Guten Morgen Deutschland: Nicht die iranische Opposition – die deutsche Medienwelt schläft!

Nachtrag 13. Juni 2010, 18:00 Uhr: Die deutschen Medien scheinen nachzuziehen – der Ton wird kritischer, es werden Augenzeugen zitiert, es ist von „Unterdrückung“ und „einzelnen Protesten“ und von den Verhaftungen die Rede.
Beispiele:
http://www.tagesschau.de/ausland/iran1122.html

http://www.zeit.de/politik/ausland/2010-06/iran-jahrestag-demonstration

http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/2747071_Irans-Regierung-erstickt-Proteste.html

Die deutschen Medien sind bekanntlich eher vorsichtig, was im Regelfall ja auch zu begrüßen ist. Wenn sie jetzt ordentlich nachziehen, bin ich versöhnt. Dennoch bleibe ich dabei, dass es nicht richtig ist, am Jahrestag der Wahlen, wenn die Öffentlichkeit angeregt durch die vielerorts stattfindenen Solidaritäts-Demonstrationen mal wieder in die Zeitung schaut, um zu sehen, was eigentlich im Iran los ist, den Eindruck vermittelt bekommt, dass sich nichts mehr tut. Man kann ja durchaus auf die unsichere Nachrichtenlage und die scheinbare Ruhe verweisen und gleichzeitig den äußeren Schein hinterfragen und auf Dinge wie Protestaktionen an den Universitäten, die verstärkten „Allah-o Akbar“-Rufe in der Nacht zum 12. Juni und die offene Frage hinweisen, ob die Menschen nicht trotz des offiziellen Rückziehers von Moussavi und Karroubi protestieren werden.

*****

Einen Tag nach dem 12. Juni 2010, dem Jahrestag der Präsidentschaftswahlen im Iran, schalte ich morgens den PC ein, noch voller positiver Eindrücke vom Vortag. Die Opposition im Iran hatte sich auf den Straßen gezeigt, weitaus präsenter und kraftvoller, als ich erwartet hatte. Es hat bisher noch keine Meldungen über Tote gegeben, die Zahl der Verhaftungen scheint allerdings extrem hoch zu sein, die letzte Zahl, die ich las, sprach von ca. 900 Verhaftungen, die NZZ (Schweiz) berichtet von 90 Verhaftungen.

Mein erster Klick gilt http://news.feed-reader.net/839-iran.html#4474884. Hier findet man meistens Pressereaktionen auf Großereignisse. Doch der Jahrestag der Wahlen im Iran ist offensichtlich kein Großereignis für die deutsche Presse – die aktuellste Meldung beschäftigt sich mit subversiven iranischen Comics und ist vom 12.6.2010 datiert. Alles, was davor kommt, kenne ich schon. Hier ein Auszug, ergänzt um Schlagzeilen und Zitate aus eigenen Recherchen, Stand 13. Juni 2010, mittags:

„Proteste im Iran abgesagt“
http://www.taz.de/1/politik/nahost/artikel/1/gefahr-fuer-leib-und-leben/

„Ruhe und Angst im Iran“
http://www.tagesspiegel.de/politik/ruhe-und-angst-im-iran/1857552.html

„Jetzt hat die grüne Opposition am Jahrestag der umstrittenen Präsidentenwahl alle Proteste abgesagt. Die Bürger bleiben stumm […]“
http://www.zeit.de/politik/ausland/2010-06/iran-ahmadineschad

„Irans Opposition zeigt sich nicht, aber sie hat Rückhalt“
http://www.tagesschau.de/ausland/iran1114.html

„Widerstand zwecklos?“ (Immerhin mit Fragezeichen). Zitat aus dem Artikel:
„Die Tatsache, dass Mussawi und andere Wortführer der Opposition die für heute geplanten landesweiten Proteste kurzfristig abgesagt haben, zeigt, dass die andauernden Repressionen Wirkung zeigen. Die Bewegung ist geschwächt, manche glauben, sie ist auch besiegt.“
http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/5/0,3672,8078405,00.html

„Massenproteste unterdrückt – Ruhe am Jahrestag der Präsidentschaftswahl“
http://www.nzz.ch/nachrichten/international/iran_festnahmen_1.6066385.html

