Drei Justizbeamte im Zusammenhang mit den Todesfällen in Kahrizak suspendiert

Drei Spitzenbeamte der Teheraner Staatsanwaltschaft, die mit dem Fall der Haftanstalt Kahrizak in Verbindung stehen, sind von ihren Arbeitsplätzen suspendiert worden. Dies erfuhr die Nachrichtenagentur Mehr News von einer informierten Quelle.

Die Haftanstalt Kahrizak

Nach einer Untersuchung der Verantwortlichkeit der betreffenden drei führenden Justizbeamten entschied ein militärisches Kammergericht, sie von ihren Posten zu suspendieren und wie gewöhnliche Bürger zur Verantwortung zu ziehen.

Die Haftanstalt Kahrizak war in den Fokus der Aufmerksamkeit geraten, nachdem bekannt geworden war, dass drei Insassen dort zu Tode geprügelt worden waren. Mohsen Rouholamini, Mohammad Kamrani und Amir Javadifar starben in Kahrizak.

Die drei Opfer waren während der Unruhen nach der Wahl von 2009 inhaftiert worden.

Die südlich von Teheran gelegene Haftanstalt Kahrizak war auf Anordnung des Obersten Führers der Islamischen Revolution, Ayatollah Seyyed Ali Khamenei, mit der Begründung geschlossen worden, dass die Bedingungen dort nicht standardgemäß seien.

Der ehemalige Teheraner Staatsanwalt Saeed Mortazavi wurde für die Folter und den Tod von Wahldemonstranten im berüchtigten Gefängnis Kahrizak verantwortlich gemacht. Dies geht aus dem Bericht des parlamenarischen Untersuchungsausschusses für die Ereignisse nach der Wahl hervor. Bisher ist noch keine Anklage gegen ihn erhoben worden.

Bei Mehr News steht zusätzlich noch folgendes:
Auf der Basis einer zuvor von einem Militärgericht erhobenen Anklage fand eine Untersuchung des Falles statt. Das Gericht beschloss eine Suspendierung von drei führenden Justizbeamten der Teheraner Staatsanwalt. Dies teilte die Quelle, die anonym bleiben möchte, am Sonntat mit. Die drei Beamten wurden ihrer Immunität enthoben und vor Gericht wie gewöhnliche Bürger behandelt.

Am 9. März hatte die erste Verhandlung im Prozess gegen die 12 Angeklagten im Fall Kahrizak im Hauptquartier der Justiz der bewaffneten Streitkräfte [„AFJO“, im folgenden „Militärgericht“, d. Übers.] stattgefunden. Die Familien der Opfer, die Kläger und ihre Anwälte waren bei der Verhandlung anwesend.

Bei der letzten Verhandlung am 9. Juni waren die Anklageschriften gegen die 12 Angeklagten verlesen worden. Der vorsitzende Richter hatte die Anhörungen damit für beendet erklärt.

Am 30. Juni hatte das Militärgericht bekannt gegeben, dass zwei der Angeklagten zum Tode verurteilt wurden.

Das Gericht befand neun weitere Angeklagte geringerer Vergehen für schuldig und verurteilte sie zu Haftstrafen, Geldstrafen und Zahlung von Blutgeld. Außerdem wurden sie vorübergehend vom Dienst suspendiert.

Ein Angeklagter wurde vom Gericht von allen Anklagepunkten freigesprochen.

Die parlamentarische Sonderkommission zur Untersuchung der Vorfälle nach der Wahl hatte am 15. August 2009 mitgeteilt, dass 12 in den Fall Kahrizak involvierte Polizisten und Richter entlassen worden seien und vor Gericht gestellt werden sollen.

Veröffentlicht bei Payvand am 22. August 2010
Quelle (Englisch): http://www.payvand.com/news/10/aug/1211.html
Ursprünglich veröffentlicht (ohne Fotos) bei der regimenahen Nachrichtenagentur Mehr News
Übersetzung aus dem Englischen: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link
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Update 23. August 2010: Teherans berüchtigter Ex-Staatsanwalt Mortazavi suspendiert

10 Antworten zu “Drei Justizbeamte im Zusammenhang mit den Todesfällen in Kahrizak suspendiert

  1. Pingback: Dokument: Die Anklageschrift des Kahrizak-Prozesses | Julias Blog

  2. Brigitte Kreisl-Walch

    Sie haben ja nichts anderes gelernt !

  3. Ich finde nichts dazu, dass Mortazavi irgendwas mit Menschenrechten zu tun hat. Das wäre ja sehr interessant. Alles was ich weiß, ist, dass er vor ca. einem Jahr, als er seinen Posten räumen musste, zum stellv. iranischen Generalstaatsanwalt ernannt wurde, etwas später dann zum Leiter der Schmuggelbekämpfungseinheit. Wenn du eine Meldung dazu findest, schick sie mir doch bitte.

    • Der Vergewaltiger von Sahra Kazemi hatte schon früher mit „Menschenrechte“ zu tun:

      „Wie seinerzeit berichtet, war Said Mortazavi auch Mitglied der iranischen Delegation, die zu einer Sitzung des damals neu gebildeten UN-Menschenrechtsrats (vom 19.-23. Juni 2006) in Genf eintraf.“

      http://alischirasi.blogsport.de/2009/07/03/iran-taeterportraet-eines-staatsanwalts/

      Dass er auch als Beauftragter auch weiterhin als Menchenrechtler 😀 unterwegs ist, las ich als Khamenei ihn im den neu ersonnenen Titel (Mit allen möglichen Geschäftsbereiche) verlieh.
      Kann mich leider nicht mehr erinnern wo ich es gelesen habe, aber es hat mich dermassen angewidert, dass es mir in den Sinn geblieben ist.

