Tagesarchiv: 23. Juli 2010

Iranischer Parlamentarier: Regierung hat Verbindungen zum Parlament gekappt

Veröffentlicht bei Radio Zamaaneh am 23. Juli 2010
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2010/07/iranian-mp-says-governmen.html

Dem iranischen Parlamentsabgeordneten Mohammadreza Khabbaz zufolge hat die Regierung alle Beziehungen mit dem Parlament eingestellt.

Khabbaz deutete an, dass die Regierung aufgehört habe, das Parlament von ihren neuen Satzungen in Kenntnis zu setzen. Laut Verfassung müssen diese vom Parlament auf ihre Übereinstimmung mit den geltenden Gesetzen geprüft werden.

„Sie sagen zwar, dass sie die Satzungen an das Parlament weitergeleitet haben, aber das stimmt nicht“, so Khabbaz.

Mahmoud Ahmadinejads Vertreter im Parlament sagte Journalisten gegenüber am Mittwoch, dass die Regierung das Parlament über ihre Satzungen informiert habe und in Kürze eine Liste aller weitergeleiteten Satzungen veröffentlichen werde.

Mohammadreza Khabbaz bleibt dabei, dass Ahmadinejad, der geschworen hat, über das Gesetz zu wachen, seit März die Ausführung eines wichtigen Artikels im Gesetz verweigert.

Das iranische Parlament und die Regierung Ahamdinejad sind in den letzten Jahren immer wieder aneinandergeraten. Mahmoud Ahmadinejad ging sogar so weit, damit zu drohen, die vom Parlament gebilligten Gesetze nicht anzuwenden.

Übersetzung aus dem Englischen: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Update: 25 weibliche politische Gefangene zu insgesamt mehr als 110 Jahren Haft verurteilt

Veröffentlicht bei RAHANA am 23. Juli 2010
Quelle (Englisch): http://www.rhairan.us/en/?p=5798
Fotos der Gefangenen eingefügt von der Übersetzerin

22 im Evin-Gefängnis inhaftierte weibliche politische Gefangene sind zu Haftstrafen im Gesamtumfang von 110 Jahren verurteilt worden.

RAHANA – Von den 22 im Evin-Gefängnis inhaftierten weiblichen politischen Gefangenen befinden sich Shiva Nazar Ahari, Kobra Zaghedoost, Farah Vazham und Fatemeh Khorramjoo in noch ungeklärter Situation, während die übrigen zu langen Haftstrafen verurteilt wurden.

Einem RAHANA-Reporter zufolge befinden sich weitere weibliche politische Gefangene unter harten Bedingungen in Einzelzellen bzw. anderen Abteilungen des Evin-Gefängnisses. Die iranisch-holländiches Staatsbürgerin Zahra Jabbari gehört zu den Gefangenen, die seit den Straßenprotesten von Ashura (27. Dezember 2009) in Abteilung 209 von Evin einsitzen.

Es folgt eine Liste weiblicher politischer Gefangener und ihrer Urteile:
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Update vom 23. Juli 2010 (http://www.rhairan.us/en/?p=5815):
Nazila Dashti, 3 Jahre Haft
Nazila Dashti war im Mai 2007 verhaftet worden. Sie wurde wegen Verbindungen zur MKO zu drei Jahren Haft verurteilt und wird derzeit im Evin-Gefängnis festgehalten.

Rashin (Ozra) Ghazi Mirsaeed, 2 Jahre Haft
Rashin (Ozra) Ghazi Mirsaeed wurde am 20. Juni 2009 bei den Straßenprotesten gegen die umstrittene Präsidentschaftswahl verhaftet. Sie wurde in erster Instanz zu 3,5 Jahren Haft verurteilt; das Berufungsgericht reduzierte ihr Strafmaß später auf 2 Jahre.

