165 Tage Folter – Interview mit Ahmad Baab

Veröffentlicht bei Rooz Online am 11. August 2010
Quelle (Englisch): http://www.roozonline.com/english/news/newsitem/article/2010/august/11//they-pulled-out-my-teeth-for-edification.html
Originaltitel: They Pulled Out My Teeth for Edification

Von Kaveh Ghoreishi

Das Gehen bereitet ihm Schwierigkeiten, und man sieht immer noch Spuren der erlittenen Folter. Seine Frontzähne fehlen. Er sagt, dass sie ihm während der Folter mit einer Zange gezogen wurden. Seine Stimmung ist trotzdem gut. Er sagt: „Die Tage im Gefängnis waren die schlimmsten meines Lebens.“
Mitten in unserem Gespräch klingelt sein Mobiltelefon. Eine ruhige, junge Stimme ist am anderen Ende der Leitung zu hören, die Stimme eines „Kindes, das seinen Vater vermisst.“

„Das war Karou, mein siebenjähriger Sohn“, sagt Baab. „Karou stottert, seitdem bewaffnete Sicherheitsagenten unser Haus in Mariyan durchsuchten, um mich zu verhaften.“

Der Sozialaktivist Ahmad Baab verbrachte insgesamt 195 Tage im Gefängnis. 165 Tage davon wurde er schlimmster körperlicher und psychologischer Folter unterzogen. Letzte Woche veröffentlichte das Committee of Human Rights Reporters einen Bericht mit Details der barbarischen Behandlung dieses kurdischen politischen Gefangenen.

In einem Exklusivinterview mit Rooz sprach Ahmad Baab über einige andere Aspekte seiner Erfahrungen vor und während seiner Inhaftierung.

Er spricht davon, dass die Verhörbeamten ihm mit sexueller Misshandlung drohten. „Sie sagten, sie würden das mit mir machen, was sie mit den anderen in Kahrizak gemacht haben“, sagt er.

Das Interview:

Rooz: Weshalb wurden sie angeklagt?

Ahmad Baad (Baab): Lassen Sie mich von den ersten Tagen nach meiner Verhaftung in Mariyan berichten. Am Abend des Tages meiner Verhaftung, nur fünf Minuten, nachdem wir im Büro des Geheimdienstministeriums angekommen waren, begann das persönliche Verhör. Sie hatten noch nicht einmal meine persönlichen Informationen aufgenommen, denn ich war früher bereits verhaftet worden. Vom ersten Augenblick an warfen sie mir vor, mit regierungsfeindlichen kurdischen Parteien zu konspirieren und die öffentliche Ordnung zu stören, indem ich Menschen gegen die Islamische Republik aufhetze.

Rooz: Haben Sie sich zu den Vorwürfen bekannt?

Baab: Nein. Sie entbehrten jeder Grundlage. Ich hatte mit Radio Farda und einem kurdischen Satellitensender über unkontrollierte Brände [„wildfires“] und eine Protestversammlung gegen die Arbeitslosigkeit in Marivan gesprochen. Die Audio-Aufnahme meiner Äußerungen wurden als Beweis angeführt. Aus dem Inhalt der Interviews geht klar hervor, dass ich mich ausschließlich zu sozialen Fragen geäußert hatte.
In dieser ersten Nacht sagte einer der Befrager, Ahmad Baab könne nicht reformiert werden, sie sollten mir die Zähne ziehen, um anderen eine Lehre zu erteilen. Sie fesselten mir die Hände und verbanden mir die Augen, dann malträtierten mich drei Personen gewaltsam mit Stößen, Tritten und breiten Militärgürteln. Dann hielten sie meine Arme hoch und zogen mir die unteren Frontzähne mit einer Zange. Obwohl mein ganzer Körper bereits blutüberströmt war, schlugen sie weiter auf mich ein und brachen mir die Rippen. Ich war nicht einmal in der Lage zu sprechen oder zu schreien. In diesem Zustand brachten sie mich in eine Einzelzelle. Dort war etwa so viel Platz wie auf einer Militärdecke. Die erste Nacht verbrachte ich dort in der Erwartung, dass ich verbluten würde.

Rooz: Herr Baab, haben Sie vor, auch weiterhin aktiv zu sein? Was wünschen Sie sich von Menschenrechtsorganisationen?

Baab: Ich bitte alle Menschenrechtsorganisationen und die Medien, sich auf die katastrophale Situation der politischen Gefangenen zu konzentrieren. Sie können sich nicht vorstellen, was in den Gefängnissen vor sich geht. Was in iranischen Gefängnissen passiert, vor allem in den Gefängnissen der Provinz und ganz besonders in Kurdistan, ist eine Katastrophe. Selbstverständlich werde ich meinen Aktivismus fortsetzen.

Übersetzung aus dem Englischen: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben

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