„Teheran am Wahl-Jahrestag ruhig. Ein Jahr nach der umstrittenen Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad sind im Iran Proteste von Regierungsgegnern ausgeblieben. Augenzeugen berichteten, es seien auch keine großen Polizeikräfte auf den Hauptstraßen Teherans zu sehen.“
http://www.focus.de/politik/ausland/konflikte-teheran-am-wahl-jahrestag-ruhig_aid_518716.html

„Zahlreiche Festnahmen am Jahrestag der Proteste“
„Im Juni 2009 endeten Massenproteste gegen das Regime in Teheran blutig. Zum Jahrestag fallen die großen Kundgebungen aus.“
http://www.welt.de/politik/ausland/article8025253/Zahlreiche-Festnahmen-am-Jahrestag-der-Proteste.html#reqRSS

Eine kleine Ausnahme macht die BILD-Zeitung, die ihrem Artikel immerhin ein Zitat von „Iran-Experte David Menashri“ hinzufügt: „Ahmadinedschad kann einzelne Proteste stoppen, aber nicht die Bewegung, nicht die tiefe Veränderung im iranischen Volk. Er kann das Feuer in Schach halten, aber er kann den Brand nicht löschen.“
http://www.bild.de/BILD/politik/2010/06/12/iran-ein-jahr-nach-der-gruenen-revolution/wieviel-hoffnung-bleibt.html

Ein kurzer Blick in den englischsprachigen Raum zeigt, dass man auch kurzfristig auf neue Entwicklungen reagieren kann, wenn man denn will:

CNN-Bericht vom 12. Juni 2010

BBC gibt immerhin zu, dass es Proteste gab:
http://news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/10299933.stm

Hier noch einmal BBC (etwa Minute 19)
http://www.bbc.co.uk/iplayer/episode/p00802cz/Newshour_12_06_2010/

„Clashes and Protests Reported in Iran“
http://www.nytimes.com/2010/06/13/world/middleeast/13iran.html?ref=world

„Protests, clashes break out in Iran on anniversary of disputed election“
http://www.latimes.com/news/nationworld/world/middleeast/la-fg-iran-protests-20100612,0,6484633.story

Und natürlich Enduring America, unter anderem hier:
http://enduringamerica.com/2010/06/12/iran-analysis-22-khordaad-what-happened-and-what-it-means-shahryar/

Woran liegt es, dass die deutschsprachige Presse die Opposition im Iran zwar nicht ignoriert, aber in entscheidenden Momenten wie diesem quasi im Stich lässt? Warum macht sie so wenig Druck in der Öffentlichkeit, warum unterstützt sie den Eindruck, dass im Iran „sich nichts mehr tut“? Warum gibt es keinen Druck auf die deutsche Politik, endlich Flüchtlinge aus der Türkei aufzunehmen, und zwar mehr als nur 50? Wie viele E-Mails und Briefe müssen wir noch schreiben, damit sich das ändert? Ist das Kalkül, oder reine Bequemlichkeit und Faulheit?

An dieser Stelle werde ich persönlich, wenn ich zugebe: Im Moment bin ich erschöpft, demoralisiert und enttäuscht. Und wütend. Und ich frage mich, ob der ganze Internet-„Aktivismus“ überhaupt etwas bringt, oder ob man sich vor seinem PC nicht wirklich nur einer großen Illusion hingibt. Dass man den Iran nicht vom PC aus befreien kann, wissen wir alle. Aber dass man in einer Parallelwelt haften bleibt, weil die Außenwelt nicht zur Kenntnis nehmen will, was geschieht, darf nicht die einzige Alternative sein.