Mahboubeh Karami, offen
Mahboubeh Karami, Frauenrechtlerin und Mitglied der „Eine Million Unterschriften“-Kampagne, ist seit März 2010 inhaftiert. Sie leidet an mehreren körperlichen Problemen und Depressionen, weshalb sie ins Krankenhaus verlegt werden müsste. Die mit ihrem Fall befassten Richter und Befrager haben jedoch keine Kaution für ihre Freilassung festgesetzt. Mahboubeh hat den größten Teil ihrer Haft in Einzelzellen in Abteilung 2A im Frauentrakt von Evin verbracht und wird intensiv unter Druck gesetzt, damit sie vor laufender Kamera Geständnisse für das Fernsehen ablegt.
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Bahareh Hedayat, 9,5 Jahre Gefängnis
Die Studentische Aktivistin Bahareh Hedayat war am 1. Januar 2010 verhaftet worden. Abteilung 28 des Revolutionsgerichts unter Vorsitz von Richter Moghiseh verurteilte sie zu 9,5 Jahren Gefängnis. Sie erhielt 6 Jahre für Beleidigung des Präsidenten, 2 Jahre für Beleidigung des Führers, sowie insgesamt 5 Jahre für Propaganda gegen das System, Handlungen gegen die nationale Sicherheit durch Versammlungen und Verschwörung. Zusätzlich dazu trat eine frühere, [bislang] ausgesetzte zweijährige Haftstrafe für Handlungen gegen die nationale Sicherheit in Kraft, zu der sie verurteilt worden war, weil sie die Frauen-Demonstration am 12. Juni 2006 mitorganisiert hatte.
[Anm. d. Übers.: Laut RAHANA vom 19. Mai erhielt sie 6 Monate für Präsidentenbeleidigung, nicht 6 Jahre. Dann kommt man auch auf insgesamt 9,5 Jahre.]

Motahhareh Bahrami Haghighi, 10 Jahre Haft
Motahhareh Bahrami Haghighi wurde bei den Ashura-Protesten am 27. Dezember 2009 zusammen mit ihrem Ehemann Mohsen und ihrem Sohn Ahmad Daneshpour Moghaddam verhaftet. In erster Instanz wurde sie wegen Moharebeh (Feindschaft gegen Gott) zum Tode verurteilt. Das Berufungsgericht wandelte das Urteil in eine 10jährige Gefängnisstrafe und Exil im Gefängnis Rajai Shahr in der Nähe von Karaj um.

Reyhaneh Haj-Ebrahim Dabbagh, 15 Jahre Haft
Reyhaneh Haj-Ebrahim Dabbagh war am 27. Dezember 2009 zusammen mit Motahhareh Bahrami, Mohsen Daneshpour Moghaddam und Ahmad Daneshpour Moghaddam in deren Haus verhaftet worden. Sie wurde zunächst zum Tode verurteilt, bevor das Berufungsgericht das Urteil in eine 15jährige Haftstrafe und Exil im Gefängnis Rajai Shahr bei Karaj umwandelte.

Maryam Akbari Monfared, 15 Jahre Haft
Maryam Akbari Monfared, Hausfrau und Mutter dreier kleiner Kinder, wurde nach den Ashura-Protesten am 1. Januar 2010 zu Hause verhaftet. Am 6. Mai 2010 stand sie vor Gericht. Sie wurde wegen Moharebeh (Feindschaft gegen Gott) und Verbindungen mit einer regimekritischen Organisation inhaftiert – Vorwürfe, die sie stets zurückwies.

Fatemeh Ziaei Azad, 2 Jahre Haft
Fatemeh Ziaei Azad wurde nach den Präsidentschaftswahlen inhaftiert und zu zwei Jahren Haft verurteilt. Mehr ist über ihren Status nicht bekannt.