      In diese Quelle kannst du nachlesen dass es in Iran üblich ist Posten mit selbst herbeifantasierten Namen und Verantwortlichkeiten zu schaffen:

      „Said Mortazavi, der Oberste Staatsanwalt von Teheran, der direkt an der Ermordung der iranisch-kanadischen Journalistin Zahra Kazemi beteiligt war, hat kürzlich Richter „Haddad“ zu seinem „Sicherheitsbeauftragten“ ernannt. Diese Funktion wurde von Mortazavi persönlich geschaffen. Aufgabe des Beauftragten ist der Kontakt der Justiz zu den iranischen Geheimdienstorganen.
      Richter „Haddad“ heißt mit seinem wirklichen Namen Hasan Zare’-Dehnavi, ist aber nur unter seinem Decknamen „Haddad“ als Vorsitzender Richter der 26. Kammer des Revolutionsgerichts tätig. Er hat als Vertreter der Geheimdienstorgane selbst politische Häftlinge verhört und an deren Folterung und Hinrichtung teilgenommen, bis er zum Richter aufgestiegen ist. Aufgrund der Verbrechen, die er während der Verhöre begangen hat, tritt er heute nur unter seinem falschen Namen auf.
      Zur Aufgabe von Richter „Haddad“ in seiner neuen Funktion seien die Worte von Staatsanwalt Said Mortazavi anlässlich dieser Ernennung zitiert: „Sicherheitsfragen, Spionage, Umsturz des Systems und Störung der öffentlichen Ordnung durch Verschwörungen der Feinde – diesen Verbrechen muss entschlossen entgegengetreten werden.“
      Quelle: http://www.iran-nabard.com/don.htm vom 12. Juli 2006″

  4. Er ist von Khamenei persönlich dazu berufen worden, und das schon vor etwa einem Jahr. Ja, sein Einsatzgebiet scheint neben Menschenrechte (welch ein Hohn) auch noch ein paar andere Themenfelder zu enthalten. Wenn ihr also Suspendierung und dergleichen lest, könnt ihr davon ausgehen dass es sich in Wirklichkeit um eine Beförderung handelt.

    So ist das nun mal im Islam. Die schlimmsten Verbrecher, kommen am weitesten. Ach, und bitte nicht vergessen eure westliche Toleranz zu zeigen und regelmäßig mit unseren muslimischen Hintergrundmigranten das Fasten zu brechen.
    Wir sind schliesslich keine widerlichen Nazis. 😀

  5. @Tangsir: Dass Mortazavi Beauftragter für Menschenrechtsfragen wurde, habe ich bisher noch nicht gehört. Das letzte, was ich gehört habe, ist, dass er eine Task Force zur Bekämpfung des Schmuggels leiten soll (was ähnlich grotesk wäre).

  6. Dass die Verantwortlichen wirklich bestraft werden, glaubt wohl niemand ernsthaft… wer versetzt wird und dabei seine Immunität behält, ist doch fein raus. Die Tatsache, dass kein einziger Name genannt wurde und der Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, spricht auch sehr dafür, dass niemand wissen kann, ob es wirklich Angeklagte gibt, oder ob nur ein paar Statisten für den Gerichtssaal angeheuert wurden. Außerdem passt für mich nicht zusammen, dass man einerseits einen Prozess gegen die Verantwortlichen zu führen vorgibt und andererseits den Gefängnisarzt von Kahrizak zu beseitigen für nötig hält. Das stinkt alles ziemlich zum Himmel.

  7. Nicht dass ihr denkt dass die Suspendierung tatsächlich eine Strafe darstellt. Viel mehr ist es eine Auszeichnung und gilt als Garant dafür dass die woanders unterkommen und entsprechend belohnt werden.

    Saeed Sortazavi wurde schon im letzten Jahr als Staatsanwalt entlassen um kurz daraufhin Beauftragter für Menschenrechtsfragen zu werden.

    Genauso auch findet ihr im Kabinett Ahmadinejad und in der kompletten Nomenklatura der islamischen Vergewaltigungsrepublik, keinen einzigen der vorher nicht gefoltert und ermordet hätte.

    Bestes Beispiel ist Ahmadinejad der früher eifrig in den mohammedanischen Kerkern gefoltert hat.

    Das Gefängnis Kahrizak wurd ja auch geschlossen, nur um kurze Zeit später unter neuem Namen seine Pforten für seine Gäste wieder zu eröffnen.

    im iranische Gulag-System gilt das Rotationsprinzip. Die alten Schergen sind die neuen Schergen.

  8. die Webseite Jaras (Persisch) soll in ihrem Bericht in einem Detail etwas von der Darstellung in „Mehr News“ abgewichen sein. Jaras zufolge ist unter den vom Dienst suspendierten Justizbeamten auch Saeed Mortazavi. Leider habe ich dazu noch keine Meldung gefunden, die ich übersetzen kann.

    Schön dass du wieder da bist, Günter 🙂

  9. Günter Haberland

    Na wenigstens beschäftigt man sich schon mal mit der Verantwortung von höheren Beamten und erwischt nicht nur die ganz Kleinen. Aber die eigentlich verantwortlichen Spitzen(politiker) bleiben natürlich wieder außen vor.

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