Nachrichten aus der iranischen Zivilgesellschaft – 15. Oktober 2012

Thmbnail image Iran: Workers Unpaid, Sanctions Sting, Executions for Drug Offenses UpArseh Sevom, 15. Oktober 2012 –  Themen dieser Ausgabe: Situation der Arbeiter in Iran immer dramatischer | Flugverkehr: Blanker Himmel über Iran | Sanktionen beuteln die Bevölkerung, verschonen die Eliten | UN-Sonderberichterstatter legt 3. Bericht über die Menschenrechtssituation in Iran vor | Hinrichtungen: Drogensucht als TodesurteilSituation der Arbeiter in Iran immer dramatischer
Die iranische Arbeiterklasse leidet. Viele sind arbeitslos geworden, diejenigen, die noch Arbeit haben, kämpfen um die Auszahlung lange überfälliger Löhne. Die Webseite Human Rights Activists News Agency (HRANA) (persisch) berichtet, dass das Autowerk Saipa in Kashan mehr als 10 000 Angestellte entlassen hat. Das Teheraner Saipa-Werk hat seine Schichten von drei auf nur noch eine [pro Tag] reduziert. Asr-e Iran zufolge ist die Autoproduktion um 66,2% gesunken.

Vor dem Arbeitsministerium versammelten sich mehr als 600 Stahlarbeiter, um die Auszahlung ausstehender Löhne von 5 Monaten zu verlangen. Laut ILNA (persisch) handelt es sich bei dieser Demonstration um eine Folgeveranstaltung zu einem früheren Protest, bei dem den Arbeitern die Auszahlung von 8 Monatslöhnen zugesagt worden war. Davon wurden aber nur 3 Monatslöhne tatsächlich ausbezahlt.

Am Mittwoch, dem 10. Oktober versammelten sich 200 Mitglieder der Teheraner Busgesellschaft Vahed vor dem Teheraner Rathaus, um gegen Lohndiskriminierung zu protestieren. Rooz Online zufolge forderten die Beschäftigten zudem die Entlassung des Geschäftsführers und eine Untersuchung der Lohnrückstände. Das Syndikat der Arbeiter bei Vahed gehört zu den aktivsten iranischen Arbeiterverbänden. Mitglieder wie Mansour Osanlou und Ebrahim Madadi wurden inhaftiert, weil sie ein Versammlungsrecht gefordert hatten.

Inmitten der instabilen Währungssituation und steigender Inflation veröffentlichte der Internationale Währungsfonds Daten, aus denen hervorgeht, dass Iran unter den Sanktionen nur begrenzt zu leiden habe. Um den Bericht richtig einzuordnen, muss allerdings angemessen berücksichtigt werden, dass er hauptsächlich auf Angaben der iranischen Regierung aufgebaut ist. Reuters berichtet:

„Die Prognosen des IWF, die für das laufende und das kommende Jahr auch einen kleinen Handelsüberschuss beinhalten, legen nahe, dass die Sanktionen zwar die iranischen Ölexporte schädigen, die iranische Wirtschaft aber voraussichtlich nicht zusammenbrechen lassen.“

Flugverkehr: Blanker Himmel über Iran
Wegen erschwerter Finanztransaktionen haben die Fluggesellschaften Air France, British Airways und die malaysische Air Asia ihre Flüge nach Iran gestrichen. Aftab (persisch) berichtet, dass auch Tajikistan Air seine Iran-Flüge vorübergehend eingestellt hat. Inländische Flüge werden [um] 50 Prozent teurer werden.

Sanktionen beuteln die Bevölkerung, verschonen die Eliten
Tejarat (persisch) berichtet, dass mittlerweile 90 Arten von Medikamenten nicht mehr erhältlich sind. Auch der UN-Generalsekretär stellte kürzlich fest, dass die Sanktionen die iranische Bevölkerung viel härter treffen als die politische Elite: „Die Sanktionen haben erhebliche Auswirkungen auf die Bevölkerung. Die Inflation steigt, Lebenshaltungs- und Energiekosten steigen, ebenso die Arbeitslosigkeit. Wichtige Güter wie Medikamente fehlen zunehmend.“

UN-Sonderberichterstatter legt 3. Bericht über die Menschenrechtssituation in Iran vor
United4Iran hat Ahmad Shaheeds [neuesten] Bericht analysiert und stellt heraus, dass die iranische Verfassung gegen den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte verstößt, da sie keine Ausdrucks-, Versammlungs- und Vereinsfreiheit garantiere und „in erster Linie Regierungsinteressen schützt, anstatt die Interessen der Bürger zu schützen.“ Zudem seien die Rechte von Arbeitern empfindlich beschnitten worden; alle Versuche von Arbeiterrechtsaktivisten, sich zu organisieren, seien mit harten Strafen und gewaltsamer Repression beantwortet worden. Derzeit sind alle Arbeitervereinigungen in Iran verboten.

Hinrichtungen: Sucht als Todesurteil
Vergangene Woche veröffentlichten mehrere Organisationen eine Erklärung gegen eine internationale Unterstützung für die Prävention von Drogenschmuggel, solange Drogendelikte in Iran mit Hinrichtung bestraft werden. HRANA (persisch) berichtet, dass sich am Mittwoch, dem 10. Oktober ca. 200 Angehörige von zum Tode verurteilten Gefangenen vor dem Haus des obersten Führers versammelten und einen Hinrichtungsstopp forderten.

In ihrem Bericht Iranian efforts to prevent the flow of illegal drugs [„Iran kämpft gegen den Strom illegaler Drogen“] geht die New York Times davon aus, dass an den iranischen Grenzen 3900 im Kampf gegen den Drogenhandel eingesetzte Polizisten ihr Leben verloren haben.

Der Italiener Antonino de Leo, Repräsentant des UN-Drogenbüros in Teheran, erklärte, auch er sei beunruhigt über den Anstieg der Hinrichtungen. Die Todesurteile würden jedoch von der iranischen Justiz beschlossen, nicht durch die iranische Polizei.

Amnesty International untersucht in seinem Bericht Addicted to Death die Anwendung der Todesstrafe bei Drogenstraftaten und merkt an, dass Iran vom UN-Büro für Drogen und Kriminalität Geld für Maßnahmen [gegen das Drogenproblem, d. Übers.] erhalte. Ein Mandat der Finanzierung sei es, Iran auf eine Linie mit internationaler Gesetzgebung zu bringen. Der Bericht hält fest:

„Es ist allerdings nicht klar, in wieweit UNODC sich auch für die Einhaltung internationaler Menschenrechtsstandards in diesen Projekten eingesetzt hat. UNODC hat mit der Drogenkontrollzentrale und der iranischen Justiz eine revidierte Fassung des Anti-Drogen-Gesetzes entworfen, die im Januar 2011 in Kraft trat und die den Anwendungsbereich der Todesstrafe erweitert, obwohl UNODC gegen eine Gesetzesreform Vorbehalte hatte. Klar ist, dass führende UNODC-Leute in ihrer öffentlichen Zusammenarbeit mit Iran wenig getan haben, um Bedenken gegen die Anwendung der Todesstrafe bei Drogenstraftaten in Iran ins Bewusstsein zu rücken.“

Übersetzung aus dem Englischen
Quelle: Arseh Sevom

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