Hengameh Shahidi, 6 Jahre Haft
Hengameh Shahidi, Journalistin und Beraterin des Generalsekretärs der Partei Etemaad-e Melli (der Reformpartei Mehdi Karroubis) war am 25. Februar 2010 verhaftet worden, nachdem sie vom Geheimdienstministerium vorgeladen worden war, um eine 6jährige Haftstrafe anzutreten. Sie war schon einmal verhaftet und nach fast vier Monaten Haft in Evin am 1. November 2009 gegen eine Kaution von 90.000 Dollar freigelassen worden. Sie ist körperlich sehr belastet.

Zunächst war Hengameh Shahidi wegen Propaganda gegen das System zu einem Jahr, wegen Verdunkelung und Handlungen gegen die nationale Sicherheit zu fünf Jahren und wegen Präsidentenbeleidigung zu 91 Tagen Haft verurteilt worden. Das Berufungsgericht milderte dieses Urteil in 6 Jahre Haft ab.

Mahdieh Golroo, 3 Jahre und vier Monate Haft
Mahdieh Golrou, studentische Aktivistin und Mitglied des Rates zum Schutz des Rechts auf Bildung, war am 3. November 2009 verhaftet worden. Ihr Prozess fand am Sonntag, dem 4. April 2010 in Abteilung 26 des Revolutionsgerichts unter Vorsitz von Richter Pir-Abbasi statt. Sie wurde zu 2 Jahren und vier Monaten Gefängnis verurteilt. Der Richter hatte für ihre Freilassung eine Kaution von 700.000 Dollar festgesetzt, die ihre Familie jedoch nicht aufbringen kann. Darum muss sie im Evin-Gefängnis bleiben. Während dieser Zeit wurde ihre zunächst ausgesetzte einjährige Haftstrafe in Kraft gesetzt, so dass sie nunmehr insgesamt 3 Jahre und 4 Monate absitzen muss, obwohl sie schwer krank ist.

Alieh Eghdamdoost, 3 Jahre Haft
Die Frauenrechtlerin Alieh Eghdamdoost war am 30. Januar 2009 nach Evin gebracht worden, um ihre dreijährige Haftstrafe anzutreten. Sie war wegen ihrer Teilnahme an der Frauendemonstration am 12. Juni 2006 verhaftet worden und ist jetzt in Evin. Sie ist über 60 Jahre alt.

Kobra Zaghedoost, seit einem Jahr in ungeklärter Situation inhaftiert
Kobra Zaghedoost war beim 40-Tage-Gedenken an die Opfer der Ereignisse nach der Präsidentschaftswahl auf dem Friedhof Behesht-e Zahra verhaftet worden. Seit fast einem Jahr befindet sie sich in einer ungeklärten Situation. Ihre Akte wurde nicht bearbeitet, ihr Fall ist nicht vor Gericht gekommen.

Zahra Jabbari, 4 Jahre Haft
Zahra Jabbari wurde am 18. September 2009 bei den Demonstrationen am Qods-Tag verhaftet. Seit fast 7 Monaten befindet sie sich im Gefängnis in einer ungeklärten Situation. Sie darf keinen Besuch von ihrem Kind erhalten und ist krank. Ihr Prozess fand am 6. Mai 2010 statt, sie wurde von Abteilung 28 des Revolutionsgerichts zu 4 Jahren Haft verurteilt. Vor ihrem Prozess hatte ihr Anwalt erklärt, in ihrer Akte gebe es nichts, was eine Verurteilung rechtfertigen würde.

Kefayat Maleh Mohammadi, 5 Jahre Haft
Kefayat Malek Mohammadi wurde mit ihrem Ehemann zusammen bei den Ashura-Protesten am 27. Dezember 2009 verhaftet. Im Moment befindet sie sich in Abteilung 350 des Evin-Gefängnisses. In erster Instanz wurde sie wegen Kollaboration mit der MKO zu fünf Jahren Haft verurteilt.

