Noch ein Iraner wegen Facebook-Aktivitäten zu Haftstrafe verurteilt

Ein Internet-Café in Teheran (undatiert)

RFE/RL, 17. Juni 2011 – Mehrere iranische Nachrichtenseiten berichten, dass Mostafa Akhavan – Student und Mitglied der 2005 von Oppositionsführer Mehdi Karroubi gegründeten Partei des Nationalen Vertrauens – wegen sicherheitsrelevanter Anklagen in Verbindung mit seinen Facebook-Aktivitäten zu einem Jahr Gefängnis verurteilt wurde.

Die Anklagepunkte gegen Akhavan umfassen u. a. „Gefährdung der nationalen Sicherheit, Propaganda gegen das islamische Establishment durch Verbreitung von Parolen auf Facebook; Verbreitung von Nachrichten über die Grüne Bewegung; Mitgliedschaft bei Facebook; Aufrufe zu illegalen Versammlungen; Interviews mit Medien in Übersee; Versendung von E-Mails und Artikeln an Webseiten und Netzwerke, die gegen das (iranische) Regime sind.“

Nach Berichten der Webseite Daneshjou Online wird die Inkraftsetzung von Akhavans Haftstrafe für die Dauer von fünf Jahren ausgesetzt, weil er bisher noch nie verurteilt wurde.

Das Urteil gegen Akhavan ist schon das zweite Urteil in Verbindung mit Facebook-Aktivitäten, das in letzter Zeit in Iran bekannt wurde.

Wie letzte Woche berichtet, war der Iraner Houshang Fanaian im Mai wegen Verbreitung staatsfeindlicher Propaganda auf Facebook zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden.

Die Gefängnisstrafen im Zusammenhang mit Facebook-Aktivitäten könnten ein Versuch der Regierung sein, die Bürger abzuschrecken und von politischem Engagement bei Facebook abzuhalten. Facebook ist eine der wichtigsten Plattformen für oppositionelle iranische Aktivisten. Dort werden Nachrichten über die Grüne Bewegung ausgetauscht, Kontakte geknüpft und Themen diskutiert, die in staatlichen Medien verboten sind oder ignoriert werden. Auch Protestaktionen werden oft auf Facebook bekannt gemacht.

Solche Aktivitäten und die relative Meinungs- und Versammlungsfreiheit, die Facebook für Aktivisten ermöglicht, scheint die iranische Führung, die ebendiese Freiheiten jenseits des virtuellen Raums mit Gewalt unterdrückt, zunehmend zu beunruhigen.

In den letzten Jahren haben die Behörden sich verstärkt mit dem virtuellen Raum beschäftigt, den sie einerseits für ihre eigenen Zwecke nutzen, während sie andererseits gegen alle Iraner vorgehen, die im Internet die Politik der Regierung kritisieren oder Nachrichten über Menschenrechtsverletzungen verbreiten.

In den letzten Jahren sind Online-Journalisten immer wieder wegen ihrer Arbeit inhaftiert worden. Erst letzte Woche wurden zwei iranische Blogger – Sakhi Righi und Hossein Derakhshan – zu 20 bzw. 19,5 Jahren Haft verurteilt.

Jetzt wenden sich die Behörden offenbar verstärkt den Facebook-Aktivitäten oppositioneller Aktivisten zu.

Facebook ist in Iran – wie zehntausende anderer Webseiten – blockiert. Der Rechtsanwalt Mohammad Mostafaei bestätigte gegenüber RFE/RL jedoch, dass die Mitgliedschaft bei Facebook in Iran keinen Straftatbestand darstellt. „Wäre das anders, müssten alle iranischen Offiziellen, die eine Facebook-Seite haben, vor Gericht gestellt werden“, so Mostafaei.

Der iranische Geistliche Hojatoleslam Gharib Reza erklärte kürzlich im staatlichen Fernsehen, Iran trete über Facebook mit seinen Unterstützern auf der ganzen Welt in Verbindung. „Soziale Netzwerke und der virtuelle Raum sind Instrumente, die in wirklichen Volksrevolutionen genutzt wurden, auch in den Samtenen Revolutionen, die von den USA in anderen Ländern betrieben wurden“, so Reza in Anspielung auf die Rolle sozialer Medien bei den Aufständen in der arabischen Welt. Soziale Medien seien eine Möglichkeit, die bei falscher Anwendung zu einer Bedrohung werden könne.

Golnaz Esfandiari

Veröffentlicht bei Radio Free Europe/Radio Liberty am 17. Juni 2011
Quelle (Englisch): http://www.rferl.org/content/iran_activist_sentenced_facebook_activities/24237787.html

UNTERSTÜTZEN SIE BITTE DIE ONLINE-PETITION FÜR MOSTAFA AKHAVAN

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