Deutsche Medien, wacht auf und macht euren Job – mit ganzem, nicht mit halbem Herzen. Die Menschen im Iran haben Opfer gebracht, sie bringen sie jeden Tag aufs Neue – honoriert das endlich! Hört auf, euch auf das Atomgefasel zu beschränken, das ist nur ein Teil des Problems. Es passieren wichtige Dinge im Iran, also macht eure Arbeit und informiert die Öffentlichkeit! Macht Druck auf die Politik, damit sie den Flüchtlingen in der Türkei hilft und nicht nur 50 Alibi-Flüchtlinge aufnimmt und das als humanitäre Geste sondergleichen verkauft! Macht Druck auf die Politik, damit sie das Thema Menschenrechte auf höchster Ebene immer wieder anspricht und das iranische Regime unter diplomatischen und politischen Druck setzt, damit sie nach Wegen sucht, die starke Strömung im Iran zu unterstützen, die Freiheit, Menschenrechte, demokratische Wahlen, Rechtsstaatlichkeit und Gerechtigkeit fordert – das ist eine Chance nicht nur für Iran, sondern für uns alle! Helft nicht dabei, dass diese Chance vertan wird.

Wer an die deutschen Medien schreiben möchte, kann die folgende Adressen und natürlich gern auch Auszüge aus dem obigen Posting verwenden.

Medien in Deutschland (unvollständig, bitte ggf. ergänzen):
zeitiminternet@zeit.de; zeit@zeit.de; patricia_dreyer@spiegel.de; doerte_trabert@spiegel.de; redaktion@spiegel.de; themendesk@zdf.de; info@zdf.de; redaktion@tagesschau.de; leser@welt.de; kompakt@welt.de, online@welt.de, leser@wams.de, blogwart@taz.de, chefred@taz.de, online.redaktion@tagesspiegel.de, redaktion@tagesspiegel.de; leserbriefe@tagesspiegel.de; redaktion@sueddeutsche.de; redaktion@focus.de; info@bild.de; redaktion@faz.de; info@faz.net; redaktion@morgenpost.de; frank.mares@abendblatt.de; briefe@abendblatt.de; oliver.schirg@abendblatt.de; zuschauerservice@prosieben.de; handelsblatt@vhb.de; redaktion@badische-zeitung.de; presse@dpa.com; pressestelle@ard.de; info@swr.de; news@rtl.de; chefredaktion@abendzeitung.de; redaktion@abendzeitung.de; redaktion@badische-zeitung.de; forum@badische-zeitung.de; news@rtl.de

(Danke an Iranian German für die Zusammenstellung der Adressen)

16 Antworten zu “Guten Morgen Deutschland: Nicht die iranische Opposition – die deutsche Medienwelt schläft!

  1. Julia,

    das was du hier tust ist, so banal es klingt, sehr wichtig.
    Dein Blog ist einer von vielen Schritten, die wir hier tun können.
    Die Frequenzen der Nachrichten in Presse und Medien müssen eindeutig erhöht werden. Das funktioniert nur, wenn auch mehr Menschen hier, sich für Menschenrechte einsetzen. Bloggen oder Schreiben, Kunst usw., das sind die friedlichen Mittel des Protest, die uns hier zur Verfügung stehen.
    Auf jeden Fall: Weiter so!

    Liebe Grüße

  2. Liebe Julia, in meinem kleinen Land Tirol, hat die Tiroler Tageszeitung, immerhin die grösste Tageszeitung Westösterreichs,einen ganz tollen Artikel über den Iran geschrieben, und auch ein junger Mann, namens Christian Jentsch, hat in einer Glosse ,seine ganz persönlichen Gedanken über den Status im Iran mitgeteilt. Ich war total begeistert, konnte ihn aber auf Facebook nicht finden. Werde aber bei der Zeitung anrufen, um evtl. einmel mit ihm zu sprechen. Du siehst, dass doch nicht alle Medien schlafen, wenn auch nur in Tirol. Der Artikel ist übrigens schon am 11. erschienen, sodass man über den 12. schon bestens informiert war. I’m happy !

  3. Pingback: News vom 14. Juni « Arshama3's Blog

  4. Pingback: Die Bewegung lebt « Iranian German's Blog

  5. Afsaneh Tabatabai-Holstein

    Leider ist es nun mal so. Die Fußball-WM Nachrichten und WM-Berichte sind im Moment Deutschland und der Welt wichtiger als das, was gerade und seit einem Jahr in Iran passiert.

