Sohn der zum Tod durch Steinigung verurteilten Sakineh Mohammadi dankt für Unterstützung

Veröffentlicht bei Persian2English am 7. Juli 2010
Quelle (Englisch): http://persian2english.com/?p=12532

Nachtrag 8. Juli 2010: Der Guardian meldet, dass das Urteil auf Tod durch Steinigung aufgehoben wurde. Sakineh Mohammadi ist aber nach wie vor zum Tode verurteilt, das Urteil soll lediglich mit anderen Mitteln vollstreckt werden.

An Frau Ahadi, ihre Kollegen und alle Menschen in den USA, Deutschland und anderen Ländern, die sich für Menschen einsetzen, die aus politischen Gründen verurteilt wurden: Ich danke Ihnen und grüße Sie.

Ich, der ich diesen Brief schreibe, bin Sajjad Ghader-Zadeh, 22 Jahre alt, und ich möchte Ihnen zunächst von meiner Mutter erzählen und darüber, wie sie verurteilt wurde.

Meine Mutter Sakineh Mohammadi Ashtiani wurde in der Stadt Oskoo wegen Ehebruchsvorwürfen verhaftet. Ihr wurde am Strafgericht Oskoo der Prozess gemacht. Meine Mutter, Herr Naser und Herr Ali Nojumiha wurden dort zu jeweils 99 Peitschenhieben verurteilt, und die Urteile wurden gegen alle in diesem Fall Verurteilten vollständig vollstreckt.

Warum der Fall dann zur Prüfung an Abteilung VI des Strafgerichts Ost-Aserbaidjan in Tabriz übergeben wurde, weiß ich nicht. Der Fall meiner Mutter wurde von fünf Richtern überprüft, woraufhin der Leiter von Abteilung VI, Herr Imani, und zwei seiner Kollegen meine Mutter aus eigenen Erwägungen heraus zum Tod durch Steinigung verurteilten, obwohl zwei andere meine Mutter für unschuldig befunden und dies auch im Urteil klar zum Ausdruck gebracht hatten. Herr Mostafaei (Sakinehs Anwalt) sagt, dass dieser Fall viele Unklarheiten und Anlass zu Zweifeln aufweist.

Herr Mostafaei bezieht sich auf zwei Richter, die klar gesagt haben, dass es in der Akte weder Beweise noch eine rechtliche Grundlage für eine Verurteilung von Frau Mohammadi Ashtiani gibt; die vorliegenden Indikationen und Beweise reichten als Grundlage für irgendwelche Annahmen des Gerichts nicht aus, und ein Angeklagter dürfe nicht zwei Mal wegen derselben Anklagen vor Gericht stehen. Dann wurde der Fall an den Obersten Gerichtshof übergeben, der das Urteil leider bestätigte.

Dies war eine Zusammenfassung des Falls, aber ich würde gern auf andere Unsicherheiten in diesem Fall hinweisen.

Wir sind mehr als sechs Mal nach Teheran gefahren, um die Herren Larijani, Khamenei und Ahmadinejad zu treffen. Wir haben mehr als hundert Mal an sie geschrieben, aber nie eine Antwort erhalten. Darum habe ich keine andere Möglichkeit, als mich auf diesem Weg an sie zu wenden. Ich möchte den Behörden des Landes einige Fragen stellen und hoffe, dass sie mich hören.

Herr Larijani, erstens: Warum wird eine Angeklagte zwei Mal wegen derselben Anklage vor Gericht gestellt, obwohl selbst nach dem islamischen Strafrecht ein Verurteilter für ein Verbrechen ein Mal, und nur ein Mal, vor Gericht stehen darf?