Fatemeh Rahnama, 10 Jarhe Haft
Fatemeh Rahnama wurde am 29. Juli 2010 verhaftet. In einem von den regierungstreuen Medien konstruierten Szenario wurde sie als „Geliebte“ von Shapour Kazemi (dem Bruder von Mir Hossein Moussavis Ehefrau Zahra Rahnavard) und MKO-Mitglied mit einer achtjährigen Gefängnis-Historie bezeichnet. Obwohl sie sämtliche Vorwürfe bestritt, wurde sie zu 10 Jahren Haft verurteilt.
Die 48jährige Fatemeh Rahnama leidet an schweren Depressionen und hat Brustkrebs. Ihre schlimme körperliche und mentale Verfassung hat unter ihren Zellengenossinnen große Traurigkeit und viel Mitgefühl ausgelöst.

Farah Vazeham, offen
Farah Vazeham wurde am 29. Dezember 2009, zwei Tage nach den Ashura-Protesten verhaftet und befindet sich seit fast sieben Monaten in ungeklärter Situation in Haft.

Masoumeh Yavari, 7 Jahre Haft
Masoumeh Yavari wurde am 18. September 2009 auf dem Weg von Golpayegan nach Teheran verhaftet, wo sie an den Demonstrationen zum Qods-Tag teilnehmen wollte. Die Hausfrau, die nie politisch aktiv war, wird beschuldigt, Verbindungen zur MKO zu unterhalten, der stellvertretende Teheraner Staatsanwalt hatte für sie die Todesstrafe beantragt. Das Gericht verurteilte sie zu sieben Jahren Gefängnis.

Shabnam Madadzadeh, 5 Jahre Haft
Shabnam Madadzadeh, Vizepräsidentin der Studentenorganisation Tahkim-e Vahdat [Büro zur Konsolidierung der Einheit] in Teheran und politische Sekretärin der Teheraner Lehreruniversität, wurde am 21. Februar 2009 verhaftet. Ihre Gerichtsverhandlung wurde mehrmals vertagt, schließlich wurde sie wegen Moharebeh (Feindschaft gegen Gott) und Handlungen gegen die nationale Sicherheit zu fünf Jahren Haft und Exil im Gefängnis Rajai Shahr verurteilt.

Shiva Nazar Ahari, offen
Die Menschenrechts- und Frauenrechtsaktivistin Shiva Nazar Ahari wurde am 20. Dezember 2009 zum zweiten Mal in 2009 verhaftet. Sie befindet sich in Evins Abteilung 209 in Einzelhaft. Obwohl ihre Verhaftung fast 8 Monate zurückliegt und sie seither in Haft ist, hat ihr Gerichtsprozess noch nicht stattgefunden. Ihre Situation ist unklar.

Fatemeh Khorramjoo, offen
Fatemeh Khorramjoo wurde am 7. Januar 2010 verhaftet. Sie befindet sich seit 7 Monaten in ungeklärter Situation in Haft und ist der Kollaboration mit Ausländern angeklagt.

Parvin Javadzadeh, 8,5 Jahre
Parvin Javadzadeh, 22, gehört zu den jüngsten weiblichen politischen Gefangenen im Frauentrakt des Evin-Gefängnisses. Sie wurde an Ashura (27. Dezember 2009) von IRGC-Kräften verhaftet und verbrachte die ersten drei Monate im Gefängnis in der Sektion des IRGC-Geheimdienstes in Einzelhaft, wo sie großen mentalen und körperlichen Belastungen ausgesetzt war. Javadzadeh hatte Nachrichten über die Proteste und die Grüne Bewegung auf ihrem persönlichen Blog veröffentlicht. Zunächst war sie wegen Moharebeh angeklagt und schließlich zu 8,5 Jahren Haft verurteilt worden.

Soosan Tabyanian, 1,5 Jahre
Soosan Tabyanian gehört den Baha’i an und wurde zu 1,5 Jahren Haft verurteilt. Sie hat ihre Haftstrafe am 7. Juni 2010 angetreten.