    • Im großen Ganzen war ich im Verlauf des letzten Jahres immer wieder positiv überrascht über die Tiefe mancher Berichte und Artikel in den deutschen Medien. Ich möchte nicht missverstanden werden – weder meine ich, dass Iran das einzige Thema auf der Welt ist, das Beachtung verdient, noch finde ich die Berichterstattung insgesamt ausgesprochen schlecht. Was mich lediglich gewundert – und am 12. Juni und am Morgen des 13. Juni wirklich entsetzt hat – war der ausgerechnet an diesem Tag relativ unreflektiert wirkende Ansatz in den meisten Berichten, die – wie Helmut richtig anmerkte – davon auszugehen schienen, dass im Iran alles genau so funktioniert wie bei uns: Da gibt es eine organisierte Opposition mit Führern, und wenn die etwas sagen, dann ist das so und man muss dann nicht mehr so genau aufpassen. Die Journalisten, die sich mit dem Iran befasst haben und befassen, wissen es besser. Das hätte sich m. E. auch zu einem Zeitpunkt in der Berichterstattung niederschlagen müssen, wo man noch nicht sicher sein konnte, was wirklich am 12. Juni im Iran passiert ist. Überschriften, die suggerieren, dass im Iran jetzt alles gelaufen ist, finde ich einfach unangemessen und fatal für die Meinungsbildung in der deutschen Öffentlichkeit. Ich weiß von einzelnen Menschen im Iran, die am 12. Juni zum ersten Mal seit den Wahlen auf die Straße gegangen sind, trotz der Risiken und der Drohungen und Warnungen. Vor diesem Hintergrund empfand ich es wie einen Schlag ins Gesicht, dass der Blick der deutschen Journalisten an der Oberfläche der Karroubi/Moussavi-Äußerungen und der äußeren und offiziellen Gegebenheiten haltgemacht zu haben schien.

      Dabei ist es ja dann nicht geblieben, es hat sich ja im Laufe des gestrigen Tages noch etwas bewegt.

      Wir werden sicher im Laufe der nächsten Tage und Wochen noch einige gute Berichte lesen und hören. Ich hoffe, dass die deutsche Öffentlichkeit dann auch noch hinhört und hinsieht.

      Danke für die angeregte Diskussion an dieser Stelle!

  6. Leider widerspreche ich dieser Einschätzung, liebe Anne. Iran wird von großen Medien zu einem Brandherd unter vielen stilisiert und die Berichterstattung sehr oberflächlich und sporadisch gehandhabt. Moussavi gilt als Anführer der grünen Bewegung, am 12. Juni haben nur einige Leute Unruhe gestiftet und wurden zur Ordnung gerufen, 91 Leute wurden verhaftet und ansonsten war das Land still. Das sind alles Halbheiten und Halbheiten sind der Feind der Wahrheit, weil sie vieles eher Verzerren. Umfassende Hintergrundinformationen alleine können einem mündigen Bürger ein sicheres Urteilsvermögen erlauben. Und davon braucht es in Bezug auf Iran viele.
    Iran ist ein wunderschönes Land mit wunderbar kreativen Menschen. Dieses Land wird nicht von einer „normalen“ Regierung geführt. Der Hodschiatieh Club hat das Land in einen eisernen Todesgriff genommen und verfolgt das in der Verfassung festgeschriebene Ziel des Exports einer bestimmten messianischen Variante eines fundamentalistischen und buchstabengetreu ausgelegten Islam in die ganze Welt. Wie das Zusammenleben dann geregelt werden wird erfahren wir (leider erfahren wir es eben zu wenig) aus dem Iran. Das betrifft alle Menschen auf der ganzen Welt, die an Freiheit interessiert sind und kein Interesse haben an gewaltsamen Eingriffen im Iran. Deshalb wünschen wir uns eine prägnante, dauerhafte und deutliche Berichterstattung über Ereignisse im Iran. Nicht um Panik zu schüren, sondern dem Regime zu zeigen, dass man ihm auf die Finger guckt und nicht schläfrig davon schaut und den Menschen im Iran, die unglaublichen Repressionen ausgesetzt sind, signalisiert: wir sehen euren Kampf. Das gibt Mut.

