Kurzmeldungen aus der iranischen Zivilgesellschaft – 17. April 2012

Arseh Sevom, 17. April 2012 – In dieser Ausgabe: Nationales Internet oder Aprilscherz? | Steigende Preise, sinkende Löhne | NGOs bitte hier entlang | Iranische Stimmen gegen den Krieg | Freiheit für Neujahrs-Goldfische

Nationales Internet oder Aprilscherz?
Arseh Sevom berichtet seit mehr als einem Jahr über die Pläne der iranischen Regierung zur Einrichtung eines nationalen oder „Halal“-Internets [nach islamischen Maßstäben erlaubt, d. Übers.]. In einem Artikel der International Business Times kam dieses Thema jetzt wieder zur Sprache.

Die Pläne der Islamischen Republik zur Schaffung eines nationalen Internet sind nach Angaben des obersten iranischen Führers ein Weg zur „Aufrechterhaltung der nationalen Sicherheit“, ein „Schutz des Bewusstseins der Jugend vor verderblichen westlichen Werten“ und eine Stärkung der Iranischen Cyber-Armee in der Auseinandersetzung mit dem „Sanften Krieg“. Viele fragen sich, ob diese Pläne überhaupt umsetzbar sind.

Ministerium: „Wir waren es nicht!“
Das zuständige iranische Ministerium [„Ministry of ICT“] ließ nun in einer  Erklärung verlautbaren, es sei nicht vorgesehen, den Zugriff auf das Internet einzuschränken. Das ganze sei ein „Streich zum 13. Farvardin“ (der 13. Farvardin entspricht dem 1. April) und von propagandistischen Kräften des Westens verbreitetes Gerücht.

Steigende Preise, sinkende Löhne
Anfang der Woche hatten etwa 2000 Arbeiter der Zuckerrohrfabrik Karoun gegen sinkende Reallöhne und immer kürzere Laufzeiten für Arbeitsverträge protestiert. Sie verdienen kaum genug, um ihre Grundbedürfnisse zu decken, erklärten sie.
Wie die Nachrichtenagentur ILNA berichtet, wurde der Entschluss, sich vor der Fabrik Neybor in Shushtar zu versammeln, ausgelöst von der vorzeitigen Entlassung von Saisonarbeitern nach einem Wechsel in der Fabrikleitung..

Die Arbeiter hatten zudem keinerlei Zuwendungen, Vergünstigungen oder Lohnerhöhungen erhalten.

Die Teheraner Zeitung Jamejam hatte am 11. April berichtet, dass „Repräsentanten der Belegschaft der Fabrik Neybor sich vor dem Parlamentsgebäude versammelt und ein Dringlichkeitstreffen mit den Abgeordneten verlangt hätten, um das Problem unverzüglich zu besprechen.“ Ob ein Treffen zustande kam, konnte Arseh Sevom nicht in Erfahrung bringen.

[Die iranische Friedensnobelpreisträgerin] Shirin Ebadi warnte unterdessen vor den Auswirkungen der Sanktionen auf die Armen und die iranische Mittelschicht. In einem Interview mit der New York Times erklärte sie: „Die Sanktionen müssen aufgehoben werden, damit den Menschen ein nachhaltiges Leben möglich ist.“

Nichtregierungsorganisationen bitte hier entlang
Die stellvertretende Leiterin des Zentrums für Frauen- und Familienangelegenheiten im Präsidialamt, Parvin Hedayati, hat die Nichtregierungsorganisationen in Iran aufgefordert, sich dem staatlichen „Sozialen Netzwerk“ anzuschließen. Nur solche NGOs, die sich im Iranischen Sozialen Netzwerk für Nichtregierungsorganisationen registrieren, würden von der Islamischen Republik unterstützt, verkündete sie weiter.
Im vergangenen Jahr hatte ein anderer iranischer Offizieller von einer  ähnlichen Webseite für Jugendorganisationen gesprochen. Beide Seiten sind derzeit nicht online.

Die Bemühungen, Nichtregierungsorganisationen unter ein staatliches Dach zu bringen, korrespondieren mit der Tendenz, die unabhängige Zivilgesellschaft zu kriminalisieren (s. auch den Bericht von Arseh Sevom: Legalizing the Murder of Civil Society),

Iranische Stimmen gegen den Krieg
Die Webseite „International Campaign for Human Rights in Iran“ hat ein Video mit Zitaten iranischer Intellektueller gegen den Krieg veröffentlicht. Die politische Aktivistin Fakhrosadat Mohtashamipour sagt dort: „Wenn wir eine demokratische Bewegung haben, ist Krieg mit Sicherheit nicht die richtige Antwort. Wir glauben, dass es der Bevölkerung mit etwas Geduld und Widerstand gelingen kann, die Gesellschaft aus der gegenwärtigen militarisierten und putschähnlichen Situation herauszuführen.“

Das Video auf Youtube:

Freiheit für Neujahrs-Goldfische
Die Stadtverwaltung Amol hat eine Aktion für die Freilassung der zu Nowrooz gekauften Goldfische organisiert. An die Kinder erging die Botschaft, „sich für das Leben anderer Wesen verantwortlich zu fühlen und zu lernen, damit fertigzuwerden, wenn sie etwas loslassen müssen, was ihnen viel bedeutet.“

Der Bürgermeister von Amol (Provinz Mazandaran), Ahmad Amir Soleymani, sagte: „Umweltschützer sind wirkliche Helfer der Wahrheit. Wir alle sind für die Bewahrung und Fortsetzung des Lebens verantwortlich. Lasst uns nicht zulassen, dass die Natur stirbt. Lasst uns Krankheit und Tod bekämpfen und immer daran denken, dass unsere Umwelt ein Spiegelbild unseres eigenen inneren Selbst ist.“

Arseh Sevom sagt: „Danke, Herr Bürgermeister!“. Es ist schön zu hören, dass Menschen sich um die Erhaltung des Lebens und der Natur sorgen, während der allgemeine Tonfall so sehr von Drohungen und Gewalt bestimmt ist.

Übersetzung aus dem Englischen
Quelle: Arseh Sevom
Anmerkung: Die Teile des Originalartikels, zu denen auf diesem Blog bereits ausführliche Berichte existieren, wurden nicht übersetzt.

Eine Antwort zu “Kurzmeldungen aus der iranischen Zivilgesellschaft – 17. April 2012

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