Arbeiteraktivist Afshin Osanloo in Haft gestorben – Interview mit seiner Schwester

Bildquelle: Radio Zamaaneh

Jaras, 22. Juni 2013 –  Der im Gefängnis Rajai Shahr inhaftierte Arbeiteraktivist Afshin Osanloo ist am 20. Juni nach einem Herzinfarkt in ein Krankenhaus gebracht worden. Er hat den Herzinfarkt jedoch nicht überlebt.

In einem Interview mit der Nachrichtenagentur ISNA bestätigte der Direktor der Teheraner Gefängnisse Afshin Osanloos Tod. Osanloo sei im Jahr 2010 verhaftet worden und sollte im kommenden Februar freigelassen werden. Er sei nach einem Herzinfarkt im Krankenhaus Shahid Rejai in Karaj verstorben.

Schon viele politische Gefangene haben in der Vergangenheit die harten Haftbedingungen und die Nachlässigkeit des Gefängnispersonals mit ihrem Leben bezahlen müssen.

Afshin Osanloos Mutter Fatemeh Galgari hatte gegenüber Jaras vor einiger Zeit gesagt: „Afshin hat kein Verbrechen begangen, er war nur ein Busfahrer und hat sich kritisch über die schlechte wirtschaftliche Situation der Arbeiter geäußert. Ich hoffe, dass die, die sich für Menschenrechte einsetzten, sich um die politischen Gefangenen kümmern und die unschuldigen politischen Gefangenen freilassen werden.“

Afshin Osanloo war der Bruder des ehemaligen politischen Gefangenen Mansour Osanloo, der die Busfahrergewerkschaft Vahed gründete.

Afshin Osanloo wurde von Richter Salavati auf der Grundlage von Zeugenaussagen von Passagieren wegen „Versammlung und Verdunkelung“ und wegen Besitzes eines Passes zu 5 Jahren Haft verurteilt. Das Urteil wurde von einem Berufungsgericht bestätigt.

Afshins Bruder Mansour Osanloo schreibt auf seiner Facebook-seite: „Sie verhafteten Afshin im Nachtquartier der Fahrer des Süd-Terminals. Sie brachten ihn ins Gebäude des Geheimdienstes in Shahr-e Rai, und nach Rücksprache mit Geheimdienstagenten in Evin verlegten sie ihn in Trakt 209 [von Evin]. Dort wurde er auf grausamste Weise gefoltert, damit er gegen die Gewerkschaft und ihre Aktivitäten aussagt. Dabei ging es um Geständnisse zu Kooperationen der Gewerkschaft mit politischen Organisationen und Gewerkschaftsaktivitäten und illegale Waffenlieferungen an Gewerkschaften mit dem Ziel, gemeinsam mit regimefeindlichen politischen Gruppen Bombenanschläge zu verüben. All diese Vorwürfe waren erfunden, und weil Afshin sich weigerte, zu kooperieren, verstärkten sie den Druck auf ihn.“

Afshin Osanloo wurde im Herbst 2010 verhaftet und verbrachte vier Monate in Trakt 209 des Evin-Gefängnisses, wo er schwer gefoltert wurde. Die unter Folter erlittenen Verletzungen waren noch bis zu seinem Tode zu sehen. Wiederholte Schläge mit Kabeln hinterließen einen Riss in seinem Fuß und einen Tumor im Schulterblatt.

Nach Bekanntwerden von Afshin Osanloos Tod fühte Jaras mit seiner Schwester ein Interview. Während des Interviews waren im Hintergrund das Weinen und die Schreie von Afshins Mutter zu hören.

Frau Osanloo,wir bekunden Ihnen unser Beileid. Können Sie uns etwas zu den Umständen des Todes Ihres Bruders sagen?
Wir stehen unter Schock, wir können es noch nicht glauben. Wir haben die Nachricht durch Freunde erhalten.

Sind Sie ins Krankenhaus oder ins Gefängnis gegangen, nachdem Sie die Nachricht erhalten hatten?
Ja, ich bin heute ins Gefängnis Rajai Shahr gegangen, um herauszufinden, ob es stimmt. Sie sagten mir, dass ich mir bei Gericht eine Erlaubnis holen müsse, damit ich Afshins Leiche sehen darf.
Danach ging ich zu der Krankenschwester, die mir sagte, dass Afshin am Donnerstag um 20 Uhr ins Rajai-Krankenhaus  gebracht worden sei, aber er sei bereits tot gewesen.

Sie meinen, er ist im Gefängnis gestorben?
Genau das wollte ich auch wissen, und ich erkundigte mich nach der Todesursache. Sie sagten, er sei schon tot gewesen, als er ankam, aber weil er noch jung war, haben sie eine Stunde lang versucht, ihn wiederzubeleben. Vergeblich.

Was war die Todesursache?
Ein Herzinfarkt, sagen sie.

Heute ist Samstag. Hat irgendjemand aus dem Gefängnis Sie seit Donnerstag kontaktiert, um Sie über Afshins Tod zu informieren?
Nein. Afshin ist seit zwei Tagen tot, aber niemand hat sich mit uns in Verbindung gesetzt.

Durften Sie seine Leiche sehen?
Ja… (beginnt zu weinen)
Wir können einfach nicht glauben, dass Afshin tot ist. Er war so gesund.

Wann haben Sie Afshin das letzte Mal besucht?
Meine Mutter hat ihn letzte Woche persönlich gesehen, es ging ihm gut, und er hatte sogar die Hoffnung, bald Hafturlaub zu bekommen.

Wie lange war er inhaftiert, und wie lange ist sein letzter Hafturlaub her?
Er war zu 5 Jahren Haft verurteilt und hatte 3,5 Jahre abgesessen. Wir waren froh, dass er nur noch ein Jahr und ein paar Monate vor sich hatte. Wir haben ja nicht damit gerechnet, dass er im Gefängnis stirbt. Er hat sich nichts zuschulden kommen lassen. Er war unschuldig und zu Unrecht inhaftiert.

Wie sind die Bedingungen in Rajai Shahr?
Er war 3,5 Jahre dort. Jeder weiß, wie es dort ist. Meine Mutter war krank, und wir hatten viel zu tun.

Dreieinhalb Jahre im Gefängnis, unter solchen Bedingungen – darüber lässt sich leicht reden. Aber wer diese Situation nicht selbst erlebt hat, kann sich nicht vorstellen, was die Gefangenen dort durchmachen.

Ich kann nur sagen, dass keiner der Gefängnisbeamten es für nötig gehalten hat, seine Familie über seinen Tod zu informieren. Was kann ich noch sagen? Ich fühle mich nicht gut, ich kann nicht weiter sprechen.

Übersetzung aus dem Englischen:
Quelle/Englische Übersetzung: Persian Banoo
Persisch: Jaras

2 Antworten zu “Arbeiteraktivist Afshin Osanloo in Haft gestorben – Interview mit seiner Schwester

  1. Pingback: News vom 23. Juni 2013 | Arshama3's Blog

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