  7. Auch auf die Gefahr hin, dass ich jetzt wie ein ARD-Fan klinge: Der Weltspiegel brachte heute einen gelungenen Rückblick der Entwicklungen des letzten Jahres nach den Wahlen ( Nachzusehen im Video hier: http://www.daserste.de/weltspiegel ) und gerade gab’s in „titel thesen temperamente“ einen Beitrag über Shirin Neshats Film „Women Without Men“. Und dieser wurde auch zu den Protesten vor einem Jahr und gestern in Verbindung gebracht.
    Ich glaube wir müssen einfach aufpassen unseren persönlichen Fokus auf Iran in Relation zu bringen: Ja, das Geschehen dort verdient Aufmerksamkeit, aber Iran ist nur ein Brandherd unter vielen.

  8. Danke für deinen Nachtrag. Die Berichterstattung von Tagesschau.de finde ich im Großen und Ganzen gut gelungen. Mir ist es lieber, wenn die Medien sich an journalistische Grundsätze (nur bestätigte Meldungen und Gerüchte klar als solche Kennzeichnen) halten. Unter diesem Gesichtspunkt gab es „dank“ der Einschränkungen journalistischer Arbeit vor Ort in Iran tatsächlich wenig bis nichts zu berichten. Klar erfahren wir von den Leuten direkt vor Ort über’s Internet etwas, das ist aber auch ein sehr gefärbter Blick in den Iran. Oder würdet ihr auch von AN-Sympatisanten aus dem Iran berichten? Ich genausowenig, aber dafür gibt es ja unsere Iran-Blogs. Ich hoffe, dass ich in den nächsten Tagen noch mehr Berichte auf meinem Blog teilen kann.

    • Anne, ich stimme dir zu in puncto Seriosität. Ich bin eigentlich auch eher für die ausgewogene und vorsichtige Art. Ich meine ja auch nicht, dass man alles unhinterfragt veröffentlichen muss. Aber eben diese Einschränkungen, die du berechtigterweise erwähnst, könnte man ja auch in vorsichtigen Berichten ansprechen. Wie gesagt, die Berichterstattung holt jetzt auf, und das ist lobenswert und versöhnt mich. Aber heute Morgen sah es wirklich so aus, als hätte die Berichterstattung mit Karroubis/Moussavis Rückruf der offiziellen Demonstration aufgehört, und das ärgert mich schon allein deshalb, weil damit der Eindruck erweckt wird, dass Karroubi und Moussavi gleichzusetzen sind mit der Opposition bzw. der Protestbewegung. Wer die deutschsprachige Berichterstattung zum Iran verfolgt, weiß, dass die Presse es besser weiß oder wissen könnte – sie berichte ja bei anderen Gelegenheiten durchaus fundiert. Warum da nicht etwas tiefer graben, wenn man an einem so wichtigen Tag ohnehin einen Artikel schreibt?

  9. Vielen Dank Julia, für diese deutlichen Worte.
    Weiss wirklich nicht, was dahintersteckt und die deutschen Medien so stumm sind.
    Mir ist das ehrlich gesagt wirklich schleierhaft

  10. tja was soll ich sagen.. Es hat schon einen Grund wieso ich seit geraumer Zeit Blogs wie diesem mehr Priorität & Aufmerksamkeit schenke als den Massenmedien.

    Ich weiss, es ist nicht leicht mit Zensur & dem Risiko der Falschmeldungen auf Twitter & Co seriös Bericht zu erstatten, aber wie Du schon sagtest Julia, den Jahrestag erwähnen & mögliche Proteste andeuten ist die PFLICHT jeder überregionalen Zeitung!! eine Schande!

  11. Hamburg/Brüssel (dpa) – Die iranische Führung hat zum Jahrestag der umstrittenen Präsidentenwahl neue Massenproteste von Regierungsgegnern erfolgreich unterdrückt. Nach Angaben von Augenzeugen kam es am Samstag in der Hauptstadt Teheran lediglich zu einzelnen Zusammenstößen mit Sicherheitskräften.