Zweitens: Herr Larijani, Sie sind der Chef der Justiz des Landes. Warum nehmen die Richter im Iran Ihre Anweisungen nicht ernst? Herr Shahroudi [Larijanis Vorgänger, d. Übers.] hatte in einer Änderung die Richter des Landes angewiesen, Steinigungsurteile einzustellen. Trotzdem erlassen Richter weiterhin solche Urteile. Warum hat z. B. in unserem Fall Herr Imani trotz Mangels an Beweisen meine Mutter zum Tode durch Steinigung verurteilt? Wenn es seine Weisheit ist, die ihn dazu veranlasst hat, muss ich die Frage stellen, was dieser Weisheit zu Grunde liegt. Wenn es so ist, dass er seine Weisheit unter Beweis stellt – war Herr Imani dabei, als meine Mutter das Verbrechen beging, über das er mit einer solchen Entschiedenheit ein Urteil fällt?

Drittens: Als Herr Mostafaei über die Nachrichtenagentur Mehr den Generaldirektor des Justizministeriums der Provinz in Oskoo, Herrn Yousefi befragte, behauptete letzterer, dass in der Rechtssprechung von Oskoo in diesem Fall kein Urteil gegeben habe, aber ich war dabei, als das geschah. Ich frage den Chef des Justizministeriums, warum ein Richter wie Yousefi, der selbst ein Urteil verhängt hat, die Vollziehung seines eigenen Urteils bestreitet?

Dies sind die drei Fragen, die beantwortet werden müssen. Doch ich, ein iranischer Bürger, dem es nicht gelungen ist, in Ihrem Büro einen Termin zu erhalten, sage Ihnen, dem Justizchef, der tagein tagaus im iranischen Fernsehen davon spricht, dass Gerechtigkeit siegen muss und dass Offizielle, die sich etwas zuschulden kommen lassen haben, bestraft werden: In diesem Land gibt es keine Gerechtigkeit, und Ihre Gerechtigkeit ist nur so gerecht wie das Fehlverhalten von Richtern in diesem Land, die von Ihnen nicht korrigiert werden. Ich frage Sie: Hat es im Fall meiner Mutter Gerechtigkeit gegeben? Können Sie diese drei Fragen beantworten?

Ich fordere Sie auf, den Begnadigungsbrief für meine Mutter nach Tabriz zu schicken und meiner Mutter ihr Leben wiederzugeben. Ich hoffe, dass Sie sich darum kümmern, dass im Fall meiner Mutter die Gerechtigkeit siegen wird, denn dank der Weisheit von euch Richtern geht es meiner Mutter psychisch sehr schlecht, und sie ist seit fünf Jahren ohne Unterbrechung im Gefängnis.

Ich habe alles gesagt, was gesagt werden muss. Meine Mutter und ich bitten die Menschen der Welt um Hilfe und sind zutiefst dankbar für alles, was bisher für uns getan wurde.

Vielen Dank,

Sajjad Ghader-Zadeh

Auf Facebook ist eine an die neue Situation angepasste Briefaktion veröffentlicht worden. Bitte beteiligen Sie sich, schreiben Sie E-Mails an die folgenden Adressen:

npillay@ohchr.org, Iran_team@amnesty.org, michael.spindelegger@bmeia.gv.at, kab.bz@diplobel.fed.be, info@mvp.gov.ba, iprd@mfa.government.bg, ministar@mvpei.hr, minforeign1@mfa.gov.cy, podatelna@mzv.cz, udenrigsministeren@um.dk, vminfo@vm.ee, umi@formin.fi, bernard.kouchner@diplomatie.gouv.fr, inform@mfa.gov.ge, guido.westerwelle@auswaertiges-amt.de, gpapandreou@parliament.gr, titkarsag.konz@kum.hu, external@utn.stjr.is, minister@dfa.ie, gabinetto@cert.esteri.it, segreteria.frattini@esteri.it, mfa.cha@mfa.gov.lv, urm@urm.lt, tonio.borg@gov.mt, secdep@mfa.md, m.verhagen@minbuza.nl, post@mfa.no, DNZPC.Sekretariat@msz.gov.pl, miguel.moratinos@maec.es, registrator@foreign.ministry.se, info@eda.admin.ch

SUBJECT: URGENT: A complete stop of any death sentence for Sakineh Mohammadi Ashtiani in Iran

To the UN High Commissioner of Human Rights Navi Pillay, Amnesty, and Ministers of Foreign Affairs:

We, as human rights activist and concerned citizens of the world have learned that Sakineh Mohammadi Ashtiani’s death by stoning will be halted, however, the charges were not dropped and she now may receive death by hanging. PLEASE PRESSURE THE IRAN GOVERNMENT TO DROP ALL CHARGES AGAINST SAKINEH, NO DEATH SENTENCE OF ANY KIND, AND RELEASE HER FREE TO GO HOME IMMEDIATELY.

