Arseh Sevom, 7. Februar 2013 – Themen dieser Ausgabe: Ahmadinejad in Kairo: Roter Teppich, Kritik und Schuh-Attacke | Mortazavi entlassen, Mortazavi wiederernannt, Mortazavi verhaftet, Mortazavi freigelassen | Interpol sucht Bankchef Khavari | Aussichtsreiche Gespräche oder neue vernichtende Sanktionen? | Tribal Voices: Ein Fest der Farben, Traditionen und Musik
Ahmadinejad in Kairo: Roter Teppich, Kritik und Schuh-Attacke
Wie die Washington Post berichtet, traf Mahmoud Ahmadinejad am Dienstag in Ägypten ein. Es ist der erste Staatsbesuch eines iranischen Regierungsmitglieds seit mehr als 30 Jahren. Für beide Länder stellte dieser Besuch nach jahrelangen nicht ausgesprochen freundlichen Beziehungen einen Wendepunkt dar. Der ägyptische Präsident Mohammad Mursi bemüht sich um eine Verbesserung der seit der iranischen Revolution von 1979 unterbrochenen Beziehungen.
Ahmadinejad wurde am Flughafen von Mursi mit einem Lächeln und dem roten Teppich begrüßt. Dann wurde es der New York Times zufolge brenzlig. Ahmadinejad begab sich zur Al-Azhar-Moschee, einer zentralen Stätte sunnitischer Gelehrsamkeit, wo er während einer Pressekonferenz harte Kritik einstecken musste: Ihm wurde vorgehalten, dass die Schiiten sich in die Angelegenheiten arabischer Länder einmischten und Sunniten in Iran diskriminierten.
Doch es kam noch schlimmer. Nach der Pressekonferenz versuchte ein Mann, Ahmadinejad mit einem Schuh zu treffen. Berichten zufolge soll es sich um einen syrischen Staatsbürger gehandelt haben, der vermutlich seinem Ärger über die iranische Unterstützung für die syrische Regierung Luft machen wollte. Die Szene wurde auf Video festgehalten.
In Anbetracht dessen, dass sich all dies innerhalb des ersten Tages des geplanten dreitägigen Staatsbesuchs ereignete, ist es gut möglich, dass Ahmadinejad in Kairo noch weitere Abenteuer bevorstehen.
Mortazavi entlassen, Mortazavi wiederernannt, Mortazavi verhaftet, Mortazavi freigelassen
Der umstrittene ehemalige iranische Generalstaatsanwalt Saeed Mortazavi steht im Zentrum eines Machtkampfes zwischen dem Präsidenten und Parlamentschef Ali Larijani. Nachdem das Parlament erfolglos versucht hatte, Mortazavis Entlassung von seinem Posten als Leiter des Sozialen Sicherungsfonds zu erreichen und Mortazavi wieder auf die Position gesetzt worden war, war sein Name am Sonntag wieder in aller Munde. Präsident Ahmadinejad, der seinen Minister für Kooperativen, Arbeit und Soziales Abdolreza Sheikholeslami [der für Mortazavis Ernennung verantwortlich zeichnet, d. Übers.] vor dem Parlament gegen ein Amtsenthebungsverfahren verteidigte, spielte dem Parlament die Aufzeichnung eines Gesprächs zwischen Mortazavi und Larijanis Bruder vor und bezichtigte Larijanis Familie der Korruption. Nur einen Tag später wurde Mortazavi verhaftet und nach Evin gebracht. Gründe für die Festnahme sind nicht bekannt. Die Nachrichtenagentur Fars News wusste jedoch zu berichten, dass die Verhaftung im Zusammenhang mit den Verbrechen von Kahrizak [im Sommer 2009] stehen könnte, für die Mortazavi als damaliger Generalstaatsanwalt von Teheran mitverantwortlich gemacht wird. Nur wenig später kam Mortazavi wieder frei – eine Demonstration kurzer Lösungswege in der politischen Arena Irans. Kernfrage nach diesen seltsamen Vorfällen bleibt die Frage: „Wer ist Saeed Mortazavi wirklich?!“
Interpol sucht Bankchef Khavari
Interpol hat den ehemaligen Chef der iranischen Bank Melli, Mahmoud Reza Khavari, auf seine Fahndungsliste gesetzt. Dies berichtet die Nachrichtenagentur Fars News. Der führende Justizbeamte Nasser Seraj erklärte gegenüber Fars, Interpol strebe damit eine strafrechtliche Verfolgung Khavaris an. Der iranische Justizsprecher Gholam Hossein Mohseni Ejeie hatte Interpol zuvor aufgefordert, Khavari zu verhaften und an Iran auszuliefern. Khavari war nach Bekanntwerden des 2,6 Milliarden Dollar schweren Bankbetrugs nach Kanada geflohen.
Und noch ein ehemaliges Führungsmitglied des iranischen Finanzsystems schaffte es jetzt in die Schlagzeilen. Die deutsche „Bild am Sonntag“ berichtete, dass ein Mann versucht habe, mit einem Scheck im Wert von 70 Millionen Dollar nach Deutschland einzureisen. Es habe sich dabei um den früheren iranischen Zentralbankchef Tahmasb Mazaheri gehandelt, der bis 2008 der iranischen Zentralbank vorstand. Am Dienstag teilte der iranische Botschafter in Venezuela mit, eine iranische Firma beabsichtige, mit dem Scheck ihre Kosten für den öffentlichen Wohnungsbau in Venezuela zu decken.
Aussichtsreiche Gespräche oder neue vernichtende Sanktionen?
US-Vizepräsident Joe Biden hat am Samstag bei der Münchner Sicherheitskonferenz erklärt, die USA seien bereit, „in gutem Vertrauen“ neue Atomgespräche mit Iran zu führen. Die iranische Zeitung Shargh widmete ihre Titelseite vom 30. Januar dem iranischen Parlamenschef Ali Larijani, der Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten nicht länger für eine „rote Linie“ erachtet.
Doch es gibt auch Meldungen über eine neue Sanktionswelle gegen Iran, die sich gegen die Öleinkünfte des Landes richten sollen und Iran zwingen, sich auf Bartergeschäfte einzustellen.
Während diese Nachricht das „gute Vertrauen“ fraglich erscheinen lässt, berichten Radio Farda und Radio Zamaneh von einem neuen Kampfflugzeug und zwei neuen Panzern, die in Iran entwickelt worden sein sollen. David Cenciotti vom Blog The Aviationist hält das Flugzeug allerdings für flugunfähig. Warten wir also ab.
Tribal Voices: Ein Fest der Farben, Traditionen und Musik
Seit Samstag findet in Teheran das Festival „Tribal Voices“ statt, auf dem die Traditionen und Trachten iranischer Stämme vorgestellt werden. Die Straßen der Hauptstadt sind angefüllt mit Farben, Kostümen, Subkultur und traditioneller Musik der Stämme. In einer von Sanktionen, Hinrichtungen und Luftverschmutzung geprägten Zeit lässt das Fest die Menschen aufatmen. Hier kann man sich durch eine Auswahl lebensfroher Fotos klicken.
Übersetzung aus dem Englischen
Quelle: Arseh Sevom
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