    Größere Proteste gab es nicht. Dennoch gab es 91 Festnahmen von Verdächtigen, wie die Nachrichtenagentur ISNA am Sonntag unter Berufung auf den iranischen Polizeichef Hussein Sadschadinia berichtete. Zu den Umständen der Festnahmen äußerte er sich nicht. Die Opposition hatte aus Furcht vor Repressalien alle Kundgebungen abgesagt.

    Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton zeigte sich besorgt über die Lage im Iran. «Seit den Wahlen im Juni 2009 hat sich die Menschenrechtslage im Iran stark verschlechtert», sagte Ashton laut einer am Samstag in Brüssel verbreiteten Mitteilung. Sie sprach von einem «Klima der Angst», in dem die Iraner leben müssten. Ashton rief die iranische Regierung auf, das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit zu beachten. Die EU sei bestürzt über die Folter politischer Häftlinge und die Anwendung der Todesstrafe. «Wir nutzen diese Gelegenheit, um den Menschen im Iran zu versichern, dass sie nicht vergessen worden sind.»

    Am 12. Juni 2009 war der erzkonservative Präsident Mahmud Ahmadinedschad wiedergewählt worden. In den Tagen danach zogen Hunderttausende von Menschen auf die Straßen. Die Opposition wirft der Regierung weiterhin Wahlbetrug vor. Aber am Samstag blieben die Regierungsgegner zu Hause: Die Reformpolitiker Mir Hussein Mussawi und Mehdi Karrubi hatten alle Proteste abgesagt: Jede ungenehmigte Kundgebung würde zu neuen Zusammenstößen mit der Staatsmacht führen. Die Behörden hatten die Proteste nicht erlaubt und schon zuvor klargemacht, dass sie mit aller Härte gegen Verstöße vorgehen würden.

    Vize-Polizeichef Ahmad-Resa Radan sagte ISNA, «trotz der Propaganda der Feinde» habe es am Samstag keine Demonstrationen oder Unruhen gegeben. Einige «Verdächtige» seien festgenommen worden. Sicherheitskräfte waren laut Augenzeugen an verschiedenen Orten der Stadt in Stellung gegangen. Am Nachmittag habe es vereinzelte Auseinandersetzungen gegeben, sagten sie weiter. Eine unabhängige Bestätigung der Angaben war wegen der Einschränkungen der freien Berichterstattung nicht möglich.

    Die Sicherheitskräfte hatten Proteste nach der Wahl im vergangenen Jahr brutal niedergeschlagen. Mehr als 30 Menschen kamen ums Leben, die Opposition spricht sogar von über 80 Toten. Tausende Regimegegner wurden festgenommen. Mehr als 100 von ihnen, darunter ehemalige reformorientierte Minister und Abgeordnete, wurden zu langen Haftstrafen verurteilt. Zwei Monarchisten wurden hingerichtet, sechs weitere Verurteilte sitzen in der Todeszelle.

    © sueddeutsche.de – erschienen am 13.06.2010 um 12:33 Uhr

  12. Liebe Julia,

    teile vollkommen diese Eindrücke!
    Bitte nicht entmutigen lassen, wir werden weitere Aktion gemeinsam überlegen und auch überlegen, was hinter der auffälligen Zurückhaltung deutscher Medien bzw der vermutlich willentlichen Stille steckt.
    Auf bald.

  13. ich glaube, du hast die aufgeweckt:
    Über 90 Festnahmen im Iran
    – Zum Jahrestag der umstrittenen Präsidentschaftswahl im Iran hat die Führung in Teheran neue Massenproteste erfolgreich unterdrückt. Auf den Straßen der Hauptstadt blieb es gestern weitgehend ruhig. Dennoch gab es 91 Festnahmen von Verdächtigen. Die Opposition hatte aus Furcht vor Repressalien geplante Großkundgebungen abgesagt, weil die Behörden dafür keine Genehmigung erteilt hatten. Nach Augenzeugenberichten kam es lediglich zu vereinzelten Zusammenstößen mit Sicherheitskräften. © sueddeutsche.de – erschienen am 13.06.2010 um 11:46 Uhr

  14. Günter Haberland

    Bravo und herzlichen Glückwunsch, Julia!
    Diese Kritik deutscher Medien ist nicht nur berechtigt, sondern dringend notwendig.

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