Das neue Tränengas und die Folgen – Ärzte schreiben aus Angst vor Repressionen keine Berichte

 

Rooz, 8. März 2011 – Wenige Tage nach den Demonstrationen vom 14. Februar in Iran erschienen Berichte über eine neue Art Tränengas, die die Sicherheits- und Militärkräfte des Landes gegen Straßendemonstranten einsetzten. Das neue Gas habe anders auf die Opfer gewirkt [als das herkömmliche Tränengas]. Der Blogger und Menschenrechtsaktivist Ashkan Monfared war mit diesem neuartigen Tränengas in Berührung gekommen. „Ich habe vier Stunden lang Infusionen bekommen, weil der Kalium- und Magnesiumhaushalt in meinem Blut infolge des  Tränengases durcheinandergeraten war“, berichtete er gegenüber Rooz.

„Ich war auf die Straße gegangen, um die Aufstände in Ägypten zu unterstützen. Die Sicherheitskräfte gingen von Beginn an gegen die Demonstranten vor und setzten Tränengas ein. Es war nicht anders als sonst, außer dass die Reichweite der Tränengassalven größer zu sein schien. Wir bemerkten den Unterschied zuerst noch nicht, so lange wir auf der Straße waren. Erst Nachts wurde mir übel, und ich musste erbrechen. Ich war schon bei früheren Demonstrationen mit Tränengas in Berührung gekommen, und das einzige, was davon beeinträchtigt wurde, waren die Augen. Ich hatte nie jemanden getroffen oder gesprochen, der irgendwelche anderen Symptome hatte.“

„Als sich mein Zustand verschlechterte, nahm ich Kontakt zu einem Freund auf, dem es ebenfalls schlecht ging. Wir fuhren in die Klinik. Dort bekamen wir vier Stunden lang Infusionen. Ich hatte vorgehabt, am nächsten Tag nach Isfahan zu fahren, aber die Symptome des Tränengases begannen bald, ihre Wirkung zu entfalten. Zu der Übelkeit kamen intensive Muskelkrämpfe hinzu, die so schlimm waren, dass ich weder meinen Hals noch meinen Körper bewegen konnte. In Isfahan begab ich mich wieder in eine Klinik. Nachdem ich erklärt hatte, was geschehen war, testete der Arzt meinen Urin und gab mir zwei Spritzen, um die Krämpfe zu lindern. Als die Testergebnisse vorlagen, sagte er mir, dass mein Zustand Folge einer Störung meines Kalium- und Magnesiumhaushalts sei. Als ich ihm erzählte, dass ich bei einer Demonstration war, bei der Tränengas eingesetzt wurde, sagte der Arzt, dass das Tränengas Chemikalien enthalten haben muss, die meinen Zustand ausgelöst haben.“

„Als ich einige Freunde kontaktierte, erzählten sie mir von ähnlichen Beschwerden. Einem war zwar nicht übel geworden, aber er hatte starke Krämpfe gehabt. Ein anderer hatte Krämpfe bekommen und außerdem Blut gespuckt. Ein anderer verlor für mehrere Tage seine Stimme und hustete Blut. Die Krämpfe waren so stark, dass ich völlig bewegungsunfähig war. Deshalb konnte ich nicht an den folgenden Demonstrationen teilnehmen.“

Ashkan berichtet, dass der Freund, der Blut spuckte, seinen Arzt um einen Bericht gebeten habe. Der Arzt habe dies abgelehnt und stattdessen angeboten, einen Bericht zu schreiben, nachdem „der Zustand eine Folge von Verbrennungen durch ein Heizgerät in der Wohnung“ sei. Es war offensichtlich, dass der Arzt aus Sicherheitsgründen nicht auffallen wollte. Auch Ashkans andere Freunde erhielten ähnliche Antworten von ihren Ärzten.

Ashkan berichtete, er und seine Freunde hätten wie sonst auch Feuer entzündet, um das Tränengas zu neutralisieren. Das Tränengas habe nicht anders gerochen als sonst, aber es habe eine stärkere Gelbfärbung auf der Kleidung der Leute hinterlassen, die mit dem Tränengas in Berührung gekommen waren.

Hossein Mohammadi

Veröffentlicht bei Rooz Online am 8. März 2011
Quelle (Englisch): http://www.roozonline.com/english/news3/newsitem/archive/2011/march/08/article/security-pressure-prevented-doctors-from-issuing-report.html

Eine Antwort zu “Das neue Tränengas und die Folgen – Ärzte schreiben aus Angst vor Repressionen keine Berichte

  1. Mit dieser „Waffe“ wird dieses Verbrecher-Regime noch 1000 Jahre herschen. LEIDER

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