We have more than 15,000 people who care for Sakineh’s well being and want to see her released with all charges dropped! See petition: http://www.gopetition.com/petitions/save-sakineh-mohammadi.html

Thank you for your immediate attention and action.

Sincerely,
(Ihre Unterschrift)

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Hintergrundinformationen, die Sie in Ihrer Mail zitieren können:

Channel 4 News
http://www.channel4.com/news/articles/politics/international_politics/appeals%20to%20stop%20iran%20stoning%20woman%20aposadultererapos/3703682

Background info:

The son of an Iranian woman who faces execution by stoning appealed Wednesday to Iran’s courts to spare his mother’s life. Her son, Sajad Ashtiani, penned an open letter to the international community asking for help.

The letter comes after a human rights activist, Mina Ahadi, said that only an international campaign designed to pressure the Islamic regime in Tehran could save Sakineh Ashtiani’s life, since legally there is nothing left to do.

„Sakineh can be stoned at any minute.“ Ahadi said.

In Sajad’s open letter, he wrote there was neither evidence nor legal grounds for his mother’s conviction and sentence. He said the family has traveled six times from their home in Tabriz to Tehran to speak with Iranian officials, but in vain.

„So I have no option but reaching out to them this way [through media],“ he said.

Why, he asked, has an accused been twice prosecuted on the same charge when Islamic criminal law allows prosecution only once?

Sajad Ashtiani said he visits his mother every Monday in jail, never knowing whether that meeting will be their last.

She was convicted of adultery in 2006 and forced to confess under torture after being subjected to 99 lashes, said human rights lawyer Mohammad Mostafaei. She later recanted that confession and has denied wrongdoing.

Her conviction was based not on evidence but on the determination of three out of five judges, Mostafaei said. She has asked forgiveness from the court, but the judges refused to grant clemency.

Iran’s supreme court upheld the conviction in 2007.

Ashtiani’s case is not an exception but the rule in Iran, according to Amnesty International, which tracks death penalty cases around the world.

Ahadi, who herself fled a death sentence in Iran in the early 1980s, said that pressure from Amnesty and other organizations and individuals may be the only way to save Ashtiani.

„Experience shows [that] … when the pressure gets very high, the Islamic government starts to say something different,“ she said.

In Washington, the U.S. State Department has criticized the stoning sentence, saying it raised serious concerns about human rights violations by the Iranian government.

Other countries have joined the call for clemency. Norway’s State Secretary Espen Barth Eide summoned the Iranian ambassador, Seyed Hossein Rezvani, to the Ministry of Foreign Affairs to discuss the stoning sentence and two other sentences.

„Besides, these sentences are in violation of Iran’s obligations under its national law and under international conventions to which Iran is a party.“

In Britain, Foreign Office Minister Alistair Burt called on Iran to put an immediate stay to the execution by stoning.

„Stoning is a medieval punishment that has no place in the modern world,“ he said. „The continued use of such a punishment in Iran demonstrates a blatant disregard for international human rights commitments which it has entered into freely, as well as the interests of its people.“

The anguish for Sajad Ashtiani and his sister, Farideh, was apparent last week in a letter circulated on websites, Facebook pages and through human-rights organizations.

„I am just fighting for what is right,“ he said. „My mother is a housewife, a good person, a caring mother.“

His anguish surfaced again in the letter released Tuesday in which he asked Iranian officials to pardon his mother.

„I hope that you see to it that justice in my mother’s case prevails,“ he said. „I have now said all that should have been said; my mother and I are asking the people of the world to help us, and are deeply grateful for what has been done thus far.“

Source: CNN

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