im Iran zum Tode verurteilt.

Übersetzung aus dem Englischen: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben