Tagesarchiv: 19. Dezember 2009

Khatami: “Imam Hossein hat uns gelehrt, Unrecht nicht hinzunehmen”

Veröffentlicht auf Persian2English am 19. Dezember 2009
Quelle (Persisch): Parleman News
Übersetzung Persisch-Englisch: Facbook-Seite Mir Hossein Moussavi
Quelle (Englisch): http://persian2english.wordpress.com/2009/12/19/khatami-imam-hossein-taught-us-not-to-give-in-to-injustice/
Übersetzung Englisch-Deutsch: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link zu diesem Post angeben

Bei einem Treffen mit Fakultätsmitgliedern der Universitäten in Hamadan hat der frühere iranische Präsident Seyyed Mohammad Khatami unterstrichen, dass sich infolge der falschen Reaktionen [des Regimes, d. Übers.] auf die Proteste der Menschen die Unzufriedenheit alle Schichten der Gesellschaft erfasst hat. Er warnte davor, die Menschen für Kritik und Proteste teuer bezahlen zu lassen. Damit werde eine Plattform für eine langfristige Unsicherheit in der Gesellschaft geschaffen, und das System werde geschwächt.

In Anspielung auf den Beginn des Monats Moharram (in dem der dritte schiitische Imam Hossein getötet wurde) sagte Khatami: „Trotz aller Probleme, die im Laufe der Geschichte insbesondere unserem Volk und und vielen anderen Völkern der islamischen Welt durch Tyrannen und Gewaltherrscher entstanden, hat Moharram den Geist der Hoffnung in den Herzen der Menschen und der Völker, insbesondere unseres Volkes, am Leben erhalten.“ Er fügte hinzu: „Einer der Gründe für unseren Erfolg während der heiligen Ära der Vrteidigun (der achtjährige Iran-Irak-Krieg) und all die Opfer des Volkes war ihre Liebe für Ashura (der Tag, an dem der dritte schiitische Imam Hossein in einer Schlacht gegen die Übermacht eines damaligen tyrannischen Herrschers starb). Denn damals [während des Krieges] waren die Lehren des Imam Hossein für unser Volk sehr greifbar.“

In einem anderen Teil seiner Rede sagte Khatami: „Imam Khomeini hat es ernst gemeint, als er sagte, dass die Stimme des Volkes die Messlatte ist! Was bedetet das? Wenn jemand vortritt und sagt, dass zumindest die Wahl des Volkes die Messlatte sein soll, und dass dies der Weg des Imam Khomeini sei, sollte das nicht mit all den falschen Anschuldigungen, dem Druck und den Einschüchterungen über die Abspaltung vom System beantwortet werden… Diese Reaktion bedeutet, dass das islamische System die Wahl des Volkes nicht repektiert, und die, die sich so verhalten, sollten nicht für sich beanspruchen, sich auf dem Weg des Imam Khomeini und der Revolution zu bewegen.“

Er unterstrich: „Ethik ist einer der religiösen Werte. Eine Politik, die im Islam akzeptiert wird, ist eine moralische Politik. Wenn wir im Namen der Religion die schlimmsten Dinge tun, können wir nicht behaupten, für die Religion zu handeln.“

Mit Bezug auf die Ereignisse nach der Wahl sagte Khatami: „Viele schlimme Dinge sind geschehen, und ich werde über eines davon sprechen. Zu sagen, dass das, was geschehen ist (gemeint sind die Wahlergebnisse), von der Mehrheit des Volkes akzeptiert ist, bedeutet, das Problem zu ignorieren.“

Er betonte: „Wenn wir Umfragen nehmen, sehen wir, dass die Menschen nicht damit einverstanden sind, wie die Gesellschaft regiert wird, und diese Unzufriedenheit hat sich in den Schichten der Gesellschaft vertieft.“ Er fügte hinzu: „Wenn wir diese Tatsache um der Sicherheit willen verbergen, dann ist es so, als ob wir Kopfschmerzen mit Schmerztabletten zwar zeitweise unterdrücken, aber nicht nach der wahren Ursache der Schmerzen suchen.“

Khatami fragte: “Wenn es wirklich ein Problem in der Gesellschaft gibt, wird es nicht dadurch verschwinden, dass man es ignoriert und Propaganda macht. Ist es denn kein Problem, dass die Mehrheit unserer Intellektuellen unzufrieden ist, und muss man ihnen nicht zuhören? Wir kümmern uns um das System, indem wir diese Probleme ansprechen.“

Er fügte hinzu: „Kein Problem wird dadurch gelöst, dass man die beleidigt und fälschlich beschuldigt, die von den wichtigen Gesellschaftsschichten geliebt werden, denn eine Fortsetzung dieser Methoden wird zur Folge haben, dass diese Unzufriedenheit sich gegen die Grundfesten des Systems und der Regierung richtet.“

Khatami wiederholte die Prinzipien der Verfassung bezüglich der Rechte des Volkes und fügte hinzu: „Eben diese Verfassung sagt, dass das Volk seine Forderungen aussprechen soll. Fälschliche Beschuldigungen und Druck gegen jemanden, der einen Einwand hat, oder auch Druck und unfaire Urteile gegenüber prominenten Personen werden keines der Probleme lösen.“

Khatami fuhr fort: „Es ist offensichtlich, dass es in der Gesellschaft Unzufriedenheit und Probleme gibt, und man kann das nicht ignorieren. Insbesondere die Unzufriedenheit der Intellektuellen ist sehr gefährlich, denn die Intellektuellen sind für die Gesellschaft eine Referenz. Sie sind nicht in der Mehrheit, aber sie sind es, die im Grunde das Land führen. Intellektuelle haben Einfluss in der Gesellschaft.“

Khatami unterstrich: „Wahlen sollten so abgehalten werden, dass es keine Auseinandersetzungen darum gibt. Reformen wollen nichts anderes erreichen als freie Wahlen und Einhaltung der Verfassung.“

Weiter sagte er: “Schließlich hat ein beachtlicher Teil der Gesellschaft Einwände gegen die Wahl gehabt, und man sie anhören. Sie sollten davon überzeugt werden, dass die Wahl wirklich in Ordnung war. Man wird sie aber nicht dadurch überzeugen, dass man sie einsperrt, unterdrückt und einschränkt. Vielmehr sollten die Proteste des Volkes und der Intellektuellen anerkannt werden. Dann können wir mit gegenseitiger Hilfe die Probleme lösen.“

Khatami betonte: „Unsere Revolution sollte Iran zu einem Vorbild in jeglicher Hinsicht machen. Heute sollten wir auswerten und prüfen, ob wir uns wirklich zu einem Vorbild entwickeln. Verbessern sich unser Rechtssystem und unsere Wirtschaft? Werden wir in der internationalen Gemeinschaft mehr respektiert? Werden Lügen, falsche Anschuldigungen und unethisches Verhalten mehr oder weniger? Nimmt Unterdrückung zu oder ab?“
“Eine der wichtigsten Lektionen, die Imam Hossein uns gelehrt hat, ist die, dass wir Unrecht nicht hinnehmen sollen. Dieses Unrecht ist für jeden schrecklich, und man muss davor warnen und davon abraten.“ [„this injustice is appalling by anyone and one should warn and advise [against it].”]

Detaillierter Bericht über Protest der “Trauernden Mütter ” im Laleh-Park und Zentral-Teheran 19.12.2009

Veröffentlicht auf Persian2English am 20.12.2009
Quelle (Persisch): Freedom Messenger, 19. Dezember 2009
Übersetzung Persisch-Englisch: Reza Eshteraki, Persian2English
Quelle (Englisch): http://persian2english.wordpress.com/2009/12/20/detailed-report-from-mothers-protest-in-laleh-park-and-central-tehran-dec-19-09/
Übersetzung Englisch-Deutsch: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link zu diesem Post angeben
(Anmerkung d. Übers.: Dieser Artikel beruht zum Zeitpunkt der Übersetzung auf einer einzigen und inoffiziellen persischen Quelle. Ich bitte, den Inhalt des Artikels entsprechend als „unbestätigt“ einzustufen)

Wie aus Berichten hervorgeht, die der Organisation Human Rights and Democracy Activists in Iran vorliegen, haben heute, am 19. Dezember 2009 Mütter und Töchter allen Verhaftungen und Drohungen zum Trotz im Laleh-Park und Zentral-Teheran demonstriert.

Um 17:20 [Ortszeit] näherten sich fünf Polizisten in Begleitung von vier Zivilpolizisten den Demonstranten, um die Versammlung zu stoppen. Die Polizisten drohten und schrieen die Mütter an. Die Gruppe bewegte sich in Richtung Vesal Avenue, und die Polizisten hielten sie an. Die Mütter gingen aber weiter, Richtung Amirabad. Regierungsagenten begleiteten die Mütter, und zwei von ihne machten ständig Fotos und filmten sie aus allen Richtungen. Die Mütter nannten die Regierungskräfte „Schläger“ und „Diktatoren“ und sagten, sie könnten so viele Filme und Fotos machen, wie sie wollten, das würde ihnen keine Angst machen. „Eines Tages werden wir anfangen, euch und eure Verbrechen zu filmen, und sie werden dokumentiert in die Geschichte eingehen.“ An der Art, wie die Agenten sprachen und schrieen, konnte man deutlich erkennen, dass sie verzweifelt und erschöpft waren. Sie sagten sogar „Wir haben keine Lust mehr dazu, ihr habt uns unsere Samstag Nachmittage genommen, wozu?“

Mehrmals versuchten Zivilpolizisten und Polizisten, die Mütter auseinanderzutreiben, aber sie fanden sich wieder zusammen und setzten ihre Demonstration fort.

Sie demonstrierten schweigend weiter und klärten Unbeteiligte auf der Straße über ihre Aktion auf. Wenn die Offiziellen bemerkten, dass die Mütter mit den Leuten sprachen, unterbrachen sie sie und sagten „Kümmert euch nicht um sie, sie sind Amerikaner.“ Die Leute sagten darauf „Bravo! Macht weiter so!“

Die Zivilkräfte nahmen Kontakt zu ihren Vorgesetzten auf und baten um Erlaubnis, die Mütter mit Schlagstöcken zu schlagen und 10 von ihnen zu verhaften. Man konnte den verbalen Konflikt zwischen den Zivilkräften und den Polizisten um die Frage verfolgen, ob sie die Mütter verhaften und/oder schlagen sollten.
Die Demonstration dauerte bis 17:30 Uhr.

Die Mütter wollen sich so lange jeden Samstag im Laleh Park treffen, bis ihre Forderungen erfüllt sind. Nach den Demonstrationen gehen sie zusammen zum Haus eines der Märtyrer, um mit der betroffenen Mutter zu fühlen. Nach der heutigen Demonstration fand dieses Treffen im Haus von Neda Agha Soltan statt. Die Mütter wollten dort ein Gelübde („vow“) ablegen, ihre Aktion fortzusetzen, bis ihre Forderungen nach Verhaftung und gerichtlicher Verfolgung der Verantwortlichen für Morde, Verhaftungen, Folter und Vergewaltigung von jungen Menschen auf den Straßen und in den Gefängnissen erfüllt ist. Die Mütter beendeten ihre Protestaktion im Haus von Neda Agha Soltan mit jeweils fünf „Allah-o Akbar“-Rufen für das Glück der Seelen aller Getöteten, insbesondere Neda und fünf für die Freilassung aller politischen Gefangenen.
Human Rights and Democracy Activists in Iran
19. Dezember 2009

Kahrizak-Offizielle wegen „schweren Mordes“ angeklagt

Veröffentlicht auf Radio Zamaaneh am 19. Dezember 2009
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2009/12/irans-kahrizak-officials.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link zu diesem Post angeben

Mohsen Ruholamini, Mohammad Kamrani, Amir Javadifar (Javadi Langeroodi, d. Übers.)

Die Klage gegen das berüchtigte iranische Gefängnis Kahrizak wegen „schweren Mordes“ an Mohsen Rouholamini, Mohammad Kamrani und Amir Javadifar (Javadi Langeroodi, d. Übers.) ist bei Gericht eingegangen. Zwölf Personen werden in dem Fall angeklagt.

Die Justizabteilung der bewaffneten Streitkräfte hat nach viermonatiger Untersuchung ihren Bericht vorgelegt. Diesem Bericht zufolge wurden in Kahrizak 23 Personen*) festgehalten, die nach der Wahl inhaftiert wurden. Davon starben drei an den Schlägen durch in der Anstalt tätige Offizielle.

Im Gegensatz zu früheren Behauptungen seitens des Staates stellt der Bericht fest, dass der Tod dieser drei Personen nichts mit Meningitis zu tun hatte.

Die Justizabteilung der bewaffneten Streitkräfte hat die gerichtliche Verfolgung von drei Offiziellen beantragt, die in die „Ermordung“ dieser drei Peronen verwickelt waren.

12 Personen sind angeklagt, die „physische und verbale Misshandlung von Tatverdächtigen unterstützt und ihr Vorschub geleistet zu haben und Häftlinge ihrer verfassungsgemäßen Rechte und bei der Ausübung ihres Dienstes Regierungsvorschriften vernachlässigt zu haben“.

Weiterhin werden sie angeklagt, „die Wahrheit über den Tod von drei Inhaftierten in dem Gefängnis vertuscht zu haben.“

Der Bericht weist außerdem darauf hin, dass die in der Haftanstalt herrschenden nichtstandargemäßen Bedingungen für Wohlbefinden, Hygiene und Ernährung „durch die unangemessene Behandlung und die körperliche Züchtigung durch Offizielle verschärft wurden.“

Der Bericht enthüllt, dass wegen des „begrenzten Platzes“ eine große Anzahl von Häftlingen unter „schwierigen Bedingungen in sehr beengten Verhältnissen“ untergebracht war.

Der Bericht schließt, dass von den 98 Klägern im Fall Kahrizak 51 ihre Beschwerde zurückgezogen hätten, nachdem sie „Abfindungen“ erhalten hatten.

Ein Teil der Personen, die im Zuge der Proteste gegen die angeblich gefälschte Wiederwahl von Mahmoud Ahmadinejad im Juni verhaftet worden waren, war nach Kahrizak gebracht worden. Die Haftanstalt wurde auf Anordnung des Obersten Führers Ayatollah Khamenei geschlossen, nachdem sich Horror-Geschichten von Folterungen verbreitet hatten.

Mahmoud Ahmadinejad wurde mit den Worten zitiert, dass die Gewalt gegen Häftlinge Teil einer „feindlichen“ Verschwörung sei.

Während der Ereignisse nach der Wahl waren mehr als 4000 Menschen verhaftet worden. Sie wurden in Kahrizak, Evin und weiteren, nicht identifizierten Haftanstalten festgehalten.

*) Zusatz vom Übers.: 23 Personen wurden zwischen 25.03.1388 (15. Juni 2009) bis 03.04.1388 eingeliefert, am 19.04.1388 (10. Juli 209) kamen 145 Häftlinge dazu (danke an K. für das Gegenchecken im persischen Original-Bericht)