Veröffentlicht bei Rooz Online am 15. April 2010
Quelle (Englisch): http://www.roozonline.com/english/news/newsitem/article/2010/april/15//alarming-report-about-influence-of-interrogators-in-evin.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link angeben
von Leyla Tayeri
Abdollah Momeni – der Sprecher der größten studentischen Almuni-Gruppe Irans, der Mitte März gegen 800.000 Dollar Kaution freigelassen worden war, ist am Ende seiner vorläufigen Haftentlassung wieder ins Gefängnis zurückgekehrt. Momeni fand sich gestern wieder im Gefängnis ein, nachdem er durch den iranischen Sicherheitsapparat unter extremen Druck gesetzt worden war.
Fatemeh Adinevand, seine Ehefrau, sagte Rooz gegenüber gestern: „Jede Woche haben sie etwas von ihm gewollt, und es war absolut nicht möglich für Abdollah, sie zufriedenzustellen.“
Unterdessen veröffentlichte die reformorientierte Webseite Kalemeh einen Bericht über die Situation der politischen Gefangenen und die Verhörpraktiken, die in Irans Gefängnissen hinter verschlossenen Türen angewendet werden.
Momeni, der auch Mehdi Karroubis Kampagne „Free Citizen“ leitete, war im vergangenen Juni in der ersten großen Verhaftungswelle gegen Journalisten, bürgerliche und politische Aktivisten verhaftet worden. Er wurde zu sechs Jahren Gefängnis und zwei Jahren Bewährungsstrafe verurteilt und wurde im März für eine begrenzte Zeit aus der Haft entlassen.
Wie Kalemeh berichtet, wurde Momeni während dieses Hafturlaubs wiederholt ins Geheimdienstministerium vorgeladen und aufgefordert, mit dem Ministerium zu kooperieren. Er sollte Reden gegen die iranische Studentenorganisation Tahkim Vahdat und die beiden führenden Gegner des Regimes – Mehdi Karroubi und Mir Hossein Moussavi – halten. Sicherheitsagenten verlangten sogar von ihm, an von ihnen organisierten Studentenversammlungen teilzunehmen und die ihm diktierten Stellungnahmen als seine eigenen zu präsentieren. Die Zusammenkünfte sollten in mehreren Städten in ganz Iran stattfinden. Die Freilassung des Sprechers von Tahkim Vahdat wurde davon abhängig gemacht, dass er diesen Forderungen nachkommt.
Abdollah Momenis Ehefrau sagte unterdessen, die vorübergehende Freilassung des studentischen Aktivisten sei mehrmals um jeweils einen Tag, einmal um 16 Tage verlängert worden. Jedes Mal jedoch seien dafür Forderungen an Momeni gestellt worden, die er einfach nicht erfüllen konnte.
Sie habe nicht erwartet, dass ihr Mann ins Gefängnis zurückkehren müsse. „Die Herren riefen an und sagten, wir sollten Herrn Moussavi nicht in unser Haus lassen. Ich persönlich würde mir niemals erlauben, irgendjemandem zu sagen, er dürfe unser Haus nicht betreten, und zweitens ist Herr Moussavi meiner Ansicht nach der Stolz eines jeden Iraners.“
„Es macht keinen großen Unterschied, ob er in dem kleinen Gefängnis namens Evin oder in dem größeren (namens Iran) sitzt. Evin ist kleiner. Das hier ist größer, aber es ist immer noch ein Gefängnis“.
Folter und zusätzlicher Druck
In einem Bericht mit Einzelheiten über die vom Sicherheitsapparat praktizierten Verhöre und Folterungen von Journalisten und politischen Gefangenen schreibt Kalemeh: „Der Verhörbeamte Abdollah Momenis und mehrerer anderer Gefangener ist ein Mensch, der sich selbst als „Seyyed“ vorstellt, was bedeutet, dass er ein Nachfahre des ersten schiitischen Imams ist. Er brüstet sich stolz damit, eine Vergangenheit beim SAVAK (Geheimdienstorganisation des Schah-Regimes) zu haben. In allen Phasen seiner Verhöre wendet er körperliche Misshandlungen und Beleidigungen an. Selbst Offizielle der Abteilung 209 haben mehrfach gegen seine Foltermethoden Einspruch erhoben. Die Wachleute haben Gefangene sogar dazu aufgefordert, nicht zuzulassen, dass er sie derart behandelt. Dieser Seyyed ist derart gefürchtet, dass einige Befrager, die mit ihren Gefangenen nicht weiterkommen, ihnen drohen, sie zu Seyyed zu bringen und von ihm verhören zu lassen.“
Weiter heißt es in dem Bericht: „Eine Untersuchung der Erfahrungen von Gefangenen, die zur Zeit in der Abteilung des Geheimdienstministeriums von Evin festgehalten werden, zeigt, dass die Befrager, die sich selbst als Experten für Gefangene bezeichnen, das Schicksal dieser Gefangenen endgültig besiegeln. In vielen Fällen haben sie mehr Macht als die Staatsanwälte der Justiz, die Gerichte und selbst mehr als die Richter.“