Wahlkampf à la Islamische Republik: Revolutionsgarden als Polit-Botschafter

Rooz, 4. August 2011 – Nachdem Mohammad Reza Naghdi, Befehlshaber der iranischen Basij-Milizen, ein Programm angekündigt hatte, mit dem die Öffentlichkeit zur „Wahl der Besten“ angeleitet werden soll, haben die iranischen Revolutionsgarden (IRGC) tausende „politische Botschafter“ ins Land geschickt, die auf die öffentliche Meinung und somit auch auf die bevorstehende Parlamentswahl einwirken sollen.

Während einer Zeremonie zur Einführung eines Repräsentanten des obersten Führers im IRGC-Batallion Ghamar Bani Hashemi in der Provinz Chaharmahal va Bakhtiari sagte der Khamenei-Repräsentant und Geistliche Ali Saeedi: „Im Land sind 11 000 politische Botschafter ausgewählt worden, von denen 7000 den Basij-Milizen und 5000 den Revolutionsgarden angehören [sic]. Diese Botschafter werden sich aktiv für die Stärkung der moralischen Fundamente des IRGC einsetzen.“

Die Manifestation der Rechtschaffenheit [„righteousness“] in der Islamischen Republik sei kein anderer als Ayatollah Khamenei, so Saeedi weiter. „Alle Menschen und alle Offiziellen müssen seinen Befehlen gehorchen. Dies ist auch sehr wichtig für die Zusammensetzung des Parlaments“, erklärte er.

Diese Äußerungen über eine Einwirkung der Milizen und Garden in die Politik fallen in die letzte Phase vor dem nächsten großen Wahlereignis in Iran, die Anfang 2012 stattfinden werden. In der letzten Zeit waren Differenzen zwischen den Führungsmitgliedern der Islamischen Republik  zunehmend an die Öffentlichkeit gedrungen. Die Äußerungen über die Rolle von IRGC und Basij-Milizen sind direkter und expliziter als jemals zuvor.

Am 11. Juli 2011 hatte Saeedi erklärt, das Volk habe zwar das Recht zu wählen, doch nicht jede Wahl sei richtig. „Nur wenn die Wahl des Volkes der Wahl Gottes entspricht, ist eine Wahl richtig.“

Saeedi gehört zu den Geistlichen, die an die absolute Herrschaft des Obersten Geistlichen glauben, und er hat dies auch ohne Hemmungen öffentlich kundgetan. In früheren Äußerungen hatte er erklärt, auch die Abgeordneten im Parlament müssten dem vom obersten Führer gebilligten Muster entsprechen. Der Führer unterstütze nur solche vom Volk gewählte Abgeordnete, die von ihm zugelassen wurden. Die Aufgabe dieser Abgeordneten sei es, den obersten Führer zu stärken. „Die Hierarchie muss so sein, dass jeder auf der Linie des obersten Führers liegt“, hatte Saeedi erklärt.

Mohammad Reza Naghdis Äußerungen letzte Woche haben noch einmal die Rolle verdeutlicht, die er sich von den Basijis bei der bevorstehenden Wahl verspricht. Bei einem Treffen von IRGC-Mitgliedern in der Provinz Golestan hatte er erklärt: „Die Aufgabe der Basijis bei den nächsten Wahlen ist es, die Öffentlichkeit so aufzuklären, dass sie in der Lage sind, die Besten zu wählen, ohne dass man sie über die Kriterien informieren muss.“

Die Aufgaben der politischen Botschafter
Der Einsatz von Revolutionsgardisten als politische Botschafter im gesamten Land wurde Anfang des ersten Jahrzehnts, in den letzten Jahren der Amtszeit von Präsident Mohammad Khatami und des 6. Parlaments vom Politbüro und den Bodentruppen [„ground forces“] des IRGC entwickelt.

Am 18. Mai 2005, weniger als einen Monat vor der umstrittenen Präsidentschaftswahl, schrieb das Wochenmagazin Sobh Sadegh, das offizielle Organ des IRGC-Politbüros: „Zwei Jahrzehnte nach dem Sieg der Revolution von 1979 spricht eine Gruppe innerhalb der herrschenden Kreise von einer Reformbewegung, die sich auf Medien und Studenten konzentriert. Die Serienpresse benutzt alle Regimegegner im In- und Ausland, um diejenigen, die das Regime unterstützen und schützen, als Diktaturfreunde und Menschenrechtsgegner darzustellen.“

Nach dem Wahlsieg Mohammad Khatamis bei der Präsidentschaftswahl von 1997 habe der IRGC eigene Vorkehrungen treffen müssen, um die Revolution nach innen zu schützen und zu verteidigen, so die Zeitung weiter. Daraus habe sich die Notwendigkeit ergeben, die politischen Evaluierungskompetenzen von IRGC-Mitgliedern, ihren Angehörigen, Soldaten und Basijis zu schulen.

Dem Artikel zufolge waren Bedingungen entstanden (z. B. Wahlsiege der Reformer und ihre Präsenz in den höchsten Ämtern der Islamischen Republik), die es erforderlich machten, die „Kräfte der Zersetzung“ einzudämmen, gegen die „psychologische Kriegführung“ vorzugehen, „auf „Unklarheiten zu reagieren“ und letztlich „die Öffentlichkeit aufzuklären“.

Das Programm zum Einsatz politischer Botschafter sei eine Antwort auf diese Entwicklungen gewesen, so das IRGC-Journal. Nach Ansicht des IRGC-Politbüros sind diese Botschafter „innerhalb der Revolutionsgarden das bestorganisierte, mächtigste und aktivste menschliche Netzwerk für die Verbreitung von Informationen und eine politische Führung  der Kräfte, die die Islamische Revolution unterstützen.“

Bahram Rafiei

Übersetzung aus dem Englischen
Quelle: Rooz Online, 4. August 2011
Originaltitel:
A Decade of Interference in Elections – Dispatch of IRGC’s Political Messengers Across the Country

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