Manijeh Nasrollahi, 3 Jahre und 4 Monate Haft
Manijeh Nasrollahi ist ebenfalls eine Baha’i und sitzt zur Zeit ihre Haftstrafe von 3 Jahren und 4 Monaten im Frauentrakt von Evin ab. Sie war bereits am 17. Juni 2009 verhaftet und zwei Wochen später freigelassen worden. Am 27. Februar 2010 wurde sie nochmals verhaftet, um ihre Haftstrafe in Evin anzutreten.

Sahba Rezvani, 3 Jahre Haft
Die Baha’i Sahba Rezvani war am 16. Dezember 2008 verurteilt und zu drei Jahren und 8 Monaten Gefängnis verurteilt worden. Sie war zunächst im Gefängnis von Sari und wurde später ins Teheraner Evin-Gefängnis verlegt.

Atefeh Nabavi, 4 Jahre Haft
Atefeh Nabavi ist eine Studentin, die mit einem Studienverbot belegt wurde. Sie wurde am 15. Juni 2009 zusammen mit ihrem Cousin Ziaeddin Nabavi, einem Mitglied des Rates zum Schutz des Rechts auf Bildung, verhaftet und in Abteilung 209 von Evin gebracht. Sie verbrachte 3 Monate in Abteilung 209 und wurde später zu vier Jahren Haft verurteilt.

Übersetzung aus dem Englischen: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Zeit für einen Wechsel bei den Freitagspredigern

Veröffentlicht bei Rooz Online am 23. Juli 2010
Quelle (Englisch): http://www.roozonline.com/english/news/newsitem/article/2010/july/23//time-to-change-the-friday-prayer-leaders.html

Von Kayvan Bozorgmehr

Ein Jahr nachdem das Oberhaupt des iranischen Expertenrats, Hashemi Rafsanjani, seine bis heute letzte Freitagspredigt gehalten hat, scheinen auch 60 weitere Freitagsprediger im Ausscheiden begriffen zu sein. Der Leiter des Rates zur Gestaltung der Freitagspredigten, Seyyed Reza Taghavi, teilt mit: „Mehr als 60 Freitagsprediger werden diesen Sommer in den Ruhestand treten“. Dies wäre die größte flächendeckende Veränderung in der Zusammensetzung der Freitagsprediger und Provinzvertreter des obersten Führers seit der Islamischen Revolution von 1979.

Taghavi, der auch Mitglied der konservativen Gruppe Jame Rohaniyat Mobarez ist, erklärte am Dienstag, Hashemi Rafsanjani habe sich freiwillig von den öffenltichen Freitagspredigten zurückgezogen. Der Nachrichtenagentur Mehr News zufolge sagte er, Rafsanjani habe sich freiwillig dazu entschlossen, bei den Freitagsgebeten nicht mehr aufzutreten, um einen „möglichen Missbrauch“ dieses Anlasses zu verhindern und weil er „die Unantastbarkeit der Freitagsgebete gegenüber politischen Eingriffen“ bewahren wolle.

Letztes Jahr, nur fünf Wochen nach Hashemi Rafsanjanis Auftritt beim Freitagsgebet, war der regierungstreue Geistliche Kazem Sedighi zum vorläufigen Leiter der Teheraner Freitagsgebete ernannt worden. Viele sahen darin das Signal für das Ende der Teilnahme Hashemi Rajsanjanis an der wöchentlich stattfindenden Massenveranstaltung.

In einem anderen wichtigen Teil seiner Äußerungen bezieht sich Taghavi auf das Ausscheiden von landesweit 60 Freitagspredigern in diesem Sommer. Ein Massenrücktritt dieser Größenordnung ist in der Geschichte der Islamischen Republik ohne Beispiel, zumal ein Ausscheiden [oder „Ruhestand“ (retirement)] in Einzelfällen nie der Grund für solche Veränderungen war. Zudem ist die Arbeit oder die Anforderungen an das Alter von Freitagspredigern in keinem Gesetz geregelt.

Mit diesem Schritt scheint nochmals deutlich zu werden, dass der Führer der Islamischen Republik nicht geneigt ist, Kritik von Freitagspredigern anzunehmen. Im Sommer 2007 hatte Seyyed Taghavi in einem Interview mit der Hardliner-Tageszeitung Kayhan Behauptungen zurückgewiesen, dass den Freitagspredigern der Inhalt ihrer Predigten „diktiert“ werde. Allerdings hatte er auch gesagt: „Die Freitagsprediger sind in ihrer Politik und ihren Prinzipien vereint. Wir betonen immer, dass die Institution bzw. das Netzwerk der Freitagsprediger hinsichtlich der Prinzipien koordiniert sein muss.“

Weiter hatte Taghavi gesagt: „Die Institution der Freitagsgebete leitet ihre kulturellen Grundsätze und Fördermaßnamen [? „cultural and promotional policies“] vom Führer der Islamischen Republik ab.“

Taghavi gab offen zu erkennen, dass „die Institution vom Obersten Führer abhängig ist“ und schloss: „Die Freitagsprediger halten ihre Predigten stellvertretend für den obersten Führer. Es ist nur natürlich, dass sie der Politik des Regimes folgen, wie sie vom obersten Führer festgelegt ist. Alle Freitagspredigten sind mit der Politik des Regimes koordiniert, wie sie vom obersten Führer artikuliert wird.“

Übersetzung aus dem Englischen: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

Keine weiteren Regierungsbüros mehr in Teheran

Radio Zamaaneh am 22. Juli 2010
http://www.zamaaneh.com/enzam/2010/07/iran-ends-expansion-of-go.html

Kartenausschnitt von Teheran

Die Islamische Republik Iran hat die Einrichtung neuer staatlicher Organisationen bzw. Posten in der Hauptstadt untersagt.

Gemäß einer neuen Regierungssatzung müssen alle neuen staatlichen Organisationen ihre freiwilligen Mitarbeiter innerhalb eines Monats aus der Hauptstadt abziehen.

Die Regierung hatte bereits verkündet, dass sie dabei ist, 200 000 Beamte aus Teheran abzuziehen. Die Exekutivorgane werden beauftragt, ihre staatlichen Organisationen bis Ende August außerhalb von Teheran neu anzusiedeln.

Außerdem hat die Regierung Ahmadinejad die iranische Zentralbank aufgefordert, die Bankkonten staatlicher Organisationen zu transferieren.

Lotfollah Forouzandeh, zuständig für Management und Arbeitskraftentwicklung [„human power development“] erklärte, 138 Organisationen seien auf den Abzug aus Teheran vorbereitet worden, die Mitarbeiter der betreffenden Organisationen würden ebenfalls an den neuen Standort umgesiedelt werden.

Der Nachrichtenagentur ILNA zufolge hat Mahmoud Ahmadinejad alle Geschäftsstellen aufgefordert, bei der Umsetzung der Entscheidungen der [Abteilung für] Management und Arbeitskraftentwicklung über den Transfer von Beamten uneingeschränkt zu kooperieren.

Beamte, die aus Teheran wegziehen, erhalten Anreize wie ein [zusätzliches] Monatsgehalt, fortlaufende Vergünstigungen, Abbau der Überstunden, Darlehen und Geschenke bei Eheschließungen, Sportmöglichkeiten und freie Gesundheitsfürsorge.

Viele Beamte, darunter Mitarbeiter der Organisation für Kulturelles Erbe und Tourismus, haben allerdings gegen diesen Schritt protestiert und diese Woche vor dem Parlament demonstriert.

Der Regierung zufolge sollen mit der Verlegung staatlicher Organisationen der „Degradierung“ von Provinzstädten entgegengewirkt und dem Erdbebenrisiko in Teheran Rechnung getragen sowie der „hohen Bevölkerungsdichte“ in der Hauptstadt entgegengewirkt werden.

Übersetzung aus dem Englischen: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben